Problem von Entwicklerin - 33 Jahre

Feedback zu: Diskriminierung an meiner Uni - Teil 2

Eigentlich wollte ich nicht schreiben. Jedoch würde ich gerne Bernds Aussage mit meinem Beispiel untermauern.

Gleich vorneweg ich bin als Frau gegen die Quote. Ich bin in einem Männerberuf gelandet da war die Quote allgemein noch kein Thema und dennoch wurde ich eingestellt . Aber es war sehr hart. Diesen Weg würde ich nun gerne erläutern für den TE.

Ich habe mich eigentlich , auch nicht im Kindesalter, je für Dinge interessiert, die normal Frauen zugeordnet werden. Ich hab lieber mit klassischem Jungsspielzeug gespielt, ich fand die Spielsachen von Jungs einfach besser. Meine Barbies hab ich eigentlich eher "ruiniert" könnte man sagen. Auf jedenfall hab ich mich schon sehr früh für technische Dinge interessiert. Das fing mit der Carrerabahn an und ging mit dem Computer weiter. Mir war schon relativ früh klar, dass ich irgendetwas Technisches machen wollte, zwar wusste ich mit 12-13 noch nicht genau was, aber die Richtung war mir klar. Daraufhin habe ich also seit meiner Jugendzeit hingearbeitet. Und damals wurde mir schon Steine in den Weg gelegt: "Warum willst du sowas machen, ist doch langweilig". "Frauen sollten eher etwas Soziales machen" und das ganze Geschwafel was ich mir anhören musste. Ich hab dann meist entgegnet: "Aha und wieso soll ich das tun? Wieso soll ich etwas machen was mir überhaupt nicht liegt? Nur um anderen zu gefallen?" . Die Antworten beinhalteten sogar, dass mir das "Frau sein" abgesprochen wurde. "Verhalte dich doch mal fraulicher". Naja auf kurz oder lang, viele Freunde hatte ich nicht (Viele Frauen verstanden meine Begeisterung von Technik nicht und Unterstützer hatte ich sehr wenige und Männer naja, die hatten eine Sicht der Dinge wie du. Ein Satz war "Aus dir wird eh nie etwas in diesem Bereich"). Dennoch wusste ich von mir selbst, dass ich den Weg für mich gehen muss. Und daran arbeitete ich. Zum Trotze aller, die mich von meinem Weg abbringen wollten. Aber ich merkte ziemlich schnell , dass es nicht leicht werden würde. Damals gab es einen großen Satz , den ich mir sehr zu Herzen nahm, der aber zum Teil heute noch gilt:

"Als Frau MUSST du doppelt so gut sein als der Mann, bevor Mann dir glaubt, dass du zumindest halb so gut bist."

Und genau das habe ich getan. Unterstützung hatte ich damals nicht. Auch nicht finanziell. Am Ende verließ ich als Klassenbeste und einer der Besten an der Schule, die Schule. Ich wurde ausgezeichnet und stand in der Lokalzeitung. Doch mein Weg bzw. mein eigener Kampf gegen verkrustete Strukturen den kämpfe ich bis heute noch. Immer wieder - obwohl ich Zahlen des Unternehmens verbessere, muss ich mich immer wieder rechtfertigen wieso ich als Frau so etwas mache. Und das wohlgemerkt nicht nur vor den Männern , sondern auch teilweise von Frauen. So kam die Frage "Wie kann man als Frau nur so etwas machen" tatsächlich von einer Personalerin. Meine Antwort war (was ich in diesem Moment dachte, sprach ich nicht aus): Weil es mir unheimlich Spass macht, ich wollte und werde nie etwas anderes machen wollen. Das ist mein Ding, sie haben Ihres. (Worauf hin der Abteilungsleiter, lächeln musste, der dabei saß). Auch der Personalerin habe ich gesagt, warum es mir Spass macht, warum ich für Mathe nie lernen musste und trotzdem meine 1 bekam (musste ich tatsächlich nicht, dafür konnte ich mit Geschichte usw. weniger anfangen). Ich bekam die Stelle nicht, es wurde ein Mann genommen.

2 Bewerbungen später jedoch wurde ich eingestellt und das Schönste daran war, dass kein Mann in der Firma es verstanden hat wieso. Weil der, der mich einstellte eigentlich nicht viel von Frauen hält und auch noch mein Chef wurde. ER meinte auch mal in einer Pause zu mir: "Du bist eh keine richtige Frau" - Ich schaute ihn an und fragte: "Also mein Frauenarzt sagt ich bin eine, meine Mutter sagt ich bin eine und im Personalausweis steht das auch. Wie kommst also auf den Quatsch?" . Seine Antwort: "Du denkst nicht wie eine Frau" . Ich lachte und meinte nur : "Ich glaube eher du kennst die falschen Frauen oder suchst dir wohl nur eine bestimmte Art von Frau. Aber es gibt nicht nur einen Typ Frau oder willst du sagen - was ja nach der Theorie logisch wäre - das auch alle Männer gleich ticken". Ich persönlich kenne mehrere die so ähnlich sind wie ich. " - "Er schaute mich an und schwieg". Seitdem hab ich mir Stück und Stück nicht nur sein Vertrauen "erarbeitet" sondern ihn auch stellenweise zum "Umdenken" gebracht.

So und jetzt zum Abschluss will ich dir erklären warum ICH gegen die Quote bin, obwohl es sicherlich durch Quote einfacher wird für die Frauen.

Ich bin der Meinung, dass die Quote meinen Kampf ein Stück weit sabotiert hat. Denn genau jetzt fangen die Männer wieder an, so zu denken wie du und uns als Feindbild anzusehen. Für mich persönlich ist das eine Ohrfeige. Es stuft meine harte Arbeit zurück. Sie wird quasi entwertet. Alles was die Frauen bisher erreicht haben und auch selbst erkämpfen mussten ist quasi wie ausgelöscht. Wenn früher eine Frau Erfolg gehabt hat, hat man ihr nachgesagt : "Die schläft sich hoch". Ok die Stimmen sind irgendwann leiser geworden . Und nun kommen Männer wie du und sagen: " Die hat das doch nicht verdient - Nur wegen der Quote". Ich glaube einfach nicht, dass man Denkstrukturen erzwingen kann, man muss überzeugen.

So wer wird jetzt nun ungerecht behandelt und diskriminiert durch die Quote?.

In diesem Sinne: strenge dich an (die Energie und Zeit, die du mit deiner Opferrolle beschäftigt bist, hättest du längst zur Verbesserung deiner Situation einbringen können) , lerne zu überzeugen "warum bist du besser als die anderen Bewerber / was macht DICH aus" und zuletzt "liefere auch ab, was du versprochen hast" und ich sage dir es wird früher oder später klappen (vorausgesetzt die Jobs gibt es auch).

Hör auf damit dich mit falschen Fragestellungen zu befassen und stelle dir nur eine Einzige: "Was kann ich tun, damit sich meine Situation verbessert und ich zu meinem Ziel komme?". Und hör auf Schuldige auszumachen. Das bringt dich persönlich nämlich kein einziges Stück weiter.

Wenn ich damals so gedacht hätte wie du jetzt wäre ich heute wohl "am Herd".


Viel Erfolg!.

Bernd Anwort von Bernd

Hallo "Entwicklerin",

danke für Dein informatives Feedback. Hoffentlich erreichst Du unseren Probanden mit Deinen Argumenten!

es sind solche Sätze wie:
"Als Frau MUSST du doppelt so gut sein wie der Mann, bevor Mann dir glaubt, dass du zumindest halb so gut bist.", die ich auch noch gut von
Frauen aus meiner Generation kenne. Und dumpfbackige oder sexistische Reaktionen von Männern auf eine erfolgreiche Frau.
Es ist so lange her .... und doch noch so nah: dass sich die Frauen aufmachten, ihren Platz in einer männerdominierten Welt zu erkämpfen.
Heute empfinden wir das als Witz, was noch in den wilden 68-iger traurige Wahrheit war: selbst die sozialistischen Studenten mit ihrem Ruf nach "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" brauchten ihre Frauen eigentlich nur, um ihre Meinungen abzutippen und die Pamphlete zu verteilen. Politische Meinung war "Männersache"!
"befreit die sozialistischen Eminenzen von ihren bürgerlichen .... (zensiert :-) ) War da plötzlich ein ganz neuer, ungewohnter Ton.
Das war die Generation eurer Eltern! Emma und gleichgesinnte. Leider ist bei vielen damals ambitionierten Weltveränderern nicht viel übrig geblieben: nachdem sie sich etabliert hatten wurden sie dann "Realpolitiker". Da sind es dann eben nicht mehr so sehr die markigen Sprüche, sondern die regulierenden Gesetze.

Deine Meinung verstehe ich. Wenn Du schreibst:
"........dass die Quote meinen Kampf ein Stück weit sabotiert hat. Denn genau jetzt fangen die Männer wieder an, so zu denken wie du und uns als Feindbild anzusehen. Für mich persönlich ist das eine Ohrfeige. Es stuft meine harte Arbeit zurück. Sie wird quasi entwertet."

Allerdings glaube ich nicht, dass Männer "wieder" anfangen, so zu denken: so lange das Wort "Männerdomäne" in den Köpfen rumgeistert, ist das für mich ein Zeichen, dass es für solche Helden der Technik "immer noch" keinen Zugang zu Argumenten für eine ganz zwangfreie Gleichbehandlung der Geschlechter gibt. Es ist vielleicht ein wenig weit hergeholt, aber ich möchte es mit einem alkoholisierten Autofahrer vergleichen:
Für viele gibt nicht die Ratio den Ausschlag, auf eine Trunkenheitsfahrt zu verzichten, sondern die Angst davor, erwischt zu werden!
Es entwertet Deinen Kampf nicht, sondern macht Deinen Erfolg zu einem Teilziel in einer Gesellschaft, die nicht vernunftgeprägt ist, sondern für ein vernünftiges persönliches Handeln oft Regularien braucht. Kontrollen und Strafen.
Für unseren Helden scheint es mir ein früh vorgetragenes Präventivgefecht zu sein: er sammelt jetzt schon Schein-Argumente für sein Scheitern, das er wohl bereits voraussieht.
Wo "Frau"sagt: "Als Frau MUSST du doppelt so gut sein wie der Mann, bevor Mann dir glaubt, dass du zumindest halb so gut bist!", und sich auf den Weg macht, es "Mann" zu zeigen,
verkrümelt sich unser Held und hat vor lauter Heulen und Wehklagen keinen klaren Blick mehr für das Wesentliche.

In einem ist "Mann" allerdings wirklich im Nachteil:

Wenn er scheitert, bleibt ihm nicht einmal der Herd als gesellschaftlich anerkannte Alternative. Da wird "Mann" dann Opfer seiner eigenen bornierten Geschlechter-Rollen-Sicht.

Alles Gute

Bernd