Problem von Luna - 20 Jahre

Verdammter Teufelskreis

Hallo zusammen!
Ich schreibe euch, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß. Ich bin kurz vorm Durchdrehen vor lauter Verzweiflung. Ich muss endlich irgendwem davon erzählen und da ich mich so massiv für all das hier schäme, kann es nur auf diesem Wege erfolgen. Mein Leben ist momentan eine totale Katastrophe, alles was schief laufen kann, läuft auch gewaltig schief. Ich erkenne mich selbst kaum noch wieder, das bekomme ich von allen gesagt und ich weiß selbst nicht genau wie es so weit kommen konnte ..
Ich glaube letztes Jahr im Februar hat alles angefangen. Ich hatte eigentlich alles, tolle Freunde, ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern, war gut in der Schule, hatte einen Freund, den ich sehr geliebt habe und der mich sehr glücklich gemacht hat, ich war ständig unterwegs und hatte viel Action und stets was zu lachen in meinem Leben. Man kann schon sagen, dass ich recht beliebt war. Ich war einfach glücklich und von Natur aus sowieso ein Mensch, der immer gute Laune hatte, ich habs gehasst andere mit meiner schlechten Laune oder meinen Sorgen voll zu jammern, nach Mitleid betteln war noch nie mein Ding.
Naja letztes Jahr im Februar änderte sich alles auf einen Schlag. Nach über 2 Jahren Beziehung trennte ich mich von meinem Freund. Es war eine sehr dramatische Trennung für uns beide, denn sie geschah nicht aus dem Grund, dass wir uns nicht mehr liebten, sondern weil er etwas getan hatte was ich ihm niemals verzeihen konnte. Ich hab schon viele Verluste einstecken müssen in meinem Leben, und nun ja es hat mich in den meisten Fällen stärker gemacht .. aber diesen Verlust, den hab ich nie richtig verkraftet. Er war mein absoluter Ruhepol, meine Sonne, mein bester Freund, mein treuesten Begleiter, mein Seelenverwandter, der, von dem ich dachte er sei die Liebe meines Lebens. Ausgerechnet dieser Mensch hat mich so übel hintergangen und mich so wahnsinnig verletzt. Die ersten Wochen litt ich Wie ein verletztes Tier. Ich schloss mich in meinem Zimmer ein, heulte mir die Augen aus dem Kopf und wollte mit niemandem reden. Ich stieß jeden Menschen von mir weg. Ich fing an aus Kummer zu essen. Begann meine schlechte Laune, die ich seit da an fast täglich hatte, an meiner Familie auszulassen. Das Verhältnis zu meinen Etern verschlechterte sich zunehmend. Ich schwänze mehr und mehr die Schule obwohl ich so kurz vor dem Abitur stand. Erschien sogar nicht zu meinen Vorabiklausuren. Ich ließ mich einfach komplett hängen. Ich fiel in ein tiefes Loch. Zu meinem Ex Freund blockierte ich den Kontakt, wenn wir uns irgendwo sahen, ignorierte ich ihn. Nach 2 Monaten intensivem trauern, begann ein neuer Abschnitt: Das Verdrängen. Mein Leben wurde innerhalb kürzester Zeit zu einer Reihe von Partys und Alkohol Exzessen. Mit Alkohol betäubte ich mich fast jedes Wochenende und in meiner prüfungsfreien Zeit auch unter der Woche. Meine Eltern begegneten mir nur noch mit Misstrauen und Skepsis, sie sagten ich solle weniger trinken. Es interessierte mich nicht. Es war mein Leben und auf andere Art und Weise war es mir nicht mehr möglich meine Probleme zu bewältigen. Mein Abitur packte ich nebenbei so grade eben. Zu meinem Glück, denn es ging sogar so weit dass meine Eltern mir drohten mich rauszuschmeißen, wenn ich es nicht schaffen sollte. Obwohl ich es gepackt hatte, und das als erste aus meiner Familie, hatte ich nicht wirklich das Gefühl irgendwas besonderes erreicht zu haben. Ich bekam kein besonderes Ansehen oder sonstiges von meinen Eltern, sie nahmen es mehr oder weniger als eine Selbstverständlichkeit hin, was mich damals sehr gekränkt hat. Ich sah wie alle um mich herum belohnt und mit Geschenken überhäuft wurden, während meine eigenen Eltern mir kaum Aufmerksamkeit schenkten und mir grade mal gratulierten. Unser Verhältnis war zu dieser Zeit schon sehr eingefroren. Ich hatte irgendwie das Gefühl niemandem mehr besonders wichtig zu sein. Fühlte mich vollkommen wertlos, als wäre ich nie gut genug.
Also ging meine Alkoholkarriere im Sommer noch weiter bergauf. Hinzu kam, dass ich begann mich mit anderen Männern abzulenken. Ich wollte einfach wieder irgendetwas spüren, fühlte aber doch nie etwas, brauchte Bestätigung, wollte begehrenswert sein, fühlte mich aber hinterher nur noch benutzter und dreckiger. Trotzdem tat ich es immer wieder, wofür ich mich heute unglaublich schäme. Im September ging es dann endgültig bergab und das aus folgendem Grund.
Ich war mal wieder auf einer Party. Mein Ex Freund war auch da. Es war einer dieser Tage, an denen ich mich mal wieder so leer und allein fühlte, die Einsamkeit schien mich innerlich zu erdrücken. Wir ignorierten uns wie immer, was meine Stimmung schon fast depressiv machte. Ich betrank mich also wieder mal aus Frust.
Im Laufe des Abends entwickelte sich dann unter Einfluss von Alkohol ein Gespräch zwischen meinem Ex Freund und mir. Das erste Gespräch seit unserer dramatischen Trennung. Zunächst war es nur Smalltalk. Daraus entwickelte sich eine monotone Aussprache, die ganz schnell Viel zu emotional wurde. Er zeigte unglaublich viel Reue und als wir uns ansahen, direkt in die Augen, da wusste ich wieder mal genau was er denkt, wir wussten beide einfach, dass wir beide noch immer ein unglaublich Glückliches Team wären, wenn nicht Anfang des Jahres so viel Mist passiert wäre. Wir waren ein Dream Team und das waren wir verdammt noch mal immer noch! Es wurde langsam morgen und wir redeten immer noch. Wir beschlossen uns auf den Weg nach Hause zu machen, er wollte mich nach Hause bringen. Da nahm unsere Unterhaltung noch eine ganz andere Wendung. Plötzlich schütteten wir uns gegenseitig unsere Gefühle aus, gestanden uns, dass wir uns noch immer liebten und dass, egal was alles passiert war, wir das alles wieder irgendwie hinkriegen würden. Wir wussten wir gehörten zusammen. Ohne den anderen ging es nicht. Mir wurde bewusst warum mein Leben die letzten Monate so trostlos und einsam war, weil der wichtigste Mensch gefehlt hat. Wir kamen uns in der Nacht auch körperlich wieder sehr nah und als ich in seinen Armen lag, da wusste ich einfach wo ich hingehöre. Ich wollte ihn und nur ihn. Noch nie hatte mich jemand so berührt und vermutlich würde mich auch niemand mehr so berühren. In dieser Nacht schlief ich zum ersten Mal seit langen überglücklich und mit einem Lächeln auf den Lippen ein, ich hatte beinahe vergessen gehabt wie sich Glück anfühlte. Aber auch dieses Gefühl sollte nicht von Dauer sein.
Als wir uns einen Tag später trafen um nüchtern über all das zu reden, endete dieses Gespräch für mich sehr enttäuschend. Wir einigten uns darauf nur befreundet zu bleiben, da wir uns zwar viel bedeuteten, aber es war einfach zu viel vorgefallen um es noch ein mal zu probieren, manchmal reicht Liebe einfach nicht aus, waren seine Worte. Ich war am Boden. Ich war bereit ihm alles zu verzeihen, mit ihm von vorn zu beginnen .. und er? Er wollte einfach alles weg schmeißen. Eine Freundschaft reichte mir nicht. Ich tat vor ihm allerdings so als sei es für mich okey. Ich schluckte alles runter, war es gewohnt. Und so verlor ich quasi den letzten und einzigen Menschen, der mir noch etwas bedeutete.
Ich lernte durch meinen neuen Job neue Leute kennen, stürzte mich mit Ihnen wieder ins Nachtleben. Neben dem Alkohol kamen hinzu: leichte Drogen. Wollte mich betäuben um jeden Preis, wollte vergessen, Verdrängen auf höchster Stufe. Mein Ex Freund meldete sich noch ein paar mal um zu fragen wie es mir gehe, doch ich blockte völlig ab, so dass er es irgendwann sein ließ.
Ich schenkte meine Aufmerksamkeit lieber anderen Männern, die mich maximal für eine Nacht brauchten. Fühlte mich schrecklich benutzt und weg geworfen wie ein Stück Dreck, wenn ich morgens im Bett lag mit einem fetten Kater und im Grunde gar nicht wusste was ich mit meinem Leben noch anfangen sollte. Es erschien mir alles so sinnlos zu sein.

Und dann kam der Punkt an dem sich alles endgültig veränderte. Ende November. Ich hatte im Vollrausch bei einem Mann genächtigt und die ganze Nacht kein Auge zu bekommen. Obwohl ich unendlich viel getrunken hatte, schaffte ich es nicht mich vernünftig zu betäuben. Er hatte mich im Schlaf immer wieder zu sich gezogen und mich in seine Arme genommen. Ich ekelte mich, ich wollte seine Nähe nicht, ich wollte weglaufen, wollte schreien, wollte weit weit weg von ihm. Dann holte mich diese furchtbare Sehnsucht nach etwas, das mir etwas bedeutete,wieder ein. Am nächsten ergriff ich so schnell ich konnte die Flucht. Grade als ich entkommen war, liefen mir unweigerlich Tränen übers Gesicht. Zum ersten mal seit Monaten konnte ich hemmungslos weinen und konnte mir nicht mal genau erklären warum. Es schien mich einfach alles einzuholen. Ich wollte das Leben, welches ich führte, nicht mehr führen, ich wollte etwas ändern, wollte mich wieder lebendig fühlen und nicht als emotionslose Hülle durchs Leben streifen.
Nach diesem Wochenende holte ich mir direkt einen Krankenschein, verbarrikadierte mich in meinem Zimmer und begann mich aus Frust voll zu stopfen. Sehr zum Entsetzen meiner Eltern. Ich konnte es ihnen nie recht machen. Entweder war ich zu viel unterwegs, oder feierte zu viel oder ich trank zu viel Alkohol oder ich saß zu viel Zuhause rum oder ich war zu depressiv. Dabei hatten meine Eltern ja keine Ahnung dass meine richtigen Depressionen erst noch kommen würden. Die Katastrophe bahnte sich langsam an.
Ich wollte etwas verändern, ich war tot unglücklich. Aber was? Was sollte ich anders machen um glücklicher zu werden? Ich fühlte mich schrecklich unwohl und einsam. Fand mich schlampig, benutzt, dreckig und vor allem viel zu dick. Wollte mich am liebsten einigeln. An einem Wochenende Anfang Dezember traf ich mich mit ein paar alten Freunden, die ich lange nicht gesehen hatte. Ich hatte die Hoffnung, dass das meine Stimmung heben würde.
Eine Freundin überredete mich, ich solle mich im Fitnessstudio anmelden und mit ihr zusammen trainieren gehen, das würde meinem Körper und meiner Seele gut tun. Im Grunde wollte ich schon lange wieder mit dem Sport anfangen. Hatte aber nie genug Motivation und in das Fitnessstudio was es hier in der Nähe gab wollte ich nicht, da mein Ex Freund da trainierte.
Nach langem Überreden ließ ich mich dann doch breitschlagen und sie nahm mich mit. Zuerst war ich ziemlich lustlos. Aber plötzlich packte mich der Ehrgeiz und das Training machte mir erstaunlich viel Spaß. Direkt nach dem Probetraining meldete ich mich im Studio an und entschied mich dafür das nur für mich zu tun und auf meinen Ex Freund zu pfeifen. Anfangs sah ich ihn oft dort. Er grüßte mich immer freundlich und lächelte lieb. Es warf mich schon ziemlich aus der Bahn, aber ich blieb diszipliniert und das war das erste mal seit langem dass ich mich für etwas begeistern konnte und etwas durchzog!
Auch meine Ernährung stellte ich um.
Es begann sich alles mehr und mehr um die gesunde Ernährung und den Sport zu drehen. Aus 4 mal die Woche Training wurde schnell 7 mal die Woche. Mein Fokus lag nur noch auf meiner Figur und Veränderungen motivierten mich noch mehr. Erhielt ich Komplimente wie schön ich doch abgenommen hätte und wie gut ich jetzt aussähe, veranlasste mich das dazu noch mehr abzunehmen. Exzessiver Sport stand auf dem Programm , tagtäglich! Mit der Ernährung klappte es auch super, doch ich begann immer mehr weg zu lassen und immer weniger zu essen, seit Mitte Januar ist es nur noch das Nötigste gewesen, und zwar so viel, dass ich eben nicht umkippe. Vielleicht war es mal 1 Apfel am Tag oder ein Magerquark oder ein paar Reiswaffeln. Den Alkohol und das Feiern hatte ich komplett an den Nagel gehängt. Alles drehte sich nur noch ums dünn sein. Ich genoss das Hungergefühl und fühlte mich stark und diszipliniert und zum ersten mal etwas wohler in meiner Haut. Doch auch jetzt passt es meinen Eltern wieder nicht, jetzt trinke ich zwar nicht mehr und gehe nicht mehr feiern, dafür würde ich jetzt zu viel Sport machen. Ich glaube sie suchen förmlich nach etwas, was ich falsch mache.
Endlich lief für mich mal alles Wie am Schnürchen, ich nahm ab wie verrückt, kam mir selbst endlich wieder attraktiv vor, sah meinen Ex Freund regelmäßig und genoss es einfach nur von ihm angelächelt zu werden und hatte mir selbst bewiesen wie diszipliniert ich sein konnte. Außerdem bekam ich viele Komplimente und das tat verdammt gut. Endlich wurde mal etwas anerkannt was ich an Leistung erbringe.
Noch hatte ich alles unter Kontrolle, doch Mitte Januar meldete sich das nächste Problem an. Ich lernte im Fitnessstudio jemanden kennen. Sein Name ist Felix, er ist 24, Student, wahnsinnig trainiert und gutaussehend. Ich war direkt geflasht von ihm. Und ich hatte es seit Ewigkeiten nicht mehr erlebt, dass ein Mann etwas in mir auslösen konnte. Nie hatte ich etwas gespürt, doch er hatte etwas an sich, was ich total interessant und reizend fand. Lange hatte er mich nach einem Date gebeten, Mitte Januar hatte ich endlich mal eingewilligt. Ich hatte mir nicht viel dabei gedacht. Das Date war sowieso der totale Horror. Felix hat die ganze Zeit nur von sich erzählt, wie viel Kohle er ja hätte und wie viel er ja trainieren würde und wie viele Weiber auf ihn abfahren würden, aber er in seinem Alter würde ja was ernstes suchen und er wäre ja sowieso der geilste Hengst überhaupt. Bla bla bla, so ein Idiot. Anfangs war ich total angewidert von ihm, fand ihn Viel zu geleckt und perfekt. Wirkte sogar fast abstoßend auf mich. Doch er ließ mich einfach nicht in Ruhe. Nicht mal beim Training. Er wollte unbedingt ein zweites Date und war super hartnäckig. Und ich weiß nicht warum ich so bescheuert war, aber ich hatte mich dann irgendwie auf ein 2. Date eingelassen. Dies mal war er sogar total lieb und zuvorkommend, ging auf mich ein, stellte mir interessiert fragen und lächelte mich die ganze Zeit an. Irgendwie fand ich plötzlich was an ihm, kann nicht erklären was, aber auf einmal hatte ich das Bedürfnis ihn doch näher kennen zu lernen, vielleicht war er ja doch nicht so ein Idiot. Naja gesagt, getan. Es folgten mehrere Dates und er wurde mir immer sympathischer, irgendwann fand ich ihn sogar so anziehend dass ich ihn am liebsten spontan zur Begrüßung geküsst hätte. Dazu war ich aber zu schüchtern. Er war so erwachsen und reif und hat mich plötzlich total umgehauen, weiß auch nicht wo das her kam. Seit meinem Ex Freund, hat mich zum ersten mal wieder jemand berührt. Zum ersten mal seit einem Jahr gelang es mir die Mauern einzureißen, die ich erbaut hatte und wieder jemanden näher an mich heran zu lassen. Fiebrig hab ich den Tag herbei gesehnt, an dem Felix mich endlich küssen würde, hab es mir schon tausend mal ausgemalt gehabt und als er es dann endlich tat, war es noch viel schöner als erwartet. Der Kuss mit ihm hat unglaublich starke Gefühle in mir ausgelöst und als er mich danach so anstrahlte bin ich dahin geschmolzen. Felix sagte er sei schon lange nicht mehr so glücklich gewesen wie mit mit. Er sagte mir andauernd solche Dinge, er war sehr emotional und sang mir oft was vor, ich mochte es wenn er sang. Oder wenn er mich ganz lang in den Arm nahm und mir tief in die Augen sah, mein Herz schlug mir jedes mal bis zum Hals. Ich hatte mich in ihn verliebt und ich dachte nicht dass ich mich jemals wieder verlieben würde. Mein Ex Freund rückte in den Hintergrund, wir redeten nur noch das Nötigste. Ich war so glücklich mit Felix, so glücklich wie Ewigkeiten nicht mehr. Ich dachte das mit uns sei was ernstes. Wir haben uns fast jeden Tag getroffen, haben unglaublich intensive Momente miteinander geteilt.
Am 11. Februar hatten wir unsere erste kleine Auseinandersetzung. Ich habe Rotz und Wasser geheult. Ich war am Boden. Ich hatte Angst dass es vorbei ist bevor es überhaupt richtig begonnen hatte. Wie ferngesteuert bin ich in die Küche gestürmt und habe, obwohl ich monatelang so diszipliniert war und so wenig Nahrung zu mir genommen habe, alles Essbare in mich hinein gestopft was ich finden konnte. Ich habe nicht mitzählen können, da ich so krass im Rausch war, aber ich habe schätzungsweise 7000-8000 Kalorien zu mir genommen an einem Abend. Wie die Nacht für mich aussah muss ich wohl kaum erwähnen .. schlaflos. Quälende Bauchschmerzen, Übelkeit, ein hin und hergewälze .. und unzählige Tränen. Ich habe mehr geweint über mein eigenes Versagen als über den Streit mit Felix. Ich war so wütend auf mich und so enttäuscht über mein eigenes Verhalten. Aus Angst davor zuzunehmen habe ich dann 2 Tage gefastet und extra viel Cardio gemacht. Mit Felix hatte sich alles wieder geklärt. Wir trafen uns am darauffolgenden Wochenende und zum ersten mal schliefen wir miteinander.
Und ich glaube von allem, was ich in meinem Leben je getan habe, ist das die Sache, die ich mit am meisten bereue. Nach dem Sex war er noch sehr emotional und süß zu mir. Doch schon am nächsten Tag war er plötzlich kühl und distanziert, es ginge ihm angeblich nicht gut. Die ganze nächste Woche hatte er keine Zeit für mich und überhaupt meldete er sich kaum. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit. Doch ich redete mir anfangs ein, ich würde mir das nur einbilden. Ich wollte nicht wahr haben dass er es nicht ernst meinte. Nun ja, es folgten Heißhungerattacken, so wie Heul Attacken in dieser Woche. Nach jeder Fressorgie versuchte ich zu kotzen und der Hass auf mich selbst wuchs wenn ich es nicht schaffte. Nach einer Woche ist der Kontakt zu Felix endgültig abgebrochen. Ohne dass wir uns gestritten hatten, ohne dass irgendetwas vorgefallen ist, hat mich mal wieder jemand, der mich wichtig war, im Stich gelassen. Ich weine nicht deswegen. Es ist so sinnlos, davon kommt er auch nicht zurück. Ehrlich gesagt will ich ihn auch gar nicht zurück, er hat dafür gesorgt, dass ich mich so miserabel wie noch nie fühle. Ich fühle mich hässlich und fett und benutzt und so dreckig wie noch nie. Ich bin am Rande der Verzweiflung. Fressen, Fasten, Fressen, Fasten. Den ganzen Tag kann ich nur an Essen denken, ans Abnehmen. Nach jeder Fresattacke kriege ich Panikattacken und muss Beruhigungsmittel nehmen. Ich hab so Angst zuzunehmen!!! Ich hatte alles unter Kontrolle solang ich mich nur um mich gekümmert hab. Menschen sind doch so verdammt scheisse und grausam. Er hat mir alles genommen was ich noch hatte, die Kontrolle über meinen eigenen Körper. Ich habe nichts mehr, rein gar nichts. Ich bin eine leblose Hülle und so verzweifelt wie noch nie. Heute war wieder ein Fresstag, gestern auch. Ich konnte beide Tage keinen Sport machen weil ich so Bauchschmerzen hatte. Gestern habe ich gekotzt, heute habe ich mich nicht getraut. Ich habe niemanden. Manchmal wünsche ich mir einfach nur dass ich das alles jemandem erzählen könnte und dieser jenige, soll mich einfach nur in den Arm nehmen und mir sagen dass ich es schaffe, dass er an mich glaubt. Denn sowas hat noch nie jemand zu mir gesagt. Und ich will doch einfach nur dass ich aufhören kann. Aber es geht nicht, ich kann es nicht abstellen. Jetzt werde ich bis zum Wochenende fasten und habe durchgehend Panik dass mich eine Fresattacke überkommt. Was geht in meinem Kopf ab, ich hab das Gefühl verrückt zu werden!! Hab das Gefühl ich bin schizophren und tausend Stimmen reden auf mich ein, ich kann nicht mehr.
Jetzt liege ich hier, fühle mich wie im 5. Monat schwanger, habe Magenkrämpfe und wünsche mir einfach nur tot zu sein. Mein Leben ist an dieser Stelle wirklich nicht mehr sonderlich lebenswert für mich. Ich hab niemanden. Das einzige was ich hatte war die Kontrolle über mich selbst, das hat mich Stolz gemacht und was bleibt mir nun? Ich fühle mich schlecht und schuldig und wünschte ich könnte mich in Luft auflösen. In wenigen Stunden muss ich aufstehen und arbeiten und ich weiß nicht wie ich das alles packen soll. Bitte sagt mir was ich tun soll, ich weiß einfach nicht mehr weiter

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Luna,

was du tun sollst? Bevor du wissen kannst, was du tun sollst, musst du erst wissen, was du willst. Darauf kommt es an.

Ich muss erstmal sagen: Beeindruckend. Beeindruckend, wie detailliert und geordnet du deine Geschichte wiedergegeben hast, obwohl es dir so schlecht geht. Dein Text ist zwar lang, aber bedenkt man, dass er Stoff für ein bis zwei Romane enthält, möchte ich meinen, man sieht daran, dass du ein Mensch mit Talent bist. Und ein Mensch mit Kraft noch dazu. Oder wie erklärst du dir sonst, dass du trotz aller Exzesse dein Abi geschafft hast? Dass du die mächtige Disziplin hattest, so streng zu trainieren und dich aus der Krise zu ziehen? Du hast große Fähigkeiten. Die Frage ist: Warum wirfst du immer alles auf dich zurück? Fällt es dir so schwer, anzuerkennen, dass du nicht perfekt sein kannst? Oder, noch wichtiger: Dass die Menschen um dich herum auch nicht perfekt sind?

Die Trennung von deinem Ex hat dich extrem mitgenommen. Es ist verständlich, dass du danach erstmal vollkommen am Rad gedreht hast. Da du das Abi trotzdem gebastelt bekommen hast, ist es in der Rückschau ja auch gar nicht schlimm. Es war dein Ventil, du hast dich voll ausgetobt, du hast es gebraucht. Dass deine Eltern darüber erschrocken waren, besorgt, und irgendwann verärgert - das ist das Andere. In dieser Zeit kann ich sowohl dich als auch deine Eltern verstehen. Dich, weil du in dir diese große Einsamkeit und Sehnsucht hattest - obwohl deine Eltern und du euch entfremdet habt, hättest du sie vielleicht gebraucht. Für sie war es damals wohl so, dass ihnen gar nicht klar war, wie sehr du dir Anerkennung wünschst - oberflächlich betrachtet, musste es für sie aussehen, als sei dir gerade alles wichtiger als Leistung. Vielleicht waren sie aber auch einfach nur froh, dass du durchgekommen bist, und wollten das Thema Schule beiseite schieben. Das mag ein Fehler gewesen sein. Aber als du dich danach wieder ins Nachtleben gestürzt hast, schien es für sie ihre Sicht zu bestätigen. So wurde das Verhängnis begründet, ohne dass eigentlich jemand dafür die Schuld kriegen muss. Auch du nicht. Du hast gesucht, wonach du das Bedürfnis hattest, und vielleicht bist du ein Mensch der Extreme. Ob die Schwankungen, die du erlebst, dich so runterziehen, hängt auch zu einem großen Teil davon ab, wie du sie bewertest. Du kannst anstreben, dass dein Leben perfekt wird, harmonisch, aus lauter leisen Tönen, dass du settled bist und ohne Streit und ohne Konflikt mit dir selbst die Tage verbringst. Ganz fixiert auf deine Ziele, ungehemmt, ohne offene Fragen. Du kannst versuchen, dahin zu kommen, kannst das zu deinem Maßstab machen. Aber ich sage dir gleich - du wirst damit scheitern. Denn das Leben besteht nicht bloß aus Harmonie. Und wenn du aufhören könntest, dich selbst zu zerfleischen, weil das vergangene Jahr ereignisreich war, weil dir viel angetan wurde, genauso wie du es auch nicht jedem leicht gemacht hast - wenn du anerkennen könntest, dass du diese Extreme vielleicht brauchtest, um dich selbst zu finden: Dann wäre schon viel gewonnen. Es ist nicht gesagt, dass es immer so weiter gehen soll. Das wäre ungut. Andererseits, wenn du jedesmal, wenn etwas schief geht, wenn du schwach wirst, du dich gleich verdammst und schon mit einem Fuß in der Hölle siehst, dann wirst du auch jedes Mal fühlen: Ach, ist doch eh alles egal! - und wirst dich selbst entwürdigen. Wenn du aber annimmst, dass dir manches, wenn es in Maßen und zeitlichen Grenzen geschieht, auch helfen kann, zu dir zurück zu kommen - dann könnte es viel von seinem Schrecken verlieren.

Wenn du immer NUR Extreme leben willst, wirst du verlieren. Wenn es für dich entweder nur totale Kontrolle oder totale Liederlichkeit geben soll. Wenn du hingegen lernst, dass du nicht perfekt bist, und vielleicht manchmal ein wenig über die Stränge schlagen musst - wenigstens in dieser Phase deines Lebens - um dich abzureagieren, dann ist das nicht nur legitim, sonder auch angenehmer für dich. Vor Enttäuschungen bist du nie gefeit. Warum aber machst du dir jedes Mal selbst Vorwürfe, wenn jemand anders sich nicht als das entpuppt hat, was er zu sein schien? Du hast deinen Exfreund sehr geliebt, und als ihr euch wieder gesprochen habt, kam alles wieder hoch. Du wolltest ihn zurück - aber für ihn war es zu spät. Er war ein Anderer geworden. Jetzt kannst du dich grämen, dich selbst beschimpfen - dabei hast du doch deine klaren Gründe für die Trennung gehabt! - oder du kannst es begrüßen, dass es immerhin zu einer Aussprache kam. Dein Leid wird ihn dir nicht zurückbringen. Und selbst wenn das gehen würde - du könntest die Zeit nicht zurückdrehen. Das, was du am Morgen nach eurem ersten Gespräch erfahren hast, das war dein Ex, wie er jetzt ist. Ernster, gesetzter, kühler, vielleicht enttäuschend unflexibel; aber zeigt das nicht auch, dass er nicht mehr ganz der Mensch ist, als der du ihn geliebt hast? Er mag manchmal noch durchscheinen - aber ist das genug? Würde sich das so anfühlen, wie es einmal war? Oder war sein Vertrauensbruch damals nicht der erste Hinweis darauf, dass es mehr von ihm gibt, als dich glücklich macht? Andere Züge, die zu mächtig sind? Und auch du bist anders geworden. Auch du bist nicht mehr die, von der er sich getrennt hat. Ihr beide habt euch entwickelt, getrennt voneinander, und darum unterschiedlich. Und jetzt standen sich da zwei Personen gegenüber, die noch immer etwas verbindet, die sich noch immer viel zu sagen hatten - zwischen denen aber auch noch immer viel stand. Zuviel, als dass sie all die Monate einfach wegwischen könnten. Du kannst darüber trauern - oder du kannst dankbar sein, dass ihr einander begleitet habt. Er hat dich hintergangen, also war es okay, sich von ihm zu trennen, wenn es sich für dich damals richtig angefühlt hat. Alles, was du dir vorwirfst, oder ihm, ändert nichts daran, dass das, was du von ihm vermisst, in eine andere Zeit gehört. Sie kommt nicht wieder, aber deswegen darf sie doch trotzdem wertgeschätzt werden?

Was Felix betrifft: Auch hier kannst du die Wut gegen dich richten, weil du glaubst, du seist naiv und und leichtgläubig gewesen. In Wirklichkeit hat die Erfahrung mit ihm dir vor Augen geführt, was du dir wünschst: Du suchst nach Wärme und Geborgenheit, nach zärtliche Momenten. du möchtest zur Ruhe kommen. Wenn etwas nicht klappt, suchst du allerdings schnell die Schuld bei dir. Vielleicht sind Süßigkeiten oder eine Nacht um die Häuser zu ziehen, in solchen Situationen manchmal auch ein legitimes Mittel. Wenn du das aber gar nicht möchtest, geht es für dich vor allem darum, dein schlechtes Selbstbild abzubauen. Wie geht es für dich weiter? Suchst du einen Freund? Wie ist es mit Studium? Und deine Fitness möchtest du doch sicher auch nicht ganz fahren lassen? Such dir von allem das Beste aus, so ist es richtig. Aber schraube die Ansprüche an dich nicht zu hoch. Und vergiss vor allem eins nicht: Die Dinge, die du jetzt an dir verdammst, wirst du nicht ganz loswerden. Jeder macht Fehler, jeder lässt sich mal ein Stück weit mehr gehen, als es gut ist, jeder ist manchmal leichtfertig, verschlossen, verführbar. Das sind menschliche Züge. Wenn du jedes Mal, wenn du einen davon an dir entdeckst, dir gleich sagst: "Oh nein! Ich bin so dumm! Ich bin ein hoffnungsloser Fall!" und alles als verloren ansiehst, wirst du dir auch immer wieder leicht tun, abzustürzen, dich in schmerzhafter Weise an dir selbst zu vergehen. Wenn du aber probierst, wenigstens ein bisschen die Bewertung aufzugeben, dann könntest du dir vieles leichter machen. Und mit Bewertung meine ich nicht, dass du dich vollkommen gehen lassen sollst. Das ist ja tatsächlich nicht ungefährlich. Es geht mir vielmehr darum, dass du dein inneres Schwarz-Weiß-Raster auflöst. Für dich ist derzeit alles schlecht, wenn du an dir nur etwas feststellst, das unzulänglich ist. Das Problem dabei ist: Jeder wird, wenn er lange genug sucht, da mit Sicherheit etwas finden.

Es ist nicht schlecht, sondern menschlich, manchmal schwach zu sein, denn Perfektion gelingt nicht. Und vielleicht würde es dir leichter fallen, dich zu bremsen, wenn es sich für dich nicht mehr jedes Mal, wenn du erst schwach geworden bist, so anfühlt, als sei alles umsonst, alles verloren. Denn umso weiter weg scheint dir, was du willst. Fast schon unerreichbar. Und dann wirst du dich in deinen Schmerz ergeben, ins Essen, ins Trinken, in deine Abenteuer, weil nichts mehr Anderes bleibt. In Wahrheit sollen diese Dinge Spaß machen, und nicht dazu dienen, deine schlechte Meinung von dir noch zu verfestigen. Wenn du sie dir nicht mehr mit Gewalt austreiben willst, sondern dir einfach gönnst, wirst du sie einfacher zurückschrauben können. Dann müssen nicht alle Tage gleich perfekt sein, sondern jeder ist anders, und manche eben grauer. Solange nicht jeder dunkle Moment einen dazu treibt, gleich alles schwarz zu sehen, den Vorwurf an sich ins Unermessliche zu treiben, ist das auch in Ordnung. Du hingegen hast dieses menschliche Sehen aus den Augen verloren, du lebst in Extremen - aber nicht für die Extreme. Du gefällst dir nicht darin, auf den Putz zu hauen, und dann "Hossa, jetzt wieder rauf aus Band!" - man könnte es auch mit Lockerheit und einem gewissen Stolz betreiben. Bei dir ist es aber nicht so. Du schätzt nicht an dir, dass du nur ein Mensch bist. Willst du glücklich sein, oder normal? "Normal" im Sinne von farblos, unaufregend, das kann es für manche vielleicht geben. Aber du willst doch große Gefühle, willst alles auskosten? Dann bewerte alles, was du tust, nicht mehr nur in hell und dunkel, sondern erlaube dir Fehler, und nutze deine Fähigkeiten, dich wieder auf Linie zu bringen. Wenn es aber nur das Eine oder das Andere geben darf, für dich, dann wird es nie aufhören. Es ist eine Sache der Bewertung. Und du bewertest dich selbst viel zu niedrig und die Ansprüche, die Andere formulieren, zu hoch. Es hat lange gedauert, bis du dahin gekommen bist, wo du jetzt bist. Und es wird auch nicht von jetzt auf gleich total zu verändern sein. Aber bei deiner Kraft und deiner Fähigkeit glaube ich, dass du dich herausziehen kannst. Diesmal endgültig. Nur: Dafür musst du merken, dass du nicht ganz bis nach oben klettern musst. Denn dann stürzt du sowieso bald wieder. Würden wir alle. Und genau das ist der Grund.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul