Problem von Thorben - 16 Jahre

Ich werde von Ängsten beherrscht

Hallo,

das Problem ist recht komplex und peinlich, weswegen ich mich auch anonym an euch wende. Ich reiche dieses Problem nun zum zweiten Mal ein, da es vielleicht beim ersten Mal nicht durchgekommen ist und es mir doch extrem wichtig ist.

Verzeiht mir, wenn ich etwas weiter aushole, um meine Situation zu erklären. Als ich aufs Gymnasium kam, bekam ich ein Riesenproblem mit Mobbing. Dadurch, dass ich schweres Asthma, Neurodermitis und Schuppen habe, ein wenig dicklich bin und eine Brille trage, war ich immer ein leichtes Ziel für die Jungs aus meiner Klasse, die immer verbal um sich schlugen. Die Mädchen mieden mich als den ekelhaften Typen, der keine Freunde und kein Selbstbewusstsein hat. Es ging so weit, dass es mein Familienleben beeinträchtigte, weil ich morgens extrem oft krank spielte, um nicht in die verhasste Schule zu müssen. Das hat die Beziehung zu meiner Mutter extrem belastet, und auch heute vertrauen sie mir in der Hinsicht von Krankheit nicht mehr. Wenn ich nicht gerade Fieber habe oder mich Erbrechen muss, muss ich zur Schule. Wenn ich andere Symptome habe, muss ich darum kämpfen, zuhause bleiben zu dürfen. Ich kann verstehen, dass sie mir nicht mehr vertrauen, aber das verletzt mich ziemlich.
Vor zwei Jahren musste ich das Schuljahr wiederholen, da ich notentechnisch so abgerutscht war, dass ich mit 4 fünfen auf dem Zeugnis nicht mehr weiterkam. In der neuen Klasse verstellte ich mich sehr schnell zum Klassenclown. Die Rolle gefällt mir, auch wenn die, die sich in meiner Klasse als meine "Freunde" bezeichnen, mein wahres Ich überhaupt nicht kennen. Sie kennen mich nur als den lustigen Kerl, der zu alles einen dummen Spruch auf Lager hat. Und wenn ich dann mal eher ernst bin und eigentlich meine diskussionsliebende und tiefgründige Seite raushängen lasse,gucken sie mich nur komisch an. Jemanden zum Reden habe ich nicht wirklich. Und meine Zeit,als ich gemobbt wurde, nagt bis heute an mir.

Dann hatte ich meine erste Freundin. Die Beziehung war eher digitaler Art, wir chatteten rum, und nachdem ich sie einmal besucht hatte und nach 3 Wochen war das Ganze schon vorbei. Dies hatte aber auch andere Gründe. Ich hatte mich nämlich Hals über Kopf in ihre beste Freundin verliebt.
Sie ist mein Engel. Die Liebe meines Lebens. Sie hilft mir, wenn es mir schlecht geht.
Doch auch in der Anfangsphase unserer Bekanntschaft wurde ich verletzt. Ich wollte mir bei ihr Zeit lassen. Und nach 6 Monaten flirtens und schüchterner Liebäugelei, auch hauptsächlich über Internet, fuhr sie auf Klassenfahrt.
Doch als sie Zurückkam war Ende mit eitlem Sonnenschein. Sie versuchte den Kontakt abzubrechen, und auf meinen Druck hin, sie solle mir doch bitte sagen was ich falsch gemacht hatte, sagte sie nur, dass ihre beste Freundin, d.h. meine erste Freundin, ihr gesagt hat dass ich mir 3 Mädchen gleichzeitig "warmhalte". Ich, der schüchterne, blasse und hässliche Typ. Meine erste Freundin behauptete, ich würde mir meine Sitznachbarin, eine gemeinsame Freundin und halt die Liebe meines Lebens nur hinhalten.
Daraufhin hatte meine Liebe den Kontakt vollständig abgeblockt, und zu Beginn der Sommerferien hatte ich niemanden mehr und wurde schwer depressiv. Ich weinte nachts im Schlaf und nichts konnte mich trösten.
Erst, als ich begann, mich mit einer Videospiel-Manie zu trösten und viel unnützes Wissen zu verschiedenen Marken anzuhäufen, kam ich ein wenig aus meinen Loch.
Im Dezember allerdings kam ich über eine Freundin wieder in den Kontakt mit der Liebe meines Lebens. Wie, als wäre nichts gewesen, entblockte sie mich, und im Januar wurden wir ein Pärchen. Ich war überglücklich und bin es heute eigentlich noch mit ihr, anderthalb Jahre nachdem wir zusammenkamen.

Allerdings habe ich auch viele Probleme mit ihr. Allerdings liegen die nicht an ihr, sondern an mir.
Ich habe immer das Gefühl, meinem Schatz nicht gerecht werden zu können. Ich will immer alles perfekt machen, will sie auf Händen tragen, will sie reich beschenken, und, und,und.
Das klingt zwar so alles schön und gut, allerdings artet das bei mir zu einem regelrechten Kontrollwahn aus.
Ich habe sie so gern, dass ich Angst um sie habe, wenn sie mit ihrer Mutter in den Urlaub fährt. Ich habe Angst, wenn sie mit ihren Freundinnen was unternimmt, was nach Einbruch der Nacht ist. Ich male mir immer die schlimmsten Szenarien aus, den "Worst-Case."
Was ist, wenn sie einen Unfall bauen? Was ist, wenn sie überfallen werden? Was ist, wenn eine ihrer Freundinnen mich nicht mag, und ihr wieder einen Floh ins Ohr setzt? Zumal sie immer noch mit der (entschuldigt das harte Wort) dummen Bitch befreundet ist, die uns damals über Monate hinweg auseinanderbrachte und mich zutiefst verletzte.
Mein Kontrollwahn artet soweit aus, das ich mich mit dem liebsten Mädchen was es nur gibt auf heftigste Art und Weise streite. Wenn sie zu spät kommt. Wenn sie einer Verabredung absagen will.
Das ganze ging sogar so weit, das als sie einmal einer Verabredung aufgrund von Regelschmerzen absagen wollte, ich sie 40 Minuten lang angiftete und geradezu anschrie. Bis das Mädchen, was ich so liebe, weinen musste.
Am Wochenende darauf sagte sie mir, dass ich sie schlimm verletze damit, und dass sie am liebsten Schluss machen wollte.
Damit verletzte sie mich aber wieder sehr stark, auch wenn ich sie verstehen konnte. Ich überredete sie, es noch einmal mit mir zu versuchen. Aber immer noch belastet mich das sehr stark. Was ist, wenn sie nur noch mit mir zusammen ist, weil ich sie unter Tränen darum gebeten habe?

Weiterhin stelle ich viel zu überzogene Anforderungen an mich, aber ich kann einfach nicht anders.
Sie ist 1.65 groß, wiegt grade einmal 50 Kilo und macht Kickboxen. Sie hat einen wunderschönen Körper, den ich mir für meine Freundin nicht mal erträumen hatte.
Ich dagegen mit meinen 2.01m, meinen knapp 100 Kilo und meinem Asthma und Neurodermitis fühle mich neben ihr einfach minderwertig.
Sie sagt zwar, dass sie mich so liebt wie ich bin, aber ich bin mir einfach nicht genug. Ich versuche immer, ihr irgendwie gleichzukommen, aber es gelingt mir nicht.
Nach 4-5 Monaten Beziehung hatten wir unser erstes Mal miteinander. Wir hatten es bereits einmal versucht, jedoch hatte ich es nicht hinbekommen, weil ich das Kondom falsch überzog und es infolgedessen nicht richtig dehnbar war, sehr wehtat und ich darum keinen mehr hochbekam. Beim zweiten Versuch klappte es, doch aufgrund des Größenunterschieds hatten wir monatelang Schwierigkeiten, noch dazu hat sie ein sehr großes Schamgefühl, so dass es für mich schwer ist, neues auszuprobieren, damit es für uns Beide schöner wird. Sie hatte sogar erst Vorbehalte, meinen Penis auch nur anzufassen.
Trotzdem bekam ich es monatelang nicht hin, meine Freundin zu befriedigen. Mit dem Penis schaffte ich es nicht, mit Mund und Finger wollte sie nicht, dafür schämte sie sich zu sehr. Erst vor ein-bis zwei Monaten durfte ich meine Finger für ein Vorspiel verwenden, nachdem ich lang mit ihr diskutierte.
Aber da ich es monatelang nicht schaffte sie zu befriedigen und aufgrund meines gescheiterten ersten Versuchs hab ich nun quasi den Zwang, es IMMER für sie und IMMER perfekt zu machen. Wenn ich es nicht schaffe, sie zuerst zum Orgasmus zu bringen, bin ich extrem niedergeschlagen und nicht zufrieden, bis wir es wieder versuchen und ich es schaffe.

Ich weiß nicht, wie ich diese extreme Angst abstellen kann. Wenn ihr mir da etwas raten könnt, eäre ich euch sehr dankbar, da ihr echt einen super Job macht!
LG

Adriano Anwort von Adriano

Hallo Thorben,

zunächst einmal vielen Dank für deine Nachricht und das Vertrauen in uns!


Nun zu deiner Schilderung: "Hui!", sage ich da gleich mal, so ein langer Text. ;-) Aber du hattest uns ja vorgewarnt, dass du etwas weiter ausholen würdest. Und, nur zu, manchmal tut es ja auch gut, einfach mal zu schreiben, was einem so auf dem Herzen liegt. Wiederum stehe ich nun aber vor dem Problem, dass ich nicht ganz genau weiss, zu genau welcher Sache du etwas Hilfe benötigst. Aber ... ich fange einfach mal an, auf einige deiner Punkte einzugehen.

Zunächst einmal: du hattest geschrieben, dass du dich über deine erste Freundin in deine jetzige Freundin verliebt hattest. In Folge dessen gab es da ein ziemliches Durcheinander bishin zum Kontaktabbruch, als deine Freundin von einer Klassenfahrt zurückkam. Um mich kurz zu fassen, da ich die Einzelheiten nicht genau kenne: sollte es tatsächlich so gewesen sein, dass du mehreren Mädchen zur gleichen Zeit Hoffnungen gemacht hast, in welcher Art und Weise auch immer, dann ist das wirklich nicht die feinste Art gewesen. So etwas macht man nicht, da man mit den Gefühlen anderer Menschen nicht spielen sollte. Andererseits, falls an dieser Sache nichts dran war, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass dich das sehr mitgenommen hat. Letzten Endes weisst nur du allein, wie es tatsächlich gewesen ist. Ich wollte dir zu diesem Punkt jedoch in zweierlei Hinsicht meine Gedanken mitteilen.

Nun zu deinen hauptsächlichen Problemzonen, zu den Kontroll- und Verlustängsten und dem "Stress", dem ihr euch beim Sex gegenüberseht. Zu allererst, klipp und klar: Mit zu viel Kontrolle und zu viel Angst zerstört jeder Partner, egal ob Frau oder Mann, auf kurz oder lang eine Beziehung. Es ist ähnlich wie bei der Eifersucht. Zu viel ist katastrophal, das gesunde Maß ist entscheidend. Es gibt in dieser Hinsicht tatsächlich keine wirklichen Ratschläge. Außer, dass das eine jener Baustellen ist, die man entweder angeht oder nie beenden wird. Das erfordert sehr viel mehr Selbstdiziplin als dass es ein außenstehender Ratschlag lösen könnte. Ich kann dir lediglich sagen, dass du deiner Freundin mit Sicherheit einen liebenswerten Beweis deiner Liebe damit gibst, dass du dich um sie sorgst und ihr sagst, sie solle auf sich aufpassen, wenn ihr euch für einen Abend oder eine gewisse Zeit nicht seht. Und natürlich ist auch nichts Verkehrtes daran, sich hin und wieder nach dem Wohl des anderen zu erkundigen. Allerdings ist hier eben das gesunde Maß entscheidend. Ich kann dir also sagen, ändere das, ich kann dir die besten Tipps geben, und letztlich hängt es immer wieder davon ab, ob du tatsächlich auch loslassen kannst, wenn sie mal ausgeht oder verreist. Dann: einen Partner anzuschreien, bis dieser weint, ist, wie du selbst ja auch zugibst, das allerschärfste Zeichen dafür, dass man jegliche Kontrolle längst verloren hat. Ums dir knallhart zu sagen: Dass sie darüber nachdachte, mit dir Schluss zu machen, ist keinesfalls abwegig, man kann ihr daraus keinen Vorwurf machen. Nicht etwa, weil es vielleicht einmal soweit gekommen war, sondern, weil es in der Summe deiner Kontroll- und Verlustängste mit Sicherheit der Tropfen war, der das Faß letztlich für sie zum Überlaufen brachte.

Ich bin vollkommen auf deiner Seite wenn es darum geht, dass du nicht wirklich das größte Selbstbewusstsein hast. Da ist dein Asthma, deine Neurodermitis, deine enorme Größe und dein Gewicht. Deine Geschichte hat es gezeigt: in der Schule wurdest du gehänselt und kaum beachtet. Deine Geschichte hat dir gezeigt, wie Menschen sein können, wie sehr doch das Aussehen eine Rolle spielt, dass Mädchen nur die "coolen" Jungs mögen, und sich die "coolen" Jungs nur mit den Jungs abgeben, die die Mädchen toll finden. Und dann, lieber Thorben, dann kommt da dieses eine Mädchen in dein Leben. Von der du erzählst, sie sei dein Engel, dein Ein und Alles. Von der du schwärmst, was für einen tollen Körper sie habe, dass sie Kickboxen mache und dass du dir überhaupt niemals hättest vorstellen können, jemals so eine Freundin haben zu können. Und was tut sie? Sie verliebt sich in dich. Kann doch nicht sein, oder? Ihr kommt zusammen, sie nimmt dich so wie du bist und gibt dir das zurück, was sie für dich empfindet. Unmöglich, das kann nicht sein, ich, mit meinem Asthma und all dem Kram. So ein Mädchen kann mich nicht lieben. Lieber Thorben - doch, kann sie. Und, weisst du was? Sie tut es bereits. Und nun sage ich dir, was genauso "cool" ist wie sich deine Klassenkameraden deiner ersten Klasse dir gegenüber verhalten haben: deine Freundin anzuschreien, sie zu kontrollieren, übermäßig Angst zu haben. Das ist nämlich ganz und gar nicht cool. Mensch, Thorben, reiß dich zusammen! Du bist doch ein cleverer Kerl, und ich denke, dass du Größe und Selbstachtung genug hast, deiner Freundin das zurückzugeben, was sie sich wünscht. Einen liebenvollen Freund, der sich um sie sorgt. Aber auch jemand, der ihr Freiheiten einräumt. Und das ist immens wichtig!

Mein Tipp und Fahrplanvorschlag für dich: entschuldige dich bei ihr! Gestehe ihr, dass du weisst, dass du dich da sehr dramatisch ändern musst. Und überlasse IHR die Wahl, ob sie weiterhin mit dir zusammen bleiben möchte. Jemanden dazu zu überreden macht die Sache ... nun ja, du ahnst es, macht die Sache keinesfalls besser. Und DANN, lieber Thorben, dann, wenn alles gut läuft, dann klappt es auch mit dem Sex. Unter solchen Umständen, wie du sie schilderst, wäre auch ich in einer Partnerschaft keinesfalls in dieser Stimmung, mich komplett fallen zu lassen. Und das ist beim Sex nunmal wichtig.


Ich kann mir vorstellen, dass dir meine Antwort vielleicht nicht hundertprozentig gefallen haben könnte. Oder du sie auch nicht hilfreich findest. Oder du gar etwas ganz anderes hören wolltest. Allerdings sehe nicht nur ich, sondern auch du deine Fehler ganz klar vor dir. Und ich setze dir die Pistole auf die Brust und sage: "Junge, ändere dich, das Mädel liebt dich! Was willst du mehr!"


Alles Gute wünscht dir,
Adriano