Problem von Johannes - 21 Jahre

Sterbehilfe + Organe spenden?

Hallo Liebes Kummerkasten-Team,

Ich heiße Johannes und bin 21 Jahre alt. Ich bin ein sehr ruhiger und nachdenklicher Mensch. In der Schule war ich sogar einmal Jahrgangsbester und habe eigentlich immer gute Noten geschrieben. Zurzeit mache ich eine Ausbildung und von außen betrachtet wirkt es so, als ob ich ein guten Leben lebe und glücklich bin und alles in Ordnung ist. Schlecht Aussehen tue ich auch nicht wirklich. Dennoch habe ich vor mittlerweile fast 7 Jahren etwas miterlebt, was mich sehr stark geprägt hat und mich innerlich im Grunde zerstört hat. Ich habe immer gehofft, das es irgendwann bestimmt alles wieder gut werden wird und meine Leben Jahrelang weitergelebt, obwohl ich damit schon eigentlich abgeschlossen habe. Nunja, mittlerweile sind es wiegesagt schon 7 Jahre her, dass das passiert ist und ich lebe immernoch unter den "Folgen" davon, das ich keine Freunde habe und keine Menschen in meinem Umfeld, die mich lieben, mögen oder Wertschätzen - weil ich mich durch das Mobbing sehr zurückgezogen habe und mich vor anderen verschließe. Auch hat bisher noch nie jemand wirklich Interesse an mir gezeigt, aber das ist nur nebensächlich. Ich habe mich mit meiner Einsamkeit abgefunden und nachdem ich schon lange darüber nachgedacht habe, würde ich gerne mein Leben Beenden. Ich möchte nicht unbedingt andere Menschen beeinflussen, sprich vor einen Zug springen etc. Ich würde einfach gerne einen ruhigen, friedlichen Tod sterben und würde auch gerne meine Organe, sprich die voll funktionsfähigen wie Herz, Lunge, etc (welche ich dann nicht mehr brauche) an andere Menschen geben, die sie viel dringender benötigen und ein besseres Leben leben können. Meine Sachen würde ich dann auch gerne verschenken. Wenn ich damit jemand anderen glücklich machen kann bin ich das auch... :)
Nun ist meine Frage ob ihr wisst, ob soetwas erlaubt ist, wo dies Möglich wäre und wo ich mich erkundigen kann? Ich bin jetzt nicht irgendwie psychisch krank oder verzweifelt und ich habe mir das wirklich gut überlegt aber ich finde jeder Mensch sollte selbst bestimmen dürfen, wann er gehen möchte.

Vielen Dank schoneinmal für eure Hilfe :)

Judith Anwort von Judith

Lieber Johannes,

Vielen Dank für Dein Vertrauen in uns.
Weisst Du, ich weiss gar nicht so recht, was ich zu Deiner Email sagen soll. Du hast Dein Leben (scheinbar) ad Acta gelegt und für Dich beschlossen, dass „jemand anders ein besseres Leben leben könnte“. Du möchtest grosszügig Deinen eigentlich ganz gut funktionierenden Körper spenden, denn Du möchtest damit noch „jemanden glücklich machen“. Du möchtet auch noch im Freitod keine Umstände machen. Daher willst Du nicht vor den Zug springen, sondern fragst uns nach einer netteren Variante, wie Du Dein Leben still und leise beenden könntest. Ohne Umstände für andere. Einfach davon gehen, mit einer grossmütigen, grosszügigen, altruistischen Geste.

Johannes, ich bin keine Psychologin, aber für mich sieht es folgendermassen aus: Noch mitten in Deinen Selbstmordgedanken möchtest Du die Menschen so behandeln, wie Du es für Dich selbst nie eingefordert hast. Du wurdest mit 14 gemobbt (das war doch das „Schlimme“, das passiert ist, oder?), das hat Dich sehr verletzt, ja bis in Dein innerstes Wesen.

Hast Du jemals Deiner Verletzung Luft gemacht? Deine Wut rausgebrüllt, Deine Wertigkeit eingefortert bei Eltern, Lehrern, Mitschülern und Bekannten? Ich glaube nicht, oder? Du wurdest still. Schluckst Deine Traurigkeit runter. Und bist nun innerlich leer und möchtest gehen.

Lieber Johannes. Ich verstehe Deine Situation. Ich glaube Dir, dass es ausweglos und nicht lebenswert erscheint. Aber ich bitte Dich, das noch einmal zu überdenken.

Ich habe gestern Abend einen Film gesehen. Nichts tiefgreifendes, aber ein Satz ist dennoch hängengeblieben: Der Freitod ist die einzige Entscheidung, die man nicht rückgängig machen kann. Willst Du das wirklich? Hast Du Dir das wirklich so gut überlegt, wie Du behauptest? Warum solltest Du denn nicht die nächsten 60 Jahre anders leben können als bislang? Warum sollte ein Ereignis, das 7 Jahre zurück liegt, Dein ganzes Leben bestimmen? Willst Du wirklich, dass die, die Dich damals so getroffen haben, gewinnen und am Ende Dein Leben in der Hand haben? Das kann ich mir kaum vorstellen.

Willst Du das wirklich, Johannes? Still und heimlich gehen, nicht zur Last fallen, leise und ohne aufzufallen --- wie die letzten Jahre schon. Und dann einfach verschwinden. Leider wirst Du nicht mehr da sein, wenn Leute um Dich trauern. Und es werden Leute um Dich trauern, da bin ich sicher! Wenn Du auch scheibst, dass Du sehr zurückgezogen lebst. Wir vom KuKa kennen Dich, wenn auch nur durch eine Email. Und ein gesunder, junger, intelligenter Mann, der einfach gehen möchte, das macht mich tief traurig.

Bitte, Johannes, such Dir Hilfe. Arbeite das Geschehene auf! Melde dich bei einem Therapeuten und lass dir helfen. Egal wie unmöglich das gerade erscheinen mag, du kannst es schaffen. Dass du den KuKa gefunden hast, ist ein guter und wichtiger erster Schritt.

http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Wenn du sofortige Hilfe brauchst, um mit deinen Selbstmordgedanken klarzukommen, dann ruf bitte die Telefonseelsorge an. Die Nummern sind 0800-111 0 111 für die evangelische Hotline oder 0800-111 0 222 für die katholische.

Hier noch ein paar weitere Tipps:
http://de.wikihow.com/Selbstmordgedanken-%C3%BCberwinden

Ich wünsche Dir alles Gute. Viel Stärke und Mut zum Leben!

Herzlich,
Judith

PS: Ganz zum Schluss noch eine Antwort auf Deine Frage. Einem gesunden, jungen Mann wird niemand beim Freitod behilflich sein. Selbst in Ländern, in denen es aktive Sterbehilfe gibt, wird diese nur Menschen mit hoffnungsloser Prognose gewährt.