Problem von Laura - 14 Jahre

Ein zwei (oder mehr) Probleme (2) - An Anna

Hallo Anna,

ich finde es echt toll so eine lange und ausführliche Antwort erhalten zu haben. Darum erstmal großes Kompliment ans Team (und natürlich an dich) ;)

Du hast schon recht, dass es gar nicht so einfach ist, ständig mit anderen in Kontakt zu sein. Wir haben gerade Ferien und ich habe jetzt mal drei Tage das Handy einfach aus gelassen und was soll ich sagen: Mir ging es wirklich erstmal besser. Es tut gut, mal abzuschalten.
Die Gedanken der anderen gehen wohl nicht so in Richtung Philosophie, auch da hast du vermutlich recht. Ich kann zwar mit zwei der 5 Freundinnen noch verhältnismäßig gut über so Dinge sprechen, wechsle dann aber doch lieber schnell das Thema, da ich erstens Angst habe als irgendwie komisch wahrgenommen zu werden und zweitens bemerke, wie es ihnen unangenehm ist, mir zu sagen, dass sie sich darüber jetzt keine Gedanken machen wollen. Da wechsle ich das Thema lieber selbst, wenn du verstehst, was ich meine? Das einzige Gebiet, mit dem ich mich mit meiner BF mal eingehender beschäftigt habe, sind die verschiedenen Sexualitäten, aber das fanden wir einfach beide total spannend (na ja es kann auch daran liegen, dass ich verliebt in sie bin, aber darauf komme ich später nochmal zu sprechen...)

Ich habe mir das mit der Hochsensibilität mal angesehen und es treffen viele (z.b, in der Soforthilfe oder in der Antwort von dir genannte) Merkmale auf mich zu. Zum einen kann ich mich sehr detailiert in eine Sache vertiefen (ich habe mit letztens im Zoo einen einzigen Fisch eine Viertelstunde angesehen und ihn total bewundert, während meine Familie schon weit weg war :D). Dann besitze ich ja eben auch einen Hang zum Nachdenken und Träumen, bin ziemlich leicht verletzbar, ziemlich perfektionistisch, bin gern allein, hasse Ungerechtigkeiten (und wenn jemand sagt, dass er etwas hasst, mag ich das eigentlich auch nicht, da Hass meiner Meinung nach so viel mehr ist, als nur nicht mögen können...), bin gern mal allein, mag es, mich in andere hineinzuversetzen und bin schnell mal hektisch oder gereizt. Als ungewöhnlich kreativ kann man mich vlt auch beschreiben: Ich dichte, schreibe Texte und Kurzgeschichten und an einem Buch, zeichne, male, schreibe eigene Songs und denke mir ganz viele neue Personen aus. Außerdem reizt mich die Psyche des Menschen irgendwie. Och Gottchen es trifft ja wirklich fast alles zu... Jedenfalls werde ich mich damit wohl noch etwas eingehender beschäftigen müssen, um herauszufinden, wie ich damit am besten umgehen und dies für mich nutzen kann.

Ich entschuldige mich jetzt schon mal dafür hier wieder so einen ellenlangen Text einzutippen, aber ich würde gern noch auf zwei weitere Probleme eingehen, die auch wieder zusammenhängen könnten:
Ich habe bemerkt, dass ich wohl ein etwas merkwürdiges Selbstwertgefühl besitze. Es gibt so Tage da bin ich extrem von mir überzeugt und fast schon arrogant (und da bin ich nicht wirklich stolz drauf) und aber Tage, an denen ich nicht glaube, dass mich irgendjemand auch nur irgendwie mag (und auf die bin ich noch viel weniger stolz). Es ist nicht so, dass ich nicht weiß, dass mich zumindest meine Mutter und mein Vater lieben, aber bei meinen Freunden fühle ich mich irgendwie manchmal unaufgehoben und einsam. Meistens hänge ich irgendwo zwischen glücklich und total einsam fest.
Nun kann es sein, dass das unter anderem an einer anderen Sache liegt, die ich oben schon erwähnte. Zwar war ich auch vorher schon so, aber seit dem ist es glaube ich noch etwas krasser. Aber zur Sache: Ich bin in meine beste Freundin verliebt und das ziemlich sicher... Vor ein paar Wochen habe ich es einer anderen Freundin erzählt und diese hat mir geraten mit ihr zu reden. Nun war ich aber zu feige. Da hat diese andere Freundin bei ihr angerufen (natürlich mit meinem Einverständnis) und es ihr erklärt. Wir haben am nächsten Tag miteinander esprochen und sie hat mich (wie hätte es auch anders kommen sollen) gekorbt, da Freunde für sie wie Familie seien. Das war vor ca. 2 Wochen. Ich bin seit dem recht unglücklich (aber nur wenn ich allein bin zeige ich das), da mich das natürlich verletzt hat. Das sie sich, wie ich über länger zurückliegende Gespräche schon in Erfahrung gebracht habe, eine Beziehung mit einem Mädchen forstellen kann, macht es nicht einfacher. Auch nicht, dass ich nicht weiß, ob sie mich nur korbt, weil ich eine Freundin bin und ob sie sonst vlt. interessiert wäre und das sie Interesse an einem anderen Mädchen aus meinem Bekanntenkreis hat trägt auch noch zu dieser Krise bei. Wir haben über meine Gefühle eben auch nur dieses eine Mal gesprochen (und das war wirklich nicht einfach). Sonst ist alles wie immer. Also natürlich ist es das für mich nicht, aber ich spiele eben mit. Es tut trotzdem weh. Aber wie schon gesagt: Ich bin nicht gut darin, so etwas zu zeigen oder jemandem mitzuteilen. Und auch wenn es weh tut, irgendwie will ich, dass es so bleibt, auch wenn das wahrscheinlich extrem merkwürdig klingt? In irgendeinsterweise ist es ja auch schön, verliebt zu sein, aber dann bin ich auch wieder unglücklich. Ich glaube nicht, dass ich schon soweit bin, diese Gefühle einfach abzuhaken (da ich auch noch sehr neidisch bin, wenn sie mit diesem anderen Mädchen spricht). Irgendwo habe ich vlt. blöderweise doch noch Hoffnung, es könnte etwas werden.
Könnte das Alles vielleicht irgendwie mit dieser Selbstwert-Sache zu tun haben? Ich meine mir ist schon klar, dass man einen Korb nicht einfach so wegsteckt, wobei ich immer dachte, ich könnte das. Aber ich kann es nicht. Und die einzige Person, mit der ich ernsthaft über sowas sprechen konnte war sie. Aber das wäre merkwürdig, da es ja jetzt um sie selbst geht und nicht um wen anders. Sie bedeutet mir viel. Dennoch wird es ja nicht allein an dieser einen Abweisung liegen, oder doch? Ich habe immernoch das Gefühl, extrem kompliziert zu sein :-)
Naja eigentlich wollte ich über sie auch gar nicht so viel schreiben... Im Moment hilft es mir am meisten, mich abzulenken, in dem ich Dinge tue, die mir Spaß machen.
Hm. Ich weiß, dass ich vergessen habe irgendetwas dazuzuschreiben, aber es will mir irgendwie nicht mehr einfallen.

Ich hoffe der Text war nicht allzu lang :) Danke schon mal dafür, dass du ihn gelesen hast und

ganz liebe Grüße

Laura

Anna Anwort von Anna

Liebe Laura,

es freut mich sehr, wenn ich Dir mit meiner Antwort ein bisschen weiterhelfen konnte. Manchmal sind es schon einfach neue Denkanstöße, die einem helfen, einen Überblick über die eigene Situation zu bekommen oder für sich neue Wege zu entdecken.

Es freut mich auch, dass Du direkt mal Dein Handy für ein paar Tage ausgeschaltet hast und gemerkt hast, dass es Dir besser ging. Mir fällt sowas immer sehr schwer, aber sobald ich es aus habe, merke ich, dass ich gleich viel ruhiger werde. In meiner Schulzeit hat das gerade erst angefangen, dass man ein Handy hatte - dann aber natürlich ohne Internet und meist nur wenig Guthaben für SMS. Soziale Netzwerke gab es damals auch so gut wie gar nicht, zumindest waren sie bei uns noch überhaupt nicht angekommen. Und wenn ich daran denke, was für ein Stress Schüler und Schülerinnen heutzutage mit den sozialen Medien haben, bin ich ganz froh, dass es das damals noch nicht gab. Denn wenn man sich dann tagsüber in der Klasse nicht wohl gefühlt hat oder Streit hatte mit Freundinnen, konnte man nachmittags zuhause einfach davon abschalten. Natürlich hatte man Gedanken an den nächsten Tag, wenn man sie alle wieder sehen musste, aber die Welten waren doch richtig voneinander getrennt und zuhause konnte man einfach für sich sein und sich von dem Stress erholen. Gerade für Hochsensible ist das unheimlich wichtig. Deshalb freut es mich sehr für Dich, dass Du Dein Handy tagelang ausschalten konntest und gemerkt hast, wie gut das tun kann. :)

Ja, ich kenne das - mit manchen Menschen kann man besser über manche Themen sprechen, mit anderen besser über andere Themen. Das muss nicht unbedingt was über die Qualität der Freundschaft aussagen, man kann sich ja auch so sehr nahe sein. Aber je mehr Themen es gibt über die man mit seinen Freunden und Bekannten nicht sprechen kann, desto einsamer kann man sich fühlen. Wichtig ist, dass Du nicht aufgibst, Dich mitzuteilen. Wenn Du merkst, Deine Freundinnen interessiert das nicht so, dann ist das ok, dann musst Du ja nicht zwanghaft mit ihnen darüber sprechen, wenn Du merkst, dass es ihnen unangenehm ist. Aber bei anderen Menschen kannst Du es ja dann einfach mal ausprobieren und wenn da das Interesse auf Gegenseitigkeit beruht, hast Du jemanden gefunden! :)
In der Schulzeit immer in einer festen Klasse zu sein, kann sowieso schnell dazu führen, dass man sich einsam fühlt. Wenn man Pech hat und in einer Klasse ist, wo man sich unter den Leuten nicht so wohl fühlt, muss man sie trotzdem das ganze Jahr über jeden Tag sehen und das führt schnell dazu, dass man sich auch nur noch mit DIESEN Leuten vergleicht. Ist man mit ihnen nicht auf einer Wellenlänge, interpretiert man das schnell so, dass man mit ALLEN Menschen nicht auf einer Wellenlänge ist. Später kann es einem im Beruf genau so gehen, wenn man täglich 9h unter Kollegen verbringen muss, mit denen man einfach nicht richtig warm wird. Man ist dann ganz schnell isoliert, obwohl es genug andere Menschen gäbe mit denen man sich super versteht.

Wow - da hast Du ja wirklich viele Übereinstimmungen mit Hochsensibilität gefunden! :) Da lohnt es sich auf jeden Fall mal, sich die Sache näher anzuschauen und sich damit zu beschäftigen. Natürlich ändert das Wissen über Hochsensibilität Deine Probleme nicht, aber es kann dazu führen, dass Du Dich selbst besser akzeptieren kannst, dass Du vielleicht stärker Deine positiven Eigenschaften und Stärken ins Auge fasst und Dich nicht dauernd fragst, ob mit Dir irgendwas nicht stimmt.
Ich finde es immer besonders schön, jemand anderen kennenzulernen, der hochsensibel ist. Oft fühlt man sich dann automatisch verstanden und seltsamerweise teilt man viele gemeinsame Interessen.
Worüber schreibst Du denn Geschichten? :) Das klingt wirklich interessant!! :)

Ich weiß ungefähr, was Du mit dem merkwürdigen Selbstwertgefühl meinst und ich kann mir vorstellen, dass das für Dich sehr irritierend sein muss, Dich an manchen Tagen oder Situationen besonders gut und überzeugt von Dir zu fühlen und an anderen Tagen Dich nur wie ein Häufchen Elend fühlst. Ich denke, beide Seiten haben irgendwie ihre Berechtigung. Auf der einen Seite weißt Du, dass Du ein sehr starker Mensch bist, der selbstbewusst hinter dem steht, was er denkt und tut, aber auf der anderen Seite zweifelst Du an Deiner Liebenswürdigkeit in Bezug auf andere. Also Du weißt ungefähr, wer Du bist, was Du magst und was Du willst, aber auf der anderen Seite hast Du vielleicht Angst, dass andere das nicht wissen könnten und Dich nicht so annehmen könnten, wie Du es in manchen Situationen kannst oder tust. So würde ich mir das erklären. Eigentlich bist Du zufrieden und glücklich mit Dir, aber was Beziehungen zu anderen Menschen angeht (Eltern, Familie, Freunde usw.) bist Du Dir sehr unsiher und vielleicht sehr misstrauisch.
Du kannst das ja mal weiter beobachten und schauen, dass die beiden Gefühle nicht zu stark auseinander driften. Ich denke aber, dass das ein normaler Prozess ist, der dazu dient, herauszufinden, wer Du wirklich bist, Deine Mitte zu finden und vor allem einen Platz ZWISCHEN anderen Menschen in der Welt zu finden.
Ich glaube aber, dass das nicht unbedingt etwas damit zu tun hat, dass Du in Deine Freundin verliebt bist und einen Korb bekommen hast. Das verstärkt natürlich das Gefühl von "sozialer Unsicherheit", aber ich glaube nicht, dass das die Ursache dafür ist.
Hast Du denn noch jemanden mit dem Du über Deine Freundin sprechen kannst? Es würde mich sehr für Dich freuen, wenn das zwischen euch ein gutes Ende nimmt. :) Dass ihr miteinander befreundet seid, macht das Ganze aber natürlich nicht leichter, immerhin kennt ihr euch schon gut und solche Gefühle können sich immer negativ auf eine Freundschaft auswirken. Ich denke aber, es ist ganz gut, wenn Du vor ihr oder öffentlich nicht unbedingt zeigst, dass Dich alles so belastet, denn es würde an eurem Verhältnis wahrscheinlich nichts Positives bewirken. Wie hat sie denn reagiert in eurem Gespräch über Deine Gefühle für sie? Also ich meine, wie hast Du sie in dem Moment und danach die Zeit empfunden?
Vielleicht ist es auch nicht schlecht, dass jetzt erstmal Herbstferien sind und Du eine gewisse Distanz zu ihr bekommst und sie nicht jeden Tag sehen musst. Oft hilft es auch, sich auch mal außerhalb der Schule zu treffen, um eine Person in einem anderen Licht sehen zu können und für den anderen ist es dann auch leichter, über bestimmte Gefühle nachzudenken und vielleicht sogar zu sprechen. Gäbe eure Situation das denn im Moment her? Was sagt Dein Bauchgefühl?

So viel erstmal für heute. Ich wünsche Dir schöne Ferien und wenn Du schreiben möchtest, melde Dich einfach! :)

Viele liebe Grüße,

Anna