Problem von Sarah - 17 Jahre

Verlustängste

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

Das ist nun schon das 2. mal, dass ich Ihnen schreibe ...

Also, mein Problem ist ... wie soll ich sagen, ich glaube es hat angefangen, seit ich meine Katze verloren habe ...
Nein, sie ist nicht einfach gestorben, weil sie alt war ... sie ist während der Kastartion einfach an Herzversagen mit
6 Monaten gestorben. Seit dem habe ich große Verlustängste.
Ich mache mich mit dem Gedanken verrückt, wenn meine anderen Katzen mal operiert werden müssten usw.
Aber ich habe auch große Angst um meine Freunde und Familie. Ich habe so Angst, dass sie einen Autounfall haben oder sonst
etwas passiert und ich sie nie mehr sehe.
Zum Beispiel arbeitet mein Vater im Schichtdienst und wenn er Spätschicht hat bleibe ich manchmal so lange wach im Bett liegen,
bis ich ihn heimkommen höre und wenn er Nachtschicht hat kann ich manchmal die ganze Nacht nicht schlafen und denke nur so, was
wenn er nicht im Geschäft angekommen ist ...
Eine Nacht war es ganz schlimm, ich konnte wieder nicht schlafen und höre ein Auto die Straße zu unserm Haus hochfahren. Ich war mir 100%,
dass es die Polizei war und uns eine schlimmme Nachricht überbringen würde.
Ich denke, dass diese Verlustängste mit dem unerwarteten Verlust mit meiner Katze zusammen hängen ... aber ich weiß es natürlich nicht sicher.

Was kann ich dagegen tun? Muss ich sogar zum Psychologen?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!

Sarah

Florian Anwort von Florian

Hallo Sarah,


Verlustängste nach einem durchlebten Verlust sind normal. Man macht sich, vielleicht auch erstmals, Gedanken darüber was nicht alles passieren kann und wie vergänglich ein Leben eigentlich ist. Dadurch entwickeln sich diese Sorgen und Ängste eines möglichen Verlustes der vielleicht sogar mehr wiegt als der durchlebte. In Deinem Fall war es Deine unerwartet verstorbene Katze, die Dich dazu führt sogar über den Verlust Deiner Eltern nachzudenken.

Dabei handelt es sich um eine absolut irrationale Angst, die eigentlich auch nicht auf den Verlust eines geliebten Menschen zielt. Es ist vielmehr die Angst vor Kontrollverlust. Der Tod ist das einzigste nahezu unberechenbare Ereignis in unserem Leben, dessen wir uns allerdings sicher sein können. Denn sterben muss jeder einmal, das ist nur natürlich. Ob dies nun mit 25 durch einen Unfall geschieht oder mit 90 an Altersschwäche ist dabei vollkommen egal. Es wird passieren.
Nur für uns sind diese Details weniger egal. Wir wollen Sicherheit und Kontrolle in und über unser Leben haben, somit auch über unseren Tod. Nur dieser lässt sich nicht einplanen und schon gar nicht kontrollieren. Und genau davor haben wir Angst. Vor dieser Unsicherheit, vor der fehlenden Kontrolle und vor den Verlusten die er uns bereiten wird.

Um diese Angst zu überwinden, muss genau dieser Kontrollverlust und die Garantie das jeder irgendwann sterben muss angenommen und akzeptiert werden. Der Tod kommt und er kommt unkontrolliert. Wenn wir das akzeptieren, sind Verluste nurnoch halb so schlimm. Um diese Akzeptanz zu erreichen hilft es sich auch näher mit den unterschiedlichen Philosophien und Einstellungen zum Thema Tod zu beschäftigen. Das wissen oder das vertrauen darauf, dass es den geliebten Menschen nach dem Tod besser oder zumindest nicht schlechter geht, kann viel Trost spenden. Daher gibt es in den größten Religionen wie den Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus oder Buddhismus die Vorstellung von einem Leben nach dem Tod. Aber auch bei der eher wissenschaftlichen Theorie, dass kein Leben nach dem Tod existieren kann, kann die Akzeptanz zum Tod gesteigert werden. Denn wenn danach nichts mehr kommt, so sind alle Sorgen, ob nicht vielleicht doch ein schlechteres Leben gewartet hätte nach dem Tod, von vornherein ausgeräumt.


Sollten diese Ängste, selbst nach dem Versuch den Tod zu akzeptieren, weiterhin bestehen und dadurch im Alltag z.B. durch Schlafstörungen Probleme bereiten, wäre ein Gang zum Psychotherapeuten nicht verkehrt. Dieser kann dann über eine passende Therapieform entscheiden. Hilfreich kann es auch sein sich gegenüber den Eltern oder auch den Freunden zu öffnen und von Deinen Sorgen und Ängsten zu berichten.
In jedem Fall wäre es die richtige Entscheidung.


Ich wünsche Dir alles Gute.


Gruß

Florian