Problem von Anonym - 39 Jahre

Ich bin komisch

Hallo an alle Leser.
Ich bin ja wirklich überrascht, was es nicht alles im Internet gibt.

Ich plage mich seit Jahrzehnten mit meinen Problemem rum, die ich niemanden erzähle. Ich habe mir auch noch nie meine Sorgen von der Leber geschrieben, geschweige einen Psyschologen aufgesucht..
Mal gucken ob mir das heute hilft. Ich versuche mich kurz zu fassen.

Meine Probleme haben in der Kindheit angefangen. Ich bin bei einer (vermutlich) schwer psyshisch kranken Frau (meine Mutter) aufgewachsen. Leider war ich kein Wunschkind und musste das mein Leben lang mit mir tragen. Schon als Kind sagte sie mir, dass sie mich mit alles mögliche versucht hat los zu werden als sie schwanger war. Heiss Baden, vom Kloo springen, Rotwein, Abführmittel. Hat nicht geklappt. Wie man sieht. Sie hat mich gehaßt. So sehr gehasst, dass ich bis zu meinem 18 Lebensjahr fast täglich geschlagen wurde. Sie hat mich auf den Dachboden gesperrt. Ich hatte da oben so panische Angst, dass kann sich einer Vorstellen. Ich hatte vor meiner Mutter Angst. Solche Angst, dass ich schwieg. Sie hat mich körperlich und seelich Mißhandelt. Ich mußte sogar eine Zeit Sie zu ihr sagen, weil sie das so wünschte. Ich mußte mit blaue Augen in die Schule gehen und sagen das war mein Bruder. Naja, so Dinge halt.

Am Tag meines 18 Geburtstag zog ich aus. Da wußte ich, sie kann mir nichts mehr tun. Ich war der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt als ich auzog. Für mich fing mit meinem 18 Lebensjahr das Leben an. Ich ging auf Partys, besoff mich von vorne bis hinten und war sehr glücklich damit. Ich wurde kein Alkoholiker, soweit hatte ich mich immer im Griff. Ich hatte einfach Spaß. Dann lernte ich meinen damaligen Freund kennen. Er merkte schnell, dass meine Mutter mich Mißhandelt hat und wollte das es mir gut ging. Ich zog zu ihm und bekamm mit 19 eine Tochter. Mein Leben schien nun Perfekt zu sein. Man bedenke, ich habe nie drüber nachgedacht wie es mir als Kind ging. Für mich war das normal.

Nun fingen die Probleme an. Ein Kind. OK, gut, schaffste schon dacht ich. Auf einmal kreisten sich die Gedanken nur noch um mein Kinderleben. Ich schwor mir selber, dass ich nie wie meine Mutter werde. Ich liebte mein Kind sehr. Ich verwöhnte sie, überschüttete sie mit Liebe und ging trozdem auf Partys. Ich war ja jung und naja, meine Mutter war natürlich nicht für mich da. Es gab nette Kindermädchen. Hab nie gelernt wie man mit Kinder umgeht. Ich wußte nur, man darf ihnen nicht weh tun.

Eines Tages, ich hatte wieder nur Gedanken an meine Kindheit und alles nervte mich. Ich schlug meiner kleinen mit der flachen Hand ins Gesicht und sie weinte. Ich dachte nur .. was hast du getan.. Ich nahm mein Kind in die arme (sie war zu dem Zeitpunkt 2 Jahre alt) und drückte sie ganz fest an mich und verprach, das das nie mehr vorkommt. Ich will nicht wie meine Mutter sein. Wir weinten dann beide. Ich weinte das erste mal über etwas, was für mich eigentlich normal war.

Was soll ich sagen, meine Tochter ist heute 19 Jahre alt und wurde nie mehr von mir geschlagen. Was ich leider nie verloren habe, sind meine innerlichen Agressionen. Ich habe Tage, da geht es mir gut und dann wieder Tage, da könnte ich den ganzen Tag schreien. Mitlerweile bin ich vom Vater meiner großen getrennt und habe eine 2te Tochter bekommen. Sie wuchs ohne Schläge auf und ich bin Stolz auf mich. Wirklich. Für normal sterblich ist das normal, aber ich mache das zum Thema. Ich bin Stolz darauf. Ich kann aber bis heute nicht verdrängen was ich damals erlebt habe. Es vergeht nicht einen Tag an den ich nicht an meine Mutter denke. Ich hasse es, aber es kommt immer wieder. Da meine Kinder nun groß sind, wird das bei mir immer schlimmer. Die Abstände, den ganzen Tag schrein zu wollen werden immer kürzer. Ich mache mir langsam sorgen, ob ich evtl. Depressiv bin.

Also besser gehts mir jetzt auch nicht, aber ich würde mir wünschen, dass jemand diese Zeilen liest, dem ähnliches wiederfahren ist. Oder ein paar Tippswürden mir sicher helfen meinen Alltag zu bewältigen.


Natürlich ist meine Geschichte viel länger, aber das würde den Rahmen sprengen. Deswegen wars das.

Ich grüße alle die das gelesen haben!

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Ich möchte Deinen Stolz untermauern und denke, Du bist es mit viel Recht. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass geschlagene Kinder später oft schlagende Eltern werden. Du hast Dich entschieden, es anders und besser zu machen. Ich sehe da auch eine starke Persönlichkeit, die weiß, was sie will und nicht will.

Die Seele vergleiche ich selbst gerne mit einem Dachboden. Man trägt hinauf, was man in der Wohnung nicht mehr haben möchte, packt Kisten und Kartons und stellt sie dazu, immer wieder und weiter werden die Erinnerungen/Erlebnisse dorthin getragen. Und manchmal ist es so viel, dass das ganz Haus droht, unter der Last zusammenzufallen. Für den Dachboden würden wir uns Freunde und Bekannte oder auch eine Entrümelungsfirma zu Hilfe holen - und für die Seele? Du merkst, worauf ich hinaus will.

Endlich abschließen und nicht mehr jeden Tag an Deine Mutter denken, endlich frei von der schrecklichen Normalität, die nie eine war. Für Dich war es Alltag - aber normal war es nie. Ich denke, das könnte ein Herzenswunsch von Dir sein, oder? Die drückende Last des Seelen-Dachbodens los sein.

Alles Gute!
Dana