Problem von Anonym - 14 Jahre

Es existiert nur noch Schule in meinem Kopf....

Hallo. Als vor etwa 9 Wochen die Schule für mich anfing,( bin Schweizerin) war alles normal. Doch nach einer Woche konnte ich nicht mehr abschalten. Ich denke seit etwa fast 9 Wochen durchgehend an die Schule. Selbst an den Wochenenden kann ich meine Hobbys nicht richtig ausführen, da mich die Gedanken an die Schule mitreissen. Sogar nachts träume ich von der Schule. Seit einer Woche Kriege ich immer wieder Fieber während des Unterrichts und schlimme Kopfschmerzen. Ich bin mega aggressiv geworden, da ich auch immer wieder nachts aufwache und kaum noch Schlaf habe. Wenn ich morgens aufstehe Kriege ich immer wieder das Gefühl gleich zusammenzubrechen und brauche mindestens 20 Minuten bis ich aus dem Bett aufgestanden bin.
PS: ich werde nicht gemobbt und habe auch keine Probleme mit den Lehrern.
PPS: bin in der 8. Klasse.

Christina B. Anwort von Christina B.

Liebe Anonyme,

Zunächst mal danke, dass du dich mit deinem Problem an uns gewandt hast.
Schule kann manchmal ganz schön belastend sein. Du bist nicht die erste und wirst auch nicht die letzte sein, die mit dem hohen Arbeitspensum überfordert bist. Da kann ich dich wirklich gut verstehen. Das Gefühl, dass in seinem Leben nur mehr Schule existiert, ist wahrlich kein angenehmes. Du wirkst auf mich wie ein sehr zielstrebiges, ehrgeiziges und fleißiges Mädchen, das offensichtlich auch weiß, dass Schule wichtig ist. Anscheinend nimmst du das Thema Schule sehr ernst, was ich dir wirklich nur hoch anrechnen kann! Das ist etwas positives und wertvolles!

Doch natürlich sollte die Schule auch nicht der komplette Lebensinhalt sein. Nun erzählst du, dass du Fieber und schlimme Kopfschmerzen hast und nicht richtig schlafen kannst. Kann es sein, dass das mit dem Gefühl zusammenhängt, nicht abschalten zu können? Oder glaubst du, rührt es davon her, dass du dir Sorgen machst, ob du die Prüfungen bestehst? Was sind die Inhalte deiner Träume? Das könnte dir einen Hinweis darauf geben, was genau dich an der Situation so belastet.
Der Schlaf ist allerdings etwas sehr wichtiges, und gerade wenn dein Hirn ständig arbeitet und lernt, muss man Pausen einlegen, in denen es ruhen darf. Bei Schlafproblemen gibt es mehrere Dinge, die man tun kann. Es gibt Meditations-CDs oder Entspannungs CDs mit ruhiger Musik, die man sich auflegt, wenn man sich ins Bett legt; es gibt verschiedene Atemübungen (z.B.: Die bekannteste ist die Bauchatmung, einfach tief ein und aus in den Bauch einatmen und die Gedanken mit Luftballons davon ziehen lassen.), es gibt aber auch die Möglichkeit, sich im Schlaflabor austesten zu lassen und dort zu untersuchen, wo die Schlafprobleme herkommen. All das sind Möglichkeiten, die helfen können - vielleicht ist ja etwas für dich da dabei.

Das Fieber und die wiederkehrend auftretenden Kopfschmerzen löst in mir den Gedanken aus, dass diese Symptome womöglich psychosomatisch und stressbedingt sind. Stress ist eigentlich ein innerer Antreiber, der uns hilft, unsere Ziele zu verwirklichen. Aber auf Dauer erlebt, kann er verstärkt zu dem Zustand führen, dass man sich überfordert fühlt und glaubt, die Situation nicht mehr bewältigen zu können und eventuell die Folgen des Scheiterns als bedrohlich erlebt. Es könnte helfen, sich zu fragen: Was ist denn die Ursache für meinen Stress? Wo liegt der Ursprung dieser sich immer weiter drehenden Stress-Spirale? Welche Situation hat dazu geführt, dass es immer schlimmer geworden ist? Beim Thema Schule kann es oft sein, dass man an der Situation etwas verändern muss - zum Beispiel wenn man in einem Fach eher schlechtere Noten schreibt und einen das stresst, könnte es helfen, Nachhilfestunden zu nehmen oder einfach mehr zu lernen. Dann aber gibt es auch die SchülerInnen, die schuften wie die Pferde und lernen richtig viel, schaffen es aber dennoch nicht, eine gute Note zu schreiben. Im zweiten Fall ist dann noch mehr zu lernen oft sogar kontraproduktiv, denn es geht hierbei um etwas anderes. Welche Situation ist bei dir gegeben? Nach deiner Schilderung denke ich persönlich, dass es bei dir darum geht, dass du ohnehin schon sehr viel lernst und vielleicht trotzdem scheiterst? Oder scheiterst du gar nicht, bist einsame Spitze in der Schule, aber das hohe Arbeitspensum ist dir zu viel? Denn auch das gibt es. In beiden Fällen wäre es wichtig, einen Ausgleich zu finden. Das kann ein Hobby sein, ein lustiger Nachmittag oder Abend mit FreundInnen oder ein gutes Buch. Auch Sport ist für viele lernende ein guter Ausgleich. In der heutigen Zeit ist es leider oft so, dass wir geistig wahnsinnig erschöpft sind, unser Körper aber überhaupt nicht beansprucht wurde und auch nicht müde ist. Wenn man ihm dann die Bewegung gibt, die er braucht, kann es auch dafür sorgen, dass man sich ausgeruhter fühlt. Was auch immer man als Ausgleich sieht, für einen selbst muss es stimmig sein. Was könnte da für dich einen Ausgleich zum stressigen Schulalltag darstellen? Wenn du sagst, dass es dir an den Wochenenden nicht gelingt, deine Hobbys auszuüben, frage ich mich, woran das liegt. Arbeitest du auch das ganze Wochenende an Schulaufgaben? Oder hast du vielleicht ein schlechtes Gewissen, wenn du es nicht tust? Kannst du deine Freizeit genießen? Vielleicht musst du dir erst selbst erlauben, dass du auch mal abschalten "darfst". Könnte es das sein?

Bei manchen Leuten ist es auch die Nervosität, die zuschlägt und dafür sorgt, dass bei einer Prüfung oder Schularbeit das Hirn wie leer gepustet ist. Das nennt man auch Black-Out, wahrscheinlich hast du davon schon mal gehört. Warum macht das Hirn zu? Warum beeinflusst einen manchmal die Nervosität so sehr, dass, obwohl man alles gelernt hat, man dennoch keine gute Note schreibt? Oft liegt eine negative Sichtweise über die eigene Person vor. Manche Leute glauben, sie seien nicht gut genug. Manche glauben auch einfach nicht an sich selbst. Manche denken "Ich schaffe das sowieso nicht. Ich bin so schlecht. Ich kann das nicht." und steuern sich demnach selbst in die negative Richtung. Bei solchen Gedanken ist es wichtig, sie in die umgekehrte Position zu "locken". Man kann sein Hirn ganz schön austricksen. Das kann gelingen, indem man sich den positiven Satz wieder und wieder im Kopf vorsagt. Anfangs kommt man sich vielleicht blöd vor, bald aber fällt es einem schon leichter und irgendwann kommt der Tag, an dem man das, was man da vor sich hin sagt, auch tatsächlich glaubt! Solche positiven Glaubenssätze wären "Ich kann es, weil ich hab alles gelernt." oder "Ich bin ganz ruhig und gelassen.", "Ich schaffe das mit links.", "Ich gebe mein Bestes und bemühe mich. So ist es richtig.", "Ich weiß, dass ich gut bin." , "Ich glaube an mich und meine Fähigkeiten." usw. Noch besser wirkt diese Übung, wenn man die Sätze vorm Spiegel sagt und am besten überall in der Wohnung Zettel verteilt, auf denen die Sätze drauf stehen. So legt man den Fokus zunehmend darauf. Wenn dieses Thema bei dir zutrifft und du dich noch mehr dafür interessierst, schau dir mal das Buch "Spiegel-Arbeit" von Louise L. Hay an. Vielleicht ist da was für dich dabei! Auch autogenes Training oder Mentaltraining könnte bei Nervosität und Stress im allgemeinen helfen. Hier kannst du dich darüber informieren:
https://www.tk.de/tk/behandeln-a-z/a/autogenes-training/25094
http://zentrum-autogenes-training.at/
Das Autogene Training hilft auch bei Schlafstörungen.

Als letztes möchte ich dir noch eines mitgeben: Schule ist sehr wichtig und ich finde es toll, dass du anscheinend wirklich viel dafür tust. Aber sie ist nicht das einzige, was im Leben zählt. Auch gute Noten sind toll und man ist hocherfreut, wenn man in jedem Fach nur Einser hat, aber du musst für dich entscheiden, sollte der Fall bei dir so liegen, ob die Freude über deine Noten deinen Stress wirklich aufwiegt. Ich selbst war auch immer sehr ehrgeizig in der Schule, habe aber erst danach erkannt, dass ich, wenn ich mich selbst nicht so unter Druck gesetzt und auch mal losgelassen hätte, während meiner Schulzeit ein leichteres Leben hätte führen können.

Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen!
Alles Gute wünsche ich dir.

Herzliche Grüße,
Christina