Problem von Anonym - 17 Jahre

Meine Eltern haben herausgefunden, dass ich keine Jungfrau mehr bin

Hey,
erstmal vorweg: ich bin 17 Jahre alt und vietnamesischer Abstammung. Meine Eltern sind beide in Vietnam geboren und leben nun seit 25-30 Jahren in Deutschland.
Mir wurde von kleinauf "gelehrt", dass man erst nach dem Abitur oder bestenfalls nach dem Studium einen Freund haben sollte, weil die Bildung (für sie) höchste Priorität hat.
Hintergrund:
Nun kam es dazu, dass ich mich mit 14 in einen Jungen (damals 16, Exfreund seit 3) verliebt habe, mit dem ich eine Beziehung eingegangen bin.
Ich habe sie meinen Eltern verheimlicht, weil ich eben wusste wie sie über Beziehungen in so einem jungen Alter denken. Letzten Endes fanden sie es heraus, jedoch meinten sie, es sei für sie kein Problem, wenn ich dafür weder die Schule vernachlässige oder ich - ich zitiere- "mich ihm nicht ganz hingebe". Also war es mir nicht erlaubt oft etwas mit ihm zu unternehmen, geschweige denn seine Hand zu halten oder in seiner Nähe auch nur zu sitzen.

Das eigentliche Problem ist nun, dass sie nach 2 Jahren (ich werde in einem Monat 18) erfahren haben, dass ich mit ihm geschlafen habe. Ich war 16 als es "geschah" und wir waren uns beide bewusst, worauf wir uns einließen. Haben ausführlich darüber geredet und so gut verhütet wie wir konnten. Meine Eltern haben mich darauf angesprochen und sind zutiefst enttäuscht. Sie können mir nicht mal mehr in die Augen schauen. Mein Vater ist noch relativ ruhig geblieben, er meinte nämlich es gehe ihm nicht so nah wie meiner Mutter, weil er ein Mann sei. Meine Mutter jedoch ist ziemlich laut geworden und meinte u.A. "falls du es jemals nochmal tun wirst, werde ich dich schlagen". Ich weiß, dass sie es niemals tun würde, jedoch wollte ich damit visualisieren wie die Situation mit ihr aussieht.
Wir haben nie wirklich über das Thema Geschlechtsverkehr gesprochen. Das einzige, was sie ständig meinte, war: "Sei mit ihm zusammen, wie du magst, jedoch warte mit dem Sex und allem drum und dran (also auch mit dem Küssen) bis zur Ehe. Ich möchte nicht von anderen hören: Ja, deine Tochter hat schon mit dem und dem geschlafen etc. Wirf kein schlechtes Licht auf unsere Familie".
Nun trau ich mich garnicht mehr aus dem Zimmer. Einerseits versteh ich sie und kann nachvollziehen, wieso sie enttäuscht sind, weil ich sie eben auch angelogen hatte und sie unehelichen Geschlechtsverkehr als etwas komplett negatives einstufen, andererseits ist ja nichts passiert (ungeplante Schwangerschaft) und an sich ist es doch auch meine Entscheidung, was ich mit meinem Körper mache.
Ich brauche dringend Euren Rat. Ich trau mich garnicht mehr aus meinem Zimmer.
Ich danke euch im Voraus für Eure Antwort.

Delia Anwort von Delia

Hallo liebe Anonyme,

da scheinst du dich in einer sehr ungemütlichen Situation zu befinden.
Es ist verständlich, dass deine Mutter enttäuscht ist weil du sie angelogen und etwas getan hast was sie selbst als schlimm empfindet. Trotzdem hast du Recht, es ist dein Körper und dein Leben und du musst selbst entscheiden was du damit anfängst.

Deine Mutter hat ihre eigenen Wertvorstellungen und natürlich möchte sie dass du dich an ihnen orientierst, schließlich bist du ihre Tochter und sie hält ihre eigenen Vorstellungen für richtig. Wahrscheinlich meint sie es nicht einmal böse sondern kann es sich einfach nicht vorstellen, dass es gut sein kann vor der Ehe Sex zu haben. Sie hat wahrscheinlich bereits ihr ganzes Leben lang nach diesen moralischen Ansicht gelebt und sich vollkommen danach ausgerichtet, eine andere Sichtweise ist ihr wahrscheinlich ziemlich fremd.

Das heißt für dich aber nicht, dass du genauso leben musst wie sie. Du bist zwar ihre Tochter, aber du musst selbst entscheiden wie du dein Leben lebst und was du für richtig und für falsch hältst. Und genau das hast du getan indem du mit deinem Exfreund geschlafen hast. Du sagst selber du hast es nicht unüberlegt getan, sondern ihr habt vorher miteinander darüber geredet und euch über Verhütung informiert. Wenn du es selbst nicht bereust und es für dich eine positive Erfahrung war, dann ist das vollkommen in Ordnung und sollte auch weiterhin so bleiben. Du hast nichts falsch gemacht oder überstürzt sondern für dich eine Entscheidung getroffen mit der zu zufrieden bist.

Letztendlich stellt sich also die Frage wie deine Familie lernt damit umzugehen. Du schreibst dein Vater hat damit nicht so große Probleme, sich mit ihm zu versöhnen wird also nicht so ein großes Hindernis. Mit deiner Mutter wird es wahrscheinlich schwieriger.
Was wirklich nicht in Ordnung ist, ist ihr Argument was die Meinungen anderer Menschen betrifft. Dir zu erzählen, dass du ein schlechtes Licht auf die Familie wirfst und zu versuchen so einen Druck auf dich zu erzeugen ist selbst nicht sonderlich moralisch und darüber sollte sie mal nachdenken.

Tritt deiner Mutter mit Respekt gegenüber und sage ihr dass du ihre Moralvorstellungen akzeptierst und sie verstehen kannst. Zeige ihr aber auch gleichzeitig, dass es dein eigenes Leben ist und du eigene Entscheidungen triffst. Sie kann nicht von dir verlangen, dass du dein Leben so lebst wie sie es tut. Ich weiß es ist für dich bestimmt schwer ihr gegenüber zu treten, aber lass dich von ihr nicht derart unter Druck setzen oder beleidigen. Bleibe ihr gegenüber höflich und respektvoll und wenn sie dir zuhört kannst du ihr gerne die Gründe für dein Handeln nennen, aber fange nicht an dich ständig zu rechtfertigen weil du dich dazu gedrängt fühlst. Ich bin mir sicher du schaffst es und wirst zu einer selbstbewussten Frau.

Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute!