Problem von Anonym - 16 Jahre

Meine Mutter ist einsam

Hallo
In letzter Zeit belastet mich etwas sehr stark . Meine Mutter ist 47 Jahre alt und seit 15 Jahren Single . Sie hat keine Freunde mit denen sie etwas unternimmt und hat schon seit mehreren Jahren keinen festen Job . Ich fühle mich so schlecht und sehe dass die nicht glücklich ist .ich kann mein Leben nicht weiterleben wenn meine Mutter nicht glücklich ist . Ich weiß nicht wie ich ihr helfen kann aber ich möchte es so gerne . Meine Mutter ist der wichtigste Mensch auf der Welt für mich und ich will einfach nur dass sie glucklich ist . Ich wollte schon immer einmal ein Jahr in den USA verbringen und habe nächstes Jahr die Möglichkeit das zu tun , jedoch will ich meine Mutter nicht alleine lassen ich kann einfach nicht weg fahren wenn ich nicht sicher bin dass es meiner Mama gut geht ich habe Angst , dass sie sich etwas antut.
Bitte helft mir

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Anonyme,

es zeichnet dich sehr aus, dass du dich um deine Mutter sorgst, und ihr gerne aus ihrer Einsamkeit und Traurigkeit helfen möchtest. Das erste Mittel dazu ist jede kleine Hilfe und Aufmerksamkeit, die du ihr zuteil werden lässt - dazu muss ich dir sicher nicht raten. Aber vergiss nicht: Auch du hast dein Leben, deine Träume und Wünsche. Zwar mag im Leben deiner Mutter vieles nicht so gelaufen sein, wie du und jeder es ihr wünschen würden. Andererseits kann sie sich mit Sicherheit glücklich schätzen, eine so mitfühlende und fürsorgliche Tochter zu haben. Glaubst du nicht, dass es sie aufrichten könnte, zu sehen, wie du deine Träume verwirklichst?

Es ist manchmal schwer zu sagen, woran es liegt, dass man allein ist. Gewiss ist es nicht ihre Schuld - aber es ist auch nicht wirklich zielführend, wenn du es zu deiner Verantwortung machst. Für einen neuen Job und einen Partner für deine Mutter sorgen, das kannst du nicht leisten. Was du aber kannst, ist, sie durch ein fröhliches Beispiel, durch deinen Ehrgeiz und deine Lebenslust aufzurichten. Denn du hast richtig erkannt, dass es ihr nicht gut geht - aber das zu ändern, ist letztlich nur für sie möglich. Sie ist sich ihrer recht trostlosen Lage bewusst, davon können wir ausgehen; doch manchmal ist es einfacher, seinen Schmerz zu vergraben und ein hartes Gesicht aufzusetzen. Die nicht leichten, aber auch nicht unschaffbaren Schritte, die es zu unternehmen gilt, um wieder unter Menschen zu kommen, und zu einer Arbeit, die kannst du nicht für sie übernehmen. Was soll es nützen, wenn du sogar dein Leben davon abhängig machst?Sollte dir nicht gelingen, was du möchtest, geht es dir womöglich bald ähnlich schlecht. Damit ist keinem gedient. Und vermutlich würde sie auch gar nicht wollen, dass du dich für sie abmühst. Ihr Wunsch, denke ich, ist es gerade, selbst das anzupacken, was bisher nicht geklappt hat, warum auch immer. Doch du kannst ihr auf jeden Fall Mut zusprechen und ihr zeigen, wie du dich niemals unterkriegen lässt. Dazu gehört auch, Risiken einzugehen, dein Leben in Angriff zu nehmen - zum Beispiel durch dein Auslandsjahr. Es wird bestimmt nicht einfach für deine Mutter, da stimme ich dir zu. Könnte es aber nicht gerade der nötige Anstoß und Ruck sein, wenn sie sieht, wie du mit großen Schritten ins Leben geht? Deine Liebe zu ihr wird deswegen nicht weniger. Aber sie merkt, dass sie an dir sehr gut getan hat, dass sie stolz auf dich sein kann. Und von dieser hoffnungsvollen Feststellung aus, lässt sich Einiges bewegen.

Ganz konkret würde ich sagen: Sprich mit deiner Mutter über deine Sorgen und Ängste - auch, was sie betrifft. Sie wird deine Offenheit zu schätzen wissen. Wenn sie sieht und spürt, dass du Pläne machst, dir zu helfen weißt, wird sie an Sicherheit gewinnen. Und damit vielleicht bald erreichen, was du dir für sie wünschst. Das kann schneller gehen, als man glaubt. Wichtig ist, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen. Und dieses Zeichen besteht vor allem in dir, die du ihr signalisierst: Hey, das Leben geht weiter! Magst du nicht mitgehen? Euch beiden stehen noch viele schöne Dinge bevor, gerade wenn du dahin gelangst, wo du möchtest - wenn du deine Träume lebst, und in der Lage bist, sie mit deiner Begeisterung anzustecken. Wenn du aber in ihre Traurigkeit einstimmst, wird sie das möglicherweise selbst als Last empfinden, denn sie möchte ja nicht, dass ihre Stimmung dich, die du noch alles vor dir hast, herunterzieht. Du siehst - es ist besser, du probierst, nach vorne zu schauen. Lass dich nicht hemmen in deinen Plänen und Träumen, sondern versuche, deine Mutter anzustecken; verfolge umso energischer, was du dir wünschst. Nur wenn sie erkennt, dass sie in dir nicht nur eine Stütze hat, sondern auch etwas, das noch viele schöne Momente verspricht - dann wird ihr Bedürfnis wach werden, noch weitere hinzuzufügen, dir gleichzuziehen. Aber wenn du dich von einer traurigen Grundstimmung anstecken lässt, die sie wahrscheinlich am liebsten vor dir verbergen möchte, kann das zusätzlichen Druck aufbauen.

Sei ohne Angst! Das größte Geschenk und größte Versprechen im Leben deiner Mutter bist du. Lass dir deine Freude nicht nehmen, sondern arbeite an deiner Zukunft, und sei im Übrigen für sie da, wenn sie dich braucht. Das schließt nicht aus, eine Zeit lang deine eigenen Wege zu gehen. Gerade die Trennung für eine Weile kann sehr heilsam wirken, wenn deutlich wird, dass es für dich der richtige Schritt ist, und einer, der deiner Sehnsucht entspricht. Schneide dir nicht selbst die Flügel ab - sonst könnte deine Mutter übersehen, wie gut sie geraten sind. Setze der Trauer Mut entgegen, dem Schmerz Handlungen - vergiss dich selbst nicht! Sie ist diejenige, die gewisse Dinge einfach selbst bewältigen muss - du kannst sie nicht auf dich nehmen, weil ihr beide damit nichts gewinnt. Was du kannst, ist, die Veränderung in Gang setzen - auch und vor allem, indem du selbst nach neuen Erfahrungen suchst. Dass du ihr stets verbunden bleibst, dass sie auf dich zählen kann, weiß sie, und kann ihr nicht genommen werden.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul