Problem von Fabian - 23 Jahre

fehlende Freunde

Moin, danke dass ich mich an euch wenden kann ;)
Fange am besten von vorne an...Also ich habe seit dem Beginn der Pupertät es nicht geschafft Feunde/soziale Beziehungen aufzubauen. War irgendwie immer am Rand und bin mitgelaufen, auch in den nachfolgenden Jahren in denen ich meine Lehre und das Fachabijahr gemacht hatte. Ok, wo es im Teenageralter noch auf Coolness und Cliquen ankommt (was für viele nicht besonders toll ist) hielt diese Erfahrung und Situation trotzdem bis heute an. Mein introvertierter und schüchterner Charakter war in der Hinsicht auch nicht soo förderlich ;)
Hatte dann auch ne lange Zeit ne nervende depressive Phase wo ich garnichts gemacht habe. Dann kam ein kleiner Umschwung: Wollte was ändern, bin in ne andere Stadt gezogen wo ich Arbeit gefunden hatte, erst WG dann später Apartment gesucht, und viele Anzeigen gemacht um endlich Leute kennenzulernen. Habe dann auch angefangen alleine auf Veranstaltungen zu gehen und habe mittlerweile auch kein Problem mehr mich mit Menschen zu treffen. Mein grundliegendes Problem ist einfach nur dass ich keine echten Freundschaften habe, nur Bekanntschaften, bei denen ich auch das Gefühl habe dass sich daraus nichts entwickeln wird. Ich kann in ner großen Runde auf ner Party sitzen und zutiefst traurig sein ohne einen bestimmten Grund zu haben! Weiß einfach nicht wie ich dieses scheiß Minderwertigkeitsgefühl wegbekomme. Ich glaube ja auch dass es mir doch eigentlich ganz gut geht und andere Leute viel krassere Probleme haben. Dennoch gibt es Tage an denen ich Panikattacken habe und ich am liebsten nicht existieren würde weil ich dann nicht diesen Schmerz aushalten müsste. Hab einfach das Gefühl dass ich mich in keiner Weise weiterentwickle was mein Problem angeht und auch sozial. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür dass sich keiner auf mich einlässt und schätzt, weil jemand der so lange keine Freunde hatte garnicht weiß wie er sich verhalten soll. Komme mir auch überhaupt nicht interessant vor. Wenn mich jemand fragt wie meine Woche war ist in meinem Kopf nur Leere. Kann generell nicht so schnell denken und mir fällt oft auch in Gesprächen das Reden schwer weil mir einfach nichts einfällt! Sehe nur immer wie die anderen reden. Sehne mich vor allem auch nach ner Freundin die ich noch nie hatte. Naja ist halt so ein Haufen..

Florian Anwort von Florian

Hallo Fabian


Ein Minderwertigkeitsgefühl entsteht immer dann, wenn man versucht sich mit Anderen zu vergleichen. Beim Vergleich kann immer das Resultat herauskommen, "ich bin schlechter als die anderen" oder "ich bin besser als die anderen". Erstere Aussage führt zur Minderwertigkeit, letztere zu übersteigerten Hochwertigkeit und zu Narzismus.

Doch mit wem vergleichst Du Dich da eigentlich? Du schreibst selbst keine Freundschaften, sondern nur Bekanntschaften zu besitzen. Kein Menschen würde einem anderen Menschen seine Fehler eingestehen, wenn er diesen nicht vertraut. Einem Freund traut man in der Regel mehr als einem Bekannten. Somit werden Dir Deine Bekannten niemals größere Fehler zugeben, sondern alles daran legen besser zu erscheinen als sie sind.
Wenn Du Dich nun mit diesen vergleichst, wirst Du immer als schlechter dastehen, denn Du kennst alle Deine Fehler aber keinen einzigen von ihnen. Daher entsteht für Dich das Bild, selbst viele Fehler zu besitzen und die anderen sind fehlerfrei. Ein Trugschluss, denn kein einziger Mensch ist fehlerfrei. Bei jedem Menschen lassen sich Fehler, Geschichten des Scheiterns und der Verlierens finden. Würden wir von jedem Menschen die Fehler wissen, würde sich kein Mensch mehr besser oder schlechter vorkommen als der andere.

Letztlich bedeutet das, Dein Selbstwertgefühl leidet unter einer Vorstellung, die gar nicht real existieren kann. Du, ich und jeder andere auf diesem Planeten haben Fehler gemacht und sind mal gescheitert. Wenn Du Dir das bewusst machst und jedes mal wieder wenn es zu Begegnungen und Gesprächen mit anderen kommt das nochmal im geiste zu Dir selbst sagst, wirst Du Dich nicht mehr minderwertig fühlen können.


Weiterhin kann es helfen, das Selbstwertgefühl aufzubauen, indem Du vergangene Fehler ruhen lässt und nicht mehr daran denkst. Leichter gesagt als getan, denkst Du jetzt vielleicht, aber es gibt eine einfache Methode mit der Du die Vergangenheit ruhen lassen kannst. Diese kann Dir auch dabei helfen an Spontanität zu gewinnen und bei der Frage "Wie war Deine Woche?" nicht ohne Antwort dazustehen. Wenn Du willst kannst Du diese Methode, insbesondere bei Gesprächen oder Begegnungen, ein paar mal probeweise verwenden.

Eigentlich ist es ganz einfach und doch klingt es komisch: Du brauchst nur Dich auf die Gegenwart zu konzentrieren und musst Dein Unterbewusstsein das Handeln übernehmen lassen.
Das erreichst Du indem Du Deine Konzentration auf etwas gegenwärtiges lenkst, wie z.B. Deine Atmung, Deinen Herzschlag, das Rascheln von Bäumen in der Umgebung, das Rauschen eines Baches oder auch des Straßenverkehrs, der Mensch der vor Dir steht, das Gespräch was gerade stattfindet. Du achtest nur darauf und auf nichts anderes. Dein Bewusstsein wird zu einem stillen Beobachter der Situation und lässt Dein Unterbewusstsein nur machen.
Ziel ist es, gedanklich nicht mehr in die Vergangenheit (und seine Fehler) oder in die Zukunft (und seine Ängste) zu gelangen, die Situation nicht mehr bewusst zu bewerten, aber bewusst zu erleben und dabei doch scheinbar nichts zu tun und dem Körper automatisch handeln zu lassen.

Der Hintergrund ist etwas kompliziert: Das Bewusstsein denkt, im Gegensatz zum Unterbewusstsein, in anderen zeitlichen Ebenen. Das Bewusstsein will eine gegenwärtige Situation bewerten, sie durch Erfahrungen und vergangene Erlebnisse bewerten, eine Erwartung aufbauen was aus dieser Situation für die Zukunft gewonnen werden kann und so eine Handelsempfehlung an das Unterbewusstsein abgeben, welches letztlich die Handlung vornimmt. Klingt zunächst vernünftig, doch verbraucht dies nicht nur Energie durch umständliche Denkmuster (die jeder besitzt) und verbraucht Zeit wodurch die Handlungen erst verspätet stattfinden. Die Leere in Deinem Kopf auf die Frage wie denn die Woche war, ist in diesem bewussten Denken begründet.
Das Unterbewusstsein jedoch, hat bereits eine Handlung in dem Augenblick parat, wenn die Situation eintrifft. Es weiß instinktiv was es tun muss um eine optimale Lösung zu finden. Es braucht die Bewertungen der Vergangenheit oder der Zukunft nicht, sondern handelt in der Gegenwart - im hier und jetzt. Aber nur, wenn es vom Bewusstsein nicht ausgebremst wird. Dieses lässt durch seine lange Analyse die Handlung verzögern, falls ihm nicht doch noch eine bessere Handlung einfallen sollte.

Was passiert nun, bei der Anwendung der Methode?
Bei der Konzentration auf etwas gegenwärtiges, wird das Bewusstsein dahingehend gesteuert, dass es sich nur auf das Beobachten beschränkt. Eine Bewertung findet nicht statt, da die Gedanken nicht in die Vergangenheit oder Zukunft abtriften. Sollte dies doch geschehen, so muss sich nochmal neu oder auf etwas anderes konzentriert werden.
Ohne Bewertung wiederum bremst das Bewusstsein die Handlungen des Unterbewusstseins nicht weiter aus, da es weder einen Grund dafür erkennt noch einen sucht. Das Unterbewusstsein kann so nun also handeln wie es das für richtig empfindet. Die Handlungen werden dadurch zum einen schneller - reflexartig - stattfinden. Noch dazu werden alle Handlungen so abgestimmt, dass sie dem Körper nicht mehr Energie abzweigt als notwendig. Das bedeutet die Bewegungsabläufe werden optimiert, die Reaktion auf die gegenwärtige Situation erfolgt unmittelbar und der Körper handelt so effektiv wie möglich.
Praktisch heißt das, bei Gesprächen wird augenblicklich reagiert. Unterschwelliges im Gespräch, sei es eine weniger offensichtliche Frage, Meinungen oder Anmerkungen, werden sofort erkannt und auch darauf entsprechend geantwortet. Die Sympathie und Antipathie von oder auch gegenüber anderen wird deutlicher. Fehler die beim Sprechen begangen werden, werden sofort erkannt und berichtigt, ohne größere peinliche Pause, Stottern oder sonstige Verlegenheitsreaktionen. Auch die Angst vor bestimmten Gesprächen reduziert sich. Themen die unangenehm waren, werden nicht mehr als unangenehm empfunden. So fällt das Reden insgesamt einfacher, wird flüßiger und erscheint so selbstsicherer.
Auch auf andere Gebiete zeigen sich Reaktionen durch die Methode. Die Atmung wird tiefer, der Sauerstoff besser verwendet und so sogar die Ausdauer, ob beim Sprechen oder bei Bewegungen, größer. Beim Gehen wird der Gang zugleich aufrechter, schneller und doch nicht anstrengender. So kann es sogar passieren, dass Strecken die sonst zu Fuß 30 Minuten dauerten auf 20 Minuten reduziert werden ohne dabei eine Mehranstrengung wahrzunehmen. Die Körperhaltung wird insgesamt stabiler und doch locker genug um nicht steif zu wirken, wodurch die ganze Haltung selbstbewusster und selbstsicherer erscheint.
Das Verhalten und für sich verändert sich ebenfalls. So wird mehr danach gehandelt was gut tut und glücklich macht. Die Entscheidungen werden nicht mehr in Frage gestellt. Dadurch erscheinen alle Handlungen richtig. Insgesamt wird man gelassener, spontan und zufriedener mit sich und der Welt. Die Selbstwahrnehmung verändert sich dahingehen zu jemanden der sich selbstsicher fühlt und weder von eigenen noch von fremden Fehlern beeindrucken lässt, sondern ganz im Sinne des Momentes handelt und fühlt. Ängste und Sorgen werden so komplett ausgeschaltet.

Kurz gefasst: Man handelt ausschließlich im hier und jetzt und nimmt die Vergangenheit und die Zukunft als nicht relevant wahr.


Dies beeinflusst bei Dir nicht zuletzt auch Dein Verhalten bei der Suche nach Freundschaften oder Bekanntschaften. Durch die gesteigerte Selbstsicherheit, der erhöhten Spontanität und dem Vergessen vergangener Fehler, kannst Du sorgenfreier suchen und in jeder Alltagssituation Menschen ansprechen und so beginnen Freundschaften zu entwickeln. Und das alles fast automatisch, ohne groß Energie aufwenden zu müssen, um z.B. Ängste, Minderwertigkeitsgefühle oder ähnliches zu überwinden. Dadurch verfeinfacht sich alles von selbst. Du und Dein Bewusstsein brauchen sich so wirklich nur zurückzulehnen und dieses Schauspiel zu genießen.


Ich kann Dir nur anraten diese Methode einmal zu verwenden. Sie ist einfach und lässt sich immer und in jeder Situation anwenden. Dabei gilt natürlich der alte Spruch: Übung macht den Meister. Du musst Dich damit natürlich erst etwas einleben und trainieren damit das Bewusstsein nicht doch noch versucht in einigen Situationen wieder die Kontrolle zu übernehmen, ohne danach gefragt zu werden.


Ich hoffe Dir damit weitergeholfen zu haben und wünsche Dir alles Gute.

Gruß

Florian