Problem von Johannes - 18 Jahre

http://mein-kummerkasten.de/289623/ritzen-kotzen-versuch-4.html

Liebe Unbekannte,

als ich dein Problem gelesen habe, hatte ich die Idee, dir ein Feedbeck zu schreiben, da ich mir vorstellen kann, dass ich dir noch viele weitere hilfreiche Tipps zu deinem Problem geben kann.

Zuerst einmal möchte ich dir mein herzliches Beileid zu dem Tod deiner Eltern aussprechen. Mit solch einer Situation ist es niemals leicht umzugehen. Noch schwieriger war es bestimmmt für dich, weil du noch sehr jung gewesen bist, als deine Eltern gestorben sind. Ich finde, dass in Todesfällen für Angehörige die richtigen Worte zu finden oft nicht leicht ist. Schließlich möchte man ja auch nichts falsches sagen. Vielleicht hilft es dir, wenn du mit jemandem darüber sprichst, dem du vetraust und dir mal alles von der Seele redest. Häufig sagen enge Anghörige von Toten, dass sie alles verloren haben. Ich persönlich kann da allerdings nicht zustimmen. Natürlich ist es so, dass deine Eltern nicht mehr auf dieser Welt sind und das tut mir auch unendlich leid. Auf der anderen Seite kannst du dir sagen, dass sie in deiner Welt bzw. in deinem Leben immer eine große Rolle spielen und für den Rest deines Lebens einen großen Platz in deinem Herzen einnehmen. Im ersten Moment klingt es für dich vielleicht ein wenig komisch, aber du kannst auch jederzeit mit deinen Eltern reden. Sag ihnen, wie sehr sie dir fehlen und wie traurig du über deren Tod bist. Wenn du Fragen hast, stell ihnen deine Fragen. Dabei ist es nicht unbedingt das Wichtigste, Antworten zu erhalten, sondern dass du dich mit dem Thema auseinandersetzt und nicht versuchst, es zu verdrängen. Ich würde es an deiner Stelle einfach mal ausprobieren. Ich habe einige Bekannte, denen es geholfen hat, den Tod eines engen Familienangehörigen so besser zu verarbeiten. Probier es einfach mal aus. Schließlich hast du nichts zu verlieren. So ein Erlebnis, was man irgendwo auch als Trauma bezeichnen kann, hinterlässt natürlich tiefe seelische Wunden, die sehr schwer zu verheilen sind. Du wirst allerdings feststellen, dass dieser Schmerz von Zeit zu Zeit immer schwächer und schwächer wird. Versuche dich mal auf diesen Gedanken einzulassen.

Wenn ich es richtig verstanden habe, wohnst du mittlerweile nicht mehr bei deiner Pflegefamilie, weil du geschrieben hast, dass du mit deinem Freund zusammen gezogen bist, als du 17 Jahre alt warst. Meiner Meinung nach hat dich deine Pflegefamilie nicht verdient, denn wenn du dort vernachlässigt und geschlagen wurdest, ist es gut, dass du dort nun nicht mehr wohnen musst.

Vielleicht mag es jetzt ein wenig hart klingen, aber dein Freund hat dich genauso wenig verdient, denn er hat dich auch geschlagen (mit der Faust ins Gesicht). Er hat auf dich eingetreten und warf dich zu Boden. Du hast geschrieben, dass du ihn liebst und ihn gleichzeitig auch hasst. Ganz ehrlich? Dieser Typ hat deine Liebe kein Stück weit verdient! An dieser Stelle möchte ich mich auch der Antwort von Monika von vor zwei Jahren anschließen. Es gibt weder eine Erklärung, noch eine Entschuldigung dafür, dass dein Freund dir gegenüber handgreiflich geworden ist. Monika hat mit jedem Satz recht, den sie geschrieben hat. Daher auch meine ganz dringende Empfehlung: Trenn dich von deinem Freund! Es mag sein, dass er dir in einigen Momenten deines Lebens viel Kraft gegeben hat, aber das hat er sich mit seinem Verhalten dir gegenüber alles selbst kaputt gemacht. Ich würde an deiner Stelle sogar noch einen Schritt weiter gehen, nämlich , als erstes zu einem Anwalt gehen (empfehlenswert sind Fachanwälte für Strafrecht), um dich von ihm juristisch unterstützen zu lassen und um anschhließend mit seiner Hilfe bzw. mit seinen fachlichen Kenntnissen zur Polizei gehen und gegen deinen "Freund" (der in Wirklichkeit gar kein Freund ist) eine Anzeige wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung zu erstatten. Dann wird es eine gerichtliche Verhandlung geben und wenn du bzw. dein Anwalt genügend Beweise gegen deinen Freund in der Hand hat, wird er seine gerechte Strafe dafür bekommen, was er getan hat. Trau dich bitte diesen Schritt zu gehen, auch wenn es dir schwer fällt.

Jeder Mensch geht mit solchen negativen Erfahrungen anders um: Der eine fängt an zu trinken, der andere fängt an Drogen zu nehmen. Wieder ein anderer fängt an, sich von der Außenwelt komplett abzukapseln und hängt wahrscheinlich den ganzen Tag vorm Computer. Du hast keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als dich zu ritzen. Das zeigt im Prinzip nichts anderes, als dass du einen großen seelischen Schmerz hast und diesen versuchst mit dem Ritzen ein wenig zu stillen. Tatsache ist allerdings, dass das Ritzen keine Probleme löst, sondern dir eher noch mehr Probleme bereitet. Im ersten Moment fühlst du dich bestimmt ein Stück weit befreit, befreit von all deinen Sorgen und Problemen. Die negativen Folgen davon sind allerdings tiefe Narben, die unter Umständen nur noch sehr schwer verheilen. Daher überlege dir doch mal, ob dein Körper wirklich die Strafe verdient hat, so sehr zerstört zu werden. Ferner würde ich dir gerne die Soforthilfe des Kummerkastens ans Herz legen. http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/30/Ich-ritze-mich-was-kann-ich-tun.html. Dort findest du viele weitere hilfreiche Tipps zum Thema ritzen.

Eine der schlimmsten und mitunter traurigsten Methoden mit Problemen umzugehen sind Selbstmordgedanken. Wenn ich darüber nachdenke, was du schon alles in deinem Leben durchmachen musstest (Tod deiner Eltern, von deiner Pflegefamilie gehasst und geschlagen werden, ritzen, kotzen, von deinem Freund körperlich misshandelt werden), kann ich deine Gedanken zumindest in gewisser Weise nachvollziehen. Überlege dir trotz allem einmal, ob es auch schöne Dinge in deinem Leben gibt. Gehe einmal tief in dich und schreibe dir die Sachen/Personen/Erlebnisse auf, die dir ein Stück weit sagen, dass da doch noch irgendetwas in dir ist, das leben möchte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dir einige Sachen einfallen werden. Menschen, die Suizidgedanken haben sehen nämlich oft nur die schwarze Seite, obwohl es in ihrem Leben doch noch eine weiße Seite gibt, auch wenn sie in letzter Zeit ein wenig in den Hintergrund getreten ist.

Zum Schluss möchte ich dir noch ans Herz legen, dass du mal darüber nachdenkst, ob es vielleicht sinnvoll wäre, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Du hast in deinem Leben so viel erlebt. Das kann man nicht alles alleine verarbeiten. Auch hierzu kannst du dich im Kummerkasten noch ein bisschen belesen: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html.

Liebe Unbekannte: Ich hoffe, dass ich dir mit meinem Feedback ein wenig weitergeholfen habe. Ich wünsche dir für deine Zukunft alles Gute und ganz viel Kraft. Du schaffst das, denn du bist ein starkes Mädchen. Ich glaube an dich!


Liebe Grüße

Johannes

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Johannes,

danke für Dein feedback. Ich werde es mal gleich weiterreichen.

Gruß,

Bernd