Problem von Anonym - 23 Jahre

Ein bisschen neue frische Verliebtheit...

Hallo!

Dass wir ein Beziehungsproblem haben, ist vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt. Aber in gewisser Weise leide ich unter der Situation, in der wir stecken.

Wir sind jetzt bald sechs Jahre ein Paar. Seit viereinhalb Jahren sind wir verheiratet. Wir haben eine Tochter (4) und einen Sohn (2). Wir waren uns auch immer einig, dass es noch mehr Kinder werden sollen...
Ja, ich war jung, als wir geheiratet haben (mein Mann ist übrigens 28), aber ich wusste nach drei Wochen Beziehung, dass er meine große Liebe ist, der Mann fürs Leben. Wir haben schnell geplant, dass wir heiraten würden, Kinder kriegen... Es ging dann alles etwas schneller als geplant.
Am Anfang unserer Beziehung war ich total unerfahren. Der erste Kuss, die ersten Zärtlichkeiten... So Träumereien, die sich mehr nicht bewahrheitet haben als doch. Und doch war es schön.
Dann bin ich schwanger geworden und er hat es noch eher geglaubt als ich selbst. Der erste Schock, war nicht lang ein Schock. Ein ungeplantes Wunschkind... Es war sofort klar, wir würde zusammenziehen, würden heiraten, ich würde auch mit Babybauch mein Abi schreiben.

Alles war wunderbar. Die Geburt unserer Tochter war ein Horrortrip, aber der war zu Ende, als wir sie in unseren Armen hielten. Eins der wenigen Male, dass mein Mann Tränen in den Augen hatte. Ein unvergesslicher Augenblick.
Nach einem Jahr habe ich dann versucht eine Ausbildung zu machen, das ging gar nicht. Er war gestresst, ich war gestresst, ich schaffte es nicht mehr meine ehelichen Pflichten zu erfüllen und ihm den Rücken frei zu halten und die ganze Familie litt darunter. Obwohl mein Job mir gefiel, hab ich die Ausbildung nach gut drei Monaten wieder abgebrochen. Wir sind dann umgezogen, in ein eigenes Haus, das wir gekauft und renoviert haben. Ich habe ein Fernstudium gemacht, damit ich auch was vorweisen kann und unsere Sohn hat die ganze Familie bereichert. Das war echt gigantisch, wie sehr das zweite Kind die Welt verändert hat. Dabei war es bis dahin auch vorher toll...

Im vergangenen Herbst hatte ich einen schweren Verkehrsunfall. Ich war im Krankenhaus, auf Reha und hatte doch Glück im Unglück. Bis auf eine Sehschwäche war bald nichts mehr geblieben. Ich hatte Doppelbilder und durfte nicht Autofahren. Das hat die Familie (auch Eltern und Schwiegereltern) megamäßig zusammengeschweißt. Da kam Unterstützung, da kam Rückhalt und wir haben als Familie halt alles zusammen gemacht, weil es eben nicht anders ging. Wir wussten halt auch, wie sehr wir einander brauchen und wie schnell es auch hätte vorbei sein können.
Die Doppelbilder verschwanden, ich konnte wieder selbstständiger sein und damit fing alles an. Im Februar dieses Jahres etwa.

Mein Mann ist in seiner beruflichen Situation nicht wirklich glücklich, auch nicht genug gefortert. Aber er hat erhebliche Vorteile gegenüber seinen Kollegen und ist nahezu unkündbar. Da ist soviel Sicherheit und er liebt Sicherheit. Und es ist auch nahe.
Na ja, jedenfalls fing das dann im Frühjahr an, dass er immer häufiger krank war, extrem genervt, müde. Er verkroch sich und hat in jedem Zipperlein den Weltuntergang gesehen. Er steigert sich in alles rein und so wird es auch nicht besser. Zu einem Arzt hatte er nie das perfekte Vertrauen und wir haben dann selbst recherchiert. Ich habe immer gesagt, seine Beschwerden wären psychisch bedingt, aber davon wollte er nichts hören. Als er dann endlich selber eingesehen hat, dass dem so ist, da ging es eine Weile bergauf. das war im September. Das, was er hat, das geht in Richtung Burn-out-Syndrom und nachdem wir lange Zeit offen miteinader geredet hatten (Ich brauchte eine halbe Flasche Wein als Unterlage, weil solche Gespräche nicht mein Ding sind), hat er einiges in seinem leben geändert. Er hätte sogar gerne einen anderen Job, aber er will sich nicht bewerben, solange er gesundheitlich so angeschlagen ist. da ist das Risiko zu hoch. Er hat eine Familie zu ernähren, ein Haus abzubezahlen...

Es war eine Weile echt besser, aber im Augenblick ist die Situation wieder echt schlimm. Er tyrannisiert die ganze Familie. Er weiß das und er hat auch ein schlechtes gewissen deswegen, ist dann plötzlich so anders, so liebevoll, so zärtlich, so wie ich ihn gern hätte.
Aber das ist ein Teufelskreis. Die Situation belastet uns, raubt und die Kraft, die uns für die Kinder dann fehlt. Wir sind gereizt, die Kinder merken das, fordern mehr Aufmerksamkeit, wieder keine Zeit für uns...
Das tut so weh!!!

Ich liebe meinen Mann, ich liebe meine Kinder, die Familie ist mein ein und alles.
Ich weiß, mein mann liebt auch mich, aber er schafft es nicht, das auch zu zeigen. Ich rede fast täglich auf ihn ein, schon seit kurz nach unserer Hochzeit eigentlich, aber ich kann mich nicht einmal daran erinnern, dass er mir mal eine Rose geschenkt hätte, von sich aus ein Liebesgeständnis gemacht hätte, grundlos geküsst hätte.
Ich bin eine romantikliebende Schmusekatze und es fällt mir so schwer, das zu akzeptieren. ich brauch das manchmal einfach und ich weiß, dass er das kann, denn als wir noch nicht verheiratet waren, da ging es schließlich auch.

Ich könnte mich selbst hassen, aber ich muss die Momente genießen, in denen er einen Gefühlseinbruch hat. Ich weiß es geht ihm schlecht, aber es ist so schön, es tut so gut, wenn er dann so anhänglich ist. Mich in den Arm nimmt und einfach nur fest hält. Ein wenig gibt mir das Energie, wieder ein paar Tage zu überstehen, aber die Tränen kommen trotzdem.

Seit wir verheiratet sind ist alles so selbstverständlich. Das Vertrauen ist bedingungslos. Nichts wird hinterfragt. An der Liebe muss er nicht arbeiten, denn sie ist ja sowieso da.
Was kann ich tun, um ein bisschen was von dieser frischen Verliebtheit, von dieser Selbstverständnislosigkeit zurückzuholen?
Ich verabscheue diesen Alltag...

Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass wir zuletzt im Kino waren, da war unsere Tochter noch in meinem Bauch. Wir haben es gelegentlich ins ASuge gefasst, aber wir schaffen es nicht. Wir wollen auch die Kinder nicht abschieben und die großen Ausgeher waren wir beide noch nie. Gelegentlich geht mein Mann zu einem Berufschulstammtisch, zur Feuerwehrübung, ich gehe in mein Einradhockleytraining, wo ich mich auspowern kann, aber gemeinsam... Das ist so selten geworden.
Und mir fehlt auch die beste Freundin oder der beste Freund... Keiner da´mit dem ich reden kann und mich 100prozentig verstanden fühlen würde. Die einzige so sehr vertraute Person ist eine gestresste Schulfreundein, die jetzt als Referendarin unerreichbar ist. Und eine Brieffreundin, die ich persönlich nicht kenne.

Was kann ich tun? So kann das nicht noch jehrelang weitergehen! Das ist verdammt sch..., das sagen zu müssen, aber mich macht das auf Dauer kaputt.
Das hab ich ihm auch schon so klar gesagt...!
Mir tun meine Kinder leid!!!

Wir streiten kaum. Wir reden über den Alltag. Wir reden über die Kinder. ich erzähle immer lange, was sie gamacht haben, er hört zu, aber ich glaube er hat nicht iwrklich den Platz im Kopf, das lange zu speichern. Er nimmt es war und ein paar Tage später kommt dann: das hast du mir nicht erzählt...
Ich weiß nicht, wann zuletzt die Fetzen geflogen sind...
Ich vermisse meinen gesunden Mann und ich vermisse ein klein bisschen die Bemühungen, ein Romatiker zu sein. Ich will keine großen Geschenke. Ich will Aufmerksamkeit, ich will mich begehrt fühlen...

Begehrt nicht nur im sexuellen Sinne. Wir schlafen nicht täglich miteinander, längst auch nicht jeden zweiten oder dritten Tag, aber wir tun es. Keiner muss sich dazu zwingen oder so. Es passiert einfach und es ist gut. Eigentlich besser, denn je. Immer besser. Auch da konnten wir mit der Weinunterllage mal über das sprechen, was anders sein muss und da hat's gewirkt.
Warum nur da?
Und warum muss bei Männern ein jeder Kuss gleich zu mehr führen, kann man sich nicht auch mal innig küssen ohne dann anschließend gleich Sex zu haben? Nur kuscheln, nur knutschen. Nicht mehr. Die Nähe des anderen genießen. Warum können sich Männer nicht beherrschen? Sind alle Männer so? Manchmal ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass ich das gerne rausfinden würde und hasse mich dafür. Denn ich liebe meinen Mann über alles. ER ist so schlimm zu wissen, das er leidet und niemals könnte ich ihn hintergehen, aber ich träume von jemandem, der mir seine Zuneigung zeigen kann...

Was soll ich tun? Ich will einmal wieder siese Kribbeln im Bauch spüren!!!
Bitte helft mir. Inspiriert mich...

Anwort von Sylvia

Grüß dich,

ich will jetzt nicht sagen, dein Problem ist der Klassiker unter den Problemen, aber er ist mit Sicherheit einer von den Klassikern. Wenn du magst kannst du zu dem Thema auch mal unser Archiv durchforsten, du wirst erstaunt sein, wieviele ähnliche Probleme du finden wirst.

Ich kann Dir nur aus meiner persönlichen Erfahrung berichten, wie ich das zwischen Männern und Frauen so sehe, und was ich so gelesen habe zu dem Thema.

Ich verallgemeiner jetzt mal, natürlich liebe Männer ist nicht jeder so, aber der Einfachheit halber: Für Männer ist es ausreichend und Liebesbeweis genug, wenn sie mit einer Frau zusammen sind. Bemühen muss man sich nicht mehr, deswegen auch das ganz andere Verhalten deines Mannes von früher, denn die Frau ist ja jetzt sicher die Frau an seiner Seite. Er hat erobert, jetzt genießt er den Erfolg seiner Arbeit. Männer und Frauen sind da eben schlichtweg vom Denken ganz anders. Frauen reicht das nämlich, zu Recht, nicht aus. Man möchte immer mal wieder neu erobert werden, man möchte immer mal wieder merken, dass man noch geliebt wird. Darüber werdet ihr reden müssen. Bei ihm wird wohl auch wirklich mal nötig sein, dass er das mit dem Kränkeln in den Griff kriegt, auch wenn das harte Arbeit wird. Ich denke mal, er wird auch selber mit der Situation unzufrieden sein. Wenn ihn die Arbeit so unglücklich macht, dann wird er den Schritt gehen müssen und sich was anderes suchen. Punkt. Da gibt es nichts zu diskutieren. So wie es im Moment ist, ist es nichts halbes und nichts ganzes. Er schiebt das immer weiter vor sich her und macht immer mehr kaputt.

Vielleicht werdet ihr auch wirklich mal den Weg zu einem Paartherapeuten gehen müssen, falls ihr mit Gesprächen nicht weiterkommt. Bei euch ist Liebe vorhanden, lasst sie nicht so einfach gehen. Es bringt nichts, wenn ich Dir jetzt tausend Tipps gebe zum Thema, wie bringe ich wieder Pepp in die Beziehung, ihr müsst Beide wollen und vor allem muss es auf lange Sicht ja wieder werden. Er scheint ja schon die Sorte Mann zu sein, mit der man reden kann. Rede mit ihm.

Und schaufelt euch frei, einen Abend nur für euch, ohne Kinder, ohne Arbeit, ohne Haushalt, nur ihr Beide. Das könnt ihr hinkriegen, und das bei aller Liebe ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Ihr seid nämlich nicht nur Eltern, ihr seid auch immer noch ein Paar, ihr müsst euch die Zeit nehmen.

Abschließend, was das Thema Sex betrifft: Das ist auch eine unterschiedliche Sichtweise von Mann und Frau, Männer haben oft nicht so das Bedürfnis nach kuscheln, wenn man sich einem Mann in Richtung kuscheln annährt, signailiert ihm das irgendwie, die Frau möchte mehr als kuscheln. Um es mal plump zu sagen, für Frauen ist kuscheln eben kuscheln, für Männer eine Aufforderung zu mehr. Darüber solltet ihr auch mal reden. Ihr könnt das gemeinsam schaffen, aber vielleicht braucht ihr dabei eben wirklich ein bisschen Anstoss von außen.

Liebe Grüße
Sylvia