Problem von Anna - 13 Jahre

Eltern zwingen aufzuräumen

Hallo. Das Problem ist folgendes: Meine Eltern zwingen mich jeden Tag aufzuräumen und sehen das als "helfen", obwohl helfen eine freiwillige Tätigkeit ist. Wenn ich aber nicht mache, was sie sagen, werden mir Sachen verboten, die ich gerne mache. Außerdem vergleichen sie mich mit anderen Kindern und meinen sie wären besser, anständiger und machen mehr. Und dann darf ich nicht einmal um 18 Uhr mit meinem Freund raus. Nur weil es um der Zeit leider schon dunkel wird. Ich weiß nicht mehr weiter.. Ich habe schon versucht mit ihnen zu reden, aber ich werde nur angeschriehen, sie denken sich was neues aus oder mir wird die Tür vor dem Gesicht zugeknallt. Was soll ich tun?? :(

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Anna,

wie kommst Du darauf, dass helfen eine freiwillige Tätigkeit ist? Helfen ist eher eine Aufgabe, die meist unter Aufsicht einer Person geschieht, die etwas besser kann als der Helfer.
Z.B. Arzthelfer. Oder Zahnarzthelfer.
Die helfen ihrem Arzt durch Handreichungen bei Arbeiten, die sie selbst nicht ausführen können, dem Arzt aber seine Arbeit erleichtern
Oder Bauhelfer. Früher hat man zu Ungelernten am Bau "Hilfsarbeiter" gesagt.
Von freiwillig ist bei all dem keine Spur zu finden: sie erledigen Aufgaben, die ihnen zugeteilt sind und die für den Gesamtablauf wichtig sind.
Wenn ein Mensch in Not ist und jemand vorbeikommt und nicht hilft, kann der unter Umständen sogar wegen "unterlassener Hilfeleistung" bestraft werden: wieder nix mit freiwilliger Tätigkeit?

Und in einer Familie? Wie ist es da?

Zu meiner Zeit gab es eine Band: die Gebrüder Blattschuß.
Bei denen ging ein Lied so los:
"Ach Mutter, ich kann nicht mit ansehen, wie Du Dich für uns abschuftest!
Mach doch die Küchentür zu!"

Das ist das eine Extrem: Papa ist für's Geldverdienen da und Mama für die Küche, das Haus, und die Familie. Und wenn das Geld nicht auch für alle Kinder zum Smartphone mit Vertrag reicht, geht Mama halt auch noch Jobben?
Sicherlich nichts, was Du für Dich willst, wenn Du erwachsen bist? Weil: erwachsen sein soll ja mehr Rechte und Freiheiten bringen! Nicht mehr Pflichten?

Natürlich gibt es auch das andere Extrem: Essen aus der Dose in der Mikrowelle schnell aufgewärmt, die Kinder putzen und sorgen für sich selbst und Mama wartet vor dem Fernseher auf Papa, damit sie ungestört gemeinsam den Rest des Tages chillen können.

Und irgendwo dazwischen findest Du die Familie, bei der jeder es auch als seine Aufgabe sieht, daran mitzuwirken, dass das gemeinsame Nest gemütlich und lebenswert bleibt.
Und hier kommen wir zur "freiwilligen Tätigkeit" zurück:
Das ist der Wunschtraum aller Eltern!
Das es für unsere Kinder selbstverständlich sein möge, einen zumutbaren Teil der Hausarbeit als ihre Aufgabe anzusehen und freiwillig zu absolvieren.
Solange das nicht freiwillig geschieht? Werden wohl immer wieder Eltern mit ihren Kindern darüber streiten, ob denn alles unbedingt einzig und allein Pflicht der Eltern ist.
Oder die Eltern zeigen den Kindern, dass sie selbst das Einkaufen und Essen kochen eben auch nicht freiwillig machen wollen.
Was ist dann?
Dann bleibt der Kühlschrank leer und die Küche kalt. Toll!

Weißt Du, zwischen den Extremen gibt es doch immer auch einen Mittelweg, auf den man sich verständigen kann?
Wenn die Eltern dauernd mit was Neuem um die Ecke kommen und Du nix mehr planen kannst, ist es sicherlich zu viel verlangt!
Aber ein festgelegter Plan, an den sich dann alle halten ist doch etwas, womit jeder "freiwillig" einverstanden sein kann?

Um 18 Uhr zuhause sein zu müssen ist sicherlich nicht toll für Dich. So wie Du es schreibst (weil es um 18 Uhr dunkel ist) sieht es danach aus, dass Deine Eltern sich Sorgen um Dich machen?
Was soll ich dazu sagen? Eigentlich ist das ja nicht verkehrt, wenn Eltern sich um ihre Kinder Sorgen machen?
Eltern übertreiben manchmal damit.
Und Kinder übertreiben manchmal mit den Freiheiten, die sie unbedingt alle sofort haben wollen.
Soweit ich mich erinnern kann, durften meine Jungs länger ausbleiben, als sie in Deinem Alter waren. Allerdings wussten wir immer (grob), wo sie waren und mit wem sie sich trafen. Konnten notfalls jemanden anrufen.
Was ich sagen will: bei vielen Kids in Deinem Alter wird den Eltern gegenüber alles zum "Geheimnis". Viele Eltern kennen die Freunde ihrer Kinder nicht und dürfen nicht wissen, was ihr so treiben.
Und je mehr ihr euch vor uns Eltern abschottet; je mehr Geheimnisse ihr vor uns habt: um so mehr Sorgen machen wir uns um euch und um so eher versuchen wir, euch z.B. durch frühe "Ausgangssperre" zu beschützen.
Hast Du das von dieser Seite auch schon mal versucht zu sehen?

Vielleicht versuchst Du ja mal, auch diese Seite zu sehen und zu verstehen, wenn Du das nächste Mal mit Deinen Eltern über "Aufräumen" und "Ausgang" sprichst?
Ich könnte mir gut vorstellen, dass das Gespräch mit ihnen ganz anders läuft, wenn sie merken, dass Du sie auch versuchst zu verstehen.
Ein Versuch kostet ja nichts :-)

Alles Liebe,

Bernd