Problem von Björn - 19 Jahre

Ich bin im Jetzt unzufrieden und unglücklich!

Hallo Ihr! Verzeiht, wenn ich euch jetzt ein bisschen vollrede, aber es muss einfach einmal raus.

Zu meiner Person: ich habe in diesem Jahr mein Abitur gemacht, hatte danach 6 Monate frei und habe nun an einer Schauspielschule angefangen.

Seit ich 7 Jahre alt bin, will ich nur eins: "Theater!" Besonders habe ich mich in den Beruf des Puppenspielers verliebt. Seit 12 Jahren betreibe ich ein eigenes Marionettentheater. das klingt unwirklich, ist auch schwer zu beschreiben für einen Außenstehenden. man müsste es wirklich sehen. Mit der Hilfe meiner Familie habe ich einen richtigen kleinen Theaterbetrieb aufgebaut, mit dem ich auch in einer nahen Großstadt bald meinen Traum von einem richtig festen Theater verwirklichen möchte. Bereits zwei Kulturpreise habe ich dafür bekommen.

Nun ist es so: Schule war für mich immer ein Graus. Für mich war es schlichtweg Lebensberaubung. Ich wurde in Dingen gefördert, die ich nicht wollte und nicht in denen, die ich wollte. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, selber zu lernen und das hat dann geklappt. ich bin offen und habe in meinem Leben schon sehr viel erreicht, auf das ich stolz bin etc.

Nach dem Abitur konnte ich es gar nicht glauben. Ja, endlich machen, was man will. Die kommenden 6 Monate waren so toll. Meine Familie ist mir so ans Herz gewachsen, weil ich endlich zeit für sie hatte. Vater, Mutter, Bruder (25) und auch meine zwei Nymphensittiche.
Ich habe mich nicht auf die faule Haut gelegt, im Gegenteil. Ich bin jeden Morgen um 8 Uhr aufgestanden, habe gejoggt und trainiert (wenn meine Mutter Zeit hatte auch mit ihr), für meinen Vater geholfen, Mittag zu kochen, Wäsche aufgehängt, gesaugt... Dann habe ich mich auch beruflich weiterentwickelt. Endlich hatte ich Zeit für Marionettentheater. Ich besuchte verschiedene Theater, holte mir Anregungen, verwirklichte die Eindrücke im Restaurieren von alten Kulissen etc. Ich hatte Gastspielvorstellungen wie noch nie. . Ich war einfach glücklich. Im nahen Stadttheater bekam ich dann auch unerwartet "große" Rollen und Partien und im Sommer wurde ich sogar für eine Rolle in einem Horrorfilm engagiert.
Abends stand ich öfters unter der Dusche und weinte vor Glück: "Endlich lebe ich so, wie ich es mir wünsche."

Nun habe ich auf der Schauspielschule angefangen. Ohne Abschluss ist es eben laut Norm nicht einfach im Leben und mein Vater wäre bestimmt sauer, wenn ich die Schule nicht beende. Es wäre peinlich.

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es ist so schwer. Auch jetzt. Ich sitze daheim, muss gleich weg, bin dann 12 Stunden unterwegs, weg von daheim, komme spät abends erst wieder nach Hause und muss früh wieder weg.
Mir blutet das Herz, es klingt albern und lächerlich, aber ich fühle mich so unwohl. Es ist halt so, ich kann es nicht verdrängen!!!
Meistens muss ich um 6 Uhr morgens aufstehen, dass in die Schule fahren, habe teilweise zwischen dem Unterricht so lange frei, aber was soll ich da machen? Ich kann nicht nach hause fahren (das haut nicht hin) und die Schüler sind auch nicht gerade so, dass man gerne etwas mit ihnen unternimmt. verlorene Zeit, das macht mich so unruhig, so traurig. Irgendwann geht es dann weiter bis abends...

Ich habe immer gelernt, viel erreicht und war endlich glücklich. Jetzt sitze ich ständig in irgendeinem Unterricht und...ach...
Ich habe keine Zeit mehr für mein Puppentheater.

Mein Kopf ist überfüllt von Gedanken. Sicher, ich bin nicht in einem Internat, komme abends immer heim und habe auch am Wochenende frei. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ich auf einmal, ganz plötzlich wieder 3 jahre in die Schule muss. Das klingt so lächerlich, denn ich habe es mir ja selber so ausgesucht. Aber was soll ich den nur machen. ich finde auf keine Frage eine Antwort, weiß nicht, ob es mir gefällt, oder nicht, ob ich mich wohl fühle, oder nicht.
Nur eines weiß ich, mein herz tut weh. Es tut richtig weh und dieses Gefühl halte ich einfach nicht mehr aus.
Klar, heute Abend bin ich daheim, am Wochenende in paar Tagen habe ich frei, in 3 jahren habe ich frei. Klar Klar Klar!!! Aber jetzt, im Moment, JETZT tut es weh. Mir ist egal, was morgen ist. Jetzt tut es weh und ich halte es kaum aus.

Ich weiß nicht, was ich für eine Antwort oder Hilfe erwarte. ich fühle mich einfach nicht mehr wohl und bin sauer, dass mir so mein Glücklichsein geraubt worden ist. Ich fühle mich nicht mehr glücklich.
Es ist so lächerlich.

Dazu kommt, dass einer meiner Nymphensittiche schon sehr sehr alt ist. Er wird vielleicht nicht mehr sehr lange leben, kriegt nicht mehr so gut Luft etc. Jeden Tag, wenn ich spät abends heim komme, hält er mir sein Köpfchen zum kraulen hin. Er vermisst mich so, verkriecht sich, ich habe keine Zeit!!!

Meine Bruder ist zur zeit in München, also weit weg. Er vermisst uns auch und seit er weg ist, vermisse ich ihn erst so richtig. Vor meinem Filmdreh habe ich ihn mit meiner Mutter besucht, das war so schön. Ich will dieses eigene Leben wieder haben. Bitte!

Auch Sie werden jetzt denken, was soll ich dem antworten. Ich weiß ja selber nicht, was ich hören will. Aber ich kann nicht stark sein. ich habe schon so vieles geschafft und immer habe ich die Tränen unterdrückt und gekämpft. Ich habe es satt, habe keine Kraft mehr. Ich will leben!

Danke für Ihre Zeit! (Die Zeit, das ist das, was mir fehlt. . .)

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Björn!

An viel freie Zeit kann man sich sehr schnell gewöhnen - ich denke, genau das ist Dir während der sechs Monate passiert. Es klingt, als hätte die Schule erst vor kurzem wieder für Dich begonnen und Du empfindest den Zeitaufwand, den Stress als sehr belastend. Ich kann es auf der einen Seite gut nachvollziehen - aber die andere?

Kann das Leben für immer so bleiben, wie es in diesen sechs Monaten war? Kannst Du 'davon leben'? Damit auf Dauer Dein Leben füllen und bereichern? Sollen die nächsten Jahre sein wie diese Monate?

Ich denke, Du wirst lernen, die wenige Freizeit ausgiebig zu nutzen. Die Zeit z.B. zwischen dem Unterricht. Wieviel ist es? Reicht es aus, sich die Sportklamotten anzuziehen und zu joggen? Reicht sie, um Dir Gedanken um das Puppentheater zu machen, Termine zu erledigen, abzusprechen? Ein Kaffee mit Freunden, weil vielleicht abends die Zeit nicht da ist? Werde Dein eigenen Manager und fülle diese leere Zeit. Sie gehört Dir, Du musst sie nur auch nutzen. Sieh es als Herausforderung, nicht als Niederschlag.

Wenn Du für Dich entscheidest, dass Du das Leben so nicht willst, dann ist es bei Dir, das wieder zu ändern. Wenn Du sagst, Du bist mit dem Marionettentheater ausgelastet und kannst davon Deinen Lebensunterhalt bestreiten, dann kann das Dein Weg sein. Allerdings bedenke, dass die Schule nicht nur Zeit frisst, sondern Dir auch eine Menge gibt. Du wirst eine Menge lernen, was Dich auf dem Weg begleitet und helfen wird. Ich weiß nicht, ob Du das so einfach ausschlagen kannst.

Alles Gute!
Dana