Problem von Anonym - 15 Jahre

Selbstmordversuch

Hallo liebes Kummerkasten-Team.

Es fällt mir schwer, das was passiert ist, in Worte zufassen. Oder eben überhaupt meine Gedanken zu ordnen. Hier im Internet genieße ich deshalb die Anonymität, durch die mich niemand zu ordnen kann. Ich kann nicht sagen, dass ich mich schäme, für das was passiert ist. Aber es fällt mir schwer darüber zu sprechen.

Ich fange mal von ganz vorne an.

Es war vor fast fünf Jahren. (Ich bin ja jetzt auch schon fast 16)
Ich war zwischen 10 und 11 Jahre alt. Das genaue Datum weiß ich nicht mehr. Ich habe versucht, diese Erkenntnis zu verdrängen.
Mein Vater..
Ich kann nicht sagen dass er mich vergewaltigt hat, aber er hat mich eben angefasst. Gestreichelt. Und das Nicht nur oberflächlich.
Die Ständige Geheimhaltug. Er tat es sogar, wenn mein Bruder nebenbei war. Er hielt meinen Mund zu.. Mit der anderen Hand war er woanders.
Ich habe versucht, ihm aus dem Weg zu gehen. Hat auch dann endlich geklappt. Er hat die Finger von mir gelassen.
Aber ich merke es immer wieder. Wenn ich im Zimmer bin, mich gerade umziehe. Plötzlich steht er an der Tür. Es sind immer wieder kleine Dinge, die mich daran erinnern lassen.

Das war jetz die Vorgeschichte. Seit dem versuche ich mein Leben zu ordnen. Stecke meine Energie in dei Schule. Gute Noten sind bei mir das A und O. Jetzt, wo ich meinen Schulabschluss fast habe, lässt das auch nach. Ich lege mehr Wert auf mein Aussehen. Woraufhin ich jetzt auch schon mit ein paar Jungs rumgeknutscht hab. Weiter gehen konnte ich nicht. Ich musste vorher abbrechen. Jedes mal kamen wieder die alten Bilder in mir hoch. Verstehen Sie? Ich kann Ihnen dazu die letzte Situation beschreiben, bei der bei mir die Sicherungen durchgebrannt sind.

Ich war auf einem Geburtstag. Von einem Jungen, der mich sehr interessiert. Meine erste "Liebe" (Der, mit dem ich meinen ersten Kuss hatte, seit dem hasse ich ihn) war auch da. Es war sowieso schon eine schwierige Situation, aber mit schwierigen Situationen komme ich eigentlich gut zurecht.
Auf alle Fälle, war auf der Party ein Typ, mit dem ich dan rumgeknutscht habe. Er schob mir die Hand in die Hose. Ich schubste ihn weg. Ich war wieder fünf Jahre zurückversetzt.
Nachdem ich mich wieder halbwegs normal benommen habe (Ja. Alkohol war auch im Spiel) sind wir zu einer andern Feier gelaufen. Da hat mir ER (den ich so interessant fand) einen Schneeball ins T-shirt geworfen. Der Schneball aht sich angefühlt, wie die kalten Hände meines Vaters.

Der Moment war mir einfach zu viel. Ich bin weggerannt. Auf eine einsame Wiese, die mit Schnee überdeckt war. In T-Shirt bini ich zur Wiese gerannt, mitten in der Nacht. Ich hab mich in den Schnee gelegt, in der Hoffnung, einfach zu erfrieren. Durch den Alkohol nicht zu spüren, was geschieht. Einfach das Leben an mir vorbei ziehen zu sehen.
Meine beste Freundin und ER sind mir hinterher gerannt.
Drei Versuche hatte ich.
Der erste Versuch war einfach zu erfrieren. Im Schnee zu liegen und zu sterben.
Der zweite Versuch war, in den eiskalten Fluss zu springen, drin liegen zu bleiben, besoffen darin zu ertrinken. Ich weiß nicht. Eben einfach in der Kälte zu sterben. Er zog mich dann aber zurück. Ich lag in seinen Armen. Wunderschön. Er gab mir seinen Pulli un trug mich zurück zur Straße. In dem Moment als ich ein Auto herfahren hörte, zappelte ich in seinen Armen so wild, dass er mich los lies und ich auf die Straße rannte. ´DER SPINNER HAT MEINE JACKE FESTGEHALTEN. Hätte er sie nicht gehabt wär ich einfach davor gerannt.
Er hielt mich fest, drückte mich an sich. Schrie mich an, warum ich das mache. Warum ich auf einmal so austicke. Ich solle jetzt einfach zu ihm zurück gehen. Soll Schlafen. Aber ich wollte nicht. Ich schrie zurück. Er sollte mich einfach in ruhe lassen. Mich einfach sterben lassen. Meine Freundin und er gingen. Sie wussten, wenn ich sie anschreie meine ich das ernst.

Ich wartete. Dachte nochmal darüber nach, warum sie mir nachgerannt sind. Sie waren mir einfach zu wichtig. Beide.

Ich lief zurück, zurück zu dem Haus, wo ich hätte schlafen sollen. Und wartete da. Meine Freundin war schon da. Sie wartete auf mich. Wir haben kein Wort gesprochen. Sie weiß nicht, wieso ich so drauf war. Er weiß es nicht. Niemand weiß es.

Seit dem Tag, habe ich mit ihm keinen Kontakt mehr. Sie ist immernoch meine Beste. Ich traue mich einfach nicht, ihm zu sagen, was mit mir war. Weil es niemand weiß. Es geht niemanden etwas an.

Ich denke oft an Selbstmord. Male mir Pläne aus, wann und wo ich es als nächstes versuche. Habe auch vorher schon öfters daran gedacht. Aber dann sehe ich wieder, wie viele Gründe es gibt, es nicht zu tun.

Wie würden Sie jetzt handeln?!

Ich stehe vor einem Scherbenmeer, das aber mit einem schönen Sonnenuntergang vollendet wird, weil das Leben scheiße, aber trotzdem irgendwie schön ist.

Hilfe..

Anwort von Sabine

Hallo!

Wenn ich Deine Mail richtig verstanden habe, dann hast Du die vergangenen Jahre versucht alleine mit den Dingen zu Recht zu kommen und es immer irgendwie überspielt oder versucht zu verdrängen und nun holt Dich Deine Vergangenheit ein und Du denkst an Selbstmord. Richtig? Für mich klingt es danach, als sei es allerhöchste Zeit, dass Du Dich jemandem anvertraust. Sicherlich sind wir dafür da, dass man genau solche Dinge einmal aussprechen kann und das Gefühl bekommt mit jemandem darüber gesprochen zu haben. Sicherlich bleibst Du auch anonym, aber ich weiß nicht, ob es Dir ausreicht.
Ich weiß aus eigenen Erfahrungen, dass es super wichtig ist über solche Dinge zu sprechen, damit sie sich im Kopf nicht festfressen und belasten und man die Lebenslust verliert. Es tut mir leid zu hören, was damals in Deiner Vergangenheit passiert ist und ich weiß auch nicht, ob man es je vergessen kann, aber ich weiß, dass man lernen kann damit zu leben und auch lernen kann mit diesen Erlebnissen umzugehen. Es ist wichtig, dass Du mit jemanden darüber sprichst und Dich anvertraust. Dies könnte jemand aus dem Freundeskreis oder Verwandtenkreis sein. Vielleicht gibt es jemanden, dem Du Dich anvertrauen magst. Eine weitere Möglichkeit wäre fachliche Hilfe, damit diese Gefühle nicht eskalieren und Du völlig verzweifelst. Somit wäre auch ein Psychologe ein Ansprechpartner. Zu einem Psychologen oder einer Psychologin zu gehen ist keine Schande und muss niemandem peinlich sein. Ich lese sehr oft davon, dass Menschen sagen ?dahin gehe ich nie im Leben, das ist mir viel zu peinlich?. Ich selber denke, dass es aber auch zeigt, dass man Hilfe annehmen möchte. In erster Linie denke ich jedoch, dass es wichtig ist, dass man überhaupt anfängt sich zu öffnen und darüber zu schreiben oder zu sprechen. Es hilft ? wie ich meine ? immer ein Stück weiter die passierten Dinge zu verarbeiten und so immer ein Stück weiter aus dem Kopf zu bekommen. Sicherlich braucht das seine Zeit und manchen gelingt es alleine und manche brauchen dafür fachliche Hilfe. Danke, dass Du Dich uns anvertraut hast. Ich hoffe, dass es Dir ein Stück weitergeholfen hat.

LG, Sabine