Problem von Manuel - 17 Jahre

Übertriebene Empathie

Ich bin Manuel, 17 Jahre alt und hab das Problem das ich mal als "Übertriebene Empathie" beschreibe. Empathie ist ja schön und gut, aber wie die meisten Dinge im Leben, wird es störender je übertriebener es ist. Ich würde einfach mal behaupten das ich das hab, da ich mich immer in Menschen reinversetzen kann, ohne Probleme. Das heißt aber nicht das ich direkt mitweine, wenn ich jmdn. weinen sehe. Ich bleibe meistens gelassen, verstehe aber warum die Person weint. Noch dazu kommt das ich, egal wie abgedroschen bzw. dämlich es klingt, das ich egal welchen Film oder welche Serie ich schaue, ich sozusagen die Person verstehen kann die in der Hauptrolle ist. Teilweise verhalte ich mich wie sie. Kann es aber ohne Probleme wieder abstellen, d.h. falls ich zum Beispiel "Fluch der Karibik" geschaut habe, verhalte ich mich wie CAPTAIN Jack Sparrow, gehe(eher stolziere) wie er aber falls es mich stört, oder ich es einfach nicht mehr länger machen will, kann ich damit aufhören. Ich weiß, das hört sich ziemlich merkwürdig an, aber darauf gebe ich mein Wort das es so ist. Mich stört das ganze ziemlich, da ich dann in Momenten der Ruhe mich selbst frage "Wer bist du eigentlich? Die Summe deines Umfelds oder ist da noch mehr drin? Oder ist es doch nur so 'ne Phase die in der Pubertät bei dem ein oder anderem mal auftreten kann? " Sowas gibt einem natürlich genauso viel Antworten wie wenn man die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt, viele Annahmen aber nichts handfestes.
Was mir ebenfalls auffällt ist, das ich mich verändere, es aber weder ändern noch aufhalten kann, wenn ich zum Beispiel mit meinen Freunden was unternehme. Beispiel:
Ich bin anfangs mit einem meiner Freunde unterwegs, unterhalte mich mit ihm über Videospiele, Serien, Filme oder was halt am Tag so passiert ist, manchmal aber auch über Blödsinn. Dann kommt mein anderer Freund mit dem ich, wenn ich alleine mit ihm abhänge, manchmal Blödsinn mache oder laber aber dennoch meistens über seine Probleme rede (dabei bin ich aber eher der Helfer anstatt die Person die die Probleme hat. (In solchen Momentan wünsche ich mir manchmal ich könnte mich klonen, dann würde ich mir selbst helfen können ^^)).
Jedenfalls wenn er dann kommt und ich bereits mit dem anderen Freund draussen bin, verhalte ich mich sozusagen so mit dem was die beiden gemeinsam haben. Wäre in dem Fall der Blödsinn.

Ich weiß nicht ob das normal ist, oder ob mir Alltäglichkeiten nur bewusster wahrgenommen werden. Mir gehts nicht um das unnormale oder das normale in mir, da bin ich schon auf den Entschluss gekommen das das ein sinnloses Spiel ist. Der eine findet das normal der andere was anderes. Gibt Dinge die die "richtige" Wahrheiten zu scheinen seien, dazu zählt überwiegend etwas das die Mehrheit als richtig bzw wahr empfindet.
Hatte mir auch mal überlegt darüber ein Buch zu schreiben, nur irgendwie drück ich mich davor, weil ich das Gefühl hab, das das nicht der richtige Weg ist damit umzugehen.
Würde mich interessieren wie Sie das sehen!

Grüße aus dem Valhalla der philosophischen Künste und des Selbstzweifels
Euer Manuel

Delia Anwort von Delia

Hallo Manuel,

als übertrieben würde ich deine Empathie nicht bezeichnen. Schließlich "verlierst" du dich nicht in den Gefühlen anderer sondern kannst sehr wohl zwischen deinen eigenen und fremden Emotionen unterscheiden. Außerdem schreibst du ja selbst, dass du meistens gelassen bleibst obwohl du verstehen kannst warum die jeweilige Person sich so fühlt.
Und sich wie eine Figur aus einem Film zu verhalten würde ich jetzt auch nicht als sonderlich merkwürdig ansehen. Schließlich hältst du dich selbst ja nicht für diese Person sondern benimmst dich nur so und kannst es abstellen wenn dir danach ist. Außerdem sind Charaktere in Filmen oft ganz bewusst so dargestellt, dass man sich gut in sie hinein versetzen kann. Sei es der Abenteurer der aus seinem langweiligen Alltag ausbrechen möchte, der Single der sich alleine fühlt und sich eine Partnerin wünscht oder der Bösewicht der ein hartes Leben hatte und sich daher an anderen Menschen rächen möchte. Dazu kommen oft noch typische Verhaltensweisen und Aussagen die für die Figur charakteristisch und leicht nachzumachen sind. Darüber brauchst du dir also keine Sorgen zu machen.
Du fragst wer du selbst bist. Diese Frage kann ich dir leider auch nicht beantworten, aber ich kenne kaum jemanden, der er es mir 17 Jahren bereits konnte. Von daher bist du auch in der Hinsicht völlig normal. Auch mit Mitte 20 fragen sich noch viele wer sie sind, was genau sie wollen und was sie vom Leben erwarten. Wahrscheinlich ändert sich das auch das ganze Leben nicht, man stellt wohl nur etwas andere Fragen. Erwarte also nicht, dass du plötzlich weißt wer genau du bist. Ich kann dir aber versichern, dass du mehr bist als nur die Summe deines Umfeldes. Du bist ein individueller Mensch mit eigenen Gedanken und Gefühlen und natürlich bist du von deinem Umfeld beeinflusst aber gleichzeitig beeinflusst du dein Umfeld ja auch.

Die Situation mit den Freunden ist ebenfalls vollkommen normal. Bei jedem Menschen verhält man sich etwas anders, man passt sich ja immer etwas an die Situation und den jeweiligen Menschen an. Wenn man dann mit mehreren Menschen zusammen ist passt man sich wiederum der Situation an und sucht z.B. automatisch Gesprächsthemen bei denen möglichst viele der Beteiligten mitreden können. Das hat auch nichts damit zu tun, dass man nicht man selbst ist oder sich für andere "verbiegt", sondern es gehört einfach zum sozialen Verhalten. Ohne diese Anpassung wäre eine Kommunikation und eine Annäherung untereinander sehr schwierig. Es wäre z.B. etwas seltsam wenn du dich in der Gegenwart viele Freunde mit einem der Anwesenden über seine privaten Probleme unterhalten würdest. Zum einen wären die anderen Freunde dann Außenstehende die zu dem Thema wahrscheinlich nicht so viel beitragen könnten weil sie nicht genug über die Probleme des Betroffenen wissen und zum anderen wäre der jeweilige Freund wahrscheinlich auch nicht so begeistert davon dass du seine persönlichen Probleme einfach mal der Öffentlichkeit mitteilst. Von daher verhältst du dich automatisch sozial angepasst und findest eine Gemeinsamkeit zwischen den Beiden bzw. etwas was euch drei miteinander verbindet und nicht nur zwei von euch.

Du siehst also, es ist normal und du nimmst es tatsächlich einfach nur wahr. Und eine objektive Wahrheit zu finden ist durchaus eine Herausforderung. Das gleiche gilt für das Schreiben eines Buches. Aber du wirst für beides noch eine Menge Zeit haben und dir noch jede Menge Gedanken über diese Themen machen können. Tu dir nur bitte selbst den Gefallen und mache dich nicht selbst verrückt. Gehe nicht davon aus, dass deswegen irgendetwas nicht mit dir stimmt oder du dich anders verhalten solltest oder du nicht du selbst bist. Mach das was du für richtig hältst und zerbrich dir nicht allzu sehr den Kopf. Nachdenken ist eine tolle Sache, es sollte nur nicht darauf hinauslaufen, dass du an dir selbst verzweifelst weil du nicht die Antworten findest die du gerne hättest.

Grüße zurück in das Valhalla der philosophischen Künste und des Selbstzweifels ;-)