Problem von Eva - 16 Jahre

Probleme durch Selbstkritik

Hallo liebes Kummerkastenteam,
ich weiß, dass ihr weder Ärzte noch ausgebildete Psychologen seid, aber ich möchte einfach gerne die Ansicht einer außenstehenden und neutralen Person bekommen! :)

Schon seit längerer Zeit plagen mich Selbstzweifel und Schuldgefühle.
Ich habe weder Selbstbewusstsein noch gibt es irgendetwas an das ich noch glaube im Leben.
Zumindest was das Thema Freundschaft und Integration in Gruppen betrifft.

Zurzeit bin ich Teil einer eher außenstehenden Clique, in der ich anfangs auch glücklicher war als in all den Jahren in meiner ehemaligen Klasse (, da wir seit einem Jahr zu einer Stufe geworden sind), doch auch das hat sich (seitdem ich mich ändern wollte und Mut fassen wollte) schnell geändert!
Freunde verhalten sich komisch mir gegenüber und zweifeln mich an, worauf ich mich wieder ändern will. In ihrer Gegenwart.
Zuhause denke ich mir nur, dass ich so sein will wie ich bin, doch in der Schule schaffe ich es einfach nicht,,,
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Wenn ich Probleme habe, versuche ich diese so schnell wie möglich abzuhaken und zu vergessen, gebe mir aber im Nachhinein häufig selbst die Schuld und verbringe die Nächte damit, mich, meinen Charakter und meine Verhaltensweisen anzuzweifeln.
Vieles ergibt für mich einfach keinen Sinn mehr!
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In einem Moment bin ich drauf und dran mich in die Schule zu stürzen , um Freunde zu finden, im nächsten möchte ich am liebsten alles hinschmeißen und als "Außenseiterin" meine Zeit verbringen.
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Und dann denke ich auch häufig über den Sinn vieler Sachen nach. Nichts Schlimmes, wie ich finde, jedoch enden viele dieser Fragen in kleineren Angstausbrüchen.
Ich fühle mich allein auf der Welt, obwohl ich dies auch einfach ändern könnte, aber ich habe so viele schlechte Erfahrungen mit ehemaligen "Freunden" und Mobbing gemacht, dass ich auch Angst vor "richtigen" Freundschaften habe.

Ich verstehe einfach nicht, was im Moment mit mir los ist!
Liegt es nur an der Pubertät?
Sind meine Zweifel unbegründet? Übertreibe ich?
***
Ich möchte einfach wieder so werden wie früher, als ich noch ein fröhliches und selbstbewusstes Mädchen war und noch nicht das Gefühl hatte, das Leben würde an mir vorbeiziehen...


Ich bedanke mich jetzt schon für eure Mühe, wenn sich jemand mit meinem "Problem" beschäftigen will :)
Falls dies nicht der Fall sein sollte, so verstehe ich das natürlich auch vollkommen!
Ganz liebe Grüße
~Eva

Dana Anwort von Dana

Liebe Eva,

Du brauchst dein Problem nicht in Gänsefüßchen zu setzen. Es ist kein "Problem", es ist ein Problem.
Diese Gänsefüßchen zeigen nämlich eigentlich schon genau das, worum es geht.

Du kennst deinen Wert nicht.
Dinge, die du tust, die dich betreffen, scheinen ja "nicht so wichtig" zu sein, du entschuldigst dich schon fast dafür, dass du "uns störst". Dazu noch das, was du zu deinem Problem schreibst - alles geht in dieselbe Richtung.

Es kann sein, um das mal zu beantworten, dass die Pubertät da gut mit rein haut. Viele Jungen und Mädchen erliegen in dem Alter diesen harten biochemischen Prozessen und alles ist noch schwerer als es das eh schon ist. Trotzdem sollte man das nicht einfach nur aushalten müssen, zumal sich ja auch Verhaltensmuster fest eingraben können, die dann sehr schwer wieder zu entfernen sind.

Du hast schlechte Erfahrungen gemacht mit zwischenmenschlichen Beziehungen, Freundschaften, Nähe und Vertrauen. Da ist es klar, dass man ängstlich und misstrauisch wird. Das Problem an sich liegt aber wirklich woanders, nämlich in dir selbst. Du schreibst, dass du dich oft veränderst, wenn du merkst, dass du so nicht bei anderen ankommst oder in der Kritik stehst. Das heißt, du versuchst, dich durch andere Menschen und deren Meinungen über dich zu definieren. Da es mannigfaltige Menschen und ebenso mannigfaltige Meinungen gibt, wirst du in dieser Art und Weise immer damit beschäftigt sein, dich anzupassen.

Das Interessante ist, dass dieses anpassende Verhalten etwas ist, das wenig Gegenliebe findet. Man achtet Menschen, die nicht in sich selbst ruhen und sich dauernd verändern nicht so hoch wie Menschen, die wissen, was sie selbst darstellen, selbst, wenn sie manchmal etwas ungemütlich sind. Klare Linien und klare Strukturen werden immer geschätzt, "Fähnchen im Wind" nicht. So bist du in einem Teufelskreis drin und erfährst diese Missachtung andauernd, was dich weiterhin an dir zweifeln lässt.

Durchbrechen könntest du den Kreis jetzt nur, indem du bei dir selbst ansetzt.
Was ist dir wichtig im Leben?
Was macht DICH aus?
Was sind deine Stärken?
Wo liegen deine Schwächen und sind sie behandelbar? Wenn nicht: steh dazu! Jeder Mensch hat welche.

Andere Menschen sind erst einmal total egal. Erst einmal kommst DU. Es ist wichtig, dass du weißt, wer du bist, dass du weißt, welche Meinungen du hast, dass dir klar wird, dass du einen Wert hast, der dich bestimmt und definiert. Dazu gehört zum Beispiel auch mal "nein, ich bin NICHT deiner Meinung" zu sagen, gerne anders sein zu wollen als andere, seinen eigenen Weg zu kennen und zu gehen.

Solange man seinen eigenen Weg und Wert nicht kennt, wird man immer auf andere Menschen gucken und schauen "wie machen die das denn?" Und durch die Vergleiche und Versuche, sich anzupassen, verliert man sich selbst aus den Augen. Man entwurzelt das eigene Ich quasi. Und wie soll eine Pflanze ohne Wurzeln im Boden haften bleiben und wachsen? Geht ja gar nicht.

Wie gräbst du nun die Wurzeln wieder ein? Wie schaffst du es, dein Selbstwertgefühl wieder hoch zu setzen?
In ganz kleinen Schritten.
Zuerst könntest du dir meine Fragen oben beantworten. Vor allem die, was du möchtest im Leben (für DICH selbst) und wo deine Stärken liegen. Es ist wichtig, dass man weiß, wo man gut ist und was man gut kann. Das schafft Selbstvertrauen. Diese Bereiche sollten dann auch stärker genutzt werden (zB Ausbau der Hobbys etc). Dort würdest du dann ja auch Menschen treffen, die deine Interessen teilen, das ist immer gut. In der Schule hat man ein zu durcheinander gewürfeltes Publikum, da ist es nicht für alle einfach, sich gut zu positionieren, das ist aber nichts Schlimmes, das ist oft so. Trotzdem gäbe es auch dort Möglichkeiten, besser zu wurzeln. Suche dir zB erst einmal EINEN Menschen, der dir dort gut tut. Eine Freundin, einen Freund. Es muss ja nicht gleich eine Gruppe sein, das ist entspannter. Vielleicht jemand, der deine Interessen teilt. Oder du gehst in eine AG in der Schule (also zB ein Sport, Schulzeitung, Kunst, Musik...was ihr in der Schule so an Angeboten habt) und hast dort dann auch Mitschüler, die mehr in deine Richtung denken. Vielleicht hast du ja auch schon ein, zwei Menschen, die das erfüllen und du könntest das vertiefen.

Versuche, nicht mehr jedem zu gefallen, zieh DEIN Ding durch. Du wirst merken, dass erst eine Verwunderung einsetzt (vielleicht gibt es auch erst einmal ein paar doofe Kommentare) und später dann Akzeptanz folgt, wenn du deinen Weg durchhältst. Menschen, die sich über sich selbst definieren, kommen auch besser mit sich selbst klar. Sie brauchen den Blick um sich herum nicht, sondern sind sich selbst genug. Und das macht in der Ausstrahlung für andere auch sehr viel aus.

Ich glaube, dass du das selbst hinbekommst, daher kein Tipp für eine Therapie. Gib dir mal ein halbes Jahr und lebe im Blick auf dich selbst, fasse mehr Mut, Dinge auch mal anzugehen und überlege, wofür du stehst und stehen willst. Wenn das in einem halben Jahr immer noch so ist, dass du einfach nicht weißt, wer du eigentlich bist, kannst du gern nochmals schreiben. Ich bin mir aber sicher, dass du dann schon Ergebnisse hast, wenn du dich wirklich damit befasst.

Mit dir.

Denn du bist das allemal wert.

Herzliche Grüße!

Dana