Problem von Anonym - 17 Jahre

Ich nochmal

Wollte mich für die Antwort und das Feedback bedanken (hierfür: http://mein-kummerkasten.de/268846/aelterer-Freund.html), auch
wenn der Rat irgendwie zu spät kam.


Ich bin mittlerweile zu meinem Freund gezogen. Ja. Problem: Mir wurde nun vor kurzem die Ausbildung gekündigt (kurz vor Ablauf der Probezeit) und
bin seitdem nur noch bei ihm Zuhause. Ich würde mich natürlich gerne wieder bewerben, aber er lässt mich nicht mal zum Arbeitsamt für ein Beratungsgespräch und meinte auch, ich bräuchte nicht arbeiten gehen ... immerhin ist er der Mann. Manchmal denke ich, diese Floskeln hat er aus einem schlechten Psychothriller. Versteht mich nicht falsch, aber manchmal, wenn ich solche Bücher lese, habe ich wirklich das Gefühl ihn da in diesen
Psychopathen wiederzuerkennen. Das macht mir auf einer Seite wirklich Angst, aber auf der anderen ist es doch eher unwahrscheinlich, dass er so einer ist, oder?

Jedenfalls: Ich sitze jetzt seit einem Monat nur noch rum. Auf meine Freunde habe ich keine Lust mehr, auf meine Familie sowieso nicht und er ist den ganzen Tag in seiner Kanzlei. Darauf ansprechen will ich ihn auch nicht, habe Angst vor seiner Reaktion, wenn ich ehrlich bin. Klar will ich etwas an der derzeitigen Situation ändern, aber das kann ich nicht.

In der Antwort die ich bekommen habe, klang das so "leicht dahergesagt" von wegen ihn verlassen. Meine Güte, ich liebe diesen Mann und wüsste ohne ihn wirklich nichts mit mir anzufangen. Vermutlich klingt das vollkommen bescheuert, aber das ist nunmal so.


Das ist so ein Höhen- und Tiefenflug. Wenn ich allein rumsitze, fühle ich mich vollkommen leer und alleine und wenn er dann am Abend wiederkommt, fühle ich mich, als könnte ich Bäume ausreißen, total glücklich eben und vor allem sicher. Ich will dieses Gefühl immer haben und nicht plötzlich verlieren. Ohne ihn ging es einfach nicht mehr.

Ich glaube auch mehr, dass ich Schuld bin. Immerhin bin ja immer ich diejenige, die rumjammert, deshalb kann ich seine Ohrfeige von damals auch verstehen. Und ja, ich gebe auch zu, dass er seitdem manchmal ausholt und droht zuzuschlagen ... aber er macht es ja nicht.
Keine Ahnung. Ich weiß echt nicht weiter. Aber ihr könnt mir da wahrscheinlich auch nicht weiterhelfen, kann wohl niemand.


Wollte das nur noch einmal loswerden und wie bereits angemerkt für die Antworten bedanken.

Mal gucken, wie es weitergeht, vielleicht komme ich doch alleine zurecht.

Michaela Anwort von Michaela

Hallo!
Danke, dass du es nochmal mit uns versuchst.
Du sitzt wirklich in einer schlimmen Situation. Und der Umzug zu deinem Freund hat diese Situation nicht wirklich verbessert, wenn ich dir das mal so sagen darf.
Man kann aus jeder einzelnen Zeile lesen, wie unglücklich du mit diesem Mann bist und wie sehr du dich eigentlich danach sehnst, deinem Leben eine andere Richtung zu geben.
Du möchtest einen neuen Job, aber er lässt dich nicht zum Arbeitsamt. Du brauchst nicht arbeiten zu gehen, weil er der Mann im Haus ist und das Geld nach Hause bringt. Ich bin mir nicht sicher, ob du siehst, was allein schon in dieser Tatsache drinsteckt. Ich möchte dir deshalb schreiben, was ich sehe: du sitzt den ganzen Tag zu Hause und wartest auf ihn. Dein ganzes Dasein dreht sich nur um ihn; er ist sozusagen die Sonne in deinem Universum und es geht dir nur gut, wenn er wieder in deiner Nähe ist. Du hast deine Familie und deine Freunde aufgegeben und anscheinend keinerlei soziale Kontakte; abgesehen von deinem Freund. Das ist in deiner Situation ein sehr gefährlicher Zustand! Wenn dein Freund dich lieben würde, würde er darauf achten, dass es dir gutgeht und dich nicht in eine solche Abhängigkeit bringen! Er würde dir nicht die Möglichkeit nehmen, dich um eine neue Ausbildung zu kümmern. Das allein zeigt schon, dass er dich in eine noch tiefere Abhängigkeit von ihm ziehen will. Ohne Ausbildung kein Geld und keine sozialen Kontakte. Das heisst, dass du in allen Bereichen von ihm abhängig bist. Du kannst das aber nicht ernsthaft wollen? Du bist 17 Jahre alt und es ist für deine Zukunft immens wichtig, dass du eine Ausbildung machst! Und ob er genug für euch beide verdient, ist hierbei total unwichtig. Du musst erstmal deinen eigenen Weg machen und kannst nicht einfach auf seinem mitgehen.
Du schreibst, dass du manchmal einen Psychopathen in ihm zu erkennen glaubst und fragst, ob die Möglichkeit besteht, dass er tatsächlich einer ist. Die Tatsache, dass du selbst dir diese Frage stellst, ist allein schon sehr beängstigend. Wenn du selbst dich das schon fragst, kann mit deinem Freund und eurer Beziehung nicht alles in Ordnung sein! Wie verhindert er denn z.B. dass du zum Arbeitsamt gehst? Verbietet er es dir "nur" oder schließt er schon tagsüber die Wohnung ab, damit du sie nicht verlassen kannst? Kann sein, dass das der nächste Schritt ist, um dich gefügig zu machen.
Er hat dich geschlagen und jetzt genügt es bereits, dass er nur die Hand gegen dich erhebt. Ich hab dir in meiner ersten Mail geschrieben, dass er dich wie ein Kind behandelt. Aber eigentlich behandelt er dich so, wie schlechte Menschen einen Hund behandeln. Er hält dich wie ein Haustier und zwingt dir mittels körperlicher Gewalt seinen Willen auf. Tut mir leid, aber so sehe ich das. Und ich hoffe, dass du erkennst, dass du mittlerweile in einer sehr tiefen Abhängigkeit zu ihm steckst. Du hast das Gefühl, nicht ohne ihn klarzukommen, aber das stimmt nicht! Er lässt dich das nur glauben; in Wirklichkeit ist er der Schwache, der nicht ohne dich klarkommen würde. Er hat dich sogar so weit gebracht, dass du glaubst, dass seine Schläge gerechtfertigt sind. Aber das stimmt nicht! Du bist daran nicht schuld und lass dir nicht das Gegenteil einreden!
Du schreibst, dass dir niemand weiterhelfen kann. Das stimmt so nur zur Hälfte. Der erste Schritt ist, zu erkennen, dass du Hilfe brauchst. Denn dann bist du auch bereit, diese Hilfe anzunehmen. Hierzu ist es notwendig, dass du deine sozialen Kontakte wiederbelebst. Ich weiß nicht genau, was dich mit deinen Freunden und deiner Familie entzweit hat, aber ich vermute mal, dass es etwas mit deinem Freund zu tun hat. ich bin mir aber sicher, dass bei deiner Familie und deinen Freunden immer eine Tür für dich offen ist. Such den Kontakt zu ihnen und isoliere dich nicht weiter.
Ich rate dir immer noch, dich von ihm zu trennen, auch wenn dir das wieder so leicht dahergesagt vorkommen mag. Zwischen euch ist keine Liebe, nur Abhängigkeit. Ich muss dir das leider wieder so hart sagen. Er tut dir nicht gut und ist auf dem besten Weg, dein Leben zu zerstören. Die Schläge sind nur der Anfang; du musst versuchen, dir das bewusst zu machen. Ich habe dir mal eine Seite rausgesucht, vielleicht hilft sie dir dabei weiter: http://www.beratung-therapie.de/43-0-Abhaengigkeit.html
Ich bitte dich inständig, nicht in dieser Lebenssituation zu verbleiben! Du brauchst Hilfe und es ist wichtig, dass du sie dir jetzt suchst! Werd aktiv und nimm wieder Kontakt zu deiner Familie und deinen Freunden auf.
Da du 17 und damit noch minderjährig bist, hast du auch immer die Möglichkeit, dich an das Jugendamt deiner Stadt zu wenden. Und sollte es wieder einmal zu körperlicher Gewalt kommen, musst du die Polizei rufen!
Ich hoffe, ich konnte dir einigermaßen weiterhelfen; du kannst dich jederzeit wieder an uns wenden. Alles Gute und viel Kraft wünsche ich dir,
Micha