Problem von Anonym - 20 Jahre

Beim Sterben zuschauen?

Liebes Kummerkasten-Team,

ich habe eine guten Freund, den ich seit ca. einem halben Jahr kenne. Wenn wir zusammen sind haben wir sehr viel Spaß und er würde alles für mich tun, da er auch leichte Gefühle für mich hat. Für mich ist er aber nicht mehr als ein Freund. Vor 2 Monaten schrieb er mir per SMS, dass er Lungenkrebs hat und höchstens noch 2 Jahre zu leben hat.
Jetzt ziehe ich zu Hause aus und auch noch ca. 600 km entfernt. Und er möchte mit mir ziehen. Er hat auch schon einen Job gefunden. Ich hab ihn ja wirklich gern, aber ich habe Angst ihm beim Sterben zu zusehen. Das komische ist, dass wir noch nie über seine Krankheit gesprochen habe, nur per Mail oder SMS und ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll. Ich würde gerne mal mit ihm darüber reden, aber wie? "Hey wie gehts dir?" ist dann immer eine Frage, die einem unpassend vorkommt. Ich war noch nie in solche einer Situation und ich habe noch nie einen Menschen verloren. Was soll ich tun ohne ihn jeden Tag an seine noch wenige Zeit zu erinnern? Wie kann ich mit ihm darüber reden?

Anwort von Susi

Grüß Dich!

Wie Du mit ihm darüber reden kannst? Am besten offen und ehrlich. Wenn Ihr Euch so gut versteht, dann sag ganz frei heraus, welche Gedanken Du Dir machst. Was wünscht er sich denn? Wie stellt er sich das vor?
Er blickt scheinbar ganz unbeschwert in die Zukunft, wenn er schwerkrank noch eine Arbeitsstelle annimmt.
Wenn ich einmal ganz offen sagen kann, was für ein Gedanke mich beschleicht?
Könnte es sein, dass der Junge vielleicht die Krankheit 'vorschiebt' um Dich so um sich herum zu haben? Du sagst, er hat leichte Gefühle für Dich und mir scheint es fast, er versucht Dich an sich zu 'fesseln' indem er an Dein Helferherz appelliert. Denk einmal darüber nach. Wie sicher bist Du Dir, dass er wirklich schwer krank ist. Sei mir bitte nicht böse, wenn ich das Ganze mal von der Seite auffasse. Wir können uns alle oft nicht mal im Entferntesten ausmalen, welche Ideen manche Leute haben, um Ihr Ziel zu erreichen! Ich wäre an Deiner Stelle erstmal sehr skeptisch und ein Zusammenleben mit einem ("nur") Freund würde ich von selbst vorschlagen aber nicht aufdrängen lassen.

Biete ihm doch einmal an, ihn bei ärztlichen Untersuchungen zu begleiten. Dann kannst Du selbst testen, ob Du stark genug bist mit ihm seinen 'Weg' gemeinsam zu durchleben. Es ist ein sehr großes Vertrauen in Dich, Du brauchst Kraft und Mut einen Sterbenden zu begleiten. Du solltest Dich einmal mit einem Arzt, vielleicht sogar mit einem Seelsorger eines Krankenhauses zusammensetzen und Dich erkundigen, wie 'Sterbebegleitung' aussieht. Welchen Part Du dabei spielst etc.
zeige ihm, dass für ihn da bist, dass aber auch das 'sich-um-ihn-kümmern' für Dich Grenzen hat. Geh nur soweit, wie Du es für Dich noch okay findest! Niemand verlangt von Dir, seine Hand zu halten bis zum letzten Atemzug. Es reicht ihm vielleicht schon zu wissen, dass er nicht allein ist...

Wenn Du Dich mit dem Thema der Sterbehilfe bzw. Sterbebegleitung ein wenig näher befassen möchtest, habe ich Dir unten einen Link eingefügt.

Ich wünsche Dir alles Gute und vielleicht findet Ihr eine schöne Möglichkeit, seinen letzten WEg gemeinsam zu gestalten!

Liebe Grüße
Susi


http://www.hospiz.net/