Problem von Maurice - 20 Jahre

Depressive Freundin..

Ich habe ein großes Problem, das mich stark belastet und mein Leben komplett auf den Kopf stellt. Ich bin nun seit 6 Jahren in einer Beziehung mit meiner Freundin und ich liebe sie wirklich sehr. Wir haben uns in der Schule kennengelernt und sind nach der Schule zusammen in eine Wohnung gezogen. Sie ist meine erste große Liebe und das geht ihr genauso. Leider leidet meine Freundin seit 3 Jahren an Depressionen, die vor einem Jahr besonders schlimm geworden sind. Sie ist permanent schlecht gelaunt, möchte nichts unternehmen und redet Gott & die Welt schlecht. Übrigens ritzt sie sich auch.
Aufgrund meiner und ihrer Ausbildung sehen wir uns nicht 24/7, aber wenn ich zuhause bin, versuche ich alles um sie glücklich zu machen. Ich bringe ab und zu Blumen mit nachhause oder ihr Lieblingsessen. Ich kriege aber ehrlich gesagt nichts zurück, weil sie freut sich nicht mal über meine Geschenke, aber wenn ich sie darauf anspreche, heißt es: ''Ich freue mich aber ich kann es nicht zeigen''. Ich glaube ihr, aber man ist schon verzweifelt nach einer Zeit. Abends ist sie besonders traurig & gesprächig und die Unterhaltungen gehen teilweise bis in die Nacht, aber ich höre ihr zu und gebe ihr Tipps. Ich muss aber gestehen, dass es auch Momente gab in denen ich selber überfordert damit war und ihre Depressionen mir auf die Nerven gingen.. Ich habe mich dann aber immer entschuldigt und gemeint, dass ich gestresst wegen der Arbeit sei. Sie ist einfach der Überzeugung, dass sie jeder hasst und niemand sie auf dieser Welt möchte, deshalb traue ich mich nicht und finde es nicht vorteilhaft ihr direkt ins Gesicht zu sagen, dass sie nervtötend ist. Wir waren auch gemeinsam bei einem Therapeuten, aber sie hat das nach 3 Monaten abgebrochen, weil der Therapeut ihrer Meinung nach nichts gebracht hat. Mein bester Freund meint, dass ich mein eigenes Glück nicht kaputt machen soll und eine Trennung womöglich eine Erleichterung wäre, aber ich kann mir das nicht vorstellen, weil ich sie ja liebe. Manchmal denke ich zurück und vermisse ihr altes ''Ich''. Das Mädchen, das ich kennen und lieben gelernt hab. Es soll nicht so rüberkommen, dass ich keine Gefühle hätte. Ich liebe sie immer noch. Ich möchte nur ihr Lächeln wieder sehen. Ich vermisse die schönen Zeiten einfach und bin ehrlich gesagt einfach überfordert und weiß nicht was ich noch tun soll oder kann.

Delia Anwort von Delia

Hallo lieber Maruice,

kein Wunder, dass du dich überfordert fühlst. Du versuchst dein Bestes und merkst doch immer wieder, dass es letztendlich nicht viel bringt. Wenn deine Freundin wirklich bereits so lange an Depressionen leidet, dann kannst du sie nicht retten, das muss sie schon selbst tun. Du kannst sie auf ihrem Weg unterstützen und ihr helfen, aber sie muss es auch selbst wollen und bereit dazu sein tatsächlich Hilfe anzunehmen. Wenn sie nichts verändern möchte, dann kannst du nichts dagegen machen.

Bei einer Depression, vor allem wenn sie bereits so lange andauert, ist therapeutische Hilfe sehr wichtig. Du schreibst, dass sie es bereits versucht und die Therapie abgebrochen hat, weil sie meinte es würde ihr nichts bringen. Zuerst einmal kann es sein, dass sich der Zustand deiner Freundin zu Beginn einer Therapie sogar noch verschlechtert. Man geht nicht einfach hin und fühlt sich sofort erleichtert, sondern eine Therapie braucht Zeit und bringt manchmal auch unangenehme Erkenntnisse über das eigene Verhalten mit sich. Man muss aktiv an den Problemen arbeiten und sich mit den eigenen Gedanken und Handlungen auseinandersetzen. Das ist natürlich nicht immer angenehm und sicherlich nicht einfach.
Natürlich sollte auch eine gewisse Sympathie zum Therapeuten bestehen und man sollte sich sicher genug fühlen persönliche Dinge anzusprechen. Es kann also sein, dass deine Freundin mit ihrem Therapeuten einfach nicht zurecht kam und sie daher den Eindruck hatte, dass das Ganze nichts bringt. Das ist natürlich eine negative Erfahrung, durch die man den Eindruck bekommen kann, dass Therapien generell nicht nützen. Anstatt die Therapie dann vollkommen abzubrechen, wäre es aber sinnvoller, sich nach einem anderen Therapeuten umzuschauen und es weiter zu probieren.

Lieber Maurice, es ist wirklich toll von dir, dass du deine Freundin unterstützen möchtest. Mach aber bitte nicht den Fehler deine eigenen Bedürfnisse und Wünsche dauerhaft zu vernachlässigen. Deine Freundin ist für ihr Leben immer noch selbst verantwortlich und du hast nicht die Pflicht ihr Leben wieder in Ordnung zu bringen. Du kannst sie unterstützen und begleiten, aber den eigentlichen Weg muss sie selbst gehen. Allein scheint sie aus ihren Depressionen nicht heraus zu kommen, daher führt an einer Therapie kein Weg vorbei, vor allem wenn sie sich sogar selbst verletzt. Sprich sie noch einmal auf die Möglichkeit einer Therapie an und mach ihr klar, dass Fehlschläge oder anfängliche Probleme mit dem Therapeuten ganz normal sind. Es ist nicht umsonst so, dass man erst einmal einige Stunden zur Probe mit dem Therapeuten verbringen kann und erst dann ein Antrag zur Therapie bei der Krankenkasse gestellt wird. Schließlich handelt es sich um eine Person, mit der man äußerst private Dinge besprechen möchte und das zum Teil jahrelang. Nicht auf Anhieb die richtige Person zu finden ist also vollkommen normal und kein Grund für deine Freundin es nicht doch nochmal zu versuchen. Ermutige sie, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen und aktiv an ihren negativen Gefühlen zu arbeiten. Schließlich geht es ihr ganz und gar nicht gut und das sollte keinesfalls noch mehrere Jahre so weiter gehen.

Ich wünsche euch beiden alles Gute!