Problem von Paul - 15 Jahre

Bruder ist tot

Hallo …

Ich habe ein großes Problem mein Bruder hat sich umgebracht.
Ich weiß nicht mehr was ich machen soll!!!!
Ich habe mich immer sehr gut mit ihm verstanden.
Ich hatte nur ihn ……
Mein Vater ist fast nur am Arbeiten ( ihn hat es fast gar nicht getroffen dass er sich selbst umgebracht hat ).
Meine Mutter … die kümmert sich fast kein bisschen um mich , denn sie ist abgehauen.
Ich habe seit dem Vorfall nicht mehr so viele Freunde weil sie es alle sehr komisch finden, dass mein Bruder sich umgebracht hat !!
Ich habe mich such immer in mein Zimmer zurückgezogen.
Aus diesem Grund weiß ich nicht mit wem ich darüber reden könnte !!!!!!!!
Bitte helft mir !

Stefan Anwort von Stefan

Hallo Paul,

ich finde es gut von dir, dass du dich mit deinem Problem an uns gewandt hast und dir somit Hilfe geholt hast! Ich kann verstehen, wie sehr dich die Situation belastet und mitnimmt.

Es tut mir wirklich leid für Dich, dass dein Bruder diesen für viele wohl unverständlichen Schritt gegangen ist. Ändern kann an dieser Situation leider niemand etwas, jedoch kann man lernen, damit umzugehen.

Auch wenn es für dich so scheint, als würde der Tod des Bruders deinen Vater nicht mitnehmen, kann ich mir nur schwer vorstellen das es ihn unberührt lässt. Das viele Arbeiten kann ein Anzeichen dafür sein, dass dein Vater nicht mit der Situation umgehen kann, sie verdrängen möchte und sich daher Hals über Kopf in die Arbeit stürzt, um bloß nicht daran zu denken. Als Elternteil eines "Selbstmörders" ist es besonders schwierig mit der Situation umzugehen. Oft geben sich Eltern die Schuld und sind der Auffassung, doch alles hätten ändern zu können, wenn sie nur "aufgepasst" hätten - was jedoch nicht immer der Fall ist.

Das sich deine Mutter nicht um dich kümmert ist traurig - ohne Frage. Jedoch ist es wahrscheinlich so, dass auch sie erst einmal Zeit brauch, um mit dem Geschehenen umgehen zu können. So etwas bringt jeden aus der Bahn, egal welchen Alters.

Ich halte es für möglich, dass sich deine Freunde von dir "absondern", weil sie einfach nicht wissen, wie sie mit dir umgehen sollen. Niemand möchte etwas sagen, was dich vielleicht noch mehr verletzt - da ist es der einfachste Weg für viele, gar nichts zu sagen. Leider ist dieses Stillschweigen oft verletzender, als bohrende Fragen. Solche Situationen zeigen einem immer wieder, welche der vielen Freunde GUTE Freunde sind. Pfeiff auf Diejenigen, die sich jetzt nicht mehr so mit dir beschäftigen wie es vorher der Fall war. Die Freunde, die nach wie vor zu dir halten, sind vielleicht die einzig brauchbaren Freunde.

Es ist sicher besonders schwierig für dich, dass du niemanden hast, mit dem du wirklich darüber sprechen kannst. Gerade in der eigenen Familie hat wohl jeder in der ersten Zeit selbst mit sich zu kämpfen und bricht bei Gesprächen vielleicht selbst schnell in Tränen aus. Daher ist es besonders wichtig, dass du dich an vertrauensvolle Personen richtest, die nicht unbedingt selbst mit dem Tod deines Bruders in Verbindung stehen, also Personen, außerhalb der engeren Familie.

Da ich weder deine Schule, noch deinen weiteren Verwandtenkreis kenne, kann ich dir leider nur allgemein gültige "Tipps" geben. Du selber wirst entscheiden müssen, in wie fern die Personen für dich als "geeignet" erscheinen.

Gibt es bei dir an der Schule einen Vertrauenslehrer (bzw. Klassenlehrer) dem du dich anvertrauen könntest? Auch Schulsozialarbeiter werden ein offenes Ohr für dich haben, sofern es sie an deiner Schule gibt und du dich an sie wendest. Sie können dir sicherlich auch dabei behilflich sein, dir Leute zu "vermitteln" an die du dich für Gesprächsrunden treffen kannst (nein, damit meine ich keine Leute, bei denen du dich auf die Couch legen musst, und von deinen Problemen sprichst - so etwas ist viel lockerer als man denkt). Vielleicht hast du auch in deinem weiteren Verwandtenkreis die Möglichkeit mit Leuten (Tante, Onkel, etc.) zu sprechen. Suche dir Personen aus, denen du dich anvertrauen kannst!

Die goldene Regel in solch schwierigen Lebensphasen ist es, darüber zu sprechen. Auch wenn es dir vielleicht nicht sofort als hilfreich erscheint kann ich dir versichern, das "geteiltes Leid" auch wirklich "halbes Leid" sein kann. Das Verdrängen dieser Situation macht dich im Endeffekt nur krank und wird dich länger verfolgen, als du es vielleicht aushalten kannst. Daher empfehle ich dir in JEDEM Fall, dich an jemanden zu wenden. Auch dein Haus/Kinder- und Jugendarzt wird dir entsprechende Adressen vermitteln können, wo du Leute triffst, die dir helfen können. Wichtig ist natürlich in diesem Fall, dass du erstmal ansprichst, mit Jemandem reden zu wollen. Leider kann niemand in dich hineinschauen und sehen, was in dir vorgeht.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute und viel Kraft, genauso wie den Mut, offen über das Problem zu sprechen! Ich hoffe dir etwas bei deinem Problem geholfen zu haben. Du kannst dich natürlich gern erneut bei uns melden!

Alles gute,
StefanL