Problem von Tanja - 25 Jahre

Feeback: Zu jung um lesbisch zu sein?

Hallo Du,

ich kann Deine momentane Situation sehr gut verstehen, denn auch ich steckte mal in dieser.

Ich habe auch in Deinem Alter angefangen, von einer Beziehung zu einem Mädchen zu träumen. Irgendwie fand ich Mädchen immer interessanter, schöner und einfach besser als Männer (was nicht heißt, dass ich Männer nicht mag).

Als ich dann mit 14 eine neue Englischlehrerin bekam, war es ganz vorbei und ich war so verliebt wie noch nie in meinem Leben. Sie war einfach zauberhaft und ich erlebte das erste mal das, wovon mir meine Freundinnen bei Jungs erzählt haben: Schmetterlinge im Bauch, weiche Knie, feuchte Hände. Aber einfach bei einer Frau.

Da ich damals auch "keine Pferde scheu" machen wollte erzählte ich es niemandem, wollte mir selbst erst klar werden.

Allerdings habe ich mich nie wirklich bewusst mit der Tatsache meiner möglichen Homosexualtiät auseinandergesetzt.

Im Laufe der Jahre war es so, dass ich Beziehungen zu Männern einging, aber immer sehr schnell das Gefühl hatte (manchmal innerhalb von Tagen), ich müsse die Beziehung beenden, ich müsse "hier raus", weg. Ich konnte mir nur nie erklären, warum. Ich dachte, mit mir stimmt etwas nicht, bei allen anderen schien es ja zu funktionieren.

In der Zwischenzeit verknallte ich mich zwar immer wieder in Frauen, aber auch in Männer! Bei den Frauen dachte ich mir einfach nichts dabei. Ich hab es vor mir selbst verleugnet!

Vor etwa zwei Jahren lernte ich dann eine Frau kennen. Unbeschreiblich! Wir lernten uns erst kennen und kurze Zeit später fingen wir zufällig an, gemeinsam zu arbeiten und wurden Kolleginnen. Hier hatte ich die Chance, sie näher kennenzulernen. Und ich bin seit diesen zwei Jahren so verliebt in sie. Ich weiß, dass wir nie zusammen kommen werden, da sie heterosexuell ist, aber ich fing an, mich erstmalig bewusst mit meiner Sexualität auseinanderzusetzen. Aufgrund dessen, dass es auch immer und immer wieder einmal Männer gab, in die ich mich verknallt habe, habe ich mich dann auch in meinem gesamten Umfeld als bisexuell geoutet.
Noch nie hab ich mich so befreit und gut gefühlt, einfach großartig. Ich kann offen einer hübschen Frau hinterher schauen, ich kann offen von jemandem schwärmen, ohne aus einer "sie" einen "ihn" zu machen und wirklich niemand in meinem Umfeld hat negativ reagiert.

Inzwischen ist auch wieder ein gutes Jahr vergangen, in dem ich weiter über mich selbst nachgedacht habe und für mich festgestellt habe, dass ich tendenziell wohl eher lesbisch als bi bin.

Inzwischen bereue ich so sehr, dass ich diesen gesamten Prozess erst jetzt durchgemacht habe, nicht schon vor zehn Jahren. Ich habe mich gefühlt, als sei ich das zweite Mal in der Pubertät, all die Erfahrungen, die Heterosexuelle in der Pubertät durchmachen, die ersten Beziehungen, die ersten sexuellen Kontakte, darf ich erst jetzt, mit 25, machen, da ich vorher nur heterosexuell gelebt habe.

Daher wäre mein Ratschlag an Dich, Dich mit Dir selbst auseinanderzusetzen. Denk über Dich selbst nach, und lass Dir auch Zeit hierbei (nur nicht 10 Jahre!). Beobachte Dich selbst, hör auf Deine Gefühle. Irgendwann wirst Du es wissen und sobald Du es weißt: Leb frei, wenn Du schreibst, dass Dein Umfeld dies zulassen würde!

Ich wünsch Dir alles Gute!

Tanja

Stefan Anwort von Stefan

Liebe Tanja,
danke dass Du meine Antwort mit Deinem Feedback um persönliche Erfahrungenwerte bereicherst und sie so komplettierst.

Alles Gute!

Liebe Grüße
Stefan