Problem von josephine - 14 Jahre

Bitte! meine mutter ertrinkt in ihrer trauer

Hallo, ich schreib jetzt schon zum 3. mal und würde mich echt freuen wen ich eine antwort bekommen, weil ich laube nochmal schaff ich das nicht, weil mir jedesmal klarer wird das das so nicht weitergehen kann...

ich bin 14 jahre alt und mein vater ist vor knapp drei jahren bei einem autounfall gestorben. Meine Mutter saß zwar am Anfang jede nacht in der küche und hat geweint, aber das habe ich für ganz normal gehalten. ich habe mit ihr oft über ihn geredet und ich habe auch mit anderen offen darüber geredet weil mir das sehr geholfen hat das zu verarbeiten. Kurz nach der beerdigung sind wir in eine kleinere wohnung gezogen, da wir uns ohne das einkommen meines vaters die andere nicht mehr leisten konnten. da fing das an, erst traf sie sich nicht mehr mit ihren freunden (was sie nach dem tod aber eh nicht mehr so richtig gemacht hat) und vorallem ging sie nichts mehr ins fitness studio, dass hat sie früher jedentag gemacht das war ihr total wichtig. Das ist bis jetzt noch so und sie macht seit dem auch nichts mehr im haushalt, sie liegt vor oder nach der arbeit (wo sie zum glück noch hingeht, sie ist krankenschwester) nur noch auf dem sofa und starrt vor sich hin. ich mach den ganzen
haushalt, ich geh einkaufen, koche, mach die wäsche und auch sonst alles. nur meine oma und meine beste freundin wissen davon und sie helfen mir auch ab und zu, wenn mich sonst mal jemand nach meiner familie fragt denk ich mir immer ganz tolle geschichte über eine super heile familien aus, weil ich total angst davor hab das irgendwann wieder das jugendamt vor der tür steht und meiner mutter das sorgerecht entzieht weil sie sich ja nicht mehr um mich kümmert. ich bin seid dem auch schlechter in der schule geworden weil ich mich da gar nicht mehr drauf konzentrieren kann und eher darüber nachdenke was ich einkaufen muss... ich hab ihr schon oft gesagt das sie sich hilfe von außen suchen soll um zu verarbeiten was passiert aber sie reagiert da nicht drauf. ich hab einfach das gefühl das ich vor drei jahren nicht nur meinen vater verloren habe sondern irgendwie auch meine mutter... ich liebe sie immer noch sehr und will sie nicht verletzen aber so kann es nicht mehr weiter gehen!
ich hab das alles noch nie jemandem erzählt, aber es hilft ein bisschen das selber alles zu verarbeiten, auch wenn mir schon wieder die tränen in die augen schießen.

liebe grüße josephine

Michaela Anwort von Michaela

Hallo!
Vielen Dank, dass du es so oft mit uns versucht hast!
Du machst im Moment eine schwere Zeit durch und ich kann sehr gut verstehen, dass du dich total überfordert fühlst. Es ist sehr schlimm, ein Elternteil zu verlieren und noch schlimmer ist es, wenn man sich mit seiner Traurigkeit nirgendwohin wenden kann und die eigene Welt vollkommen aus den Fugen gerät.
Die Trauer deiner Mutter kann ich sehr gut nachvollziehen. Sie hat ohne Vorwarnung ganz plötzlich ihren Mann verloren, der scheinbar auch für sie der Lebensmittelpunkt war. Das ist eine sehr schwere Situation, die erstmal verarbeitet werden muss; gerade wenn damit auch noch finanzielle Veränderungen damit einhergehen. Deine Mutter hat damals aber trotz ihrer Trauer gehandelt und ist mit dir in eine kleinere Wohnung gezogen. Auch das sie immer noch zu ihrer Arbeit geht, ist im Grunde ein gutes Zeichen, weil sie sich trotz ihrer großen Traurigkeit noch nicht ganz aufgegeben hat. Wenn man einen wichtigen geliebten Menschen verliert, ist Trauer vollkommen normal. Jeder trauert auf seine Weise, es gibt hier kein richtig oder falsch. Deine Mutter und auch du brauchen allerdings Unterstützung bei der Trauerarbeit.
Es geht nicht, dass du neben der Schule noch fast den kompletten Haushalt übernimmst; deine Mutter muss sich wieder dazu durchringen, die normalen Alltagssachen - neben dem Arbeiten gehen - wieder aufzunehmen. Um sie dazu zu bringen, brauchst du Hilfe. Du schreibst, dass deine Oma und deine beste Freundin von deiner Situation wissen, der Rest der Familie aber nicht. Ich würde dir vorschlagen, auch noch andere Mitglieder deiner Familie in die schwierige Situation einzuweihen. Es hilft dir nicht, wenn du ihnen eine heile Welt vorspielst. Sie müssen erfahren, wie es dir geht, damit sie dir helfen können. Vielleicht kann auch deine Oma oder jemand anderes Erwachsenes aus deiner Familie mal mit deiner Mutter sprechen. Deiner Mutter ist unter Umständen auch gar nicht bewusst, wie sehr sie dich überfordert. Wenn ihr das jemand anderes einmal in aller Ruhe und vor allem ohne Vorwürfe vor Augen führt, wird sie sicherlich einsehen, dass du nicht alles allein bewältigen kannst. Aber solange du so tust, als ob alles funktioniert, besteht natürlich für niemanden ein konkreter Handlungsbedarf. Das soll auf keinen Fall ein Vorwurf an dich sein! Du hast das die letzten drei Jahre anscheinend so hervorragend gemacht, dass niemand so richtig drauf gekommen ist, dass du auch Hilfe brauchst! Aber jetzt ist die Zeit gekommen, sich bemerkbar zu machen und um Hilfe zu bitten. So eine Aufgabe ist für dich in deinem Alter auch noch eine Nummer zu groß. Du brauchst Unterstützung, damit du dich wieder besser auf die Schule konzentrieren kannst. Also zieh bitte deine Familie ins Vertrauen und bitte sie um Hilfe. Sie können und werden dich entlasten und bestimmt auch mal mit deiner Mutter sprechen. Und bestimmt wird sich die häusliche Situation dann auch verbessern.
Vor dem Jungendamt brauchst du dich im Grunde nicht zu fürchten; war denn schon mal jemand bei euch zu Hause? Die Mitarbeiter wollen dich nicht aus deiner gewohnten Umgebung reissen; ihnen ist wichtig, dass es dir gutgeht. Und der Sorgerechtsentzug ist immer das allerletzte Mittel; vorher müssen viele andere Dinge gescheitert sein. Aber auch bei diesem Thema kannst du dich mit deiner Familie besprechen; sie können dir sicherlich auch hier deine Ängste nehmen. Ich habe dir nochmal ein paar Seiten rausgesucht, dir dir vielleicht weiterhelfen:
http://www.kindertrauer.info/
http://www.kinder.trauer.org/
http://www.trauerland.org/
Schau sie dir einfach mal an; vielleicht findest du etwas hilfreiches.
Am allerwichtigsten ist es jetzt allerdings wirklich, mit deiner Familie zu sprechen und ihnen reinen Wein einzuschenken. Ich bin mir sicher, dass du hier Hilfe bekommst.
Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft; du kannst dich jederzeit wieder bei uns melden.
Liebe Grüße,
Micha