Problem von sophie - 27 Jahre

selbstschädigung

hallo ich heisse sophie, das ist mein zweiter vorname. Ich bin 27 jahre alt.
Ich möchte dringend anders weiter machen.
Doch alles, was ich schaffe zu ändern, ist in diesem cafehaus zu sitzen und eine eisschokolade zu bestellen.es ist 15uhr und ich habe bisher nicht geschafft was zu essen. Ich kann meinen körper nicht annehmen. Normalerweise verletze ich mich jeden tag selbst (vor allem skinpicking stundenlang). Aber im moment bekomme ich vorrübergehend lorazepan(tavor). Das hält meinen selbstverletzungsdruck zurück. Doch ich darf es nur noch ca eine woche lang nehmen, da abhängig macht und unter das betäubungsmittelgesetz fällt. Seit gestern wurde die dosis verringert und heute früh hatte ich direkt einen rückfall. Zum glück keinen schweren. Aber ich ekel mich so vor mir und schäme mich so. Ich weiss, dass ich so niemals ein mensch sein kann, ich bin ein monster.....
Demnächst, sobald ein platz frei ist, soll ich in eine klinik, dort werde ich dann durch einen entzug von tavor durchmüssen und ich habe einfach nur angst, dass soviel lebenszeit wieder für die selbstverletzung draufgeht und auch die andren symptome (wie z.b. Dissoziation) zurückkommen. Tavor ist (nachdem ich über jahre verschiedene mittel ausprobiert habe) daseinzige, was eine ganze reihe von schweren symptomen bei mir unterdrückt und ich will nicht mehr in diesen ausgelieferten zustand ohne die tabletten zurück. Nur mit dem essen (der essstörung) läuft es bei der medikation etwas schlechter, aber es war auch vorher nicht gut. Und wenigstens schaff ich weiterhin, nicht in meine bulimie zurückzurutschen: ich hab es geschafft seit meiner bulimischen phase 1,5jahre nicht mehr zu kotzen!....wiedem auch sei.....mein kernproblem ist grad, dass ich nicht von dem tavor (medikament) runter will. Lieber bin ich süchtig danach als wieder meine sucht nach selbstschädigung und die dissoziation dabei aushalten zu müssen jeden tag! Ist es da nicht das kleinere übel, die tabletten zu nehmen. Ich hätte sie einfach nur gern weiter verschrieben. Was, wenn ich es nicht schaffe, gesund zu werden? Ohne die tabletten.
Wie soll ich akzeptieren, dass es nur eine lösung auf zeit sein kann, so auf rezept "auf droge" zu sein? Wie soll ich daran glauben können, gesund werden zu können, wenn es seit jahren in den therapien nicht klappt?
Ich hoffe ihr habt ein paar hinweise für mich.
Liebe grüsse von sophie

Dana Anwort von Dana

Liebe Sophie!

Zuerst einmal: ich finde es super, dass du so offen darüber schreiben kannst. Das ist sehr gut, denn es zeigt, dass du dich damit beschäftigst und dich nicht verschließt, bzw alles verleugnest.

Du hast eine Krankheit, die dich psychisch oft außer Gefecht setzt, die bestimmte Symptome zeigt und durch Medikation momentan besser ist. Das ist einfach so momentan, das wertet dich NICHT ab. Aber es muss behandelt werden, wie du selbst merkst. Die Klinik wäre dafür wirklich das Allerbeste, es wäre toll, wenn du das annehmen könntest. Tavor ist mit Sicherheit nicht das einzige Medikament, das als Psychopharmakum arbeiten kann - vielleicht gibt es weniger süchtigmachende Medikamente. Ich bin da zu wenig geschult, als dass ich da Namen nennen könnte UND ich kenne deinen Fall zu wenig, als dass es gut wäre, dich dahingehend zu beraten.

Die Klinik wird ja weit reichendere Folgen haben. Es wird Gesprächstherapie geben, eine neue Medikation, Hilfestellungen, auch zB wie du mit den Flashs und Dissoziationen umgehst, was du tun kannst, wenn eine Selbsthasswelle kommt und so weiter. Du lernst quasi, mit neuen Medikamenten und mit deiner eigenen Abwehr diese Krankheit einzudämmen und abzumildern. Momentan stehst du in einem "inneren Krieg" etwas ungeschützt an der Front...du hast lediglich einen Medikamentenanzug an, hast aber selbst keine Waffen mit bekommen. Die Klinik ändert das. Du wirst lernen, dich besser innerhalb deiner Krankheit auszukennen und mit den Dingen umzugehen, die dich immer wieder mal treffen. Das ist sehr wichtig. Die Medikamente werden sicherlich nicht abgesetzt, sondern umgewandelt, denn eine Medikamentensucht kann man zu allem nicht auch noch brauchen.

Du hast momentan Angst, dass du deinen Schutz verlierst. DIESEN Schutzt verlierst du auch, aber du wirst nicht schutzlos zurück gelassen, sondern bekommst neue Schutzmechanismen an die Hand und auch sicher neue Medikamente, die dich nicht so beeinträchtigen, aber auch helfen. So kenne ich das jedenfalls aus dem Arbeiten mit Patienten von Kliniken. Ich denke, du kannst weniger ängstlich und mehr hoffnungsvoll auf den Klinikaufenthalt blicken, zu dem ich dir sehr dringend rate.

Du bist ein sehr offener Mensch und benennst deine Ängste wunderbar ehrlich. Mit dir wird ein sehr erfolgreiches Arbeiten möglich sein und ich wünsche dir von Herzen, dass du an eine Therapeutin/einen Therapeuten kommst, der für dich so richtig gut ist und bei der/dem du dich geborgen und aufgehoben fühlen kannst. Ein Klinikaufenthalt, gepaart mit einer Langzeittherapie im Anschluss ist sicherlich das absolut richtige Mittel - und ich hoffe, du kannst etwas darauf vertrauen, dass sie dich nicht schutzlos in deiner Krankheit zurück lassen, sondern alles dran setzen, eine Medikation zu finden, mit der du ebenfalls klar kommst. Alles andere wäre grob fahrlässig.

Ich wünsche dir einen erfolgreichen Weg. Du bringst die Voraussetzungen mit, deine Gesundung gut voran zu treiben, auch wenn du dich momentan lieber verstecken wollen und die Medikamente einfach weiter nehmen wollen würdest. Aber auf eine Wunde einfach einen Verband zu packen, wird den Krieg nicht lösen...und die Wunde würde irgendwann eitern. Du musst lernen, sie zu verarzten und zu behandeln, mit Hilfe der Menschen in der Klinik.

Und dafür wünsche ich dir alles Gute. Ich glaube an dich.

Alles, alles Liebe!

Dana