Problem von Leonie - 14 Jahre

Zweifel, Familienprobleme und Co.

Hallo liebes Kummerkasten-Team! Erstmal vielen Dank, für die Möglichkeit, euch hier anzuschreiben. Am Besten fange ich direkt an.
Ich bin Leonie, 14 Jahre alt, ehemaliges Mobbingopfer und habe schon viel erlebt.
Ich wurde lange gemobbt, nicht körperlich, sondern seelisch wirklich tief verletzt. Ich bin kein "typisches" Mobbingopfer, das heißt, ich habe Freunde und Modebewusstsein. Ich bin nicht mainstream, sondern habe einen eigenen Style.
Jede Nacht weine ich mich in den Schlaf, weil ich daran denken muss, wie ich beleidigt und beschimpft wurde, täglich. Ich habe auch auf ask.fm Drohungen bekommen, ich solle mich erhängen, ich sei eine Missgeburt und stinke. Das hängt mir alles noch ziemlich nach.
Außerdem habe ich Probleme mit mir selbst. Ich finde mich link, unbeliebt und ungeliebt, hässlich und dick. Ich weiß zwar, dass das alles nicht stimmt, aber Gedanken kann man nicht abschalten (leider). Ich habe zwar sehr gute Noten ( Durchschnitt 1.3) aber ich fühle mich dumm und unnütz.
Meine Familie weiß nichts davon. Ich möchte sie nicht belasten.
Zudem hat mein kleiner Bruder Epilepsie. Ich habe Angst um ihn. Angst,dass ihm etwas zustößt. Ich habe schon oft gesehen, wie sein Körper außer Kontrolle gerät und er bei einem Anfall sich nicht schützen kann ( z.B. im Wasser, auf der Treppe etc.) Darüber mache ich mir oft Sorgen und das belastet meine Familie auch.
Was mich auch traurig macht, ist meine Oma. Sie wird gerade dement und immer dünner und hat Probleme ihre Firma standzuhalten. Sie war immer so selbständig, und jetzt ist sie so abhängig von meiner Mutter.
Außerdem würde ich gerne meine Opas treffen, ich habe sie noch nie gesehen, weil meine Eltern auch nie mit ihnen Kontakt hatten.
Ich habe Angst in die Schule zu gehen, weil ich mich fürchte wieder gemobbt zu werden. Ich hasse mein Leben. Es hat einfach keinen Sinn. Ich weiß, dass es schlimmere Schicksale gibt.
Aber trotzdem habe ich noch viele andere Probleme.
Zum Beispiel habe ich seit etwa 3 Monaten einen Freund im Internet. Er ist 18. Er ist mega nett und ich weiß auch dass er nicht pedophil ist. Meine Eltern wissen natürlich nichts davon.
Ich habe 3 Geschwister und habe kein gutes Verhältnis zu ihnen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin das schwarze Schaf der Familie.
Ich könnte noch stundenlang weiterschreiben von nervigen Aufgaben Zuhause, Schule, tot gefundenen Ur-Omas und Selbstzweifeln, aber ich glaube das reicht für's erste.
Ich brauche echt Hilfe. Ich verzweifle an mir selbst. Vielleicht besitze ich einfach keine vollkomme Seele? Das ist jetzt dramatisch, aber ich fühle mich so leer. Als würde etwas fehlen.
Vielen Dank, Leonie

Chaleen Anwort von Chaleen

Liebe Leonie,

Deine Erlebnisse und Probleme nehmen wie es scheint wirklich großen Einfluss auf dein Wohlergehen.
Was du durchmachen musstest und was dich heute noch belastet tut mir leid.
Ich glaube es gibt ein paar wichtige Dinge die dir helfen könnten.

Auf mich wirkt es, als würden in deinem Kopf so viele Probleme und Sorgen auf einmal vorgehen, sodass du gar nicht mehr weißt damit umzugehen.
Ich denke, diese Sorgen musst du erst einmal ordnen.

Du sagst du bist ein ehemaliges Mobbingopfer. Ehemalig bedeutet also, dass es mittlerweile aufgehört hat.
Es war mit Sicherheit eine schlimme Erfahrung, aber um mit allem was in die vorgeht besser umgehen zu können,
musst du, denke ich, am besten anfangen, die Vergangenheit auch Vergangenheit sein zu lassen.
Viele Jugendliche mussten ähnliche Situationen durchstehen wie du, aber es geht vorbei, so wie auch bei dir.
Wichtig ist es danach wieder aufzustehen und das Schlimme hinter sich zu lassen um mit neuer Hoffnung in die Zukunft zu starten.

Ask.fm ist eine Seite wo man anonym alles schreiben kann was man will. Ich musste selber damals schon schreckliche Dinge über mich lesen und habe es auch auf vielen Seiten von anderen Leuten mitbekommen. Solltest du dich von einer anonymen Person, die es lustig findet solche Dinge zu schreiben, weil es eben anonym ist wirklich fertig machen lassen? Nein. Diese Person verkriecht sich hinter der Anonymität und hätte niemals den Mut dir solche Dinge ins Gesicht zu sagen. Diese Person hat nämlich das eigentliche Problem, mit Sicherheit nicht du! Sowas darf man gar nicht erst an sich ranlassen, das ist das wichtigste! Du kennst deinen Wert. Du musst dir immer denken, dass du viel besser bist, als dich anonyme Leute versuchen darzustellen.
Du hast Freunde, du bist selbstbewusst, hast deinen eigenen Stil. Lass dir das doch nicht kaputt machen, von unwichtigen anonymen Nachrichten!
Und wenn es dann doch Personen gab, die dich auch persönlich fertig gemacht haben - lass es hinter dir, das ist vorbei!
Du weißt wer du bist und sein willst, du bist gut so wie du bist!

Du sagst du hast Probleme mit dir selbst. Findest dich nicht schön usw. Du weißt aber auch dass das alles nicht stimmt! Dann versuch deine Zweifel doch damit zu übertrumpfen. Wahrscheinlich sind auch diese Zweifel noch Nachwirkungen des Mobbings. Es ist gut, sich manchmal selbst in Frage zu stellen, ob man besonders charakterlich gut ist wie man ist, oder so ist, wie man sein will. Daran kann man arbeiten, wenn man mit sich selbst unzufrieden ist. Was das Aussehen angeht, muss man einfach lernen sich mit der Zeit selbst zu lieben wie man ist. Kein Mensch ist perfekt. Und wenn du selber weißt, dass die Dinge, die du von dir denkst, nicht stimmen, dann lass diese Gedanken nicht an dich ran! Versuche dir immer wieder bewusst zu machen, das kein Mensch perfekt ist und man lernen muss sich selber mit all seine Macken und Fehlern zu akzeptieren. Jeder Mensch ist auf seine ganz eigene Art und Weise schön. Nicht vergessen!

Du hast gute Noten, bist selbstreflektierend, nachdenklich usw. Du bist nicht dumm, sondern wie es scheint sehr schlau, vernünftig und mit Sicherheit nicht so, wie du dich selber darstellst! Das musst du dir klar machen!

Der 1. Wichtige Punkt ist also: Liebe und akzeptiere dich wie du bist. Bau ein gesundes Selbstbewusstsein auf. Ich bin mir sicher, dass du das schaffst, denn du weißt, dass du besser bist, als du denkst zu sein!

2. Ganz wichtiger Punkt: Vertraue dich deiner Familie an, besonders was deine folgenden Probleme angeht!

Du möchtest deine Familie nicht belasten? Mach dir darum keine Sorgen, denn ich glaube deine Familie würde es sehr viel mehr belasten, wenn sie merken wie du immer weiter kaputt gehst und sie wissen, dass sie dagegen nichts unternommen haben!
Deine Eltern sind dazu da, auf dich und dein Wohlergehen Acht zu geben. Und sicherlich wollen sie, dass es dir gut geht!
Erzähle ihnen von deinen Sorgen und Problemen, denn ich denke, dass diese dir bei denen Problemen, besonders bezüglich deiner Familie viel mehr behilflich sein können, als eine, wie ich, außenstehende Person!

Erzähle ihnen von der Angst um deinen Bruder, von dem Wunsch deine Opas kennen zu lernen, von der Angst um deine Oma.
Wenn man mit vertrauten Personen über seine Ängste und Wünsche reden kann, fällt meiner Meinung nach schon eine große Last vom Herzen.
Deine Eltern können dir bei sowas am Besten weiterhelfen. Und du musst nicht solche große Angst haben.
Es ist rührend, wie du dich um deine Familie sorgst und das ist auch gut und schön so!
Mit Epilepsie kenne ich mich leider nicht genügend aus, aber deine Familie weiß von der Krankheit deines Bruders und wird auch so gut es geht darauf aufpassen und sich darum kümmern. Du kannst dabei helfen, aber es ist nicht allein deine Verantwortung und sollte auch nicht deine größte Sorge sein!
Auf den Wunsch deine Opas kennen zu lernen, können auch nur deine Eltern eingehen. Erkläre es ihnen!
Demenz ist leider keine Seltenheit bei alten Menschen. Sowas ist immer belastend und es ist bestimmt auch schwer damit umzugehen, aber leider nicht zu verhindern. Mit der Sorge müssen du und deine Eltern lernen umzugehen, sowas ist nie einfach. Aber auch da wird dir die Unterstützung und der Zusammenhalt mit deinen Eltern helfen!
Genauso deine Angst in die Schule zu gehen.

Es ist einfach sehr wichtig, dass du dich deinen Eltern anvertraust! Und dein Selbstbewusstsein zurück erlangst!
Lass deine Angst und Sorgen nicht so sehr an dich ran!
Konzentriere dich zudem doch mal auf die schönen Sachen!
Leg doch deine Sorgen mal bei Seite und mach etwas was dir Spaß macht, unternimm was mit deinen Freunden und verliere die Freude am Leben nicht!
Es gibt so viele schöne Dinge im Leben, Probleme kommen noch genug, man muss sich auch mal auf die schönen Sachen konzentrieren!
Versuche das doch einmal und versuche mal, deine Sorgen über Bord zu werfen, sodass du nicht ganz die Hoffnung verlierst!

Zu deinem Freund im Internet, ist er ein normaler Freund oder seid ihr zusammen? Ist aber auch gar nicht so wichtig!
Er ist dein Freund, du vertraust ihm, und solange er nichts tut, was schlecht für dich ist, gibt es doch keinen Grund zu Sorge.
Trotzdem vielleicht etwas worüber du mit deinen Eltern reden könntest. Ich glaube das ist wirklich ein großer aber sehr hilfreicher Schritt in die richtige Richtung!

Es macht dich kaputt, alleine mit deinen ganzen Sorgen zu sein, also lasse dir helfen!
Das Gefühl, dass dir etwas fehlt und du dich leer fühlst, könnte auch damit zusammenhängen, dass du dich selber mit deinen Problemen alleine lässt, auch wenn du das überhaupt nicht musst! Es gibt viele Menschen die dich unterstützen könnten! Neben deiner Familie auch deinen Freunden, denen du vertraust!

Also liebe Leonie, 3 ganz wichtige Sachen!

1. Du bist gut wie du bist, finde dich und dein Selbstbewusstsein, dein Selbstwertgefühl!
2. Lass dir von deinen Eltern helfen! Das ist ganz wichtig und du wirst dich besser fühlen, wenn du mit all deinen Sorgen nicht mehr alleine da stehst!
3. Lerne das Leben zu lieben. Was sind die schönen Dinge in deinem Leben? Du hast eine Familie, du hast Freunde, du hast bestimmt ein sehr viel schöneres Leben, als es dir manchmal scheint! All die kleinen Sorgen und Probleme häufen sich und lassen dich die schönen Dinge vergessen.
Es gibt sie, du musst sie nur sehen!

Viel Glück und Alles Liebe wünsche ich Dir!
Ich hoffe ich konnte dir helfen!

Liebe Grüße,
Chaleen!