Problem von Anonym - 32 Jahre

Warum lässt er mich im ungewissen?

Liebes Kummerkasten Team, ich bin seit einem halben Jahr mit meinem Freund zusammen. Als er mich kennenlernte, war ich eine sehr ängstliche, Vertrauenslose, verbitterte Person, enstanden durch Erfahrung die ich zuvor in beziehung erlebt habe.
Er wusste ab dem ersten Tag zu welchem Menschen mich die Jahre vor ihm gemacht haben ... dennoch verliebte er sich in mich und wollte sein Glück mit mir versuchen.
In den ersten 4 Monaten waren meine Zweifel an seiner Ehrlichkeit und Treue sehr spürbar. Ich stellte ihm immer wieder die selben Fragen,wem schreibst du, wer ist das usw.
Irgendwann sagte er mir das es störe, dass er das Gefühl bekommt ich kann ihm noch immer nicht vertrauen und er müsse sich für alles was er macht, rechtfertigen.
Ich Riss mich zusammen und sagte mir immer wieder, dieser man liebt dich, wie kann er es sonst so lang mit deinem Zweifel an ihm aushalten.
Meine Fragen ließen nach und waren weniger häufig, jedoch kamen sie ein oder auch zweimal im Monat wieder an das Licht, dies führte nach einer Zeit zu folgendem Problem,er antwortete nicht mehr wirklich auf meine Fragen,wirkte sauer, enttäuscht von mir und verschwannt für ein paar Tage ohne sich bei mir zu melden. Ich bin diejenige gewesen die ihn dann bei sich aufsuchte um das Geschehene zu klären, was auch immer positiv ausging.
Dieser Vorfall wiederholte sich in den letzten 3 Monaten 4 mal ... beim letzten jedoch, wollte ich ihn nicht gehen lassen und er nahm, ich nehme aus aus Frust, seinen Schlüssel von meinem bund (er sagte einmal wenn er seinen Schlüssel nimmt, ist es ein Zeichen dafür daß die Beziehung vorbei ist) nun war er weg. Am nächsten Tag, traf ich den Entschluss auf seine Aktion mit dem Schlüssel, ihm seine gesamten Sachen zu bringen die er bei mir hatte. Ich saß mit Tränen im Auge vor ihm und sagte ihm das mich das ganze krank macht, ich seine flucht nicht mehr aushalte, dass Gefühl habe, er hat Geheimnisse vor mir... er beneinte dies, auch sagte er, ich solle bleiben wie ich bin, ich mache keine Fehler...

Dazu muss ich auch noch sagen, dass ich unter jedem Male wie er gegangen ist sehr gelitten habe, mich schuldig fühlte das ich wieder gefragt habe.

...ich ging dann auf bitten von ihm, da er arbeiten müsste wieder Heim und wusste nicht ob es jetzt das Ende gewesen ist. Er nahm sein Schlüssel, ich brachte seine Sachen. Aber niemand sprach aus das es vorbei ist. Ich schrieb ihm am selben Tag das ich ihn nicht einfach so gehen lassen kann, ob es denn vorbei sei, darauf antwortete er, er wisse es nicht, er fühle sich kraftlos, er könne nicht mehr, er weis nicht was er sagen, machen oder denken soll. Er müsse erst wieder klarer werden.
Das ist nun 3 Tage her und seitdem habe ich nichts von ihm gehört, ich fühle mich so unsagbar schuldig das ich es wieder soweit habe kommen lassen. Bin aber auch so enttäuscht von ihm, denn er wollte nie mehr eine Person in seinem Leben, die Zweifel an ihn hägen könnte. Dennoch ging er es ein obwohl er ab Beginn wusste welcher Mensch aus mir geworden ist.
Am Abend bevor diese Situation zu Stande kam, sagte er mir, ob ich denn wisse wie sehr er mich liebe.....
Ich bin wirklich verzweifelt und mein seelischer Schmerz wird jeden Tag an dem ich nichts erfahre immer größer.
Warum lässt er mich solange mit seiner Entscheidung im unklaren?

Ich danke euch für die Zeit meine Zeilen zu lesen .

Lg ....

Anna Anwort von Anna

Liebe Anonyme,

vielen Dank für Dein Vertrauen uns gegenüber. Ich finde es sehr beeindruckend, wie selbstreflektiert und selbstkritisch Du das Problem schilderst und kann mir, nach allem, was Du erzählt hast, gut vorstellen, dass es Dir mit der jetzigen Situation überhaupt nicht gut geht. Trennungsschmerz ist nicht so schlimm wie Ungewissheit, Zerrissenheit, in der Luft hängen und nicht wissen, wo man dran ist.

So sehr ich Deine Selbstreflektion bewundere und es gut finde, dass Du das Ganze auch selbstkritisch betrachtest, finde ich doch, dass Du vielleicht etwas ZU hart mit Dir ins Gericht gehst. Du rechtfertigst Dich darüber, wer Du bist, wer Du geworden bist und für Deine Verhaltensweisen. Du tust etwas und bereust es noch in der selben Sekunde und es scheint, als würde Dich die ganze Zeit das schreckliche Gefühl plagen, dass Du an der ganzen Situation vielleicht selbst Schuld bist. Das bist Du nicht. Auch, wenn ich NUR eine Außenstehende bin und NUR Deine Schilderung kenne, aber Du bist nicht alleine Schuld daran, wie es jetzt ist. Du rechtfertigst Dich vor ihm die ganze Zeit dafür, warum Du Dich so und so verhälst, ihr beide scheint dabei aber absolut seinen seelischen Ballast zu vergessen. Ständig die Flucht zuergreifen, ständig Angst davor zu haben, eingeengt oder ausgefragt zu werden, ist genauso wenig ein gesundes Verhalten, wie immer Angst davor zu haben, hintergangen zu sein.
Das Problem ist Folgendes: jeder Mensch trägt aufgrund seiner Geschichte, seiner Erfahrungen in der Kindheit und später mit Partnern einen seelischen Ballast mit sich rum. Jemand, der hintergangen und betrogen wurde, wird extrem misstrauisch und jemand, der angeklammert wurde, wird extrem freiheitsliebend und bekommt Angst vor Bindungen. Meistens ziehen sich aber immer genau diese beiden Extreme an. Der Freiheitsliebende gerät an einen Klammernden und der Klammernde gerät irgendwie immer an einen, der übertrieben großen Wert auf Unabhängigkeit legt.
Die Aufgabe für die beiden Liebenden besteht darin, diese jeweiligen ureigenen Ängste zu überwinden und sich trotz Angst vor Verlust/ Einengung doch immer wieder für den Partner zu entscheiden.
Das ist sehr schwer, denn meistens werden die beiden Partner in ihren Ängste durch das jeweilige Verhalten des anderen bestärkt. Das heißt, dass sich Dein Freund nur noch mehr zurückzieht, wenn Du ihn ausfragst, dass aber anders rum Du auch keine andere emotionale Wahl hast, als zu klammern, weil er ein auffällig ungebundener, unabhängiger Mensch ist, bei dem wahrscheinlich auch jede andere (zu Recht) klammern würde.
Blöd ist nur, dass es die ganze Zeit so rüberkommt, als seist nur DU diejenige mit dem Problem...

Was sagt denn Dein Gefühl? Kannst Du Dir, angenommen, ihr vertragt euch wieder, eine Beziehung längerfristig mit ihm vorstellen oder ist Dir sein Verhalten zu extrem? Liebst Du ihn noch? Oder ist es eher eine emotionale Abhängigkeit, die über die Zeit verschwinden würde? Eine Auszeit ohne Kontakt wäre in dieser Hinsicht gar nicht so schlecht, aber nicht damit ER sich klar werden kann, sondern damit DU Dir klar werden kannst. Du musst aufhören, Dich als die Abhängige, Liebende zu betrachten. Dir ist wahrscheinlich gar nicht bewusst, was er auch alles an Dir hat, wie sehr er Dich braucht. Und ich glaube, dass das ihm auch nicht bewusst ist. Was aber nicht bedeutet, dass er nichts an Dir hat, sondern dass er einfach der Ansicht ist, dass Du immer und überall verfügbar bist, auf ihn wartest.
Hast Du denn mal mit Freundinnen und Bekannten oder Familie über eure Beziehung gesprochen? Was sagen die dazu? Wie schätzen die euch und die Situation ein? Hast Du schon Ratschläge bekommen, die Du Dir zu Herzen genommen hast, die Du gut fandest oder fühlst Du Dich mit der Situation so ziemlich alleine?

Deine Nachricht ist ja nun schon etwas her - seid ihr euch inzwischen wieder nähergekommen? Habt ihr euch ausgesprochen? Wenn solche Probleme schon so früh in einer Beziehung auftreten, sind sie meist sehr tiefgreifend und behandeln Ängste auf beiden Seiten, die sehr tief sitzen. Was Du für Dich tun kannst, ist, Dich erstmal so anzunehmen, wie Du bist und zu Deinen verletzten Gefühlen zu stehen. Erst wenn Du Deine Schwäche, Deine Verlustangst akzeptierst, wirst Du sie Stück für Stück überwinden können. Das geht aber nicht, wenn Du Dich ständig schuldig fühlst und selbst geißelst. Auch ER hat Verhaltensweisen, die auf sehr schlechte Erfahrungen und sehr tiefe Ängste hindeuten und auch ER sollte sich damit befassen. Zum Beispiel würde ein Mensch, der in Richtung Abhängigkeit/ Verlust/ Freiheit keinen seelischen Ballast mit sich rumträgt, nicht so extrem auf Deine Fragen reagieren. Man ist dann davon mal genervt, vielleicht streitet man sich irgendwann auch mal deswegen, aber man versucht nicht den anderen zu erziehen, in dem man Liebesentzug verteilt und sich, ohne dem anderen noch Kontaktmöglichkeiten zu lassen, so distanziert und absetzt.
Ich betone an dieser Stelle seinen seelischen Ballast, damit auch Dir das mal bewusst wird, dass Du nicht alleine diejenige bist, die Fehler macht und Ängste hat.

Ich wünsche Dir sehr, dass es Dir bald besser geht und Du es schaffst, Dich aus Deiner "wartenden Position" zu befreien. Werde wieder Herr im Haus und setz DU die Grenzen, zum Beispiel: "Ich gebe Dir jetzt drei Tage und dann will ich, dass wir reden, sonst ist es von MEINER SEite aus vorbei".
Zum Schluss möchte ich Dir noch einige Übungshefte empfehlen:

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Liebe Grüße,

Anna