Problem von Paula - 21 Jahre

Feedback zu "ist das Vergewaltigung"

Hallo Bernd,
Ich möchte Dir sagen,
dass du selbstredend Recht hast, wenn Du sagst, dass es egal ist, wie irgendwelche Gesetze die Handlung widerwillen nennen. Selbstredend definiert jede Person ihre Grenzen und ihre Gefühle zu Grenzverletzungen selbst. Selbstredend sind die Ängste und Gefühle Realität.
Selbstredend.
Aber und darauf möchte ich eingehen: Du schreibst selbst: Das Gesetz nennt es nicht Vergewaltigung,
also reagiert es auch nicht entsprechend darauf.
Selbstredend wünschen wir uns alle, dass Menschen, die Frauen* zu Dingen zwingen, die sie nicht wollen, (und auch der Versuch ist strafbar) bestraft werden, sich so was nicht mehr trauen, die Lust daran verlieren (und dabei geht es ja all zu oft nicht um Sex, sondern um Macht.). Ich habe es hier schon Mal geschrieben: nicht mal 13% der wegen Vergewaltigung geführten Strafverfahren, haben an ihrem Ende eine Verurteilung stehen, obwohl nicht Mal 5% der Vergewaltigungen angezeigt werden. Das hat Zusammenhänge mit der Rechtstradition in deutschsprachigem Raum. Sie ist nun Mal nicht Betroffenen, sondern täterorientiert. Gesetze werden und wurden nun Mal von Männern gemacht, nehmen kaum Rücksicht auf seelische Lage Betroffener. Das ist im Verfahren ein großes Problem. Psychisch sind die ewigen Aussagen, die teilweise respektlosen Befragungen, die mehrmaligen detailierten Schilderungen der Vorfälle (vor fremden Leuten), die ständigen Bezweiflungen der eigenen Integrität,... kaum zu ertragen. Ich weiß, dass Du immer dazu rätst anzuzeigen. Du erinnerst mich an meinen Vater. Er hat im Grunde ja recht: Leute, die anderer Leuts Grenzen und "Nein" nicht respektieren, sind nicht tragbar für Gesellschaft.
Aber auch diese Sichtweise ist nicht Betroffenen, sondern Täter orientiert. Die Täter gehören bestraft. Aber wer fragt schon, was es für eine Betroffene bedeutet anzuzeigen? Wer gibt dabei unterstützung? Fast Niemand. schritte zwischen Tat und Urteil werden nämlich all zu oft einfach ausgeblendet.
Ohne entsprechend starke Begleitung und ein stabiles und verständnisvolles soziales Umfeld, würde ich auf gar keinen Fall pauschaö dazu raten anzuzeigen, auch wenn ich es politisch befürworte. Ich rate immer dazu, ganz genau zu gucken, was Dir selbst gut tut.
Ich finde es verantwortungslos Leuten blind dazu zu raten anzuzeigen. Ich würde eher empfehlen zu einer entsprechenden Beratungsstelle zu gehen, und dort umfassende Beratung wahrzunehmen und auf deren Grundlage über diese Frage zu entscheiden, aber erst Mal zu gucken, dass eins selbst sich wieder besser fühlen kann. Eine Anzeige hilft nicht gegen alpträume. was dagegen hilft können nur kompetente, auf das Themengebiet spezialisierte Menschen sagen.

@Anonyme:
Hier kannst du, Frauenberatungsstellen in deiner Nähe suchen. Keine Scheu. die kennen so was und sind genau für solche Fälle da, nicht nur für die krassesten aller krassen. (dafür gibt es ja auch noch zusätzliche angebote wie frauenhäuser)
https://www.frauen-gegen-gewalt.de/organisationen.html

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Paula,

gerne lasse ich Dein Feedback so stehen, wie Du es geschrieben hast!

Du hast vollkommen Recht: es ist eine Sache, dem, was geschehen ist für einen selbst einen Namen zu geben.
Und eine ganz andere Sache, ein Verfahren durchzustehen, dass Opfern durch eine Justiz abverlangt wird, die auch die Möglichkeit zu prüfen hat, dass ein Vorwurf auch einmal nicht zu Recht erhoben wird.

Und wirklich wichtig bleibt, dass der Mensch, dem so etwas geschehen ist, seinen Weg findet, das Geschehene zu verarbeiten.
Und dazu ist es sicherlich hilfreich, sich Hilfe vor Ort zu suchen!

Alles Liebe,

Bernd