Anwort von PaulG

Lieber Basti,

du bist wirklich sehr bemüht, auch ja alles richtig zu machen. Ich hoffe sehr, dass es seit deiner Zuschrift noch nicht zur Trennung gekommen ist, und dass mein Rat dir noch helfen kann. Wenn dem nicht so sein sollte: Es tut mir leid - aber vielleicht kannst du es dann als Hinweis für die Zukunft mitnehmen?

Manche Männer - und zu diesen zähle ich mich, und zählst anscheinend auch du - neigen dazu, in ihrer krampfhaften Bemühung, alles richtig zu machen mit der Freundin, ein bisschen... tja, ein bisschen devot und unspannend zu werden. Ich möchte mir nicht nachsagen lassen, dass ich für Geschlechterklischees eintrete, das ist bestimmt nicht meine Absicht. Und trotzdem, Basti: Du lässt dich ein bisschen zu sehr am Nasenring führen. Es kann sein, dass deine Freundin das selbst nicht so wirklich merkt - weil du ihr keinen Widerstand bietest. Es ist nicht verkehrt, auch hin und wieder mal klar zu machen (auch als Mann!) dass der Partner einen nicht umsonst und selbstverständlich hat. Du liebst sie, ja - aber ist das ein Grund, sie darüber anzuschweigen, wenn sie es übertreibt? Und das tut sie. Ihre Freundin hat ziemlich gegen dich intrigiert, und ihr Ziel fast erreicht. Obwohl deine Freundin euch noch eine Chance gegeben hat, wirkt das Gift noch nach. Ich kann mir schon vorstellen, dass sie ihre Freundin vermisst. Aber, sei mal ehrlich: Gibt es für dich einen Grund, auf das Mädel (die Freundin) Rücksicht zu nehmen? Und kannst du es deiner Freundin eigentlich verzeihen, wenn sie (obwohl das, was die Freundin gemacht hat, schon unter aller Kanone war) weiterhin mit ihr befreundet ist? Machen beste Freunde so etwas, einander die Männer madig machen, obwohl sie wissen, dass die beste Freundin den Typen liebt? Vielleicht, wenn du ein Schläger und Säufer wärst, Basti. Aber das bist du nicht. DU hast überhaupt nichts falsch gemacht. Ganz im Gegenteil, du machst viel zu viel richtig. Bist viel zu sehr darauf aus, alles recht zu machen.

Du handelst dir Schwierigkeiten ein, wenn dich in deiner Beziehung etwas stört, und du so tust, als sei alles gar nicht so schlimm, und ließe sich durch Reden lösen. Denn in Wirklichkeit ist gar nichts gelöst. Manchmal muss auch gelten: "Ein Mann, ein Wort! Das ist meine Meinung, und die steht." Das ist dann kein Zeichen von Geringschätzung gegenüber deiner Freundin, sondern ein Abzeichnen deiner Schmerzgrenzen und Belastungsgrenzen. Dir macht weiterhin zu schaffen, dass ihre beste Freundin euch auseinander bringen wollte, und indirekt dabei ist, es zu schaffen. Dass du das Gefühl hast, neben ihren sonstigen Angelegenheiten zu kurz zu kommen - und dass du sie unbedingt erfreuen und glücklich machen willst, aber gerade nicht weiter kommst. Sie ist undurchsichtig, reizbar, schwankend, manchmal auch vorwurfsvoll und hin und wieder - ja, verletzend. Vielleicht nicht willentlich. Aber kannst du ihr helfen, ihre Probleme zu lösen (auch die familiären) wenn nicht klar ist, wie? Wie kannst du die Risse in der Beziehung kitten, wenn sie nicht mal weiß, ob sie noch Gefühle für dich hat? Und, last but not least: Wie soll SIE merken, dass die Ereignisse dich überrollen, wenn du ihr nicht sagst, dass da schon die ganze Zeit was faul war? Hast du das wirklich schon ganz offen getan? Ich meine, nicht so halb, damit du wieder ein "Ach, Schatz..." von ihr kriegst, sondern so richtig deutlich. So, dass ein Moment entsteht, in dem auch mal geschrieen werden könnte. Du bist erschrocken? Ja, das war mein Ziel. Sie muss sich entscheiden, ob sie mit dir zusammen sein will, ob sie dich noch liebt. Bis dahin darf sie dich nicht in Anspruch nehmen, es ist jetzt erstmal ein wenig Ruhe und Distanz vonnöten. Damit sie sich sammeln kann, und du nicht immer tiefer in deine Angst hineinsinkst. Alles Andere ist von ihrer Seite halbherzig und macht es dir unnötig schwer. Natürlich ist es für sie leichter, wenn du immer noch parat stehst, obwohl du nicht weißt, ob ihr morgen noch ein Paar seid - doch wirklich fair ist es auch nicht. Sie selbst hat doch gesagt, sie will nicht immer alles so zärtlich besprochen haben, oder? Also, im Klartext: Es dürfte auch mal krachen. Damit sie merkt, dass sie einen Mann als Freund hat, der weiß, wofür er steht, und keine Marionette. Die wird nämlich irgendwann langweilig, wie jedes Spielzeug - und dummerweise merkt man gar nicht, wie sehr man dem Spielzeug damit weh tut.

Die letzten Sätze haben in deinen Ohren vielleicht einen sehr abfälligen Klang gehabt. Das sollten sie nicht. Ich denke, dass deine Freundin derzeit wirklich viel um die Ohren hat, da kann man nachvollziehen, wenn sie sehr "durch den Wind" ist. Nichtsdestotrotz, für dich ist es aufzehrend und unbefriedigend. Du hast sehr viel für sie getan, und du solltest dich bemühen, nicht länger den Konflikt mit ihr zu scheuen, nur weil du nichts riskieren möchtest. Sprich mit ihr, und sag ihr, dass die jetzige Situation für dich unschön ist. Du liebst sie und willst mit ihr zusammen sein. Wenn sie sich ihrer Gefühle nicht mehr ganz sicher ist, kann sie die Zeit haben - aber es soll dann auch für dich eine Ruhephase drin sein. Du sollst nicht jedes Mal in Versuchung kommen, den aktuellen Stand ihrer Überlegungen zu erfragen, das hemmt sie nur. Und quält dich. Und du hast durchaus ein Recht, von ihrer (ex)besten Freundin nicht begeistert zu sein. Mache deiner Freundin noch einmal deutlich, dass du keinerlei Absichten hattest, sie zu betrügen, oder an ihr gezweifelt hättest, sondern dass das Verhalten ihrer Freundin dich irritiert hat und deiner Meinung nach gegen euch gerichtet war. Ich sehe das so, dass du in einer Situation bist, in der du ihr wenigstens ansatzweise klar machen solltest: "Ich kann ja auch gehen, bitte sehr!" Du musst es nicht wörtlich sagen, aber ihr irgendwie vermitteln, dass du gerade am Ende deiner Kräfte bist. Für sie ist eure Beziehung ein bisschen bequem - vielleicht auch: langweilig? - geworden. Das liegt zu einem Teil daran, dass du den Konflikt scheust und deine Zuneigung nicht teuer genug verkaufst, obwohl sie nicht ganz fair zu dir ist. Sie ist deine große Liebe, ja - aber auch große Liebe können unglücklich machen.

Es ist in einer Beziehung legitim, wenn man als Paar zeitweise zu kurz kommt, weil: Familie, Uni, Schule, Kinder, Arbeit, Freunde... JA. Aber wenn es so ist, dann darf es sich nicht allmählich, doch sicher zur Selbstverständlichkeit steigern, bei der einer gibt und der Andere sich gehen lassen kann. (Das Zweite ist zurzeit deine Freundin!) Sie hat auch eine Verantwortung dir gegenüber, da sie mit dir zusammen ist. Und du hast dich nach Kräften bemüht, es ihr schön und leicht zu machen, sie zu umsorgen und dich, wo du etwas nicht richtig gemacht hast, zu entschuldigen. Du kannst nicht mehr tun. Wenn sie dich nicht mehr liebt, ist es so. Dann muss das klar werden. Falls doch - dann musst du auch deinen Platz in ihrem Leben bekommen. Es sind nicht "deine Fehler". Eine Beziehung ruht auf zwei Paar Schultern. Sie zeigt sich wankelmütig, sie vermittelt dir nicht, wie es weitergeht, und ob überhaupt. Sollte sie es nicht können, sollte sie wenigstens darüber ehrlich sein, damit du weißt: Okay - ich muss jetzt abwarten, bis sie sich meldet. Anders macht es dich nur noch weiter fertig. Und außerdem: Ganz ohne Konflikt geht es nicht. Wenn es die ideale Beziehung überhaupt gibt, dann ist es nicht die, in der man Konflikte vermeidet (weil Probleme und Missverständnisse, die zu Konflikten führen, nämlich immer da sind), sondern eine, in der beide voneinander wissen, wie sie drauf sind, wo sie einander einfach akzeptieren müssen, und was der Andere braucht. Und die es sich freiwillig geben. Im Moment fällt es deiner Freundin schwer, sich klar zu dir zu bekennen. Die Ursachen liegen zu einem Großteil darin, dass sie im Moment vielfach belastet ist. Doch wenn du ihr nicht weiter helfen kannst, wenn sie dir nicht sagt, wie - es sogar eher zurückweist - was willst du dann falsch gemacht haben? Du musst auf dich selbst hinweisen, Basti. Du hast nichts falsch gemacht. Du hast zuviel Angst, etwas falsch zu machen - obwohl das nicht das Ende sein muss. Ich wünsche dir viel Mut und Kraft, vor allem, um zu dir selbst zu stehen. Denn auch die Person, die man liebt, kann einem (auch ohne es zu wollen) den Atem nehmen. In dieser Gefahr bist du - und deine Aufgabe besteht darin, die Klammer zu lösen, die du dir selbst angelegt hast: Das unbedingte Streben, alles in Harmonie zu halten. Weil: Das ist nicht realistisch. Du bist auch bloß ein Mensch mit Bedürfnissen, was auch gut so ist.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul