Problem von Anne - 16 Jahre

Meine Mutter dreht durch

Hallo.
Mein Problem hält schon viele Jahre lang an, und ich verzweifle daran.
Ich würde meine Mutter ganz okay finden. Sie ist sehr locker in manchen Dingen, wo andere Mütter wahrscheinlich wahnsinnig werden. Ihr macht es nichts aus das ich nicht wirklich sozial bin, Gesellschaftlich wahrscheinlich fast untendurch bin, und lieber in der Wohnung alleine, als draußen mit irgendwelchen komischen Leuten aus der Gegend bin. Leider hat sie zu viele schlechte Seiten.
Ich bin niemand der Leuten lange etwas negatives unter die Nase reibt, aber bei meiner Mutter habe ich das Gefühl, dass ich den Kontakt abbrechen möchte.
Es hat alles ca. 2011 angefangen, als mein Vater aufgrund von Arbeitsmangel, wieder in der Montagearbeit angefangen hat. Ständig fing meine Mutetr an "Du betrügst mich doch nur!" erst spaßend, dann immer ernster werdend, mit Streit, Geschreie etc. Er tut es ganz sicher nicht, aber sie lässt nicht los, als wäre sie bessesen.
Zwischen meinem 7 und 14 Lebensjahr hat sie mich geschlagen. Nie wirklich so schlimm, das es irgendwelche größeren Spuren hinterlassen könnte, außer vielleicht ein paar kleinere blaue Flecken. Ich muss dazu sagen, dass sie Thai ist und in einem kleinen Dorf aufgewachsen ist. Sie ist es wahrscheinlich gewohnt, dass Kinder dort geschlagen werden, trotzdem ist das keine Entschuldigung dafür das sie es hier tut. In Deutschland gibt es Gesetze die auch von ihr eingehalten werden müssen.
Ich habe schließlich begonnen, zurückzukämpfen. Seitdem bleibt die körperliche Gewalt aus. Jedoch bedrohte sie mich heute mit einem Messer, als ich sachlich mit ihr diskutiert habe.
Dieses Schuljahr muss ich aufgrund von Mobbing von Klasse und Lehrern wiederholen. Früher sagte mir meine Mutter nur ich bin fett und hässlich, was ich mir nicht sehr zu Herzen nahm da ich es selbst weiß (+ für mich zählt das Köpfchen mehr als der Körper). Nun fängt sie an, dass aufgrund meiner Wiederholung "mein Leben eh kaputt ist" und "ich doch gleich aufhören kann". Ich empfinde nichts wenn sie mir so etwas sagt. Ich habe keinen Respekt vor dieser Frau, die ihr Kind schlägt, es beschimpft, wegen seiner Äußerlichkeiten verurteilt und es zwingt, ihren Idealen zu entsprechen (Abführmittel, weniger Essen etc.).
Ich fühle mich manchmal sehr nutzlos. Ich habe kein besonderes Talent in irgendwas, und bin nicht hübsch, was gesellschaftlich ja gefordert wird. Das einzige, was wirklich für mich spricht, ist das ich irgendwas im Kopf habe, jedenfalls sagt das mein 130IQ, aber so fühle ich mich manchmal nicht. Ihre Worte sind da nicht aufbauend.
Alles was ich mag wird von meiner Mutter verurteilt, ohne jeglichen Respekt mir oder meiner Interessen gegenüber. Wenn ich darüber nachdenke, bis ich 19 bin hier wohnen zu müssen, wird mir schlecht. Mein Bruder unterstützt mich nur mittelmäßig. Er hilft mir in Dingen wenn sie Helikoptermutter spielt (lässt mich nicht zu Freunden, aus Angst das ich vergewaltigt werde) und lässt mich meinen Kummer ausschütten, sagt dann aber nur sowas wie "Als ob die mit einem Messer auf dich los geht....". Er hat leicht reden, er ist schon weggezogen, aber ich muss noch weitere 3 Jahre hier hocken.
Ich habe mich schon an Jugendamt und Lehrer gewendet, bei allem kamen nur Gespräche, und dann hat man nie wieder was gehört. Habt ihr Vorschläge was ich jetzt noch tun könnte?

Nuala Anwort von Nuala

Hallo Anne,

puh, das klingt wirklich übel. Du wirst physisch und psychisch bedroht, was keinesfalls so weitergehen kann!

Was deine häusliche Situation angeht, sehe ich zwei Handlungsoptionen: Zum Einen die Hilfe deines Vaters sichern und zum Anderen weiter mit dem Jugendamt in Kontakt stehen. Am oprtimalsten fände ich persönlich die Kombinationen aus 1 und 2.

Zu Option 1 - interessanterweise hast du deinen Vater nicht erwähnt, was seine Rolle in eurem Konflikt anbelangt. Ich hoffe sehr, dass er keine "farblose Figur" ist, die sich nur raushält und seine wütende Frau nicht aufhält.
Doch egal wie passiv oder aktiv er sich gibt - halte ihn bitte auf dem Laufenden, fordere aktiv seine Unterstützung ein. "Papa, heute hat sie mich mit einem Messer bedroht, als ich mit ihr sprechen wollte!" wäre ein Beispiel. Fordere ihn ruhig dazu auf, sie zur Rede zu stellen und Konsequenzen anzudrohen. Die empathische Variante mit einem einfühlsamen Gespräch zwischen den beiden wäre noch besser, denn möglicherweise ließe sie sich dann auf mehr Reflexion ihres Tun ein und ggf. auf die Überlegung, ob sie psychisch krank sein könnte und entsprechend professionelle Hilfe bräuchte.
Die grundlegende Frage ist natürlich auch, ob es überhaupt noch eine glückliche Partnerschaft der beiden gibt; möglicherweise würde er selbst am liebsten davonlaufen. Vielleicht könntest du an dieser Stelle ansetzen. Ihr könntet gemeinsam zum Jugendamt gehen und/oder zu einer Familienberatungsstelle. Ein Auszug aus der Wohnung könnte auf diese Weise für euch realistisch werden, wenn ihr euch rechtlich und sozial habt beraten lassen.
Falls dein Vater nur wie in "Schockstarre" verharrt, solltest du zumindest den Kontakt zum Jugendamt herstellen und darauf verweisen, dass du dich ja in der Vergangenheit schon gemeldet hattest, aber z.B. durch deinen Vater keinerlei bzw. zu wenig Rückendeckung erfährst. Ich denke, wenn die Behörde feststellt, dass du wieder vor der Tür stehst, es also kein Einzelfall bleibt, wird dir auch eher Gehör geschenkt als wenn du nun ganz andere Bewältigungsstrategien anwendest. Die Sache mit dem Messer ist da eine Schlüsselsituation, welche du ausführlich schildern solltest!
Falls du weiter bedroht oder gar tätlich angegriffen werden solltest, kannst du auch direkt zur Polizei gehen. Da du offenbar schon abgeklärt und innerlich "erkaltet" bist bei deiner Mutter, wäre deine Hemmschwelle vermutlich gering.
Überhaupt ist es sicherlich nicht verkehrt, wenn du euren Alltag protokollierst, zumindest aber die heiklen und für dich gefährlichen Momente. Am besten mit genauem Wortlaut ihrer Beschimpfungen, Uhrzeit und Datum.
Bei deinen Lehrern weiß ich nicht, wie vertrauneswürdig diese sind. Du wurdest offenbar auch von Lehrern gemobbt. Nichtsdestotrotz gibt es unter Umständen im Lehrerkollegium 1 oder 2 kompetente und aufmerksame Lehrer, welche dich ernst nehmen und bereit sind, dir zur Seite zu stehen. Du weißt selbst am besten, wen du (noch) um Hilfe bitten kannst.

Es bestürzt mich, dass du gemobbt wirst und deswegen das Klassenziel nicht erreichen kannst. Das tut mir sehr leid. Vor allem weil du anscheinend sehr clever bist - wenn du einen IQ von 130 erzielt hast (in einem standardisierten offiziellen IQ - Test, kein Internettest oder dergleichen!), bist du hochbegabt. Das eröffnet dir viele Möglichkeiten, was in krassem Kontrast zu den Verunglimpfungen steht, die deine Mutter dir vorhält. Es lohnt sich, sich gezielt mit dem Thema Hochbegabung zu befassen, allein schon um deine Ressourcen vollends zu erschließen! Du hast - wie jeder Mensch - wertvolle Fähigkeiten und Fertigkeiten und bist darüber hinaus mit einem wachen Geist gesegnet. Klar, wo Licht ist, ist auch Schatten. Gerade in der Schule ecken Hochbegabte des Öfteren an und finden weder die Förderung, noch das Verständnis für ihre Bedürfnisse. Umso wichtiger ist, es sich mit "Seinesgleichen" zusammenzutun, um gemeinsamen Interessen und Neigungen nachzugehen. Das kann soziale Enttäuschungen kompensieren und dir zu neuem Selbststolz verhelfen. Club Mensa e.V. ist da eine gute Anlaufstelle - https://www.mensa.de/ - oder auch Kubus speziell für Jugendliche und junge Erwachsene : http://kubus-online.net/
Falls du lieber bei Aktivitäten im "stillen Kämmerlein" bleiben möchtest, ist das natürlich genauso gut. Solange du dich nicht einsam fühlst, ist das nicht der springende Punkt. Dieser ist das Verhalten deiner Mutter.

Ich möchte nur am Rande erwähnen, dass Ettikettierungen, auch Selbstettikettierungen wie "hässlich", "fett", "dumm" absolut unangebracht und schädigend sind. Bitte versuche, dich selbst nicht so zu betiteln, sondern dich gut zu behandeln. Das ist nicht immer leicht, doch muss man sich auch nicht leichtfertig selbst fertigmachen. Es reicht vollkommen, sich seiner Stärken und Schwächen allmählich bewusst zu werden und sein Leben entsprechend auszurichten. Was man gut kann, baut man aus, was weniger gut läuft, kann getrost vernachlässigt werden.

Also: Bleib´ bitte am Ball, was Hilfe holen von außen (Lehrer, Jugendamt, Beratungsstelle, auch Polizei im Notfall...) und innen angeht (Vater, auch Bruder - er muss merken, dass du nicht übertreibst und er stattdessen bagatellisiert, da würde ihm ein Protokoll eurer Eklats eventuell die Augen öffnen!). Außerdem finde ich es eben bedeutsam, dass du deine Persönlichkeit in dein Zentrum rückst und durch gesunden Egoismus dich selbst verwirklichst. Und wenn das eines Tages bedeuten kann, dass du deiner Mutter den Allerwertesten zeigst.

Alles Liebe,
Nuala