Problem von Lea - 14 Jahre

Niemand hilft mir dabei mich umzubringen.

Hallo, mein Name ist Lea. Ich bin seit über einem Jahr suzidal. Ich bin auch regelmäßig in der Psychiatrie und seit einem Jahr in Therapie. Ich nehme auch Antiodepressiva, Fluoxetin. Trotzallem sehne ich mich wie verrückt nach dem Tod. Ich halte das Leben nicht für sinnvoll oder ähnliches. Ich wurde in meinem Leben nur enttäuscht und ausgenutzt. Und ich will einfach nicht mehr Leben. Wahrscheinlich könnt ihr das jetzt nicht verstehen, aber ich bitte euch nur mir zu helfen. Ich will nicht mehr leben! Ich habe auch beschlossen mich umzubringen. Ich will aber nicht, dass irgendjemand daran Schaden nimmt, nicht der Zugfahrer des Zuges vor den ich mich stürze oder so. Ich will auch meinen Eltern und meiner Familie kein traumatisches Erlebnis zumuten. Also, bitte, wirklich bitte! helft mir! Wie kann ich mich am besten umbringen, ohne jemandanderem damit zu schaden ? Ich weiß, dass es eure Aufgabe ist, mir das jetzt auszureden, aber ich sags euch: das bringt nichts. Kann es einfach niemand verstehen, dass ich nicht mehr will ? Bitte, gebt mir einfach eine Rat wie ich am besten Selbstmord begehe oder ob ich vielleicht sogar auf Sterbehilfe eingehen soll, oder ob Sterbehilfe in meinem Fall überhaupt erlaubt ist ?
Lea

Dana Anwort von Dana

Hallo, Lea.

Dein Problem zu beantworten, stellt mich vor eine Herausforderung. Es wird sehr schwierig sein, den schmalen Grat zu erwischen, der dich aufrüttelt, dich nicht wütend macht und mich nicht schuldig. Ich will es trotzdem mal versuchen und bitte dich, wirklich alles zu lesen und nicht gleich zuzumachen. Es ist für mich nicht leicht.

Du bittest um Hilfe, dich zu töten.
Wie egoistisch kann man sein, liebe Lea?
Wie kannst du erwarten, dass wir uns schuldig machen, dir zu erklären, was dich am besten tötet? Hast du mal überlegt, wie es uns gehen würde, würden wir das tun und du würdest dich umbringen? Mit dieser Schuld würdest du allen Ernstes einen von uns leben lassen wollen?

Ich lehne dich nicht ab, Lea, ich bin dir gegenüber absolut sachlich, wie ich jedem meiner Kummerkasten-Zöglinge hier gegenüber sachlich bin. Aber: ich bin mal ganz ehrlich:
Das ist unglaublich arschig.

Du wirst jetzt denken: wie kann die in dem Ton mit mir reden, hä?? Ich will mich doch umbringen!
Ja, DU willst dich umbringen. Aber sonst will das keiner. Wenn jemand dir beim Umbringen helfen würde, wäre das Beihilfe zum Selbstmord. Wie kannst du das von jemandem verlangen?

Du schreibst, dass du deine Familie nicht traumatisieren willst. Das ist ein unmögliches Unterfangen, denn sie würde auf jeden Fall traumatisiert sein. Egal, ich will da auch nicht weiter drauf eingehen, denn ich denke, das weißt du selbst sehr genau.

Ich werde auch nicht hier rumheulen und dir sagen: "Och bittebitte...NICHT umbringen, das wäre für die Welt schrecklich!!!!"...denn das willst du nach eigenen Angaben ja nicht hören, außerdem wären Tränen auf meiner Seite Heuchelei und auch vollkommen nutzlos. Ich möchte dir aber gerne Hilfestellung bieten, produktiv an deiner Seite stehen und dir Möglichkeiten aufzeigen, die dich allerdings in eine andere Richtung bewegen, als die, in die du eigentlich momentan möchtest. Ich bin gerne bei dir, Lea, allerdings nur, wenn du diese provokante Linie lässt. Und dann bin ich auch ehrlich und fest da für dich, wenn du das willst.

Was kann ich aus deinem Brief heraus lesen:

- Dein Schwarzsehen und die Todessehnsucht sind großteils reine biochemische Vorgänge. Das bedeutet, dass dein Körper andere Botenstoffe ausschüttet als er sollte. Du wirst dagegen schon medikamentös eingestellt, wie es aussieht, scheint die Dosis noch nicht zu stimmen.

- Du bist insgesamt ein sogar sozial eingestellter Mensch, Lea. Du willst keinem schaden. Warum dann um Gottes Willen DIR SELBST? Du müsstest dir am allernächsten stehen. Und genau da sehe ich das Problem. Du stehst dir nicht am nächsten. Vielleicht betrachtest du dich selbst sogar als auszulöschenden Feind. Und genau da sollte deine Therapie nochmal angreifen. Da solltest du nachhaken und Antworten einfordern.

- Du hast im Leben viel Schlechtes erfahren. Dein Vertrauen wurde missbraucht, deine Hoffnungen enttäuscht. Sich danach wieder aufzurappeln, fordert viel Mut. Die Frage ist nun aber, ob du den Mut dafür nutzt, dich auf eine Brücke zu stellen und zu hüpfen, oder für dich selbst zu kämpfen. Bei ersterer Variante ist der Mut völlig für die Katz gewesen, denn er dient nur der Auslöschung deines Lebens. Danach ist alles vorbei. Jegliche Möglichkeit, jede Chance auf Veränderung ist genommen. Du bist dann tot, Lea. Fertig, aus, vorbei. Bei der zweiten Variante nutzt du dein letztes Bisschen Kraft und den Mut aus, um das Ruder herum zu reißen. Ich bin älter als du und ich weiß, dass ein Leben, so schlimm und schwarz es sein kann, auch mal die Farbe ändert. Allerdings ist da auch Eigeninitiative gefragt.

Setz dich aktiv in deiner Therapie für dich ein, arbeite mit! Sag der Welt, was du möchtest! Und damit meine ich nicht, dass du den Satz wiederholst: "Ich will mich umbringen, wer hilft?", sondern dass du sagst, was du wirklich möchtest. Und wenn du deinen Therapeuten anschreist und sagst: Verdammt nochmal!!!!! Jetzt hol mich hier raus aus dem Loch!!! Oder wenn du deine drei liebsten Wünsche aufschreibst und deinem Psychiater hinknallst. Gib der Außenwelt etwas, wo sie angreifen kann, wo sie mit dir auf den Weg kommt. Momentan sperrst du alle aus. Denn gegen dieses Todesgesuch sind alle hilflos. Was soll man machen, wenn jemand einfach nur sterben möchte? Dich auf Schritt und Tritt verfolgen? Dich es tun lassen? Merkst du, wie fies das für jemanden Außenstehenden ist?

Du hast keine Schuld an dem, was war, Lea. Du verdienst Besserung, Heilung und Linderung. Aber du musst auch den Anderen die Chance geben und damit dir die Chance geben, etwas bewirken zu können. Und ich wette, dass einige in der Wartestellung stehen und nur hoffen, dass irgendwann mal ein kleiner Funken kommt, mit dem sie was anfangen können.

Dein Leben hat den Tod nicht verdient, liebe Lea. Vielleicht kommt irgendwann ein Mensch in dein Leben, der dich auffangen kann? Vielleicht kommt jemand, für den du leben wollen würdest? Das weißt du allerdings nicht, wenn du dich morgen tötest. Es ist schlimm, wenn ein junger Mensch schon so viel Mist erlebt hat, dass er in seinem Leben keinen Sinn mehr sieht. Aber soll das Schlimme wirklich über dich siegen? Soll es gewinnen? Dann hätte es ja auf ganzer Linie alles plattgemacht!

Du bist klug, Lea, jedenfalls lese ich das aus deinem Brief heraus. Nutze diese Klugheit doch FÜR dich und nicht GEGEN dich. Schlimme Vergangenheit und keine Zukunft? Was für ein Leben soll das dann gewesen sein? Lass das doch nicht zu. Raus aus dem Sumpf, hinein in eine Zukunft, die Möglichkeiten bieten kann.

Alles wartet nur darauf, den Weg mit dir zu gehen, auch wenn es für dich nicht immer so aussieht.

Gib dich nicht auf.

Wenn du möchtest, kannst du gerne unter Feedback an mich adressiert nochmals schreiben, wenn du gerne nochmals Kontakt mit mir möchtest. Das machen wir zwar nur selten, aber vielleicht hilft es dir ja - ich wäre dazu bereit.

Und entschuldige meine zum Teil ehrlichen Worte - sie mögen hart sein, aber sie sind ehrlich gemeint...genauso wie meine lieben Worte. Dann weißt du wenigstens, woran du bist.

Alles Liebe für dich.

Dana