Problem von Stefan - 19 Jahre

mit 19 am Ende?

Hallo erstmal,

ich weiß nicht in welche Rubrik ich diesen Text packen soll, irgendwie könnte es überall reinpassen.

Wo soll ich anfangen?
Bis zur 8ten Klasse war ich in der Realschule, bis dahin war eigentlich alles in Ordnung. Jedoch lernte ich neue "Freunde" kennen, meiner Meinung nach gins von da an langsam aber stetig bergab. Ich fing mit dem Rauchen an, der Alkohol kam dann auch dazu, ab und zu hab ich auch gekifft. Zwangsläufig musste es ja bergab gehen. Ich landete auf der Hauptschule, machte nach 2 Jahren dort den Abschluss.
Aber in diesen zwei Jahren waren diese Freunde natürlich nicht mehr da. Ich saß jeden verdammten Tag zuhause. Von da an fing es mit Depressionen an.

Ich hab damals täglich über Suizid nachgedacht, fand zwar ne Ausbildung (nach geschätzen 50 Bewerbungen) aber die war auch nicht das Wahre.

Warum es nur bei den Gedanken blieb? Zum Glück hab ich neue Freunde gefunden, ohne das sie es wissen haben sie mir das Leben gerettet, kann man so sagen.

Mein weiteres Problem ist, dass ich die jeweiligen Situationen immer schlechtrede, die Ausbildung, die Beziehungen, mein Leben. Ich versuche oft das Gute zu sehen, manchmal gelingt es mir sogar, aber dann hab ich im Hinterkopf wieder die Probleme, kleine wie große, Zukunftsangst, Verlustängste, jedes mal.

In Sachen Liebe und Beziehung schein ich auch ein ziemlicher Versager zu sein.
Neben unbedeutenden Nächten gab es eigentlich nur einmal die Situation das ich ein Mädchen echt geliebt habe. Wir kannten uns seit 2008, kamen nach 2 Jahren zusammen, nach 5 Monaten beendete sie die Beziehung, blieben aber noch Freunde, kamen nach einigen Monaten nochmal zusammen, aber ich Held mach nach nur einem Monat schluss. Warum? Im Nachhinein weiß ich es nicht, wie gesagt, ich hab das Talent alles noch so schöne schlechtzureden. Heute hab ich erfahren dass sie wieder einen Freund hat, es hat mich so runtergezogen, als ob man ersetzt werden würde, einfach scheiße. Ich gönns ihr ja und alles, aber gleichzeitig wächst auch der "Hass" auf alles und jeden. Im Nachhinein merk ich einfach was ich an ihr hatte, und ich habs natürlich verbockt.

Zu allem überfluss "droht" mir meine Mutter mit dem Rauswurf, will schließlich ein erfolgreiches Kind haben.

Der ganze Mist, Pech in der Liebe, die Arbeitslosigkeit, die jahrelangen Depressionen, ich will einfach nicht mehr. Das einzigste was mich hier noch hält sind im Grunde meine Freunde, ich vertrau ihnen. Und ich denke ich könnte von ihnen die bestmögliche Hilfe erwarten, aber ich will nicht das letzte Gute aufs Spiel setzen. Natürlich könnte ich auch einen Therapeuten aufsuchen, aber wie soll ich damit klar kommen, mit 19 schon so "kaputt" dass man ohne professionelle Hilfe nichts mehr auf die Reihe bekommt?

Ich schiebe einfach so einen Hass auf alles. Weil ich als "Kind" 2 Jahre lang "gepennt" habe soll nun mein restliches Leben den Bach runtergehen, ohne guten Job oder Saubermannimage? Mein Selbstvertraun ist am Boden, aber andererseits bin ich auch extrem arrogant. Ich blicke mit Verachtung auf die anderen hundert Personen die man an einem Samstag Abend in einem Club trifft. Machen Abi, haben im Grunde schon ausgesorgt, aber können sich nichtmal richtig artikulieren oder ordentlich benehmen, nehmen Drogen um cool zu sein, prahlen mit Bettgeschichten etc.. Womit haben die es verdient? Meine ganze Zukunft hängt an so einem beschissenen Abschluss. Aber wenn ich dann wieder auf die ehemaligen Mitschüler aus der Hauptschule blicke verstehe ich auch warum. Vorstrafen, ein absichtliches Asi Image.
Ich bin zu jedem nett, obwohl ich langsam keinen Bock mehr auf diese Schönmalerei habe, ich stehe jedem mit guten Rat zu Seite. Was hab ich davon?

naja, vielen Dank fürs lesen
Stefan

Janine Wochnik Anwort von Janine Wochnik

Lieber Stefan,

du hörst dich ziemlich erwachsen an und ich finde du hast viele gute Ansätze.

Was du brauchst ist eine ordentliche Portion Optimismus und Selbstvertrauen.
Fast jeder Mensch hat einmal eine Zeit in seinem Leben, die er im Nachhinein verflucht und wo er viele Fehler gemacht hat. Aber irgendwie hat so eine Zeit auch etwas Gutes. Zumindest dann, wenn man daraus etwas gelernt hat und man weiß was falsch gelaufen ist.
Natürlich wäre es besser, wenn man so eine Zeit nicht gehabt hätte, aber fast jeder hat sie und viele sind auch froh darüber.
Denn es zeigt dir worauf es im Leben ankommt.
Aber dadurch geht nicht dein ganzes Leben bergab.
Du bist 19 Jahre alt, du hast einen Abschluss und das wichtigste von allem:
DU willst etwas ändern!
Das sind sehr gute Vorraussetzungen um aus deinem Leben noch etwas zu machen.

Die Frage ist nur, was willst du daraus machen?
Du hast ein Wort geschrieben "Saubermannimage"!?
Das hört sich für mich so an, als ob das so gar nicht das ist, was du willst!?
Wichtig ist, dass du weißt was du willst und was nicht.
Was deine Eltern wollen sollte keine Rolle spielen.
Denn es ist und bleibt dein Leben und du musst mit den Konsequenzen leben. Egal welche Entscheidung du triffst, du und meistens nur du, musst damit leben.
Also versuche herraus zu finden, was du willst und dann überlege dir wie du dahin kommen kannst. Es gibt im Leben meisten mehr als einen Weg, deshalb schau nicht immer nur geradeaus, sondern auch mal rechts und links. Und nicht immer ist der Weg der beste, der am einfachsten aussieht;)

Wie du richtig erkannt hast, hängt sehr viel an einem guten Abschluss.
Gerade in der heutigen Zeit ist soetwas Gold wert.
Die Menschen, die Jobs zu vergeben haben, können dir bei einer Bewerbung nicht in den Kopf schauen.
Von daher nehmen sie also dein Zeugnis zur Hilfe, denn das sagt nun mal mehr aus, als z.B. dein Lebenslauf (zumindest in deinem Alter, später kann sich das Blatt dahingehend drehen), es ist doch nur verständlich.
Versuche doch dich in die Lage eines Arbeitgebers zu versetzen, welchen Bewerber würdest du nehmen?
Einer hat einen Hauptschulabschluss mit mittelmäßigen Noten.
Ein anderer einen Realschulabschluss und ebenfalls mittelmäßige Noten.
Zuletzt ein Abiturient, ebenfalls mittelmäßige Noten.
Du wüsstest von keinem sehr viel, abgesehen von Dingen die im Lebenslauf stehen und vom ersten Telefonat.
Wem würdest du zuerst eine Chance geben?

Ich kann dir nur den Tipp geben, mach deine Schule weiter.
Es kann dir nicht schaden, es kann dich nur weiter bringen.
Für dein restliches Leben sind ein paar Jahr Anstrengung und pauken doch wirklich nicht sehr viel, oder?
Davon mal abgesehen, ist die Schulzeit die schönste und lockerste Zeit deines Lebens.
Gehst du erstmal arbeiten, was du ja kennst, dann hast du nur noch so um die 24 Uslaubstage, deinen Chef der dir sagt, was du tun und lassen sollst und neben bei irgendwann deinen eigenen Haushalt, deine Finanzen zu klären, etc.
Dann hast du kaum noch Zeit für dich und Freunde, musst ranklotzen und kannst nicht mal so viel mit dem ganzen Geld anfangen, weil es schnell alles weg ist und du auch kaum noch Zeit hast.
Schule hat eindeutige Vorteile.
Und dein ganzes Leben lang wirst du stolz und froh sein, wenn du es machst bzw. gemacht hast.
So viele Menschen haben gar keinen Abschluss, du hast schon mal einen und so wie du dich anhörst schaffst du die anderen ganz sicher auch.
Zeig den Proleten aus dem Club doch wo der Hammer hängt;-)

Zudem besänftigt es deine Mutter vielleicht auch ein wenig.

Nun zu deinen anderen Problemen, du hast geschrieben, du seist immer für andere da, was ja auch schön und gut ist. aber das sollte Grenzen haben.
Wenn es dir selber nicht gut geht und eigentlich du Hilfe brauchst, dann wird es dir nicht viel nützen anderen zu helfen. Die Probleme anderer können dich eher noch mehr runter ziehen, vor allem wenn du ein Mensch bist, der eh zu viel über alles nachdenkt.
Deshalb, versuche doch wirklich nur da zu helfen, wo du weißt, dass du auch Hilfe bekommen kannst und nicht nur geben musst.
Du hast gefragt, was dir das bringt. Hilfe geben heißt nicht auch etwas dafür zu bekommen.
Schau doch unser Team an.
Wir alle hier machen das freiwillig neben unseren eigenen Sorgen und Leben.
Aber wir machen es gerne und nur dafür um anderen zu helfen.
Allerdings sollte man abwägen, denn wenn man selbst schwere Probleme hat, dann ist es eben nicht sonderlich hilfreich, wenn man sich noch andere Probleme aufhalst.
Lerne einfach mal "Nein" zu sagen. Auch das ist eine Lektion im Leben, die man lernen muss.

Du hast außerdem geschrieben, dass du immer zu sehr darüber nachdenkst, was nicht so gut klappt. Du hast selber schon gemerkt, dass dich das hemmt und das es deine Lage nicht besser macht.
Tatsächlich wirst du im Leben nie zu 100 % glücklich sein. Du kannst dich glücklich schätzen, wenn du irgendwann einmal zufrieden bist.
Das ist aber auch ganz gut so. Stell dir doch mal vor, es kommt ein Punkt an dem du rest los glücklich bist. Dann würdest du doch nicht weiter kommen. Solange man etwas findet, was noch nicht absolut perfekt ist, macht man weiter. Man entwickelt sich und versucht seine Position zu verbessern.
Nur so kann man es zu was bringen und nur so kann man irgendwann zufrieden sein. Indem man nie aufhört, sondern immer weiter kämpft und sich steigert.
Versuche dich mit dieser Tatsache auseinander zu setzen.
Denn es ist wirklich hilfreich, wenn man das versteht, denn dann ist man schon wesentlich zuversichtlicher.

Es ist schwer immer nur das Gute zu sehen, und immer kann das auch nicht funktionieren.
Aber wenn du versuchst aus fast allem etwas positives zu sehen, dann wird es dir besser gehen.
Als Beispiel: Du bist Single.
Nachteile gibt es da sicherlich viele.
Aber sieh doch auch die Vorteile, du kannst dich erstmal ganz dir selbst widmen, du kannst tun und lassen was du willst und musst keine Freundin immer um Erlaubnis fragen, oder bescheid sagen. Du kannst dir eine neue Partnerin aussuchen, oder auch einfach erstmal das genießen was du hast. Du kannst dir Frauen anschauen, dich mit ihnen treffen und das alles ohne etwas falsch zu machen.
Oder nehmen wir ein anderes Beispiel.
Du findest keinen Job.
Auch hier gibt es viele Nachteile, aber auch Vorteile.
Z.B. du kannst deine Schulische Laufbahn erweitern, du lernst den Kontakt mit Arbeitgebern zu vebessern, du kannst dich weiter entwicklen indem du Praktika machst und dich umschaust.
Oder noch ein Beispiel.
Angenommen, deine Mutter schmeißt dich wirklich raus.
Auch hier viele Nachteile, doch auch Vorteile.
Du lernst, auf eigenen Beinen zu stehen. Du musst dich nicht ständig für irgendwas rechtfertigen, du kannst deinen Haushalt führen, wie es dir beliebt, du kannst essen und trinken was und wann du willst.
Deine Freunde können kommen und gehen wie du es willst. Wenn du eine Frau mit nach Hause nehmen willst, hast du nicht immer Mama neben an.
Und so weiter.

Fast mit allem im Leben kannst du so umgehen.
Es ist schwer, dass gebe ich zu. Aber ist es nicht mindestens genauso anstrengend, sich das Leben immer mit den negativen Seiten zu erschweren.
Wenn du es so nicht schaffst, dann kann manchmal eine Liste wahre Wunder wirken.
Schreibe alles auf ob positiv, negativ, oder neutral und ordne es dann. Versuche danach auch das alles von einer anderen Seite zu beleuchten.

Nun noch zu deinem Satz" Natürlich könnte ich auch einen Therapeuten aufsuchen, aber wie soll ich damit klar kommen, mit 19 schon so "kaputt" dass man ohne professionelle Hilfe nichts mehr auf die Reihe bekommt?".
Ganz klar ist es schwer sich Hilfe zu suchen und noch schwerer ist es zu einem Therapeuten zu gehen. Es ist weithin leider immer noch ziemlich verrufen dort hin zu gehen.
Dazu kann ich dir sagen, rufe mal bei, sagen wir 10, Therapeuten an. Du wirst dich wundern, denn keiner von denen wird einen Termin für sofort frei haben, oder in den nächsten Wochen. Und wieso ?
Weil heutzutage sehr viele Menschen zu einem Psychologen gehen. Es hat nichts mit Medikamenten zu tun, oder mit anderen Dingen die viele so reden. Die meisten wissen es auch, weil sie selbst einen besuchen oder besucht haben. Nur geben es die wenigsten zu.
Dort hinzugehen hat nichts mit kaputt zu tun. Sondern einfach nur mit Hilfe suchen.
Da hast du einen geschützten Raum, wo du über alles reden kannst, was du willst.
Keiner wird dich belächeln oder schief angucken oder verurteilen.
Es ist sehr hilfreich.
An deiner Stelle würde ich es versuchen. Klappt es nicht, oder meinst du es ist das falsche kannst du es immer noch lassen.

Bleib einfach dir selbst treu.
Verliere nie den Mut weiter zukämpfen, denn das Leben hält noch so viel schönes bereit.
Sei immer bereit etwas dazu zu lernen.
Stehe für dich und deinen Willen ein.
Lerne "Nein" zu sagen.
Und vor allem kümmere dich um dich!!!!

Ich hoffe ich konnte dir ein wenig weiter helfen.
Alles, alles Gute. Viel Erfolg bei deinem weiteren Weg.

Liebe Grüße Janine