Problem von Anonym - 15 Jahre

Verzweiflung

Hallo! Ich weiss seit ein paar wochen, dass jemand aus meiner Familie mehrere Arten von Krebs hat. Es is schwer damit umzugehen und ich verstecke mich oft in meinem Zimmer um allein zu sein, aber oft muss ich da nur stunden weinen. Ich würde so gerne wissen, wie ich meinem Familienmitglied helfen kann! Klar verbringe ich viel Zeit mit ihr, aber es fällt mir schwer, weil ich nur diesen Krebs im Kopf habe... Und sie nur Tränen in den Augen hat.

Bin irgendwie verzweifelt.

JuliaG Anwort von JuliaG

Hallo liebe Anonyme,

ich freue mich, dass du dich uns anvertraust. :)

Was dein Familienmitglied und du derzeit leider durchmachen müssen, tut mir sehr leid. Ich fühle mich dir sehr verbunden, da vor einiger Zeit auch ein Mitglied meiner Familie an Krebs erkrankt war.

Ich kann dich gut verstehen, wie sehr Verzweiflung und das Gefühl von Hilflosigkeit überwiegen - das ist auch vollkommen normal in solch einer ungewöhnlichen Situation, zumal sich ein geliebter Mensch so sehr quälen muss. Es ist nicht selten, dass Angehörige dabei fast im gleichen Ausmaß leiden wie der Betroffene.

Oft will man nicht einfach abwarten bis die Ärzte etwas tun. Man möchte selber für seine(n) Liebste(n) da sein - ihm bzw. ihr helfen können. Aus medizinischer Sicht gestaltet sich das zwar sehr schwierig, jedoch nicht aus zwischenmenschlicher Perspektive betrachtet. Liebe Anonyme, ich bin froh - ja sogar sehr stolz auf dich, dass du dein betroffenes Familienmitglied nicht allein lässt und viel mit ihm Zeit verbringst! Trotz aller Schwierigkeiten versuchst du trotzdem für es da zu sein und Anteilnahme zu zeigen.

Du merkst jedoch auch, dass dich die Ängste und Gedanken rund um die Krankheit sehr mitnehmen und dich in deiner Lebensqualität einschränken. Das muss sicher furchtbar belastend für dich sein und natürlich möchtest du trotz alle dem stark für die Person sein, die dir so sehr am Herzen liegt. Für mich ist das eine Haltung, die ich gut nachvollziehen kann.

Gemäß meiner persönlichen Erfahrung, kannst du der betroffenen Person am besten helfen, wenn du dir selbst erst einmal etwas Gutes tust - sprich, dein persönliches alltägliches Leben nicht über die Krankheit hinaus zu vergessen. Mir ist klar, dass das immer nur bedingt möglich ist - gerade wenn es sich wie in eurem Fall um mehrere Arten von Krebs handelt, möchtest du sicher so viel Zeit wie nur möglich mit deinem Familienmitglied verbringen. Es ist für den Betroffenen an sich aber schon eine Entlastung zu wissen, dass die Umstände nicht auch noch dem familiären Umfeld schaden. Wer möchte denn auch gerne eine Belastung für seine Liebsten sein?

Ein weiterer Vorteil, dem eigenen Leben (Schule, Freunde, Hobby) nachzugehen, ist dass du der Person auch einmal etwas anderes erzählen kannst. Ich kenne das, wenn man im Krankenhaus zu Besuch ist, dass sich alle Gespräche irgendwie und irgendwann immer um den Krebs drehen. Ist doch ziemlich eintönig und macht nur traurig, oder? Vor allem, wenn man den ganzen Tag auf Station verbringen muss. Glaube mir, es wird dein Familienmitglied sicher freuen, dass du trotz der Umstände Dingen nachgehst, die dir Freude bereiten. ;) Du kannst es auch als eine Art Widerstand sehen: Der Krebs soll nicht die Chance bekommen, vollständig zum Lebensmittelpunkt deiner gesamten Familie zu werden! Das würde ich ihm einfach nicht gönnen!

Ich weiß, dass es schwer ist, sich persönlich einmal vom Gedanken "Krebs" zu distanzieren. Solange wie dieser existiert, fällt es einem selbst als Angehöriger schwer, wieder zu seiner Unbeschwertheit zurück zu finden. Jedoch kann ich dich beruhigen: Es ist wie mit dieser Krankheit: Irgendwann sind alle Beschwerlichkeiten überwunden - und somit kommt auch die unbeschwerte Lebensfreude mit der Zeit wieder! Vielleicht steht es mir auch gar nicht zu, so viel Hoffnung auszusprechen, da ich nichts über den derzeitigen Zustand deines Familienmitglieds weiß, jedoch habe ich eines gelernt:

Wo Verzweiflung ist, da ist auch noch ein Fünkchen Hoffnung...!

Was du noch unternehmen kannst, ist dich mit deinen anderen Mitgliedern der Familie über die Situation auszutauschen. Kaum etwas ist doch belastender als allein mit seinen Gefühlen zu sein. Weinen wirkt befreiend, aber nur wenn man nicht allein mit seinen Gefühlen ist. Überlege einmal ganz in Ruhe: Wer könnte dir Trost spenden? Kommen da deine Eltern in Frage oder vielleicht auch eine andere Person, der du vertraust? Zusammen die Ungewissheit und die Verzweiflung zu teilen, vielleicht auch gemeinsam zu weinen und sich zusammen unter der Decke verkriechen, sorgt häufig für das Gefühl, nur noch die halbe Last zu tragen! Vielleicht kommt ihr gemeinsam sogar noch auf weitere Ideen, wie ihr eurem Familienmitglied helfen könnt?


Liebe Anonyme, ich bete dafür, dass alles gut verläuft und wünsche dir und deiner Familie viel Kraft! Auf dass ihr den Kampf hoffentlich bald gewonnen habt! Seid füreinander da.

Die besten Grüße schickt dir

Julia