Problem von Alexa - 17 Jahre

Selbstmordgedanken und andere Probleme

Also wo soll ich anfangen ?
Zuerst ein paar Infos über mich : meine Eltern sich geschieden und ich habe einen Stiefvater mit dem ich mich nicht besonders verstehe, ich mach gerade mein abi und ich habe einen Freund der mich glücklich macht Doch in letzter zeit denke ich viel über Selbstmord nach. Ich weiß auch nicht wieso denn jedes mal wenn ich daran denke muss ich weinen. Ich denke dann immer daran, wie traurig meine Mutter wäre. Selbst jetzt laufen mir die tränen.
Als ich 12 jahre alt war hab ich mich gerizt. Damals hab ich auch eine Therapie gemacht aber das hat mir nicht wirklich weiter geholfen.
Vor über einem Jahr hat mir meine damalige beste Freundin die Freundschaft beendet. Aber da ging's Berg ab. Ab da hatte ich minderwertigkeitskomplexe.
Kurz darauf hat mir noch eine Freundin die Freundschaft beendet. Das war alles sehr hart für mich. Und heute hat mir meine letzte wirkliche Freundin die Freundschaft beendet. Was stimmt denn nicht mit mir ?

Wieso hab ich diese Gedanken ? Und wieso muss ich jedes mal weinen ? Hab ich Depressionen ? Was soll ich jetzt nur tun ?

Dana Anwort von Dana

Liebe Alexa!

Zunächstmal vielen Dank, dass du uns hier das Vertrauen schenkst, offen über das zu reden, was dich bedrückt. Insgesamt bin ich froh, doch noch etwas an Selbstwertgefühl aus deinem Brief an uns lesen zu können (du suchst dir aktiv Hilfe, um wieder auf den Berg zu kommen und nicht davor stehen bleiben zu müssen, bist dir selbst also wichtig genug) und möchte dir vorerst sagen: all das, was in dir rumort, kann durchaus repariert werden.

Was immer gut und wichtig ist, sind die Gedanken über die Beweggründe, warum Dinge geschehen. Das ist nicht immer leicht, weil man ja selbst involviert ist und oft genug bewertet man falsch.

Nur ein Beispiel: deine Freundinnen haben sich von dir "abgewandt".
Dieser Fakt kann jetzt ganz verschieden ausgelegt werden. Man kann ihn voll auf sich beziehen, Selbstzweifel bekommen und daran halb zugrunde gehen. "Was stimmt nicht mit mir??" Man kann aber zum Beispiel auch mal überlegen, ob es Neid sein könnte... Du hast einen Freund, der dich liebt und mit dem du eine glückliche Einheit zu sein scheinst. Wenn deine so genannten Freundinnen nun entweder Single sind oder in ihrer Beziehung nicht SO glücklich wie du...schon kann sich Neid entwickeln. Man erträgt es kaum, die andere Freundin so glücklich zu sehen, während man selbst nur so dahin dümpelt.

Zudem ändert man sich, wenn man in einer Beziehung steckt. Man macht viel mehr mit dem Freund, viele Erfahrungen teilt man nun mit ihm... Freundinnen fühlen sich schnell abgeschoben, also kann es auch Eifersucht sein. Es können so viele Gründe sein, die gar nichts mit deinem tiefsten Inneren zu tun haben, so dass du die Frage "was stimmt nicht mit mir??" gar nicht stellen müsstest. Es reicht, wenn es ein kleiner Punkt ist, der sich angestaut hat und für die Freundin irgendwann nicht mehr tragbar ist. Total blöd, denn sie scheinen nicht in der Lage gewesen zu sein, das einfach mal anzusprechen. Als ich meinen neuen Freund hatte und sich scheinbar alles um ihn drehte, habe ich von meinen Freunden dauernd eins über den Kopf gezogen bekommen, ich würde sie vernachlässigen und wäre echt in dem Punkt total doof. Erst sperrt man sich dagegen, dann versteht man es. So muss es eigentlich laufen. Das bedeutet wiederum, dass deine Freundinnen ein Problem haben, nicht du. Denn sie waren anscheinend nicht in der Lage, das, was sie stört, mal auf den Tisch zu bringen - oder sie wissen nicht, wie man sich in einer Freundschaft da verhalten sollte, wenn einen was stört. Die Freundschaft zu beenden, ist sicher nicht der richtige Weg von ihnen gewesen. Aus Erfahrung weiß ich, dass es oft wirklich nur Kleinigkeiten sind, die eine Freundin dazu bringen zu denken: "Oha...die verändert sich grad." Und es ist klar, dass man sich dann nicht sehr wichtig genommen fühlt.

Trotzdem will ich deine Gefühle jetzt nicht alle erklären oder klein reden, zumal das ja auch nur Überlegungen und keine Fakten sind. Ich glaube, dass in dir etwas sitzt, dass dich mit dir selbst uneins sein lässt. Entweder durch die Scheidung deiner Eltern bedingt oder durch irgend einen anderen Auslöser. Man ritzt sich ja zB auch nicht einfach so, sondern tut es, um sich selbst wieder besser zu spüren, um selbst die Kontrolle zu behalten und um anderen Schmerz zu unterdrücken. Dass die Therapie damals nicht gefruchtet hat, kann am Therapeuten gelegen haben. Sehr oft dauert es etwas, bis man den richtigen hat, das weiß ich aus Erfahrung in meinem Umfeld. Da gab es manchen, der fünf, sechs Therapeuten "ausprobiert" hat, bis er beim richtigen angekommen war. Nicht jeder liegt einem.

Dieses "uneins" führt dazu, dass du dich immer mehr von dir selbst entfernst, wie bei einer Narbe, die tief ist und klafft. Näht man sie nicht, wird sie einen unschönen Krater bilden und die Partien werden für immer voneinander entfernt bleiben. Näht man sie aber, wird die Narbe sehr schmal, die Partien können wieder zusammen wachsen und wenn man Glück hat, sieht man die Narbe später überhaupt nicht mehr. Und das könnte die Therapie bewirken, die RICHTIGE Therapie.

Gedanken an Selbstmord und Ängste speisen sich immer aus mehreren Dingen. Oft sind depressive Teile enthalten und/oder es fehlt an Glückshormonen http://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%BCckshormone (was übrigens öfter vorkommt als man denkt) und/oder es steht ein kleines Trauma im Weg und/oder es gibt einen Berg, den man nicht bewältigt bekommt und man ist komplett überfordert. Diese Ängste und der Wunsch, das alles hinter sich zu lassen, speist sich also aus vielem und wenn man es sich selbst wert ist (und das bist du dir ja glücklicherweise), dann geht man dagegen an. Ein Mensch würde sich niemals einfach so umbringen, das hat immer "innere Gründe", die, wenn sie behoben sind, den Menschen später kopfschütteln lassen, wie sie so etwas jemals in Erwägung ziehen konnten. Natürlich gibt es Menschen, bei denen das einfach zu spät kommt oder die sich nicht helfen lassen wollen. Bei dir ist es anders, daher würde ich dir empfehlen, die verschiedenen Positionen mal zu überprüfen.

Lass mal einen Hormonspiegel erstellen und lass nachschauen, ob du einen Mangel hast. Gerade, wenn man vor dem Abi steht und danach ein neuer Lebensabschnitt anfängt, können Ängste voll durchgreifen - ich habe das inzwischen bei mehreren Jugendlichen genau so erfahren und gerade jetzt wieder einen jungen Mann im Unterricht, der Hormone zugeschossen bekommt, damit es ihm besser geht.

Dazu wäre es schon gut, dir nochmals einen Therapieplatz zu suchen. Die Gedanken an Suizid müssen bei dir wirklich alle Alarmglocken läuten. Such dir Therapeuten und Therapeutinnen im Umkreis raus, geh einfach hin und lass dir einen Erstgesprächstermin geben. Das kostet nichts.

Was übrigens auch eine hervorragende Einrichtung ist, sind die Erziehungsberatungsstellen. Das klingt erst einmal total komisch, nach Erziehung und nach "das ist doch was für Eltern oder...", doch sie sind kostenlose Einrichtungen, wo man als Kind oder Eltern einfach hingehen kann, dort so lange beraten wird, bis man sein Problem los ist, oder Hilfe bekommt, wo der beste Therapieplatz ist, wenn es ein tiefer greifendes Problem ist. Die Sozialarbeiter dort begleiten einen, bis man weiß, was nicht stimmt und seinen Weg wieder sieht. Eine unserer Kummerkastenmitarbeiterinnen arbeitet gerade dort...und sie hat uns erzählt, wie es dort ist und was dort passiert. Das wäre mit Sicherheit ein sehr guter Weg. Google doch mal danach oder schau im Telefonbuch.

Die seelische Begleitung ist sehr wichtig, liebe Alexa. Oft kann man selbst noch so selbstreflektiert sein und überlegen, was mit einem los ist...die Schlüsselentdeckungen kommen dann doch oft vom Fachmann. Egal, welchen Weg du einschlägst, ob du erst einmal so eine Beratungsstelle aufsuchst und um Hilfe bittest oder ob du direkt verschiedene Therapeuten ausprobierst (dieses Recht hast du), ist dir überlassen. Wähle frei, aber wähle. :)

Lass dir nicht vormachen, dass du es nicht wert seist, egal, was es ist. Weder die Scheidung deiner Eltern, noch die Abwendung deiner Freundinnen haben etwas damit zu tun, dass du wertlos bist. Lass es nicht zu, dass diese Gedanken kommen, sie treffen nicht zu. Hol dir Hilfe vor Ort, um das aufzuarbeiten und um wieder zu lernen, wer du wirklich bist. Dann kann auch alles in dir wieder zusammen wachsen.

Ich wünsche dir dafür alles Gute und viel Erfolg!

Liebe Grüße,

Dana