Problem von Anonym - 17 Jahre

Angst vor Ablehnung

Ich habe echt sehr lange überlegt, ob ich euch hier wirklich schreiben soll und gucke schon seit Monaten, ob hier nicht ein ähnliches Problem ist wie meins, hab aber bisher keins gefunden.

Ich hatte eine schwere Mittelstufenzeit, ich hatte mich am Anfang total verstellt und war einfach nicht ich. So wurde ich relativ schnell unbeliebt, hatte keine Freunde und wurde teilweise sogar gemobbt. Also um es kurz zu machen: Ich war echt froh, als ich diese Schule verlassen "durfte" und habe ein Auslandsjahr in den USA gemacht. Nun bin ich schon seit einem guten halben Jahr auf einer neuen Schule.
Dort geht es mir echt gut und ich habe viele oberflächliche Kontakte. Aber ich habe unglaubliche Angst wieder in diese alte "Schiene" zu fallen und, wenn ich so bin wie ich bin, wieder zum Außenseiter zu werden.
Was mich aber außerdem ziemlich nervt ist, dass ich ein ziemlich wechselndes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl habe. Es wechselt teilweise von einem Tag zum anderen. Mal fühle mich also richtig selbstbewusst und sicher und weiß wer ich bin und am nächsten Tag fühle ich mich unsicher und unzufrieden mit mir und weiß nicht wer ich bin.

Ich würde mich unglaublich freuen, wenn ihr mich antworten würdet!

Viele Grüße.

Florian Anwort von Florian

Hallo Ratsuchende


Deine Angst vor Ablehnungen geht mit einer geringen Selbstsicherheit einher und führt letztlich zu Deinen sich häufig wechselnden Selbstwertgefühlen und Selbstbewusstsein. Einfacher ausgedrückt: Durch Deine Angst abgelehnt zu werden, bist Du verunsichert was Du tun kannst um angenommen zu werden oder was Du vermeiden solltest um abgelehnt zu werden. Diese Unsicherheit sorgt dafür, dass Du Dich und Deine Handlungen jedesmal neu bewertest. Bewertest Du Dich und Dein Verhalten als von Deinen Freunden und Bekannten für annehmenbar, fühlst Du Dich selbstbewusst und sicher. Bewertest Du Dich und Dein Verhalten wiederum als etwas ablehnungswürdiges, so fühlst Du Dich verunsichert und bist unzufrieden. Diese Bewertung kann sich jederzeit ändern, folglich auch Dein Selbstbewusstsein und Dein Selbstwert schwanken.

Dadurch beginnst Du dann zu versuchen alle Deine Handlungen irgendwie zu kontrollieren. Dazu gehört auch zu versuchen sich selbst anders darzustellen als man tatsächlich ist bzw. sich fühlt, so wie Du es in der Mittelstufe versucht hattest Dich zu verstellen. Dies scheitert jedoch natürlich, da zum einen unser Unterbewusstsein sich nicht kontrollieren lässt und nach seinen Regeln, die Deine Persönlichkeit darstellen und ausmachen, handelt. Dies wird natürlich auch von allen anderen nach und nach erkannt.
Auch gehört zur Kontrolle der eigenen Handlungen die bewusste Suche nach "Fehlern" bzw. Verhaltensweisen die Du selbst als und scheinbar andere für "falsch" halten. Diese Selbstkritik bei zugleich fehlender Selbstsicherheit, sorgt natürlich dafür das auch vieles als "schlecht" oder "falsch" gesehen wird, ungeachtet dessen ob dies wirklich zustimmen würde. Dies bringt natürlich die Angst abgelehnt zu werden auf ein Level, in der die Angst und die Unsicherheit das bewusste Denken komplett einnimmt.


Die Frage ist jetzt, wie Du Deiner Angst entgegen wirken kann und sie als das entlarvt was sie ist, nämlich irrational und unzutreffend.

Angst wirkt nur in Verbindung mit vergangene Fehlverhalten und die (meist) negativen Konsequenzen die wir dadurch durchlebt hatten. Diese übertragen wir gerne auf zukünftigte Situationen, die ähnliche Fehlverhalten für uns darstellen und somit auch die Konsequenzen wiederholen lassen könnten. Ohne zu wissen ob diese Vorschau auf die Zukunft zutreffen wird, versuchen wir so unser Handeln der Angst anzupassen.
Für Dich bedeutet dies, dass Du in der Vergangenheit einmal von einer Person oder einer Gruppe von Menschen abgelehnt wurdest, die Dir nahe standen. Diese Ablehnung und Trennung sorgte für Trauer und das Gefühl der Einsamkeit. Diese Emotionen waren für Dich so schwerwiegend, dass Du Dir vorgenommen hattest in Zukunft nie mehr wieder eine solche Ablehnung oder Trennung durchleben zu wollen. Daher hattest Du in Situationen in denen Du glaubst, dass eine Ablehnung folgen könnte, Angst und versuchst alles um mit dieser Angst irgendwie klar zu kommen.

Dabei geht jedoch folgendes unter: Jede Situation hat andere Voraussetzungen. Keine Situation kommt im leben doppelt vor. Es immer etwas anders, selbst wenn es nur eine Kleinigkeit ist oder wir nicht genau erkennen können was anders ist. Das bedeutet die Folgen, die sich aus einer Situation heraus bilden können, sind genauso anders.
In einer Situation in der z.B. eine Ablehnung droht, kann anders als in der angstauslösenden ersten Situation gehandelt werden. Eine Ablehnung muss daher gar nicht stattfinden oder wenn sie stattfindet können wir sie ganz anders bewerten. Wir müssen also gar nicht die negativen Konsequenzen sehen und folglich auch nicht der Angst folgen. Denn selbst wenn wir dieser folgen, so ist es keine Garantie das nicht negative Konsequenzen folgen. Die Angst dient letztlich nur sich selbst und berechtigt sich nur selbst zu seiner Existenz. Für uns selbst und der vorliegenden Situation, bietet sie nichts.

Um das gefühlte Optimum aus unserem Handeln zu erreichen, Angst und Unsicherheit also zu überwinden, gibt es die Möglichkeit sein Bewusstsein und sein Denken auf die Gegenwart zu konzentrieren. Daraus folgt, sich selbst und den gegenwärtigen Augenblick nicht mehr nach vergangenen Erlebnissen oder zukünftigen Erwartungen zu bewerten. Keine gegenwärtige Situation mehr als gut oder schlecht zu werten, sondern nurnoch die Situation selbst zu erkennen und aus der Gegenwart heraus zu handeln. Das Bewusstsein selbst wird beim Konzentrieren auf die Gegenwart fast schon zu einem stillen Beobachter, der nurnoch die Situation wahrnimmt und alles drum herum, nicht mehr und nicht weniger.
Diese Konzentration kann dadurch erreicht werden, indem sie bewusst gesteuert wird auf etwas was gerade passiert. Sei es die Atmung, der Herzschlag, das leise Ticken einer Uhr, der Fluß des Straßenverkehrs, das Rauschen der Blätter oder eines Baches oder einfach nur der Text den man gerade liest. Den Körper lässt man dabei einfach nur handeln, so wie er es gerade für richtig hält. Das Bewusstsein steuert dabei so gut wie nichts, höchstens einige wenige wichtige wie z.B. das Sich-Selbst-Erinnern an einen Termin oder aber bestimmte Arbieten für die Schule/Arbeit. Es kann am Anfang häufiger vorkommen, dass Dein Bewusstsein in bestimmte Dinge eingreifen will oder gedanklich in die Zukunft oder Vergangenheit abtriftet, wichtig ist nur dann wieder die Konzentration neu auszurichten und dem Unterbewusstsein freie Hand zu lassen.

Anfänglich kann es sich wie ein Rausch anfühlen. Bereits nach wenigen Augenblicken fühlt man sich selbst ruhiger, gelassener und zufriedener. Ängste und Sorgen richten dann nichts mehr aus. Sie scheinen zu verschwinden. Zugleich steigt das Vertrauen in sich selbst, da man schnell merken wie autonom und sicher unser Unterbewusstsein eigentlich handeln kann. Dies gilt für nahezu jede Situation, auch im Umgang mit anderen Menschen. Das Bewusstsein braucht sich wirklich nur zurückzulehen, die Show zu genießen und in einigen wenigen Fällen für kurze mal wieder etwas die Kontrolle zu übernehmen.

Übernimmst Du diese Methode bzw. Denkweise, nimmt Deine Angst zunächst spürbar ab und verschwindet dann. Taucht sie wieder auf, so musst Du wieder die Methode anwenden und sie verschwindet augenblicklich. Dies hat im Bezug auf Deine Angstsituationen dann noch weitere Effekte: Zum einen gehst Du selbstsicherer in die Situationen herein und zum anderen nimmst Du Ablehnungen dann nicht mehr so schwer und passt Dich der neuen Situation schnell an, wirst also flexibler.
Diese Methode kann Dir also sehr gut helfen mit all Deinen Ängsten und Sorgen besser umzugehen und zufriedener mit Dir zu werden und zwar genauso wie Du bist.


Ich wünsche Dir alles Gute


Gruß

Florian