Problem von Anonym - 23 Jahre

Ich weiß nicht mehr weiter. ..

Guten Tag,
ich weiß nicht ob ich zu alt für dies hier bin (?) Aber wüsste sonst nicht mehr wo ich mir noch Rat holen soll.
Ich schildere mal kurz mein Problem, meine Eltern streiten seit Jahren fast jeden Tag... Meist wegen Kleinigkeiten wo ich mir richtig dumm vorkomme das deswegen ein Streit bei ihnen aufkommt. Irgendwann fing mein Stiefvater an meine Mutter zu Beschuldigungen sie würde fremd gehen. So wie wir herausgefunden haben hat / hatte er auch ihr smartphone gehackt um ihre nachrichten zu lesen und wir haben auch gemerkt das er irgendwie die Wohnung abhört, da er immer gewusst hat was gesprochen oder beredet wurde (einmal hat er sich im Streit versprochen und meinte es sei sein gutes Recht hat so was zu machen).
Da ich aber meine Mutter gut kenne und sie mit mir über ALLES spricht weiß ich zu 100% das sie so was nicht tun würde, wir haben eher den Verdacht das er mal nicht treu war und nun bei ihr irgendwie so was auch sucht, allerdings spricht man ihn drauf an bleibt er stur.
Letztes Jahr hat er ohne was zu besprechen oder zu klären sein Tochter bei uns einziehen lassen, das war so meine Mutter kommt von Arbeit und sie war einfach da...
Darauf hin entfachte sich hier ein Streit und Klima das ich niemanden wünsche. .. Es ging dann so weit das sie sich getrennt hatte ... für 3 Tage... Er ging Freitags, ich war das Wochenende weg komme montags wieder ist der auch wieder da mit seiner Tochter.
Aber danach war alles harmonischer, hielt nur nicht lange an.
Die Streitereien fingen wieder an, genau so wie Drohungen zu meiner Mutter "ich könnte dich verschwinden lassen" ... Ich finde so was geht gar nicht, nennt man doch Rufmord oder? Ich meinte sie soll zur Polizei gehen, sich trennen, eine andere Wohnung suchen dem ganzen Stress entkommen, aber nie passierte etwas auch wenn sie meinte sie macht es.
Er lässt sie nachts nicht schlafen, sie muss um 7 aufstehen, er kommt um 3 nach hause und macht sie wach... Um mit ihr zu reden.. Ich finde das abnormal und wenn man ein normal menschliches denken hat macht man so was nicht!
Nun ist es so weit das ich auch nur noch in der Wohnung von ihm aus "geduldet" bin... Ich sitze die letzten Monate nur in meinem zimmer und gehe arbeiten, ich trau mich bei dem ganzen gar nicht mehr raus. Ich würde gern weg aber finanziell kann ich mir keinen Wohnung leisten und würde auch keine bekommen ... Außerdem mag ich ungern meine Mutter hier lassen.
Alle haben sie immer eine große klappe meinen ich soll ausziehen oder ich soll sehen was passiert ... Was soll denn noch alles passieren ... (Ich kann hier ja auch nicht alles rein schreiben , würde zu lang werden)

Ich weiß nur nicht was ich nun tun soll, ich mag hier raus aber mit meiner Mutter das sie von diesem Tyrannen weg kommt.

Vielen dank fürs Lesen und das ich mein Herz so ein bisschen ausschütten konnte

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Anonyme,

ich freue mich, dass wir dir die Möglichkeit geben konnten, dein Herz zu erleichtern. Nun ist es natürlich so: Ob sich in der Situation, die du beschrieben hast, etwas bessert, hängt sehr von deiner Mutter ab. Sie muss sich bewusst und konsequent für ihre Freiheit und gegen den Mann entscheiden, der sie so einengt und unterdrückt. Du kennst deine Mutter besser als ich, und vielleicht hast du eine Vorstellung, was sie bewegt, deinen - absolut richtigen - Rat, sich zu trennen, zur Polizei zu gehen, nicht anzunehmen. Möglicherweise hat sich bei ihr schon so viel Angst angesammelt, dass sie sich nicht traut. Vielleicht hat sie auch die Zwänge, die ihr Partner auf sie ausübt, schon so verinnerlicht, dass sie sich kaum mehr eingestehen kann, wie sehr es ihr schadet. In jedem Fall hast du Recht: Es muss etwas geschehen.

Besonders geschockt hat mich die Sache mit dem Abhören. Es ist selbstverständlich nicht sein gutes Recht, dergleichen zu tun - das allein zeigt schon, dass ihm kein bisschen an ihrer Person gelegen ist. Ich darf keine rechtliche Beratung erteilen, doch wäre es wirklich wichtig, dass die Polizei davon erfährt. Letztlich musst du deiner Mutter ihre Entscheidung lassen - solltest aber nicht nachlassen, ihr immer und immer wieder deutlich zu machen, wie unsäglich die Lage ist, und wie sehr du sie selbst leiden siehst. Als letzten Ausweg - na ja, das wäre wohl, wenn du sie "mit sanfter Gewalt" zur Polizei mitnimmst, schilderst, was los ist, und sie das Ganze bestätigen lässt. Eine Trennung ist die einzige Möglichkeit, ihren Frieden und ihre Selbstbestimmtheit zurückzuerhalten. Und wie du gesehen hast, kann sie sie nicht allein durchziehen. Daneben ist es auch deshalb wichtig, damit nach außen zu gehen, weil es ja sein könnte, dass ihr Partner sie danach immer noch bedrängen würde.

Ich sehe deinen Punkt: Was soll denn noch alles passieren?, fragst du dich. Die Antwort ist: Offenbar hat deine Mutter entweder ihre Schmerzgrenze noch nicht erreicht, oder - was sehr viel wahrscheinlicher ist - hat nicht die Kraft, dazu zu stehen, dass es so ist. Hier musst du aktiv werden. Ich denke, du solltest dich nicht scheuen, gegenüber deiner Mutter auch sehr eindeutig zu werden. Das heißt - vielleicht auch laut. Wenn es sonst noch jemanden gibt, dem du zutraust, deine Mutter zu erreichen, dann bitte ihn oder sie, ihr ins Gewissen zu reden. Was dich betrifft, wirst du vermutlich ausziehen, sobald du es dir leisten kannst, wenn diese Sache sich fortsetzt. Dann wird sie dem Ganzen jedoch ausgeliefert bleiben, und sich am Ende noch weiter der Realität entfremden. Außer zuraten und drängen kannst du nicht viel machen, das stimmt. Allerdings - auch du kannst den Partner deiner Mutter anzeigen, vergiss das nicht. Vieles von dem, was du genannt hast, betrifft schließlich auch dich. Und überdies könnte ich mir vorstellen, dass deine Mutter eher bereit ist, reinen Tisch zu machen, wenn du einmal wirklich Tacheles geredet hast. Ihr zur Not eine Szene gemacht hast. Es wird vermutlich nicht gleich kommen - aber vielleicht kommt sie nach einer Weile auf dich zurück und gesteht dir, dass du Recht hattest. Dann könnt ihr dort ansetzen und überlegen, wie ihr es am besten macht. Doch zögere nicht, denn jeder weitere Tag birgt neue Risiken.

Schließlich möchte ich dir auch meine Achtung aussprechen, dass du dich so um deine Mutter sorgst und das alles so klar siehst. Wenn sie deine Unterstützung hat, wird sie sicher bald wieder zurück ins Leben finden, sobald diese Hölle ausgestanden ist. Bis dahin wünsche ich dir Stärke und Mut, um ihr ins Gewissen zu reden, und auch den vielfältigen Beeinträchtigungen und Belästigungen durch ihren Partner zu widerstehen.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul