Problem von Anonym - 20 Jahre

Nicht erlaubte Beziehung

Hallo

ich habe vor ca. 1-2 jahren angefangen mit einem mädchen zu schreiben übers Internet . Es begann alles mit einer dummen app wo man mit anderen spielte. Ich fand sie hübsch und fragte nach ihrer nr und wir fingen harmlos an über whatsapp zu schreiben. Mit der zeit wurde es aber immer ernster zwischen uns wir verstehen uns einfach super. Irgendwann haben wir beschlossen es als eine Fernbeziehung zu versuchen sie wohnt ca. 330km entfernt. Was ich noch erwähnen will bevor ich zum Problem komme es ist uns wirklich ernst wir haben beide alles durchdacht ob es wirklich klappen kann und das tut es. Wir haben abundzu gestritten aber wir finden immer zueinander egal was es ist. Wir lieben uns wirklich. Das problem: wir sind beide muslimen und wir wissen dass es im Islam nicht erlaubt ist so eine beziehung zu führen. Die Eltern von ihr wissen nichts und sie will und kann es ihnen nicht sagen . Nebenbei sie ist 16 und ich 20. Vom Kopf her sind wir beide aber 18 hab ich das gefühl :D... naja.. Wir hätten es wirklich "legal" mit erlaubnis ihrer eltern etc. aber es ist halt so kompliziert.. wir haben angst ihre Familie reagiert zu heftig und verbietet es mit mir weiter kontakt zu haben.. Im moment wollen wir warten bis sie 18 oder 19 wird um es dann ihrer mama schonend zu sagen (nebenbei ihr vater ist abgehauen) Trozdem wissen wir nicht was passieren wird und dass macht uns zu schaffen... Vielleicht will Allah nur das wir Geduld zeigen oder aber wir werden eine lektion gelehrt ,dass nichts für immer ist und Ihre Familie und zur trennung zwingen wird... wir wissen es einfach nicht.. es läuft alles gut zwischen uns wir lieben uns so sehr dass wir bereit sind solang zu warten. Treffen etc ist nicht eichtig fuers erste

Wie findet ihr die Situation ?Was würdet ihr tun ? Wird Allah uns sowas verzeihen ?

Ich wünschte es waere alles einfacher und helal am laufen mit erlaubnis der Eltern aber es ist einfach nicht so gekommen...

Vielen dank schonmal für die antwort

PaulG Anwort von PaulG

Lieber Anonymer,

dein Text verrät, dass es dir mit diesem Mädchen wirklich sehr ernst ist, und ich hoffe, ihr seid weiterhin so glücklich in eurem Kontakt. Ich werde versuchen, dir nach bestem Wissen und Gewissen zu raten. Interessant finde ich - das will ich offen zugeben - dass du uns gefragt hast, obwohl du nicht damit rechnen konntest, dass dir ein Muslim raten würde (was ich ja auch nicht bin). Du hast aber durchaus das Glück, in mir einen religiösen Menschen angetroffen zu haben, und also werde ich dir sagen, was ich dazu denke.

Man kann viele Vorstellungen haben, wie Gott in der Welt wirkt: Manche Menschen sind der Meinung, alles sei voller Zeichen und Hinweise, manche versteckt und verschlüsselt, manche offensichtlicher. Zu der Zeit, als die christlichen Heiligen lebten, und zu der Zeit auch, als Mohammed in Mekka auftrat und zu den Menschen sprach, zu dieser Zeit war es für die Leute eine Selbstverständlichkeit, dass das Göttliche sich ständig und überall offenbart. Ein Komet am Himmel, zwei Vögel, die vor dir vom Weg auffliegen, ein plötzliches Gewitter, ein Stein, an dem du dir den Fuß stößt - all das wurde ernst genommen, gedeutet, hinterfragt und mit einem Sinn versehen. Nicht umsonst sagt man auch heute noch "Die kleinen Sünden straft der liebe Gott sofort!", wenn man sich nur in den Finger schneidet, oder "Ich schickte noch ein Stoßgebet zum Himmel, bevor ich..." Selbst Menschen, die nicht an Gott glauben, gebrauchen häufiger solche Ausdrücke. Der Mensch hat es gern, wenn alles, was passiert, einem Plan und einer Ordnung folgt. Die Religion - alle Religionen - sind im Grunde Ansichten darüber, nach welchem Plan die Welt funktioniert. Je nach ihrer Erziehung und ihrer persönlichen Überzeugung ordnen die Menschen sich den Religionen zu. Zu einer Zeit, als man wirklich noch nicht wusste, dass über den Wolken das Weltall ist und nicht die Grenze des Reiches Gottes, lag es nahe, die Religion in allem und jedem wiederzufinden. Was immer die Menschen sich nicht erklären konnten, musste erst jemand so deuten, was Gott sich dabei gedacht haben könnte - dann war man zufrieden, oder auch nicht.

Warum erzähle ich das alles? Weil du in deinem Text genau eine solche Weltsicht angedeutet hast. In der Tat: Wenn du dir mit deiner Freundin eine Zukunft vorstellen kannst, ist das eine weitreichende Entscheidung, die wohlüberlegt sein will. Legen wir doch noch einmal die Fakten auf den Tisch: Du verstehst dich wunderbar mit ihr, ihr habt viele Gemeinsamkeiten, ihr könnt gemeinsam über die Zukunft nachdenken. Ihr seid sehr glücklich miteinander, habt aber Bedenken, dass ihre Eltern mit der Beziehung nicht einverstanden sein könnten. Diese Bedenken ehren euch, da sie zeigen, dass ihr gerne mit eurer Familie in Einvernehmen sein wollt. Andererseits: Wenn sie sehen, wie gut ihr euch seid und wie vielversprechend diese Liebe ist, was sollten sie dagegen einzuwenden haben? Wenn es rein darum geht, dass die Liebe bis zur Heirat warten soll, so ließe sich ja einwenden, dass ihr euch bisher noch gar nicht gesehen habt. Dein Leben hat dir ein wunderbares Mädchen beschert, mit der du glücklich sein möchtest. Muss das nun eine Prüfung Gottes darstellen, damit du im Glauben fest bleibst, auch wenn dieses Glück nicht dauerhaft sein sollte? Oder ist es vielleicht so, dass Gott dich mit diesem Glück belohnen möchte, dir aber auch zutraut, mit den Schwierigkeiten fertig zu werden? Oder ist es so, dass ihr beide zusammen kommen sollt, um ihrer Mutter - auch wenn sie zuerst misstrauisch sein sollte - die Freude zu ermöglichen, ihre Tochter glücklich und gut aufgehoben zu sehen? All das sind Möglichkeiten, wie man diese Sache deuten könnte, und keine davon ist unbedingt wahrscheinlicher als die andere. Warum neigst du der zu, bei der du selbst der Böse bist? Geht es denn immer um Gut und Böse? Ist nicht auch das Gute manchmal mit Schwierigkeiten verbunden, genauso wie das Böse auch eine Weile befriedigen kann?

In den Evangelien gibt es eine Stelle, die sagt: "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Erntet man etwa von Dornen Feigen und von Disteln Trauben? Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen, und ein schlechter Baum keine guten. Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund." Deine Freundin und du habt durch euren Kontakt bisher nur Gutes erfahren, seid in eurem Lebenseifer bestärkt worden, und auf jeden Fall hätte diese Liebe mehr Chancen, auch für eure Familien einen Gewinn zu bedeuten, als eine Beziehung, in der du nicht glücklich bist. Leuchtet das nicht ein? Wenn das, was du erlebst, schlecht wäre, würdest du es eindeutig merken, weil es sich nicht gut anfühlen würde. Dein schlechtes Gewissen täuscht sich darin, dass das Ganze nicht gut sein könnte, weil es eine Vorschrift allenfalls oberflächlich kratzt. Es ist gut, weil ihr euch gut damit fühlt, weil ihr dadurch nur zu guten Plänen und Lebensfreude, Ehrgeiz, Kraft und Glück gefunden habt. Und was eure Familien betrifft, speziell ihre Eltern - für Eltern ist es stets schwierig, zu sehen, wie ihre Kinder eigene Entscheidungen treffen. Was kannst du denn dafür, dass du sie nicht zwei Jahre später getroffen hast, oder durch deine Eltern auf sie gekommen bist? Was ist wichtiger: Jede noch so kleine Vorschrift einzuhalten, selbst wenn dadurch ein großes Leid entsteht, ein größeres, als wenn man sie außer Acht ließe - oder darauf zu vertrauen, dass Gott weiß, warum du dich so entscheidest, und den größeren Sinn darin sehen wird? Nämlich ein Leben mit der Frau zu führen, die du liebst, und damit eines, in dem du auch deinen Glauben am besten und freudigsten entfalten kannst. Das wird sich auch auf alle anderen übertragen, die mit euch zu tun haben.

Wenn du davon ausgehst, dass Gott deine Wege bis ins Letzte vorgezeichnet hat - dass er will, dass du dich strikt entlang von Traditionen bewegst: Dann kann es dir passieren, dass du in die Lage kommst, Menschen leiden lassen zu müssen, weil ein Gebot dich hindert. "Aber was" - lesen wir in der Bibel -, "was ist wichtiger: Gutes zu tun, oder Treue gegen den kleinsten Buchstaben?" Wenn Gott wollte, dass wir nach dem kleinsten Buchstaben leben, weil das sein Wille ist, dann würde er für die Menschen, die das tun und an ihn glauben, auch keine Situationen entstehen lassen, in denen sie sich entscheiden müssen. Was könnte er mehr verlangen, als den Entschluss? Wozu sollte er dergleichen fordern, wenn nicht, um den Menschen ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen? Was wir in der Wirklichkeit aber sehen, ist etwas Anderes: Nämlich dass der Versuch, vollständig nach den Geboten zu leben, uns regelmäßig in Situationen führt, in denen wir versucht werden, eines zu übertreten. Und zwar nicht, indem wir Böses, sondern indem wir Gutes tun. Und Gutes zu tun - das ist doch das größte Gebot. Also hast du nur von zweien das wichtigere vorgezogen, oder? Denn etwas Besseres, als andere Menschen glücklich zu machen, kann es ja wohl nicht geben.

Ich kann dir deine Entscheidung nicht abnehmen. Aber ich persönlich hoffe, dass du sie so treffen kannst und wirst, dass du dabei glücklich bist - und nicht dem Bedürfnis nachgibst, Gott etwas in den Mund zu legen, was zweifelhaft ist. Wenn du auf Gott vertrauen möchtest, dann tritt vor ihn und sage: Ich werde meinen Gefühlen folgen und damit viel Gutes wirken. Wenn du mir vergibst (so da etwas zu vergeben sein sollte) wirst du einen freudigen Diener bewahrt haben. Wenn nicht, wirst du ihn verderben, ohne dass er es verdient." Wenn Gottes Wille geschehen soll, solltest du auch nie vergessen: Der Tag, an dem wir wirklich erfahren werden, wie Gott uns bewertet, kommt erst nach unserem Tod. Davor - davor müssen wir trachten, so zu leben, wie WIR glauben, wie Gott uns wollen würde. Und ich denke, dass er will, dass du glücklich bist.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul