Problem von Anonym - 22 Jahre

Wer bin ich?

hallo,

ein nicht alltägliches psychologisches phänomen, schätze ich:

ich leide an einem geringen selbstwertgefühl und fühle mich minderwertig.
gleichzeitig jedoch verspüre ich den drang, die welt nachhaltig zu verändern und einen namen in der ewigkeit zu verdienen. auffällig ist, dass diese zwei ansichten widersprüchlich sind. diese paradoxe perspektive lässt mich leiden, da ich erzogen wurde, der beste und größte zu sein, allerdings wurde mir nie beigebracht wie der weg zu diesem ziel aussehen könnte. im gegenteil. ich wurde der große stern am himmel genannt und gleichzeitig habe ich täglich streit, verachtung, missachtung der menschenwürde auf seelischer und geistiger eben erlebt sowie familienkrisen. ich weiß somit nicht, wer ich bin und habe eine instabile denkweise. versuche ständig, in alle richtungen zu denken, anstatt eine festgelegte persönlichkeit zu sein. das macht es mir auch sehr schwierig, mich intergriert zu fühlen.


das gefühl der einzige hoffnungsträger in dieser welt zu sein bei völliger machtlosigkeit bei der realisierung dieses gedankens macht mich schwach.

ich fühle mich immer wieder, als wäre ich schwarz und weiß gleichzeitig, groß und klein, beliebt und unbeliebt, stark und schwach, intelligent und nicht aufnahmefähig, usw.

ich weiß nicht, wer ich bin. wüsste es aber sehr gerne.

wie finde ich es heraus?

(eine scheinbar banale und primär naive frage, die aber den kern meiner persönlichkeit berührt)

vielen dank fürs lesen.

Dana Anwort von Dana

Hallo!

Das ist keine banale und naive Frage. Es ist die Frage, die eigentlich jeden Menschen beschäftigt, der ein wenig über den Tellerrand des Lebens lunzt.

Und jeder Mensch, der das tut, ist auch mehrfarbig, so wie du auch. Du hast noch wesentlich mehr Farbtöne als schwarz und weiß, das macht die Vielschichtigkeit des Menschen aus.

Was du als widersprüchlich bezeichnest, ist eigentlich gar nicht so widersprüchlich. Das eine (mangelndes Selbstwertgefühl) ist dein Charakter, dein Wesen, das andere (Weltverbesserer, großer Held) ist anerzogen. Und durch diese Erziehung ist dein mangelndes Selbstwertgefühl auch bedingt.

Jemand, der so groß sein soll, so groß gemacht wird und dann natürlich auch diesen Drang verspürt, MUSS ja scheitern und muss ja merken, dass er kleiner ist als man/er es gerne hätte. Wer vor dieser Erkenntnis steht, kann natürlich am Selbstwert verlustig gehen...was allerdings sehr schade ist.

Wer bist du?

Das heraus zu finden, ist ein interessanter Weg. Wichtig ist, die Extreme mal in den Schrank zu sperren. Weder zu denken, dass du NICHTS kannst, noch, dass du ALLES kannst oder alles mögliche machen musst. Im Kleinen kann man auch schon viel bewirken und da liegt zB MEIN Sinn. Dass ich sage: innerhalb meiner Möglichkeiten versuche ich Vorbild zu sein, versuche ich, Dinge positiv zu bewegen.

Wenn du versuchst, Schritte zu tun, die dir einfach zu groß sind, dann gibt das nur "eine Zerrung im Oberschenkelbereich", metaphorisch gesprochen. Und du wirst immer unzufrieden bleiben, wirst feststellen, dass du versagst und dein Selbstwertgefühl wird weiter sinken. Geh kleine Schritte, such dir niedriger gesteckte Ziele. Du glaubst gar nicht, wie zufrieden die Erfüllung dieser machen kann!

Zu wissen, dass man NICHT der König der Welt ist und der "große Stern am Himmel", wäre schon mal ein riesiger Fortschritt und wirklich heilend. Ich bin zB sicher ein kleines Licht auf der Welt...aber ich bin zufrieden damit.

Du siehst ja selbst, dass man diese Größe nicht erreichen kann - auch die nicht, die das erwarten, sonst hätte es in deiner Familie nicht so viele Streitigkeiten gegeben. Perfektion und Riesengröße sind Dinge, die man nicht erreichen kann. Geht nicht. Muss übrigens auch nicht. Es lebt sich eindeutig entspannter, wenn man nicht perfekt und groß ist, denn dann muss man nichts beweisen.

Noch etwas zu deiner Persönlichkeit: du schreibst, dass du deine Denkweise für instabil hältst, weil du in alle möglichen Richtungen denkst. Es gibt so einen coolen Spruch: "Unser Kopf ist rund, damit das Denken auch mal die Richtung ändern kann". Und den finde ich total gut. Was ist eine festgelegte Persönlichkeit? Jemand, der unflexibel ist? Ich weiß es nicht.

Was wichtig ist, ist, dass du du wirst. Dass du sagst: mich machen folgende Dinge aus. Du darfst in alle möglichen Richtungen denken, du darfst deine Meinungen ändern, du darfst dich auch mal verstecken und mal auf einen Stuhl klettern und sagen: heute bin ich der große Stern! All das darfst du auf deinem Weg zu dir selbst.

Fang mal an zu schauen, was dich außer dieser Denkweisen noch so ausmacht. Was du gut kannst, was du nicht gut kannst. Was andere Menschen an dir schätzen, was sie blöd finden. Was für Gedanken dir Wohligkeit erzeugen und welche dich abstoßen. Und so weiter.

Und dann guck, bei welchen Punkten du ansetzen kannst, etwas mehr zu geben. Du bist ein intelligenter Kopf, das merkt man an den Gedanken, die du dir machst. Du musst nur schauen, was du damit anstellen möchtest. Doch das musst du selbst tun. Ich weiß nicht, ob du Menschen im Leben hast, denen du vertrauen kannst. Die intelligent genug sind, diese Vielschichtigkeit von dir zu erkennen. Falls ja: rede mit ihnen. Vielleicht können sie dir Hilfestellungen direkt bieten. Falls nein: was würdest du denn von dem Gang zu einem Psychotherapeuten halten? Die greifen meist auf eine große Erfahrung zurück und können gerade intelligenten, fragenden Menschen gute Tipps mit auf den Weg geben. Ist aber nur so ein Gedanke.

Ansonsten solltest du das Kleine-Schritte-System wirklich beginnen. Erfreu dich an Kleinigkeiten, such nicht das Große. Verbessere nicht die Welt, fang bei dir und deiner Familie an. Das stärkt für größere Taten.

Ich wünsche dir dafür alles Gute!

Liebe Grüße,

Dana