Problem von Anonym - 17 Jahre

Bester Freund im Rotlichmilieu?

Hallo ihr Lieben :)
Ich habe ein Problem mit meinemFreund und ich hätte gerne mal eine neutrale Meinung dazu.
Ich nenn ihn jetzt einfach mal Tim, Tim ist 22 Jahre alt.
Ich kenn Tim seit etwa zwei Jahren, wir haben uns damals auf einer Party kennengelernt, mir ging es da sehr schlecht und er hat sich ganz lieb um mich gekümmert, daraus ist dann eine eigentlich wirklich tolle Freundschaft geworden.
Mir gegenüber war er immer der liebste Mensch der Welt, war immer für mich da, hat mir immer zugehört, mich schon buchstäblich nach Hause getragen wenn mal gar nichts mehr ging und mir schon mehr als einmal aus einer brenzligen Situation geholfen.
Nun zum eigentlichen Problem: Tim hängt ziemlich tief im Rotlichmilieu, arbeitet als Türsteher, sein Cousin und sein Bruder betreiben einen Nachtclub, sein Vater eine Sicherheitsfirma. Er hat seine Arbeit aber immer von mir "getrennt", spricht auch nicht viel darüber.
Unsere Freundschaft hat schon öfter mal für Schwierigkeiten gesorgt, vielen von meinen Freunden ist Tim nicht geheuer, auch wenn er ihnen nie was getan hat. Es gab schon sehr fiese Gerüchte über ihn und seine Leute aber das war mir immer egal, schließlich sind wir Freunde.
Meine Eltern kennen ihn zwar schon relativ lange, wussten aber nie was er eigentlich macht, neulich haben sie es zufällig rausgefunden...und sind gelinde gesagt ausgerastet. Sie wollen mir jeglichen Kontakt verbieten, machen mir vorwürfe(schlechter Einfluss), löchern mich mit Fragen, versuchen mir teilweise fast schon einzureden dass er mir doch was angetan haben muss.(Mein Vater hat mich wirklich gefragt ob er mich zu irgendwas zwingt!:() Hat er aber wirklich nie, für mich ist tim wie ein großer Bruder, ich vertrau ihm blind, auch wenn er vielleicht keiner gesellschaftlich besonders anerkannten Tätigkeit nachgeht. Er war nie scheiße zu mir und das zählt für mich, nicht was andere von ihm denken.
Er ist mir wirklich wichtig und ihn will ihn nicht verlieren, wie seht ihr das? Hat nicht jeder eine Chance verdient? Macht ihn sein Job zu einem schlechten Menschen? Ich kann ja verstehen dass meine Eltern sich Sorgen machen, aber er war nie schlecht zu mir.

Delia Anwort von Delia

Hallo liebe Anonyme,

grundsätzlich würde ich dir zustimmen, jeder Mensch hat eine Chance verdient und ein Job an sich macht einen nicht zu einem schlechten Menschen. Aber gleichzeitig kannst du einen Menschen nicht einfach in verschiedene Charaktere unterteilen. Zwar füllt jeder von uns in gewisser Weise verschiedene Rollen aus, z.B. als Tocher/Sohn, als Schüler/in, als Freund/in, als Angestellte/r ect. Trotzdem gehören all diese Rollen zusammen und beeinflussen die Persönlichkeit als Ganzes. Wenn er also in seinem Job irgendeine Art von Mist macht, wirkt sich das letztendlich nun mal auch auf ihn als deinen Freund aus. Auch wenn du in der Hinsicht noch nicht wirklich etwas gemerkt hast formt seine berufliche Tätigkeit ebenfalls seinen Charakter. Dementsprechend wäre es naiv diese Seite von ihm einfach vollkommen auszublenden.
Dabei stellt sich allerdings die Frage was genau er überhaupt beruflich macht. Türsteher an sich ist ja kein zwielichtiger Beruf und auch Nachtclubs sind nichts schlimmes. Selbst wenn es ein Stripclub oder ähnliches sein sollte wäre es kein Drama. Es kommt eher darauf an ob die ganze Sache vollkommen legal ist und welche Tätigkeiten genau zu seinen Aufgaben gehören. Besteht seine Aufgabe in einem typischen Türsteher Job oder ist er auch in illegale Aktivitäten wie Drogenhandel ect. verwickelt? Muss er für seine Verwandten irgendwelche nicht wirklich harmlose Dinge erledigen?

Dass deine Eltern ausgerastet sind kann ich sogar verstehen, wer möchte schon, dass die eigene minderjährige Tochter Kontakte zum Rotlichtmilieu hat? Außerdem sind Sorgen in Hinsicht auf Zwang oder ähnlichen Dingen leider oft berechtigt. Es ist schon vielen jungen Menschen passiert, dass sie in etwas hinein gerutscht sind und nicht mehr wissen wie sie wieder heraus kommen.
Du bist fast 18 und somit fast volljährig. Es ist wichtig, dass du lernst selbstständig zu denken und Menschen einschätzen zu können. Das wirst du in deinem weiteren Leben noch oft genug müssen. Wenn du dir also sicher bist, dass du ihm vertrauen kannst und dich bei ihm wohlfühlst, dann bin ich die Letzte die versucht dir etwas anderes einzureden. Das bedeutet aber auch, dass du Verantwortung für dich selbst übernimmst und auch dich achtest.

Die Frage ist natürlich auch wie du jetzt im Hinblick auf deine Eltern mit der Situation umgehst. Du solltest die Sorgen deiner Eltern auf jeden Fall ernst nehmen und darauf nicht mit Trotz reagieren. Deine Eltern möchten dich beschützen und das ist auch ihre Pflicht. Wenn du weiterhin Kontakt zu deinem besten Freund haben möchtest solltest du versuchen deinen Eltern klar zu machen, dass du nicht naiv bist sondern auf dich selbst aufpassen kannst. Sag ihnen, dass du ganz genau weißt, dass es falsch ist sich zu etwas zwingen zu lassen und dass du es nicht mit dir machen lassen würdest. Mach ihnen klar, dass du keinesfalls vorhast Kontakte im Rotlichtmilieu zu knüpfen und dass du dich von seinem beruflichen Umfeld fern hältst. Versprich ihnen, dass du dich bei Problemen oder Ängsten an sie wenden wirst und dir von ihnen helfen lässt (und tue es in dem Fall dann auch!). Zeig ihnen einfach, dass du verantwortungsvoll und reif genug bist um eigene Entscheidungen zu treffen.

Ich wünsche dir alles Gute!