Problem von Alina - 21 Jahre

Verlobt mit meinem Freund, verliebt in einen anderen

(Mein Problem passt sowohl in die Kategorie Liebeskummer als auch Beziehungsprobleme).

Hallo liebes Team,

Ich bin von meinen Gefühlen so hin- und her getrieben, dass ich kaum noch ruhig schlafen kann. Vielleicht wisst ihr (oder auch die Leser/innen) einen Rat für mich.

Ich bin 21 Jahre alt und seit einigen Monaten mit meinem Freund verlobt, den ich im Alter von 16 kennen gelernt habe. Mit 17 kam ich mit ihm zusammen und auch wenn das blöd klingt, es war von Anfang an klar, dass er DER Mann für mich sein würde, den ich einmal heiraten werde und mit dem ich meine Kinder zeuge.

Er entsprach genau der Sorte von Mann, die ich mir immer erträumt hatte, schon damals als kleines Kind. Er ist gut aussehend, charmant, bodenständig und weiß, was er will. Im Job ist er sehr erfolgreich und er versteht es, sich liebevoll um mich zu kümmern. Er klingt so perfekt und das ist er geradezu auch. Ich wüsste wirklich nicht, was ich an ihm bemängeln könnte.

Wir führten von Anfang an eine sehr harmonische Beziehung, die sowohl nach außen hin als auch in Wirklichkeit sehr schön war. Ich hatte das Gefühl, in ihm die Erfüllung meines Traumes bekommen zu haben. Und alleine das machte mich glücklich. So glücklich, dass ich unsere Beziehung überbewertete. Ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll, aber es war, als würde ich alles perfekt finden. Selbst wenn er lange arbeitete und es nur noch selten zu Zärtlichkeiten kam, sagte ich, dass mein Leben doch wundervoll sei.

Ich kann ihm deswegen keinen Vorwurf machen. Er hätte (und würde) alles für mich tun. Ich habe ihm einfach nur nicht die Gelegenheit gegeben, ihm zu zeigen, was ich wirklich brauche und will. Ich habe mir selber nicht die Gelegenheit gegeben, meine wahren Gefühle zu offenbaren. Ich dachte immer "Er ist der Mann, von dem du jahrelang geträumt hast, also sei gefälligst glücklich." Aber in Wirklichkeit war ich nicht mehr so glücklich, wie es den Anschein erweckte.

Ich war immer noch davon überzeugt, dass ich ihn liebte, aber ich war dennoch unzufrieden. Aber ich wollte einfach nicht den Schritt wagen, ihn zu verlassen um mein neues, vielleicht schöneres Glück zu finden, da ich viel zu feige war und auch nicht daran geglaubt hatte, einen besseren Mann für mich zu finden als ihn. Ich begriff, dass ein Kindheitstraum irgendwann nicht mehr der Traum ist, den du erfüllt bekommen möchtest.

Aber wie so oft im Leben verdrängt man seine Gefühle einfach und anstatt auf mein Herz zu hören, habe ich "Ja" gesagt, als er mich fragte, ob ich seine Frau werden möchte. Das ist jetzt genau 6 Monate her. Als er mir die Frage der Fragen gestellt hatte, sagte ich mir, dass es jetzt zu spät ist, ein neues Glück zu suchen. Ich hab mich wohl oder übel damit zufrieden gegeben, dass er nun endgültig der Mann in meinem Leben sein würde. Ich weiß, es klingt furchtbar. Ich gab mich damit zufrieden - das klingt, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen worden.

Und das bin ich wahrscheinlich auch. Ich habe so einen wundervollen Mann nicht mal annähernd verdient. Ich spiele mit seinen Gefühlen und das beschämt mich auf eine unbeschreibliche Art und Weise. Aber ich konnte nicht mit der Wahrheit rausrücken, ich konnte es nicht und ich kann es bis heute nicht. Es würde ihm, und wahrscheinlich auch mir, das Herz brechen. Denn einerseits will ich los von ihm und anderseits zieht es mich immer wieder zu ihm hin. Ich kann weder mit noch ohne ihn sein.

Alles wäre vielleicht einfacher, wenn ich nicht einen Mann kennen gelernt hätte, der mein Leben völlig auf den Kopf gestellt hat. Dieser jemand ist von seiner Lebensweise her das genaue Gegenteil von meinem Verlobten. Er ist witzig und abenteuerlustig. Er lebt in den Tag hinein wie es ihm gerade passt. Er hält nicht viel von einem spießigen Leben und will das Leben einfach genießen. Diese Art hat mich so fasziniert, von Anfang an. Zuerst wollte ich meine Gefühle ihm gegenüber nicht dulden, doch was soll man schon tun, wenn man sich Hals über Kopf verliebt.

Durch ihn habe ich völlig neue Seiten an mir kennen gelernt. Ich war noch nie so glücklich, wenn ich mit ihm zusammen bin. Bei ihm vergesse ich alles um mich herum. Ich habe noch nie so viel gelacht, war noch nie so albern wie jetzt. Ich könnte, mal abgesehen davon, dass ich mit einem anderen Mann verlobt (!) bin, vor Glück tanzen und springen. Es klingt kitschig, aber er hat eine dermaßen große Freude in mein Leben gebracht, dass ich ein völlig anderer Mensch geworden bin. Ich bin lebensfroh und will etwas erleben. Ich will herum kommen in der Welt, zusammen mit ihm. Das ist nun mein Traum geworden.

Aber wie soll ich diesen Traum verwirklichen? Ich bin verdammt noch mal verlobt! Ich habe einem anderen Mann das Ja- Wort gegeben und ich sollte mich um meine zukünftige Hochzeit kümmern, anstatt mit einem Mann auf Wolke 7 zu schweben, der eigentlich nichts in meinem Leben zu suchen hat. Er weiß natürlich von meinem Freund, und er weiß, wie schwer ich mir damit tue, loszulassen. Doch er hört nicht auf, an mich zu glauben. Er macht mir Mut, frei zu werden.

Ich würde so gerne frei werden, nichts lieber als das. Aber ich fühle mich auch verpflichtet gegenüber meinem "alten Leben." Was soll ich meinem Verlobten denn sagen? "Sorry Schatz, aber ich werde dich verlassen. Ich habe mich in jemanden verliebt und dieser jemand bist nicht du?"

Es ist alles so verrückt. Ich werde beinahe wahnsinnig. Ich fühle mich viel zu schwach, viel zu jung, um dieses Leben SO weiterzuleben. Ich habe keine Kraft mehr, zwischen zwei Männern zu stehen. Mit dem einen verbinde ich meine Vergangenheit, und mit dem anderen meine Zukunft, die ich mir schon kunterbunt ausmale. Es gibt für mich momentan nichts schöneres, als der bloße Gedanke daran, dass ich mein Leben von nun an mit dem Mann verbringe, den ich wirklich liebe und der mit mir denselben Lebensstil führt.

Aber ich habe so schreckliche Angst, all das Vergangene wirklich vergangen werden zu lassen. Ich hatte tolle Zeiten mit meinem Verlobten, keine Frage, aber diese Zeiten sind nun mal vorbei. Nicht, weil er sich verändert hat. Nein, ich habe mich verändert. Ich habe mich selber erst entdeckt und mir ist klar geworden, dass mein neues Ich ihn niemals so lieben kann, wie ich den neu gefundenen Mann liebe. Auch wenn mein Verlobter noch so perfekt ist, es geht einfach nicht.

Danke für's Zuhören.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Alina!

Dein letzter Satz fasst eigentlich alles zusammen und beinhaltet sogar schön die Lösung: "Auch wenn mein Verlobter noch so perfekt ist, es geht einfach nicht."

Du möchtest diese Hochzeit nicht, möchtest einen anderen Mann, liebst einen anderen, willst für Dich ein anderes Leben - Du wirst das für Dich umsetzen und für Dich leben müssen. Sicher mit den Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Aber Du klingst nicht so, als hättest Du vor ihnen Angst. Angst scheint Dir viel mehr das Gespräch mit Deinem Verlobten zu machen.

Was wiegt mehr: Die Angst oder der feste Wunsch?

Alles Gute!
Dana