Anwort von MichaelaS

Liebe Unbekannte,

es tut mir leid zu hören, dass dein Meerschweinchen gestorben ist und dich sein Tod so sehr belastet. Ich kann das gut verstehen, da ich selbst einmal zwei Meerschweinchen hatte. Als sie gestorben sind, hat das auch sehr weh getan, da ich sie sehr geliebt habe. Eines der beiden Meerschweinchen ist damals plötzlich sehr ruhig und langsam geworden. Wir haben uns erst nichts dabei gedacht. Irgendwann sind wir dann doch zum Tierarzt gefahren, aber dort wurde uns gesagt, dass man nicht mehr viel machen könne und man nur abwarten kann, ob es sich wieder erholt. Am nächsten Tag ist es dann gestorben.
Ich habe mich damals auch gefragt, ob man meinem Meerschweinchen vielleicht noch hätte helfen können, wenn man früher erkannt hätte, was ihm fehlt. Tatsächlich stimmt es aber, dass man oft gar nichts mehr machen kann und wirklich keine Schuld daran trägt! Ich denke, dass auch du keine Schuld am Tod deines Meerschweinchens hast.

Ich merke, dass du dein Meerschweinchen wirklich sehr geliebt hast und denke, dass du dich sicher immer gut um es gekümmert hast. Du wolltest ja auch mit ihm zum Tierarzt fahren! Dass man nichts mehr gegen seinen Tod machen konnte, konntest du ja nicht wissen. Wichtig ist, dass du bereit gewesen wärst, alles für dein Meerschweinchen zu tun und das warst du ja auch!
Du schreibst, dass dir alle gesagt haben, du hättest ohnehin nichts mehr verändern können. Trotzdem machst du dir große Vorwürfe, weil du deinem Meerschweinchen gerne einen schmerzfreien Tod geschenkt hättest. Bist du denn so sicher, dass es unter großen Schmerzen gelitten hat? Vielleicht ist es ja auch ganz friedlich gestorben.

Leider ist es so, dass man sich im Nachhinein immer einredet, man hätte es in einer solchen Situation besser machen können. Wichtig ist, dass du dich damit nicht fertig machst. So weh der Verlust deines Meerschweinchens auch tut - ich bin sicher, dass dein Meerschweinchen es immer gut bei dir gehabt hat, weil du es so sehr geliebt hast. Dass du an diesem einen Morgen zur Schule gefahren bist und nicht sofort zum Tierarzt, war ja auch keine böswillige Tat von dir, sondern du hattest ja im Kopf, sofort danach mit deinem Meerschweinchen zum Arzt zu fahren. Du wärst also bereit gewesen, deinem Meerschweinchen so gut es geht zu helfen. Damit hast du deinem Meerschweinchen längst alles gegeben, was es brauchte - ein gute Zuhause, Fürsorge und Liebe.

Du schreibst, dass du auch Probleme in deinen Freundschaften hast, weil du mit niemandem mehr etwas zu tun haben möchtest. Hängt das auch mit den Vorwürfen zusammen, die du dir selbst wegen deines Meerschweinchens machst?
Bestrafe dich nicht selbst dafür, was passiert ist, liebe Unbekannte, denn meiner Meinung nach hast du wirklich dein Möglichstes getan! Manchmal passieren einfach Dinge im Leben, über die wir furchtbar traurig sind und wo wir nicht mehr weiter wissen. Das heißt aber nicht, dass du kein Glück im Leben mehr verdient hast. Gerade jetzt solltest du Freunde um dich haben, damit sie dir beistehen und dich trösten können. Jeder Mensch hat andere Menschen an seiner Seite verdient, von denen man Unterstützung bekommt, und kein Mensch hat es verdient, allein zu sein - auch du nicht.

Was mit deinem Meerschweinchen passiert ist, kannst du leider nicht mehr ändern, so weh es auch tut. Du kannst aber darauf zurückblicken, was du Gutes für dein Meerschweinchen getan hast - und ich bin sicher, dass das eine Menge war! Das sollte mehr wert sein als diese eine Situation, wegen der du dir jetzt solche Vorwürfe machst.

Grenze dich nicht von anderen Menschen ab, die du gern hast, denn du brauchst andere in deiner Nähe und ebenso brauchen andere dich! Du bist bestimmt eine sehr wertvolle Freundin, ebenso wie du eine liebevolle Meerschweinchen-Halterin warst. Das merkt man daran, wie sehr du dir Sorgen um dein Meerschweinchen gemacht hast und wie viel Gedanken du dir darüber machst, wie es deinem Meerschweinchen ergangen ist. So etwas sind wichtige menschliche Qualitäten, die auch in einer Freundschaft ganz besonderen Wert haben.

Bezüglich deiner Schwierigkeiten in der Schule, aber auch allgemein möchte ich dir den Rat geben, einmal mit jemand Außenstehenden über deine Sorgen zu reden. Mit jemandem, wo du dir einfach einmal alles von der Seele reden kannst. Das kann bei einem Vertrauenslehrer sein, einer Beratung in der Schule oder auch einer öffentlichen psychologischen Beratungsstelle. Vielleicht weißt du etwas in der Nähe, wohin du dich wenden kannst. Sich einmal alles von der Seele zu reden kann sehr erleichternd sein, und bestimmt kann dir jemand mit Erfahrung in der Beratung auch weiterhelfen, wie es mit deinen Freundschaften und in der Schule wieder bergauf gehen kann.

Vielleicht schaffst du es auch, deinen Mut zusammen zu nehmen, und die Freundschaft dieser einen Freundin, von der du dich abgewandt hast, zurückzugewinnen. Nur, weil sie bereits viele andere Freunde hat, heißt das nicht, dass eure Freundschaft für sie unwichtig oder überflüssig ist. Du bist ebenso eine wertvolle, einzigartige Freundin, die nicht einfach durch eine Menge anderer Freundinnen ersetzt werden kann. Und du hast Freundschaften im Leben verdient, ebenso wie jeder andere Mensch!

Liebe Unbekannte, ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du wieder Mut und Kraft findest und deine Trauer verarbeiten kannst. Alles Gute für die Zukunft!

Alles Liebe,
Michaela