Problem von Anonym - 25 Jahre

Mein Freund verprügelt mich (ich habe Borderline)

Hallo,
ich muss erst einmal damit anfangen, dass ich leider unter Borderline leide und aufgrund dessen auch bereits seit Mai in Behandlung bin. Ich bin mit meinem Freund (auch 25) schon seit 2,5 Jahren zusammen, allerdings ist diese Beziehung wirklich alles andere als stabil.
Wir waren schon mehrmals getrennt , weil er bei jeder Kleinigkeit die Beziehung beendet, weil es ihm zu "stressig" wird. Nach spätestens drei Tagen meldet er sich dann aber wieder und will mich zurück.
Leider bin ich immer wieder darauf eingegangen und zu ihm zurück gekehrt. Das hängt auch mit meiner Krankheit zusammen. Ich kann ihn einfach nicht loslassen, obwohl er ich so schlecht behandelt.

Wenn wir streiten, dann beleidigt er mich (das sind wirklich die schlimmsten Ausdrücke, die man sich nur denken kann), er macht sich über meine Krankheit lustig, indem er sagt, ich sollte mich doch vor den Zug werfen, dass würde es allen in meinem Umfeld besser gehen und wenn ich mich umbringe, dann soll ich das nicht in unserer Wohnung machen, wegen der Sauerei :(((
Leider ist es wirklich so, dass ich manchmal Suizidgedanken äußere, ich glaube, weil ich in diesen Momenten einfach hoffe, dass er mir hilft davon wieder loszukommen, aber genau das Gegenteil ist der Fall, er bestärkt mich noch dabei es zu tun.
Er interessiert sich auch gar nicht für meine Therapie und sagt, dass die ja gar nichts bringen würde (weil ich bei Streits öfter "Ausraster" bekomme und gegen mich selbst Gewalt anwende, dabei schlage ich mir mit den Fäusten gegen den Kopf oder es kam auch schon vor, dass ich mir den Arm aufgeritzt habe).
Ich bin der Meinung, dass ich das schon besser in den Griff bekommen habe und nicht mehr so schnell aus der Haut fahre wie früher mal. Aber ich kann nun mal nicht von heute auf morgen "gesund" sein.
Ich weiß, dass es für ihn eine schlimme Situation sein muss und er damit auch zu kämpfen hat, jedoch hat er mich mit dieser Krankheit kennen gelernt und früher war er ganz anders und hat mich unterstützt.
Er weiß genau, dass ich bei Streits dazu neigen könnte und ich habe das Gefühl, dass er es extra provoziert, dass es dazu kommt. Er sagt dann auch öfter Sachen wie "na, wie lange dauert es noch, bis du wieder ausrastest?"
Anfang des Jahres war dann der erste Fall, wo er dabei ausgerastet ist. Er hat mich festgehalten, mich am Hals gegen die Wand gedrückt, sodass ich keine Luft mehr bekommen habe. Danach bin ich aus der Wohnung geflüchtet und er schrieb mir danach sofort, wie Leid es ihm täte.

Ich bin dann wieder zu ihm zurück und nach ein paar Monaten ruhigeren Streits, ist er wieder völligst ausgerastet. Ich muss dazu sagen, dass ich seitdem auch ihm gegenüber aggressiv bin, wenn er mich versucht zu schlagen etc.
Sobald ich jedoch anfange mich zu wehren, wird er immer brutaler und tritt mich (auch wenn ich schon am Boden liege und mich nicht mehr bewege, in der Hoffnung er hört dann auf). Ich hatte bisher zahlreiche blaue Flecken, Hämatome und ausgerissene Haare.
Vor kurzem hat er mir so sehr gegen den Kopf geschlagen, dass er such dabei den 5. Mittelhandknochen gebrochen hat und vier Wochen einen Gips tragen musste (in der Zeit hatte ich dann wenigstens keine Angst, dass er mich wieder so sehr schlägt).
Letztes Wochenende gab es wieder einen Streit und er prügelte mich wieder au den Boden und trat mich, obwohl ich nur noch mit den Händen über dem Kopf da lag.
Heute fing wieder ein Streit an und er sagte, dass mir das letztes Wochenende scheinbar nicht gereicht hätte und er noch viel mehr hätte schlagen und treten sollen.

Ich weiß selber, dass ich von ihm loskommen muss, aber auch mit der Therapie schaffe ich das nicht, wo ich mich allerdings auch nicht richtig öffnen kann, da ich wahrscheinlich Angst davor habe, dass mir dabei auch gesagt wird, dass ich mich trennen muss. Aber ich weiß nicht wie, weil ich ihn leider so sehr liebe, bzw die Person, die er ist, wenn wir mal gerade nicht streiten.

Das Problem ist, dass mein Vater mich damals als Kind auch öfters verprügelt hat und ich genauso schutzlos am Boden lag wie heute bei meinem Freund. Das ist auch der Grund für mein Borderline. Und genau das Gleiche muss ich jetzt wieder mit meinem Freund erleben.
Ich will das nicht mehr. Ich möchte mein Leben ohne Ängste leben können und einfach so akzeptiert werden wie ich bin.

Ich will diese Beziehung so nicht mehr, aber einfach gehen kann ich nicht, weil ich weiß, dass ich nach ein paar Tagen wieder zu ihm zurück gehen werde und er weiß das auch, denke ich.

Bitte helfen Sie mir, ich weiß, dass mein Problem ziemlich heftig ist, aber ich weiß mir selbst nicht mehr zu helfen.

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte,

leider ist bei dir Hilfe absolut nicht möglich. :(

Warum? Ich versuche es mal ganz banal mit einem Beispiel zu zeigen:

Ein Mädchen fasst auf die heiße Herdplatte und zieht sich üble Verbrennungen zu. Sie wird behandelt, wird getröstet, alles heilt langsam...aber das Mädchen geht WIEDER zum Herd und legt die Hand drauf. Und wieder wird sie behandelt, getröstet, ihr wird eingeschärft, dass sie vom Herd wegbleiben soll...aber sie geht WIEDER hin und legt die Hand WIEDER drauf...

Du erkennst es?

Jemandem, der die Hilfe eigentlich nicht wirklich will, ist nicht zu helfen. Ich könnte hier nun schreiben und schreiben, dich anspornen, deinen Freund zu verlassen, dich bitten und betteln...das alles bringt aber nichts, ist nur Zeitverschwendung, wenn DU SELBST es nicht willst.

Was muss er noch tun, damit du gehst? Muss er dich so prügeln, dass du ins Krankenhaus musst? Muss er dich so treten, dass du unfruchtbar wirst? Was muss er machen? Dir die Zähne ausschlagen?

Ich denke durchaus, dass ihr beide euch liebt. Das ist hier aber nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass eure Hilflosigkeit in Aggressionen ausartet, die gefährlich werden. Ihr seid beide hilflos. Du, weil du deine Krankheit nicht in den Griff kriegst, er, weil er das mit ansehen muss. Es ist eine natürliche Reaktion, dass man irgendwann, wenn man merkt, dass überhaupt keine Hilfe irgendwie anzukommen scheint, eine gewisse Aggression aufbaut. Und irgendwie scheint ihr beide zu denken, die körperlichen Attacken könnten helfen, so wie als Ventil zB. Ihr reagiert euch beide ab, lasst eure Wut raus, betätigt euch körperlich, fühlt den Schmerz...

Das mag alles total verrückt klingen, aber Menschen, die sich zB tief in den Arm ritzen "klingen ja auch verrückt" und suchen lediglich nach einem Ventil, alles Aufgestaute rauszulassen.

Dazu kommt bei dir noch, dass du "einem bekannten Muster folgst". Du hast die Schlägerei in deiner Jugend schon erfahren und hast dir hier unbewusst eine bekannte Erfahrung wieder geholt. Das gibt es sehr oft, ist aber deshalb nicht gesünder. Im Prinzip suchst du nach Bekanntem, nach etwas, an dem du dich festhalten kannst...und es ist schlimm, dass dir da nichts Besseres zu Hilfe eilt, als ein schlagender Freund.

Problem: Du hast momentan eine Situation, die dein Borderline immer wieder nährt...und nährt...und nährt... im Prinzip lebst du neben einer heißen Herdplatte, auf die du immer wieder fasst. Wie soll da irgendwas besser werden? Du triggerst dich ja selbst! Du gehst zur Therapie, die dir helfen soll, um hinterher wieder voll in den Sumpf hinein zu springen, aus dem die Therapeuten versuchen, dich zu ziehen. Siehst du den Teufelskreis?
Problem 2: du musst selbst da raus wollen. Du schreibst von Suizid, sagst aber ehrlich, dass es eigentlich nur Hilfeschreie sind. Du schreist nach Auswegen, danach, dass andere dir helfen. Aber zuerst MUSS etwas von DIR kommen. Wenn du wirklich Hilfe willst, dann musst du dich ihr auch komplett hingeben und mutig sein, aktiv Schritte zu gehen, die dir unmöglich vorkommen.

So schwer es ist: Pause vom Freund. Die Beziehung sorgt momentan dafür, dass du immer und immer wieder zurück geworfen wirst. Irgendwann sagen die Therapeuten: "Ok, sie will nicht...solange sie nicht will, tun wir hier nichts mehr." Dann möchte ich dir raten, dich für eine Weile in eine Klinik zu begeben. Nicht nur Behandlung und Therapie, sondern stationäre Aufnahme. Ich habe solche Kliniken schon gesehen (war zwar nie selbst in Behandlung, habe aber Patienten hingebracht, abgeholt, besucht etc) und weiß, dass viele davon sehr freundlich ausgestattet sind und wunderbare Therapeuten haben.

Es wäre immens wichtig, mal einfach aus dem Alltag heraus zu kommen, abzuschalten und dich für eine Weile (meist sind es sechs Wochen, die man dann nochmals verlängern kann) wirklich einzulassen auf die Therapie. Dann wärst du auch automatisch von deinem Freund erstmal eine Weile getrennt. So, wie dein Leben momentan läuft, wird nichts besser werden, weil du dich immer wieder selbst hochschaukelst, bzw hochschaukeln lässt. Ein Verbrennungsopfer lebt am offenen Feuer.

Daher mein dringender Rat: kümmer dich um einen Klinikplatz. Das geht leider auch nicht von heute auf morgen, da müsste deine Therapeutin/dein Therapeut sich mit dir drum kümmern, es müssen Gutachten geschickt werden, du musst auf die Warteliste...am besten bei zwei Kliniken gleichzeitig bewerben. Ich hoffe, dein Therapeut/deine Therapeutin hilft dir da, denn nur dann ist es ein guter Fachmann. Jemand, der dir bei DIESER Situation sagt: "Hey...bleib mal bei mir in Behandlung, das wird schon..." wäre kein guter Fachmann. Dein Therapeut/deine Therapeutin muss wissen, was da daheim bei dir abgeht, du bekommst nur Hilfe, wenn du loslässt und REDEST.

Ich kann dich nur herzlich drum bitten, dass du es tust...losgehen musst du alleine. Wenn du dich nach meiner Antwort wieder an den Herd setzt und die Hand auf die Platte legst, war meine Antwort völlig umsonst...und auch sonst würde jegliche andere Hilfe absolut nichts bringen. DU musst es schaffen, vom Herd weg zu gehen, ihn auszuschalten und dich dann behandeln zu lassen, damit die Narben heilen können. Man kann dich nicht wegzerren, wenn du immer wieder dorthin willst, man kann dich nicht einsperren, wenn du die nächste Möglichkeit nutzt, wieder hin zu rennen...man kann dir dann nicht helfen. Verstehst du?

Du musst es wollen. Und du musst dafür kämpfen. Tust du es nicht, wird sich nichts ändern.
Der Ursprung dessen, was besser werden kann...liegt in dir. Und nur da.

Hab den Mut. Du bist es wert.

Alles Liebe und ganz viel Erfolg für dich!

Dana