Problem von Anonym - 16 Jahre

3. Selbstmordversuch

Hallo liebes Kummerkastenteam,
Ich weiß nicht wie es bei mir noch weiter gehen soll, mittlerweile habe ich den 3. Selbstmord versuch hinter mir aber alle 3 sind unbemerkt geblieben, obwohl ich fast eine Halbe Packung von Blutdrucksenkern geschluckt hatte ist nichts passiert außer ein paar Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen,.. sowas halt. Meine Eltern wissen von allem nichts. Alles angefangen hat im Januar mit einer Magersucht, von denen meinen Eltern auch nichts mitbekommen haben, sie haben es auf meine Schildrüse geschoben, nachdem ich beim Arzt war. Aber meine Schilddrüse hat nicht mehr gearbeitet nachdem ich 4 Monate lang kaum bis gar nicht gegessen habe. (Ich habe in 4 Monaten fast 20 Kilo verloren und Wog noch 38 Kilo ) Jetzt wiege ich fast genauso viel wie früher, was mich fertig macht. Es ist auch der erste Grund weshalb ich nicht mehr weiter weiß, es war das letze was mir noch blieb. Ich habe weder Freunde noch sonst irgendwas woran ich mich hochziehen kann, Ich lebe nur vor mich hin, keiner möchte was mit mir machen und Hobby habe ich in dem sinne auch nicht. Ich gehe zur schule, komme nach hause und liege den erst des Tages im Bett. Ich möchte das ja eigentlich auch gar nicht, versuche immer wieder irgendwas zu machen, Freunde zu finden, aber keiner möchte was mit mir machen, ich höre immer nur ausreden oder einfach gar nichts. Meine Eltern hasse ich auch, nach all dem was passiert ist. Ich hab auch bereits versucht mit meinem Vater über alles zu reden, der hat es aber nur ignoriert und es war danach alles wie sonst auch. Zu meinen Großeltern kann ich auch nicht gehen, weil das genau das gleiche problem ist. Außerdem ist es in meiner ganzen Familie so, dass alle zerstritten sind.
Aber eventuell mal zur der Vorgeschichte:
Nach der Grundschule bin ich auf das Gymnasium in meinem Dorf gewechselt, nach einem Jahr aber auf eine IGS die etwa 20 Min von meinem Dorf entfernt liegt, weil ich halt einfach nicht da Klar kam von den Leistungen her. Meine Eltern konnten mir auch nicht weiter helfen, weil sie wirklich einfach nur inkompetent und dumm sind, wenn man das so sagen kann. Auf jeden fall hab ich da auch nicht wirklich Anschluss gefunden und war eher ein Außenseiter. Wurde eventuell auch zwischendurch fertig gemacht. Daraufhin bin ich zu den leeren dort gegangen und es hat auf gehört. Ich hatte auch zu dieser Zeit niemanden bis ich irgendwann jemanden kennengelernt hat, dem es genauso ging wie mir. Er wurde zu meinem Besten Freund und kam auch gleich im Folge Jahr auf meine Schule (Also davor ging er auf eine andere). Anfangs war wirklich alles viel besser, ich hatte ihn und er hatte mich und das ganze den ganzen Tag über, wir haben sogt wie immer etwas gemacht und wenn wir auch nur den ganzen Tag auf whastapp geschrieben haben. Ich war nicht mehr alleine und ich hatte jemanden. Wir waren wirklich nur befreundet, also da lief nicht mehr das sollte man dazu wissen :), Naja und im Oktober letze Jahr hat er halt immer mehr mit den etwas beliebteren gemacht, woraufhin es irgendwann zum streit kam. Ich war im plötzlich egal und von einem auf dem anderen Tag stand ich wieder alleine da. Und nein, reden bringt da nichts er hat mir klar und deutlich gesagt, das er keinen Kontakt mehr mit mir möchte. Langfristig bin ich damit nicht klar gekommen und bin zu der Magersucht gekommen.
Nun habe ich mich vor den Sommerferien dazu entschlossen wieder auf das Gymnasium zu gehen wo ich bereits in der 5. Klasse war, von den Leistungen her komme ich jetzt gut mit, aber ich vermisse meine alte Schule dennoch, vor allem meine damalige Klassenlehrerin, sie war die einzigste die etwas mitbekommen hatte und auf mich zugenommen ist und obwohl ich ihr nichts gesagt habe, war sie die einzigste die für mich da war. Nach dem Wechsel habe ich jetzt endgültig das Gefühl das ich alleine bin. Vor 2 Wochen habe ich dann meinen 1 Selbstmord versuch gemacht, den Tag darauf den 2 und Montag den 3. Aber es blieb erfolglos, wieso weiß ich nicht , da ich wirklich eine Menge geschluckt hatte. Aber ich weiß einfach nicht wie es noch weiter gehen soll und ob ich eventuell wieder zurück wechseln soll?
Auf meiner Schule, Klasse kenn ich alle und auch da möchte einfach niemand etwa mit mir machen.

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Anonyme,

weißt du, was mir an deiner Erzählung auffällt? Und warum es mich ein Stück weit wundert, dass du deines Lebens so müde bist?

Du hast doch bisher immer instinktiv das Richtige gemacht! Fällt dir das gar nicht auf? Du hast nicht nur messerscharf analysiert, welche Baustellen es in deinem Leben gibt, sondern hast selbst benannt, was geschehen sollte, damit es besser wird. Willst du jetzt wirklich den Kampf aufgeben? Das ist wie, als ob man ein Haus bauen will, der Plan liegt auf dem Tisch, die Steine auf dem Platz, und man lässt es sein, weil es könnte ja was passieren. Du hast den großen Vorteil, genau zu wissen, was du willst. Und was du brauchst. Oder sehe ich das falsch? Den Schulwechsel hast du angedacht, ein neues Hobby, das dir einen Freundeskreis eröffnen könnte, jemanden, mit dem du reden kannst. Das sind sowohl die Dinge, die dir fehlen, als auch das, worauf du zurückgreifen kannst, um dich besser zu fühlen. Das klingt seltsam? So seltsam ist es gar nicht. Sich festlegen, wohin es für dich geht, einen Sport zu wählen, etwas zu unternehmen, selbst wenn es erstmal allein ist - das sind Entscheidungen. Beschlüsse. Fakten, Handlungen. Konkretes, an die Zukunft Gerichtetes. Und genau das brauchst du, nicht Versenkung in deinen Schmerz. Zwar verstehe ich, wie es dazu gekommen ist. Aber ich kann dir gleich sagen: Wenn du dich nicht befreien möchtest - immer und immer und immer wieder - und keine Entscheidungen fällst, dann trittst du ewig auf der Stelle. Du kannst nicht einerseits das Leben satt haben und andererseits überlegen, wie du dein Leben verbessern kannst. Wähle also das Leben, denn das ist nur gerecht. Ein erster Schritt war es, dich uns im Kummerkasten zu öffnen. Dafür danke ich dir sehr. Nun kann es weitergehen! Die Schule ist eines. Ein Hobby und neue Freunde? Hobbys sind vielfältig. Was möchtest du denn machen? Ich sage dir gleich: Es reicht, wenn es ganz simpel ist. Es muss nur beinhalten, dass du dabei eine Aufgabe hast. Wer etwas ausübt, der kann in Gespräche kommen. Wenn du aber ständig darauf harrst und wartest, wirkst du wie neben dir. Wenn du dagegen einfach machst, du selbst bist, dann kannst du auch nichts falsch machen. Man kann nicht vor sich selbst die Flucht ergreifen, weil man nicht perfekt ist. Niemand ist das. Man kann nur herausfinden, was man ist, und das einfach leben. Es gibt im Augenblick wenig, was dein Leben überhaupt mit Inhalt erfüllt. Da wäre ein neues Hobby in der Tat gut. Deine Sorgen kannst du, wenn sie dich überwältigen, auch zum Beispiel an einem Sorgen- oder Zuhörtelefon teilen. Wichtig ist, dass du sie nicht als schicksalsgegeben ansiehst, sondern als Hürden, die du überwinden wirst. Trau dich, von dir selbst zu sagen, dass du nicht umsonst auf der Welt bist.

Wenn du von der Schule heimkommst, bist du zu Recht erschöpft. Aber wenn du nichts zu erledigen hast, was spricht denn dagegen, dass du einfach mal losziehst? Was hast du zu verlieren, wenn du einfach mal einen langen Spaziergang machst, den Wind im Gesicht spürst? Du selbst hast klar erkannt: An diesem Punkt, wenn die Antriebslosigkeit von dir Besitz ergreift, muss irgendetwas Anderes greifen. Das muss keine besonders aufwändige Tätigkeit sein. Es reicht, wenn sie nur geeignet ist, um dich zu beschäftigen. Was habe ich für Mittel, um der Trübsal gegenzusteuern, die auch mich von Zeit zu Zeit trifft? Ich gehe joggen, ich backe Kuchen, ich male ein Bild, ich schreibe einen Brief (wütenden / traurigen / ekelhaften / liebevollen), den ich nie abschicke. Ich fahre in die Stadt, einfach, damit ich da gewesen bin, gehe ins Kino, oder ich gehe einkaufen, oder ich lese einfach endlos Sachen im Internet. Nicht irgendwelche Scheinheiligkeiten von Leuten, denen es gerade besser zu gehen scheint als mir, das zieht mich nur noch weiter runter. Ich habe schließlich das Ziel, von mir selbst abgelenkt zu sein. Also lese ich was über Krieg und Hunger, damit ich Wut auf Andere habe, statt auf mich, und Mitleid mit Anderen, denen es tausendmal schlechter geht, statt mit mir selber. Oder ich lese bewusst was Schönes, eine Liebesgeschichte vielleicht, damit mir auch wieder bewusst wird, wohin meine Ziele im Leben gehen. Das ist nämlich von großer Bedeutung: Nie aus den Augen zu verlieren, was man sich wünscht. Niemals Dinge zu tun, weil sie unausweichlich scheinen. Sondern sich immer zu fragen: Nützt mir das was? Wie kann ich vorwärts kommen, meinen Zielen näher kommen? In deinem Fall ist der Schulwechsel ein Thema. Meinst du nicht, es würde dir besser gehen, wenn du dazu eine Entscheidung triffst? Diese kann ich dir nicht abnehmen. Aber wie du dich auch entscheidest, wirst du nicht damit glücklich werden, wenn es etwas aus dieser Welt ist, in die du eigentlich gar nicht mehr gehören magst. Wenn du dagegen die Möglichkeiten, die du hast, als Sprungbretter in ein besseres Leben betrachtest, kann es auch wieder in die Nähe rücken. Dafür solltest du erst einmal versuchen, die einfachsten Sachen, wie zum Beispiel essen, wieder mit Genuss zu betreiben. Wenn deine Eltern sich gegen das verhärten, was dich beschäftigt, wirst du sie nicht aus ihrem Schlaf holen, indem du dir weh tust. Da bist du viel, viel mehr wert. Entweder solltest du wagen, es offen auszusprechen, was Sache ist. Oder nicht, aber weder wird es dich weder weiterbringen, deiner Familie ihre Blindheit vorzuwerfen, noch, dich selbst zu bestrafen. Geh deinen Weg lieber weiter - und suche nach Möglichkeiten, allen zu zeigen, wie falsch diese Blindheit ist. Wie viel sie alle verpassen.

Es wird dir nicht ein bisschen besser gehen, solange du innerlich überzeugt bist, dass es im Grunde vorbei ist, hoffnungslos, aus, verloren, ehe es richtig angefangen hat. Du hast Misserfolge und Enttäuschungen erlebt, man hat dich nicht ernst genommen, ja. Aber möchtest du wirklich den Menschen Recht geben, die dich nicht für voll nehmen? Umknicken wie ein Strohhalm? Oder möchtest du nicht, dass sie auf etwas Hartes stoßen und sich entsetzen, wenn sie anfangen, an dir zu sägen? Du hast die Stärke, etwas aus dir zu machen, du hast Fähigkeiten. Wenn du mir jetzt antwortest: Nein, habe ich nicht! - dann haben wir genau das Problem. Man kann nicht von null auf hundert. Wenn du dich beschäftigst, egal mit was, und wenn es die vermeintlich kindischsten Sachen sind, dann kannst du auch wieder an was Spaß haben. Wenn du an was Spaß hast, kannst du auf etwas Lust bekommen. Wenn du auf etwas Lust bekommst, suchst du nach Wegen, es zu erreichen. Wenn du einen Weg begonnen hast, machst du Erlebnisse. Solange du nur Schlechtes erwartest, wird dir auch alles schlecht erscheinen. Wenn du dich aber bemühst, dich selbst mal als positiv, als liebenswert zu sehen - als jemand, die bisher viel Pech hatte, aber deswegen nicht fürs Pech geboren ist -, dann wirst du auch wieder die Zügel in der Hand halten. Freunde zu finden, Hobbys aufzubauen, das sind Dinge, die gehen auch nicht von heute auf morgen. Wenn du krampfhaft darum bemüht bist, eigentlich schon sicher, dass es eh nicht klappt - wohin wird das führen? Zu kaum etwas. Fange klein an, halte den Anspruch an dich gering und deine Achtung vor dir groß. Es ist nicht so, dass die Anderen dir etwas voraus haben, das du nie bekommen wirst; sie haben ihr Leben, sie können dir erstmal egal sein. Das Leben hält viel bereit, was nur für dich allein ist. Sieh es als ein Abenteuer, gehe mit Neugier darauf zu: Ich war bisher verschlossen in mir, hinter der Tür der gesunkenen Selbstachtung. Jetzt habe ich sie aufgestoßen. Mal schauen, was es hier so alles gibt... Dann kann es auch klappen. Wann immer es Rückschläge gibt, solltest du aber nicht denken: Ach, schon wieder, das hat doch keinen Sinn! - sondern: EgaI! Weiter, weiter, egal was kommt! Wäre doch gelacht, wenn ich es nicht schaffe! Begeh niemals den Fehler, zu denken, dass du das Gute nicht verdienen würdest. Sei niemals so bescheiden, zu denken, es würde nicht auf dich warten. Denn es wartet.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul