Problem von Toni - 22 Jahre

Gefühls-Chaos schlechthin

Hallo Ihr lieben,

ich habe vor nicht all zu langer Zeit meine Frage geäußert, ob sich mit dem Absetzen der Pille vllt. auch die Gefühle für den Partner ändern können. Ich danke auf diesem Wege auch noch mal sehr für die tolle und rasche Antwort. Hat mir in dieser Zeit gut geholfen.
Nochmal kurz die Rahmengeschichte: Ich bin seit nun mehr 2 Jahren mit meinem Freund zusammen, der quasi mein erster "richtiger" Freund ist. Bis jetzt lief auch alles super. Knatsch gab es zwar hin und wieder aber nix schlimmeres. Und wir haben immer eine super schöne und tolle gemeinsame Zeit, wo wir viel gemeinsam lachen können. Auch ähnliche Ziele für die Zukunft haben wir schon besprochen, z. B. würden wir so gerne mal gemeinsam eine Europareise unternehmen.
Nun haben wir im vergangenen Oktober auch angefangen Pläne zum Zusammenziehen zu schmieden. Es war wunderbar, ich war so glücklich und habe mich riesig auf die Zeit gefreut.

Seit November habe ich aufgehört, meine Pille zu nehmen (habe meinen Freund auch innerhalb der Pillenzeit kennengelernt). Bis jetzt hatte ich keine großen Probleme, was damit zusammen hängen könnte. Naja, seit ca. Ende Januar geht gefühlsmäßig bei mir irgendwie alles drunter und drüber. Die Sache mit dem Zusammenziehen bringt mich zum Zweifeln, ob es der richtige Schritt ist, ob es funktionieren wird und so was - das beunruhigt mich sehr, schließlich war ich anfangs so Feuer und Flamme. Ich kann es mir eigentlich auch gut vorstellen mit ihm, nur irgendwas macht mir grad Panik. Womöglich auch meine verzerrte Wahrnehmung, dass wenn man zusammenzieht, das auch schon ein Schritt in die "Ewigkeit" ist, also schon eigentlich eine ziemlich ernste Sache, was ja eigentlich Schwachsinn ist, wie mir mein Umfeld schon bestätigte.
Ich weiß nicht, ob das mit der Pille zusammenhängt, aber die Parallelen deuten meines Erachtens schon darauf hin. Ich könnte mir halt vorstellen, dass diese ganzen Hormone in meinem Körper grad nicht so richtig wissen, wo unten und wo oben ist und deshalb alles irgendwie durcheinander kommt. Diese Unsicherheit macht mich wahnsinnig. Ich stelle in letzter Zeit so vieles in Frage, eben leider auch unsere Beziehung, wobei es eigentlich völliger Quatsch ist. Irgendwie habe ich auch das stille Bedürfnis, nochmal "raus zu kommen", vielleicht nochmal andere Erfahrungen zu sammeln, was Liebsdinge angeht. Sowas hatte ich zuvor nicht, und es macht mir Angst, eigentlich will ich das ja auch nicht! Es ist schrecklich. Er ist so ein toller Mensch, ich kann ihm blind vertrauen er, ist da für mich in schweren Zeiten, unglaublich geduldig und lieb. Und ich mach hier so ein Mist bzw. denk über sowas nach.... ich habe mit ihm auch schon darüber gesprochen, irgendwie versteht er das auch (mit dem Gefühlschaos) aber ich finde es unfair ihm gegenüber, ihn so an der langen Leine zu lassen. Ich denke mir immer, dass er bei dieser ganzen Sache zu kurz kommt und das möchte ich nicht.
Manchmal nerven mich Kleinigkeiten an ihm, wie er etwas sagt, was er wieder vergessen hat oder Situationen mit seiner Familie (die sind manchmal irgendwie etwas kindisch in meinen Augen benehmen und das nervt mich dann innerlich etwas, weil ich das von zu Hause nicht gewohnt bin und Angst hab, dass mein Freund auch mal so wird) ich merke diese Anspannungen auch in mir aber ich kann nix dagegen tun. Man merkt es mir leider an, wenn mich was nervt, da kann ich mich noch so bemühen, mich zu verstellen.
Ich habe Angst vor den Konsequenzen, ob ich mit meinem Getue grad alles vermassele oder ob sich das alles wieder einrenkt. Ich würde es mir so wünschen.

Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht und hoffe, dass ich mich rotzdessen klar ausdrücken konnte.
Hoffentlich habt ihr einen Rat für meine beschissene Lage gerade, ich hoffe es so sehr.

Alles liebe, eure Toni

Anna Anwort von Anna

Hallo Du,

an der Stelle erst einmal: vielen Dank für Dein Vertrauen, dass Du uns so konsequent entgegen bringst. :)
Dass Du momentan sehr verwirrt und unsicher bist, kann ich mir vorstellen und natürlich will man auch immer wissen, woran es liegt. Zunächst solltest Du Dir hier auch die Frage stellen: Wenn es an dem Absetzen der Pille liegt, das ja nun schon einige Monate her ist, ändert das was an Deinen Gefühlen?

Hormone bestimmen tatsächlich schon sehr stark, wie unser Gefühlshaushalt aussieht und auch wie wir uns körperlich fühlen. Da Mädchen schon sehr früh anfangen die Pille zu nehmen, kommen sie kaum in Kontakt mit ihrem natürlichen Zyklus und können sich gar nicht vorstellen, wie es ist, mit ihm zu leben. Zwar wirkt jede Pille ein wenig anders, aber durch sie sind wir den starken hormonbedingten Stimmungsschwankungen viel weniger ausgesetzt. Gesund ist sie zu dem auch nicht - man hat ein sehr hohes Krebsrisiko und darf dabei auf keinen Fall rauchen. Aber an dieser Stelle will ich auch gar nicht weiter darüber diskutieren, wie wenig ich von der Pille halte, sondern damit nur sagen, dass sie ein Medikament ist, das sehr, sehr großen Einfluss auf den Körper nimmt. Wie lange hormonelle Schwankungen nach dem Absetzen der Pille andauern können und wann sich der Körper wieder umgestellt hat, kann ich Dir nicht kompetent beantworten - in dem Fall solltest Du Dich an Deine Frauenärztin/arzt wenden. Mehrere Monate kommt mir aber schon sehr lange vor.
Die Pille (oder einige Pillen) sorgen auch dafür, dass man weniger Lust auf Sex hat (paradox, oder?) und somit natürlich auch weniger nach anderen Männern Ausschau hält. Nun, wo Du langsam wieder in Deinen Zyklus zurückkehrst, wirst Du also auch damit konfrontiert, in der ersten Zyklushälfte und besonders um den Eisprung rum sexuell aktiver zu sein, was natürlich auch verunsichern kann. Ob es aber das ist, was Dir Angst vor der Bindung macht, kann ich Dir nicht sicher sagen.
Hormonelle Schwankungen äußern sich in erster Linie nicht darin, welche Gefühle man seinem Partner oder generell anderen Menschen gegenüber hat, sondern eher im allgemeinen Befinden und in Symptomen wie Müdigkeit, Gereiztheit, Konzentrationsschwäche, allgemeines Unwohlsein oder depressiven Verstimmungen.

Ich denke, dass Du eher Angst vor diesen wichtigen Schritten hast, die nun anzustehen drohen. Dass man da nicht weiß, was mit einem los ist und sich fragt, warum man denn plötzlich so Angst hat, gehört auch dazu. Kalte Füße vor der Hochzeit, wie man es aus Filmen kennt, kann man auch vor kleineren, aber großen Schritten bekommen, wie zum Beispiel ein Umzug, ein Jobangebot usw.
Dier Verliebtheitsphase ist natürlich auch irgendwann vorbei und dann kommen Fragen auf wie "Ist er überhaupt der Richtige?" oder dass einem die Macken des anderen und auch seiner Familie erstmal bewusst werden. Ob ein Pärchen zusammen bleibt, entscheidet sich in dieser Phase - quasi ein Belastbarkeitstest für die Beziehung. Hier ändert sich die Beziehung auch immer grundlegend. In Mittelpunkt rücken nun ganz andere Gesichtspunkte, wie zum Beispiel wie zuverlässig ist er oder wie geht er mit Konflikten um. Das ganze Verhältnis wird tiefer und näher, man lernt sich nun eigentlich erst richtig kennen und damit natürlich auch die negativen Aspekte der Person. Wenn die Verliebheitsphase endet, stellen sich nämlich auch die Hormone um und das kann sich sehr ernüchternd anfühlen.
Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Deinen Freund darum bittest, mit dem Umzug noch einige Monate zu warten?

Alles in allem glaube ich aber, dass Du Dir keine Sorgen machen musst. Du hast gesagt, dass nichts Spezielles vorgefallen ist, dass ihr euch sehr mögt und dass immer alles gut war (im Groben und Ganzen). Das sind tolle Voraussetzungen dafür, auch nun diese (normale) Phase des Hinterfragens und Zweifeln zu überstehen. Mit viel Kommunikation und Ehrlichkeit werdet ihr das sicher schaffen! :-)

Ich wünsche Dir alles Gute.

Liebe Grüße,

Anna