Problem von Hediye - 19 Jahre

Am Ende meiner Kräfte

Liebes Kummerkasten-Team,
ich brauche gerade jemanden zum reden aber es ist niemand da, deshalb dachte ich es wäre vielleicht eine gute Idee meine Gefühle endlich mal mit jemanden zu teilen. Vor 4 Monaten fing alles an. Mit meinen Freundinnen war das schon immer ein hin und her. Die Beziehung zu meinem Freund ,mit dem ich mittlerweile fast 2 Jahre zusammen bin, hat in letzter zeit nur tiefen. Doch nicht das ist was mich kaputt macht. Ich habe vor 4 Monaten erfahren das ich adoptiert bin. Meine Eltern sind super, wobei mein Vater mir nie wirklich Nähe zeigen konnte aber ich trotzdem weiß das ich ihm das Wichtigste bin auf der Welt. Meine Mutter ist eh für mich da, egal was ist. Und natürlich bleiben die Beiden meine Eltern, nur wenn man sowas erfährt ändert sich alles. Egal ob man es will oder nicht. Meine Eltern sind meine eltern nur es ist ein komisches Gefühl.Ich dachte ich wäre immer das Einzelkind und habe mir Sorgen über das Alter meiner Eltern gemacht ( mittlerweile sind beide 65). Mein Problem WAR es ein Einzelkind zu sein und ich hatte Angst das ich beide verlieren würde weil sie so alt sind. Doch dann ist eine Bekannte auf unsere Schule gewechselt und es ist zu mir gelangt das ihre Mutter ihr erzählt hat das sie meine Mutter kenne und ich adoptiert bin. So ist das an mich weiter gekommen und ich habe meine Mutter zur Rede gestellt, da dieses Gerücht mir nicht so erfunden vorkam, ich habe meinen eltern nie wirklich geähnelt. Meine mutter wusste sich nicht zu helfen und meine mutter kann nicht lügen also habe ich erkannt das es stimmt. Ich habe geweint doch ich war gezwungen dazu mich einzukriegen da jederzeit mein Vater hätte kommen können und der wäre ausgerastet hätte er gewusst das es unsere Bekannte war die sowas verbreitet und meine mutter es mir ohne ihn erzählt hat.Mein Vater ist ein aggresiver Mensch. Und ich habe mich an dem schlimmsten Tag in meinem Leben zusammen genommen damit nicht ein Streit zwischen meinen Eltern ensteht, damit mein Vater nicht traurig wird weil ich glaube der realisiert das garnicht das ich nciht seine biologische Tochter bin und meine Mutter die Brustkrebs hatte, sich unnötigen Stress macht und der Brustkrebs wieder zurück kommt. Ich habe mich zurück gehalten. Doch mittlerweile geht es nicht mehr. Meine Beziehung zu meinen Freundinnen ist ,, kalt " geworden, vieles ist mir nun egal. Als wär mein Herz zugefroren. Als würde ich vieles nicht wahrnehmen. Mit meinem Freund,er bringt mich noch zum lachen und er war damals auch da aber seitdem kann ich nciht darüber mit ihm reden denn wenn das Thema aufgeht habe ich das Gefühl das er das gar nicht versteht. meine mutter meinte das meine biologischen Eltern ihr mich damals gegeben haben da sie in einem Dorf wohnen und mir chancen ermöglichen können die sie mir nich geben können weil sie zu arm sind dafür.und ich habe mir nur dieses handeln als nur positiv vor augen gehalten doch mein Freund rastet aus wenn ich so denke und will nicht das ich gut von denen denke und sagt mir andauern was für eltern ihre Kinder einfahc so hergeben und das meine geschwister( anscheinend habe ich 7 und einer ist gestorben) nichts getan haben um mich zu finden. Mit ihm bin ich deshalb nicht gut darauf zu reden da es auch mittlerweile allgemein zwischen mir und ihm probleme gibt da wir uns zwar unglaublich lieben und ich liebe ihn so stark ich kann das nicht in worte fassen aber verstehen tun wir uns in letzter zeit garnicht mehr. ich habe nicht das gefühl das ich bei ihm geborgen bin und über meine Probleme besonders über das meiner eltern reden kann. Und dann kommt noch dazu das ich bald eine Klassenkonferenz habe und nicht weiß ob ich von der Schule fliege oder nicht. Und meine ganzen Klausuren die wichtig sind fürs Abitur ( befinde mich im 3.Semester) stehen an.
In letzter Zeit ist es einfach so, dass ich im Bett liege und plötzlich einen Heulkrampf kriege, mein Herz mir weh tut und ich keine Luft kriege und das weil mir in dem Moment so stark bewusst wird das ich adoptiert bin. das ich biologische eltern habe die ich nciht kenne, Geschwister habe die ich nicht kenne das ich Menschen habe die mir dem Einzelkind ähneln. Das ich verpasst habe mit ihnen aufzuwachsen. Das ich verpasst habe Tante zu sein, worum ich viele meiner Freundinnen beneidet habe. Und es tut weh, das meine mutter ,MEINE MUTTER nicht die war die mich geboren hat. Warum durfte ich denn nicht in ihrem Bauch enstehen. . WARUM? Sie ist mir so nah und ich bin mir sicher das es Schicksal war das ich zu ihr gehöre, den so sehr wie ich ihr nah stehe steht keiner meiner Freundinnen ihrer Mutter , aber wieso musste es so sein. Meiner Mutter gegenüber bin ich aber auch kalt geworden. Ich tue als käme ich mit der situation zu recht aber die Situation zerstört mich innerlich. Ich habe angst mit ihr zu sprechen, ihr weh zu tun und das der Krebs zurück kommt.
Sie spricht davon das sie im kommenden Sommer meine biologische Familie besuchen will in der Türkei. Aber werde ich damit überhaupt klarkommen? Sollte ich die kennen lernen?

Ist es normal das ich diese Schmerzen im Herzen habe. Das wenn cih mir sorgen mache meine Brust so unheimlich wehtut und es so ist als würde ein Messer reinschneiden. Das mein ganzer Körper zusammenbricht. Das ich daran denke mein Leben zu beenden? Das einzige was mich aufhält ist meine Angst vor dem Tod. Und meine Mutter, mein vater .. und mein Freund, ich habe mir doch mit ihm eine tolle Zukunft vorgestellt. Sogar dann wenn alles so wird , wird dieses Thema mich doch immer begleiten. Wie soll cih meinen Kindern später mal klar machen ey eure Mutter die ist adoptiert. Wie wenn ich es mir doch selbst nicht klarmachen kann. Und ja vielleicht ist bis dahin noch Zeit, doch in diesen 4 Monaten ist der Schmerz nicht ein wenig leichter geworden. Er wird von Tag zu Tag nicht einfacher. Es ist der erste Schmerz bis jetzt den die Zeit nicht heilt. Und ich komme selber nicht mehr mit. Es geht mir alles zu schnell. Freunde , Freund , Schule . . und meine Familie. Ich selber, ich die nicht mehr weis was sie tun soll. Ich überlege zum psychater zu gehen. Aber da werde ich doch auch nur weinen. Wenn ich dran denke schürrt sich mir die Kehle , ich kriege keine Luft und meine Tränen kommen in strömen. Wie ebend, ich hatte was das Gefühl umzuklappen weil meine Beine sich nicht mehr standhaft angefühlt haben.

Ich fühle mich einfach total hilflos und alleine. Und zu voll geladen.Ich komme nicht mehr klar, das ist mir viel zu viel. Ich habe das Gefühl zusammen zu klappen.es ist alles viel zu schmerzhaft, und ich komme nciht klar. Am liebsten hätte ich meinen Freund an meiner Seite doch er versteht es nicht das ich plötzlich Heulkrämpfe habe. Der denkt doch bestimmt ich sei verrückt oder würde das extra tun. Aber es ist so eineSekunde lache ich und dann kommt der Schmerz und ich kann nicht mehr und breche zusammen.

Ich hoffe wenigstens von euch ein Paar aufmunternde Worte zu hören und Tipps.
Vielen Dank fürs Durchlesen
Hediye

( Bin zurzeit 19 Jahre alt und türkischer Herkunft)

Dana Anwort von Dana

Meine liebe Hediye.

Spät kommt eine Antwort, doch sie kommt und ich nehme dein Problem auch sehr wichtig.

Du bist adoptiert und hast das sehr spät erfahren. Das ist dann meist erstmal ein absoluter Schock, man fühlt sich völlig einsam, obwohl man in einer Familie lebt und es kommen unzählige Fragen in den Kopf, die einen vom normalen Alltag total abhalten und alle Gedanken blockieren.

Ich möchte dir aber gerne mal meine Meinung mitteilen, was die Adoption und deine Gedanken dazu (warum war es nicht meine Mutter, die mich geboren hat???) betrifft.

In einer Mutter ist man neun Monate. Außerhalb der Mutter ist man ein ganzes Leben. Was ist also wichtiger? Dass man anfangs in der Mutter heranwachsen konnte oder dass die Mutter ein Leben lang für einen da ist und wirklich MUTTER ist? Was für einen Unterschied macht es, dass sie dich nicht geboren hat? Macht sie das wirklich weniger zu deiner Mutter? Ich denke nicht. Deine Adoptivmutter ist deine Mutter. Sie hat dich aufgezogen, sie liebt dich sehr, sie unterstützt dich, wo sie kann. Ich würde dir empfehlen, das absolut zu genießen und dankbar dafür zu sein (was du ja bist, wie man lesen kann). Nutze die tiefe, innere Bindung, die ihr beiden habt, um ihr nahe zu sein und mit ihr über alles, was dich bedrückt, zu reden. Spiele ihr nicht vor, dass dir das alles nichts ausmacht, das geht nur irgendwann schief. Du bist momentan seelisch belastet und das solltest du mit ihr besprechen, denn sie ist deine Mutter und sie liebt dich innig.

Dass du einen tiefen Schmerz empfindest, ist völlig normal. Du bist von einer auf die andere Sekunde "entwurzelt" worden, du weißt nun, dass deine geliebte Familie nicht deine biologische ist und dass es da noch andere Menschen gibt, die dich gezeugt haben. Du bist verwirrt und geschockt, das ist ein normaler Vorgang. Aber verschließe dich davor nicht. Weine..und tu das am besten bei deiner Mutter im Arm. Sie wird das verstehen, schließlich kennt sie dich gut - und so eine Information ist ja wirklich etwas, das das Leben ganz schön aus der Bahn werfen kann.

Dein Freund tut dir leider keinen guten Dienst. Wie ich lesen konnte, hast du selbst eigentlich sehr gute Ansätze. Du warst dabei oder bist dabei, den Menschen, die dich gezeugt haben, zu vergeben. Sie scheinen in nicht sehr schönen Verhältnissen zu leben und haben für dich eine gute Möglichkeit gesucht. Und glaube ruhig, dass es nicht leicht ist, ein Kind einfach weg zu geben. Unterstelle ihnen nicht, dass sie völlig kalt und emotionslos sich gegen dich entschieden haben. Es war keine Entscheidung gegen dich - es war eine FÜR dich. Sie wollten, dass du es besser hast. Mädchen sind ja in der Türkei immer noch nicht wirklich gleichgestellt, schon gar nicht in einem türkischen, kleinen Dorf. Zudem noch die Armut, die anscheinend vorherrscht(e). Ich bin mir sicher, dass du es hier besser hattest.

Wenn du nun auf deinen Freund hörst, der versucht, dir Wut und Hass auf diese beiden Menschen einzutrichtern, gehst du meiner Meinung nach einen falschen Weg. Der Weg, den du selbst überlegt hattest und der VERGEBUNG heißt, ist der wirklich Richtige. Selbst wenn in dir drin wirklich viel Wut ist, sollte es wenigstens eine Gelegenheit zur Klärung geben. Du kennst die Umstände nur sehr bedingt, du weißt nicht, was es die beiden gekostet hat, dich weg zu geben. Wer weiß, wie lange sie darüber sehr traurig waren? Das gilt es erst heraus zu finden. Sollte dein Freund da nicht mitziehen, wäre eine Auszeit sicher sinnvoll. Du kannst momentan keine Schwächung gebrauchen. Wenn er dich wirklich liebt, wird er dir beistehen und respektieren, was deine Wünsche und Gedanken sind.

Dieses Zusammenschnüren der Kehle und die Weinkrämpfe lassen auf Angstzustände schließen, die völlig logisch sind, wenn man bedenkt, was du nun weißt. Nun gilt es, das zu verarbeiten. Der größte Fehler wäre wirklich, es einfach alles zu schlucken, weil man der Mama nicht weh tun will, weil man sieht, dass der Freund es nicht rafft. Aber so geht das nicht! Ein Psychologe wäre sogar eine gute Wahl, eine Gesprächstherapie auch. Lass nicht zu, dass dich jemand von diesem Weg abhält, lass nicht zu, dass dein Freund vor lauter Unverständnis über deine Situation dich in eine Richtung schickt, in die du nicht möchtest. Du liebst ihn - liebt er dich auch? Dann solltest du ihn um Verständnis bitten. Es ist DEIN Leben und DEIN Schicksal, nicht seins. Er sollte dich stützen und dir Hilfe sein und nicht dich noch zusätzlich schwächen.

Insgesamt sollte deine Familie jetzt deine absolute Anlaufstelle sein. Adoptiert zu sein ist keine Schande, das kann man auch ruhig seinen Kindern später erzählen. Und zwar nicht "Ey, eure Mutter ist adoptiert", sondern eher: "Wisst ihr...die Menschen, die mich gezeugt haben, mussten mich weggeben, aber zwei unglaublich liebe Menschen haben mich aufgenommen. Ich habe das absolute Glück, in eine wundervolle Familie gekommen zu sein!" Es ist doch total egal, wie alt sie sind und dass du nicht im Bauch deiner Mutter warst. Du hast Liebe empfangen und empfängst sie noch und du hast ein gutes Zuhause. Das ist doch wundervoll!

Geh zu deiner Mutter und fang an zu reden. Erzähle ihr von deiner Liebe zu ihr und von den Schmerzen, die du momentan hast, weil du so verwirrt bist. Überlegt zusammen, was ihr da machen könnt. Vielleicht willst du deine leiblichen Eltern ja mal kennen lernen? Aber selbst wenn nicht: verarbeiten musst du die Sache. Schlucken geht nicht, das geht irgendwann nach hinten los. Nimm deine Mutter als deine Stärkung, weihe sie ein...und dann sucht fachliche Hilfe dazu. Es gibt übrigens Adoptionstherapien in sehr vielen Städten. Viele Kinder werden adoptiert und in diesen Sitzungen werden sie eingeweiht und es wird mit ihnen alles verarbeitet. Ich selbst kenne drei adoptierte Kinder, die alle drei damit sehr gut leben. Sie wissen, dass sie irgendwo leibliche Eltern haben, aber die, die sie lieben und die, von denen sie geliebt werden, sind die Adoptiveltern. Und genauso ist es ja bei dir auch.

Ich wünsche dir, dass du einfach das Vertrauen hast, mit deiner Mutter und gerne auch mit deinem Vater zusammen den Weg anzutreten, der dir Linderung verschafft. Du wirst merken, wie Erleichterung kommt, wie dir etwas von der Last genommen wird, weil du nicht mehr alleine mit dem Problem da stehst.

Ich hoffe, meine Antwort kam noch nicht zu spät.

Hab ein wirklich schönes Leben, Hediye!

Liebe Grüße,

Dana