Problem von Sia - 18 Jahre

Nach dem Abitur in Deutschland studieren

Hallo liebes Kummerkasten-Team!

Ich Bin Sia, 18 Jahre alt und macht dieses Jahr Mein Abitur.
Ich bin in Deutschland geboren, habe auch meinen deutschen Reisepass. War in einem Gymnasium in der Nähe von Frankfurt, bis zur sechsten Klasse. Danach sind wir umgezogen, nach Asien.

Jetzt kommt es zu meinem Problem, hier herrscht zurzeit ein Krieg von dem die ganze Welt weiß, und es sieht nicht wirklich gut aus. Ich mache dieses Jahr mein Abitur und meine Eltern und ich haben darüber nachgedacht, das es besser sein würde wenn ich in Deutschland studiere.

Ich habe das alles sehr leicht hingenommen, und habe immer nur gedacht "Ja, das wird schon, zerbrech dir nicht den Kopf." Usw. Nur jetzt stehe ich kurz vor meiner Abiprüfung, und denke einfach nur, "Mist. Was wirst du tun?!", ich hab im Internet geschaut, ob es irgendwas ähnliches gibt, wie mein Problem, nur gab es da nichts.
Ich habe in Deutschland eine Tante, sie ist dort Ärtzin, und ich denke mal ich werde auch nach Saarbrücken gehen (dort ist sie). Und vielleicht werde ich dort für eine weile wohnen und danach, schau ich nach einer Wohnung.

Meine Frage ist die, muss ich Prüfungen machen, um zu "Beweisen", dass ich Deutsch sprechen und schreiben kann, oder muss ich das nicht?
Ich will gerne im Bereich der Psychologie oder Sonderpädagogik studieren. Muss man dafür einen bestimmten Notendurchschnitt haben oder nicht? Und wie sieht es mit den anderen Bereichen aus (die Notendurchschnitte meine ich).

Ich war letzen Sommer in Deutschland, Saarbrücken; und habe dort in der Universität nachgefragt, und dort hat mir eine nette Frau gesagt, dass ich keine Prüfungen brauche und mein Deutsch zu beweisen, weil ich ja vorher hier war bis zur sechsten Klasse und einen Deutschen Pass habe.
Ich habe aber jetzt im Internet gesucht und dort sagen sie etwas anderes :0
Mir schwirrt der Kopf und mir ist total übel wenn ich darüber nachdenke wie leicht ich dieses Thema hingenommen habe, die letzten Monate.

Tut mir Leid, der Text ist wirklich lang. Ich hoffe ihr könnt mir irgendwie weiterhelfen.

Danke :(

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Sia,

bevor ich mich deiner Frage zuwende, möchte ich dir meine Hochachtung aussprechen, dass du in dieser angespannten Lage so planvoll über deine Zukunft nachdenkst. Ich hoffe, du und deine Familie könnt euch einigermaßen sicher fühlen, und dass es euch - den Umständen entsprechend - gut geht.

Leider muss ich dir sagen, dass es auf deine Frage keine eindeutige Antwort gibt. Zunächst einmal sind Psychologie und Sonderpädagogik zwei Studiengänge, die - nach allem was ich weiß - jeder für sich sehr fordernd sind. Das Psychologiestudium verlangt eigentlich in ganz Deutschland einen wirklich sehr guten Notenschnitt - ich habe mir zwar mal sagen lassen, dass man da gerade in Saarbrücken etwas offener wäre. Allerdings kann ich dir die derzeitigen Richtlinien nicht nennen, so wie ich dir überhaupt keine Information geben kann, auf die du dich wirklich verlassen kannst. Das Allerbeste wäre wirklich, wenn du noch einmal mit der Hochschule in Kontakt trittst, genauer mit den Fachschaften der beiden Fächer, wenn du dich noch nicht entschieden hast, und dort nachfragst. Im Grunde gibt es keinen Anlass, anzunehmen, dass dir vergangenes Jahr etwas Falsches erzählt worden ist. Wenn du einen deutschen Pass besitzt, dann besitzt du ja auch die deutsche Staatsbürgerschaft? Faktisch gibt es für dich also keinen Grund, nachweisen zu müssen, dass du die deutsche Sprache beherrschst, da du in diesem Fall nach allgemeiner Auffassung keine Ausländerin wärst. Jedoch muss ich es hier dabei belassen und hinzufügen, dass ich damit nur mein Alltagsverständnis wiedergebe. Es mag durchaus sein, dass da Einschränkungen bestehen - ich darf das nicht außer Acht lassen, da ich dir keine Rechtsberatung erteilen darf. Es gibt Studiengänge, für die man einen Nachweis über eine bestimmte Sprache erbringen muss - wenn man diesen nicht hat, kann man sie auch noch während des Studiums erlernen. Wenn man zum Beispiel Theologie studiert, muss man Latein, Altgriechisch und Hebräisch erlernen (nicht sprechen). Da die meisten Studenten diese Sprachen nicht in der Schule hatten, lernen sie sie im Studium. Dann gibt es wieder Studiengänge, von denen gesagt wird: "Die Unterrichtssprache ist Deutsch / ist Englisch / ist..." In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass jemand, der die jeweilige Sprache nicht kann, sich nicht bewerben wird. In meinem Studium wird auf Deutsch unterrichtet, ein erheblicher Teil der Texte ist jedoch auf Englisch - es wird erwartet, dass ich es kann. Andererseits habe ich auch Mitstudenten, die noch nicht so viel Erfahrung im Deutschen haben. Das können sie verschmerzen, ebenso wie andersrum: Wer nicht so gut im Englischen ist, wird im deutschen Gespräch punkten, und wer nicht so gut Deutsch kann, bereitet die englischen Texte gründlich vor, und lernt auf diese Weise wiederum Deutsch. Und es gibt Studiengänge, die von sich sagen: "Voraussetzung für ein Studium der... sind gute Kenntnisse in..." Das wird sehr wahrscheinlich nirgends das Deutsche sein, sondern eine weniger verbreitete Sprache. Auf welche Formulierung bist du denn gestoßen, dort wo du nachgelesen hast?

Wenn du dich für Psychologie entscheidest, hast du dir etwas vorgenommen. Besuchst du dort, wo du jetzt bist, eine deutsche Schule - wirst du also tatsächlich ein deutsches Abitur erwerben? Oder meinst du mit "Abitur" den gleichrangigen Schulabschluss deines jetzigen Heimatlandes? Dann besteht nämlich außerdem die Frage, wie es mit der Anerkennung dieses Abschlusses aussieht - auch darüber solltest du Informationen einziehen. Wenn jemand hier in Deutschland zur Schule geht und Psychologie studieren möchte, dann muss er eigentlich bemüht sein, mindestens einen Einserschnitt zu schaffen - 1,0 ist kein Fehler (ja, so ist das leider). Was die Sonderpädagogik betrifft, kann ich dir nichts Genaueres sagen, aber die einzige Person in meinem Bekanntenkreis, die Sonderpädagogik studiert, hatte ebenfalls einen sehr guten Schnitt. Was noch nicht bedeutet, dass sie auf ihn angewiesen war. Denn: Natürlich hat das im Einzelfall noch nichts zu heißen. In Deutschland liegt die Bildung in den Händen der einzelnen Bundesländer, und in jedem Bundesland gibt es etliche verschiedene Universitäten. Die meisten Menschen sind der Meinung, dass die Abiturprüfungen in den südlichen Bundesländern auf etwas höherem Niveau stattfinden, die Ergebnisse also aussagekräftiger sind; wenn es dann aber ums Studium geht, wird gerade bei begehrten Studiengängen (wozu auch Psychologie zählt) oft ein Listenplatz vergeben, oder es kommt zu einem Losverfahren. Selbst bei einem sehr guten Schnitt könnte es also sein, dass du (je nach dem, welche deine Wunschuni ist) noch eine Weile auf einen Studienplatz warten musst. Vielleicht entscheidest du dich aber dafür, die Zwischenzeit mit einem oder zwei Semestern in einem anderen Studiengang zu überbrücken? Auch das ist möglich, und es wird dir meist als Wartesemester zuerkannt. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, seinen Abiturschnitt nachträglich anzuheben - durch Praktika, Arbeit, ein Freiwilliges Soziales Jahr, durch Nachweis von besonderem Engagement... lies auch darüber einmal nach, es lohnt sich. Wenn deine Prüfungsergebnisse nicht so gut ausfallen sollten, ist dies eine Option, du kannst aber auch Glück haben und rasch angenommen werden. Oder gibt es vielleicht irgendwo ein Stipendium, das dich betreffen könnte? Generell gilt: Je früher man sich bewirbt, desto besser. Im schlimmsten Fall kann es sein, dass du dir die Universität nicht wirst aussuchen können, sondern diejenige besuchen musst, an der du Aufnahme findest. Das hängt dann tatsächlich von deinen Abiturergebnissen ab. Auch hier gilt allerdings: Informiere dich lieber direkt bei der Hochschule deiner Wahl, und wende dich an die zuständigen Fachschaften. Auf die Informationen, die im Internet präsentiert werden, ist nicht immer Verlass, da oft nicht klar ist, worauf sie sich beziehen, und ob sie nicht veraltet sind. Mit dem jeweiligen Sekretariat zu sprechen - das kann man ja auch telefonisch oder via E-Mail lösen - ist da wohl der sicherere Weg.

Ich wünsche dir und deinen Lieben sichere Wege, und dir viel Erfolg bei deinen Prüfungen, sowie einen hoffentlich unkomplizierten Start in Deutschland, der deinen Wünschen entspricht!

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul