Anwort von Sebastian

Liebe Unbekannte,

ich verstehe dein Problem. Auch, wenn du es nicht gesagt hast, bin ich mir sicher, dass du – wenn du die freie Wahl hättest – am liebsten weg von diesem Zwang kommen würdest. Sich diese Selbstverständlichkeit klarzumachen, kann schon einiges bewirken. Aber ganz so einfach ist das ja leider nicht.
Zum Thema Suizidversuche lege ich dir dringend ans Herz, dass du dich bei einer professionellen Stelle meldest, z. B. http://www.suizidpraevention-hildesheim.de/. Dort findest du geschulte Hilfen, die hören das jeden Tag. Sich umzubringen scheint vielleicht eine gute Lösung zu sein, aber ich bin davon überzeugt, dass es aus nahezu jeder Lebenssituation einen besseren Ausweg gibt. Es lohnt sich zu kämpfen, halte durch, dann wirst du noch viel Glück erfahren. Ich habe Ehrfurcht vor Menschen, die für ihr Glück kämpfen und nicht vor denen, die aufgeben.
Und zum Thema Ritzen gibt es ebenfalls eine Seite, auf der du beispielsweise Alternativen zum Ritzen ausprobieren kannst: http://rotelinien.de/alternativen.html. Du weißt es wahrscheinlich selbst, aber ich möchte dir auch noch mal explizit sagen: Sich zu ritzen ist leider eine Tendenz, die einige Menschen haben, aber sie ist schlecht, denn Ritzen ist ein Zwang, der sich nicht frei entscheiden lässt, selbst wenn du das Ritzen selbst sogar angenehm finden solltest.
Zum eigentlichen Kern deines Problems, deiner Hingabe zu Michael Jackson, finde ich, dass du ebenfalls tatsächlich professionelle Hilfe gut gebrauchen kannst. Eine solche hattest du ja schon. Wenn sie etwas gebracht hat, macht es vielleicht Sinn, es erneut zu versuchen. Rational ist dein Verhalten nicht (wie bei vielen anderen Menschen ein Großteil ihrer Handlungen), allerdings leidest du sehr darunter. Wie kam es dazu, du musst ja noch überaus jung gewesen sein? Gab es einen bestimmten Auslöser oder kam das mit der Zeit? Findest du das Anhimmeln gut oder strengt es auch an? Welche Gründe, welche expliziten Gründe gibt es, Michael Jackson anzuhimmeln? Er hatte durchaus seine Fehler und war kein Engel, er hat einfach nur gute und erfolgreiche Musik gemacht hat, wozu auch viel Glück im Leben gehört. Vielleicht machst du dir mal eine Pro-und-Contra-Liste für und gegen Michael Jackson. Das klingt banal, ja. Aber vielleicht hilft dir das, um dir etwas klarer zu werden, ob es ein Toter, der dich nicht kannte, wert ist, dass du dein ganzes Leben nach ihm ausrichtest, wodurch du viele Nachteile hast.
Es gibt eine Seite für Menschen, die einen anderen Menschen verloren haben: https://www.youngwings.de/views/beratung/einzelberatung-anmeldung.html. Vielleicht schaust du dich mal um und es ist etwas für dich?
Vielleicht vertraust du dich einer deiner Lehrerinnen mal ganz genau an. Sie wissen Bescheid, ja, aber wie viel wissen sie wirklich? Ich kann verstehen, wenn du deinen Lehrerinnen nicht von deinen Suizidversuchen erzählen möchtest. Wenn du aber obige Möglichkeiten nicht ausprobieren möchtest oder es nicht so viel gebracht hat – warum nicht? Ich glaube, das ist einen Versuch wert. Gibt es Vertrauenslehrer(innen) bei euch?
Vielleicht gibt es eine(n) gute(n) Freund(in), der/dem du dich anvertrauen kannst und die/der dich verstehen und das alles auch für sich behalten würde. Solche Gespräche wirken manchmal Wunder.
Ich wünsche dir, dass du von diesem Zwang Schritt für Schritt wegkommst.

Liebe Grüße

Sebastian