Problem von Anonym - 23 Jahre

Meine Familie behandelt mich wie einen Teenager

Hallo,

ich habe ein Problem mit meiner Familie. Vor 7 1/2 Jahren ist meine Oma gestorben. Aufgrunddessen sind meine Mutter und ich dann zu meinem Opa gezogen, damit dieser sich nicht aufgibt, da er sehr an meiner Oma hing. Eigentlich verlief meine Kindheit/Jugend auch sehr gut. Ich bekam eigentlich alles was ich wollte.

Doch in der letzten Zeit häufen sich einige Sachen, mit denen ich nun nicht mehr umgehen kann. Ich bin jetzt 23 und lasse mir von beiden immer noch vorschreiben wann ich abends nach Hause zu kommen habe, wann ich zu Hause zu bleiben habe (meine Familie will ja schließlich Zeit mit mir verbringen), etc. Ich komme mir teilweise wie ein Teenie vor. Beide meinen, dass sie mit mir machen können was sie wollen. Wenn ich Streit mit meiner Mutter habe, beschwichtigt mein Opa sie zwar, sagt aber zu mir dass ich nachgeben müsse, da ich ja die Jüngere bin. Was ist das für eine Aussage? Warum muss ich nachgeben, auch wenn ich im Recht bin? Andersherum sieht es nicht anders aus.

Oft beschwert sich meine Mutter darüber, dass mein Opa so schwierig ist. Sie bezieht alles auf sich. Jeden Abend, wenn ich von der Arbeit komme, kann ich mir ihr Gejammer und Gemecker anhören. Ich bin es echt leid. Ich würde so gerne von zu Hause ausziehen, aber das würde mein Opa nicht verkraften. Der klammert sich so sehr an mich, dass es mich schon fast erdrückt.

Zusätzlich bin ich jetzt seit fast 6 Jahren mit meinem Freund zusammen. Wir sehen uns zwar jeden Abend (meistens natürlich bei mir und nicht bei ihm), aber das wahre ist das auch nicht wirklich. Wenn ich denn mal unter der Woche zu ihm fahren kann, dann muss ich aber auch um 22:30 wieder zu Hause sein, da ich ja am nächsten Tag arbeiten muss. Freitags Abends darf ich dann tatsächlich bei ihm übernachten, muss dann aber samstags auch spätestens um halb 11 zu Hause sein, da ich ja dann mit meiner Mutter einkaufen fahren muss. Samstags muss ich dann zu Hause bleiben, da meine Mutter bei Ihrem Freund übernachtet. Das belastet meine Beziehung sehr. Mein Freund ist zwar sehr verständnisvoll und sagt auch nicht viel dazu, doch richtig glücklich ist er mit mir und der Situation mit Sicherheit nicht. Ich weiß nicht, wielange der sich das noch anschaut.

Sonntags ist auch nicht viel mit ausschlafen. Weil da muss ja das Mittagessen vorbereitet werden, da es ja pünktlich um 13:00 Uhr auf dem Tisch stehen muss. Also muss ich da ja mithelfen. Ich habe nichts dagegen, im Haushalt mitzuhelfen, doch ein bisschen FReiraum muss doch auch für mich sein, oder sehe ich das falsch?

Mich belastet die ganze Sache mittlerweile unbewusst doch so stark, dass ich seit nunmehr 1 1/2 Jahren nicht mehr mit meinem Freund geschlafen habe. Das ist ja auch nicht normal. Die einzige Erklärung die ich dafür habe, ist, dass ich mit der ganzen Situation zu Hause nicht mehr umgehend kann und es sich so auswirkt, dass ich mich kein bisschen entspannen oder mal abschalten kann. Bei uns ist alles durchgeplant und organisiert bis zum umfallen. Ich kann Montags noch nicht einmal spontan zu einer Freundin sagen, dass wir dienstags in Kino gehen. Nein, dass muss ich ja erst mit meiner Mutter besprechen, ob ich das "darf".

Für manche mag sich das alles sehr lachhaft anhören, doch ich möchte meiner Familie auch nicht vor den Kopf stoßen. Ich will nicht, dass das ganze mal im Streit auseinandergeht. Auf eine Art liebe ich meine Familie ja auch und bin glücklich, dass es sich gibt. Doch diese Momente werden immer weniger. Ich werde von ihrer Liebe mir gegenüber förmlich erdrückt. Meine Mutter meint, weil sie sich so aufopferungsvoll um meinem Opa kümmert und ihr ganzes Leben für ihn umgekrempelt hat, muss das auch bei mir so sein. Aber ich habe in meinem Leben doch noch nichts erlebt. Sie schon.

Mein Opa ist ein sehr schwieriger Mensch. Ich kann aber auch nicht verstehen, dass meine Mutter sich noch über ihn wundert. Wenn er irgendetwas will und sie sagt zweimal nein und beim dritten mal macht sie es doch, dann ist es doch klar, dass er sie nicht mehr für voll nimmt und sich sagt: Die macht doch sowieso was ich will. Mein Opa ist 72. Der ist vom Kopf her total dabei. Kein bisschen senil oder sonstiges. Er ist halt körperlich sehr schlecht zurecht. Aber im Kopf funktioniert noch alles. Und vieles was er macht, macht er extra. Ich denke auch, dass er so ist, weil er damit nicht klar kommt, dass er immer älter wird und immer gebrechlicher. Aber das muss man doch nicht an anderen auslassen.

Ich weiß, dass ist eine ganz verfahrene Situation. Ich hoffe, Ihr werdet aus diesem Kauderwelsch schlau und könnt mir ein paar Tipps geben.

Ganz lieben Dank im voraus

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!
Das ist ja eine schreckliche Situation, in der Du da steckst. Diese Kämpfe lassen andere mit der Pubertät hinter sich. Das ist kein Vorwurf, und wenn, dann geht der an Deine Mutter und an Deinen Opa. Die scheinen nicht zu begreifen, dass da kein Kind vor ihnen steht, sondern eine erwachsene, junge Frau.

Dein Opa ist ein typischer alter Mann. Ein bißchen sind sie immer wie kleine, rechthaberische Kinder. Das ist nicht böse gemeint. So sind sie oft eben. Und man muss irgendwie damit umgehen, ihnen ihre Grenzen aufzeigen. Nur weil sie verwandt und älter sind, dürfen auch sie sich nicht alles erlauben.

Ich denke, Deine Mutter ist auch nicht wirklich glücklich. Sie hat ihr ganzes Leben für ihren Vater umgekrempelt und verlangt deshalb vielleicht so viel von Dir. Aber es war damals ihre Entscheidung, es so zu machen.

Mein erster Gedanke war: Zieh da aus. Sicher, wird es Deinem Opa schwer fallen loszulassen, aber denkst Du wirklich, er kann das nicht überstehen? Du könntest sie ja immer noch besuchen, und das sogar wesentlich entspannter und freier. Mit etwas Abstand ist das alles bestimmt nicht mehr so schwer zu ertragen und Du wärest auch eine bessere Stütze, einfach, weil es Dir besser ginge. Du könntest doch auch immer noch da sein. Im Haushalt ein bißchen helfen, auch wenn Du dann Deinen eigenen hättest. Samstags könntest Du weiterhin Deine Mutter vertreten usw. Denk einmal darüber nach.

Wenn Du aber zu Hause wohnen bleiben möchtest, dann ändere auch etwas an der Situation. Das geht sicher nicht auf einen Schlag, nachdem es jahrelang so lief, jedenfalls nicht ohne böses Blut. Aber Stück für Stück solltest Du Dich vorarbeiten und als das zeigen, was Du bist: Kein Kind mehr, sondern eine Frau mit einem eigenen Leben und eigenen Entscheidungen.
Nimm Dir eine Sache vor und dann verändere es. Alles auf einmal ist nicht zu schaffen. Verabrede Dich z.B. für's Kino und dann erzähl es zu Hause ganz selbstverständlich. Denn es ist selbstverständlich. Keine Diskussionen darüber.
Oder aber Du setzt Deine eigenen Ausgangsregeln. Leb nicht nach ihren. Erzähl ihnen weiterhin wohin Du gehst und sag dann, dass Du erst dann und dann zu Hause sein wirst. Sei bestimmter in dem, was Du tust und tu das, was Du möchtest. Versuch, dabei immer noch ein wenig Rücksicht auf Deine Mutter und auf Deinen Opa zu nehmen. Das ist eine Gradwanderung. Aber so lang Du das tust, kann Dich niemand in einer Flut von Vorwürfen ersticken und Du hast immer Gegenargumente. Wobei das größte ist: Ich bin erwachsen, aber dass müssen die beiden wohl erst noch kapieren.

Dein Freund scheint wirklich eine Ausgeburt der Geduld zu sein. Dass Eure Beziehung leidet, kann ich mir gut vorstellen. Es ist toll von ihm, dass er immer noch an Deiner Seite ist, für Dich da ist und das alles mit Dir zusammen trägt.
Versuch etwas mehr alles von Dir fallen zu lassen, wenn Du das Haus verlässt. Ich weiß, dass das schwer ist, denn diese Probleme begleiten und beeinflussen ja Dein ganzes Leben. Aber die Zeit, die ihr zusammen habt (arbeite dran, dass es mehr wird und ohne dieses Ausgangslimit), solltest Du voll und ganz genießen. Leg Dir so eine Art Schalter im Kopf zu, mit dem Du die Familie ausknippst, bis Du wieder zu Hause bist. Mit etwas Übung klappt das sicher.

Wie gesagt, ich denke nicht, dass Du mit einem großen Paukenschlag komplett ausbrechen kannst. Du kannst es aber nach und nach verändern. Sei bestimmt und doch behutsam. Das mag schwierig klingen, aber ich denke, wenn Du einmal angefangen hast, wird es immer leichter.
Ich persönlich denke zwar, ein Auszug wäre genau das Richtige, aber das ist allein Deine Entscheidung.
Alles Gute und viel Erfolg!