Problem von fr~ - 16 Jahre

Die alten Probleme fangen wieder an

Ich weiß nicht so recht, wo ich anfangen soll..
Erstmal zu meiner Vorgeschichte:
Ich habe mit etwa 9 Jahren angefangen mich selbst zu verletzen. Das wurde mit 11 immer schlimmer bis es zu starkem Ritzen wurde. Ich habe es damals meiner Mum gesagt aber als sie es nicht ernst genommen hat und es immer schlimmer wurde, habe ich mich mit 14 selbst in die Psychiatrie einweisen lassen. Meine Suizid Gedanken wurden damals einfach zu schlimm(auch leider 2 versuche..). In der Zeit der Klinik habe ich mich sehr stark in jemanden verliebt. Er ist 7 Jahre älter als ich und lebt in einem anderen Bundesland. Niemand konnte das so wirklich verstehen aber er hat mir mit seiner reinen Art einfach sehr geholfen. Er hatte ähnliche Probleme wie ich. Zwar war das auch sehr schwer, andererseits hatte man endlich jemanden, der einen versteht... ich habe ihn unfassbar geliebt.. ein paar Tage vor meiner Entlassung (nach 3 monaten) sind wir zusammen gekommen.
Auch wenn ich die Beziehung sehr ernst genommen habe und ihn mehr als mein eigenes Leben geliebt habe, hat all das es nur noch schlimmer gemacht. Er hat mich betrogen, es gab viel Stress wegen meiner Eifersucht, wir haben uns nur alle paar Wochen für 2 Tage gesehen und er hat mir nie wirklich die Liebe gegeben, die ich brauchte. Dennoch habe ich ihn geliebt und dachte ich könnte nicht mehr ohne ihn. Als er nach fast 2 Jahren Beziehung seinen Job verloren hat und pleite ging, hat er mit mir Schluss gemacht. Er sagte ihm würde alles zu viel.. ich habe es erst nicht verstanden und war am Boden, aber nach einer Weile ging es mir besser denn jeh. Ich War frei, konnte nicht betrogen werden, habe mit niemandem mehr gestritten. Während der Beziehung habe ich all meine damaligen Freundinnen bis auf eine verloren. Als Single ging es mir erstmal gut aber in der Schule war ich allein und es wurde so häftig über mich geredet, dass ich fast die Schule wechseln musste. Ich habe mich dann aber irgendwie damit abgefunden allein zu sein.
Meine Antidepressiva werden derzeit abgesetzt weil es mir so super ging.
Im Moment aber ändert sich alles...
Bei meinem Vater wurde plötzlich Krebs festgestellt. Nach Chemo, Bestrahlung und sehr schwerer op ist er nun endlich in der Reha, dennoch macht es mir Angst.
Auch in der Schule fühle ich mich von Tag zu Tag unwohler. Das Gefühl allein zu sein stört mich erneut immer mehr.
Seit einer Weile kann ich auch wieder nicht aufhören an meinen ex- Freund zu denken. Wir haben seit einer Weile wieder Kontakt. Er meinte er würde sich ändern. Er würde alles tun. Wir würden das schaffen. Ich habe neue Hoffnung geschöpft aber in wichtigen Momenten stehe ich dann doch wieder allein da, er schafft es wie früher, mich in Sekunden zum weinen zu bringen und meldet sich teilweise Tage nicht mehr (auch wenn wir eben noch nicht wieder zusammen sind, macht es mich fertig, dass es ist wie früher...)... ich weiß dass ich ihn innerlich auf irgendeine Art hasse...nur liebe ich ihn leider gleichzeitig noch viel zu sehr....
All das macht mir sehr zu schaffen. Die Gedanken kommen wieder. Die Gedanken, die ich nie mehr haben wollte. Ich habe außer meiner mum eigentlich fast niemanden mehr und die arbeitet sehr viel und pflegt meinen Vater.
Ich weiß einfach nicht was ich tun soll. Wie ich dass mit meinem ex angehen soll, was ich falsch mache, dass mich auf der schule niemand leiden kann. Auch meine Selbstzweifel werden wieder schlimmer. Ich hatte ein paar Jahre lang Bulimie (ein Grund, weshalb ich in die klinik gegangen bin), konnte diese aber lange Zeit unterdrücken. Seit einer Weile aber kann ich mich kaum noch im Spiegel ansehen und hasse mich für jede einzelne Mahlzeit. Auch die Übelkeit nach dem Essen ist wieder da.
Dabei habe ich so lange gekämpft, bin immernoch in Therapien... was soll ich nur tun..?
Ich hoffe wer auch immer das liest, versteht all meine Ängste und hat einen Rat...
Ich Danke euch schon jetzt für eine Antwort

Fr~

Dana Anwort von Dana

Liebe "Fr".

Du hast in deinem jungen Alter ja schon eine recht bewegte Geschichte.

Ich glaube, dass du die Kategorie sehr genau und sehr klar gewählt hast, in die du dein Problem eingestellt hast.
"Probleme mit sich selbst". Keine Ahnung, ob dir klar war, wie sehr du damit deinen Weg schon im Voraus beschrieben hast und wie bedeutsam diese Wahl der Kategorie psychologisch ist, aber das ist sie.
Unbewusst oder bewusst hast du die Kategorie gewählt, die dein Problem genau beschreibt, obwohl Schule, obwohl Freund oder andere Faktoren mit eine Rolle spielen: es ist vor allem ein Problem "mit dir selbst".

Und solange dies nicht gelöst ist, sind alle anderen Baustellen sehr wahrscheinlich nicht erfolgreich zu beenden.
Die Bulimie, die Selbstzweifel, die schlimmen Tage in der Schule, die problematische Beziehung zu deinem Freund/Exfreund, die emotionalen Schwankungen... Ich gehe jetzt bewusst mal nicht auf die Erkrankung deines Vaters ein, da dies eine Sache ist, die schlimm für sich ist und nichts mit den anderen Dingen zu tun hat. Ich wünsche deinem Vater alles Gute und dass er den Krebs besiegt! Da kann man auch zu Recht trauern und Angst haben - suche einfach die Nähe deines Vaters und verbringe Zeit mit ihm, das hilft für alle Seiten, mit der Angst besser fertig zu werden.

Jetzt geht es aber um alles andere, das du beschrieben hast.

Wenn ich das von dir alles so lese, scheint aus deinen Zeilen etwas für mich richtig heraus zu schreien:
"Ich will geliebt sein!"
Du klingst "liebesleer"...sowohl deine Selbstliebe scheint auf Null, als auch der Wunsch nach Liebe von außen auf 100% zu sein. Scheinbar hast du in deinem Leben aber schon vieles mitbekommen, das diesem Wunsch widersprochen hat oder deiner Wahrnehmung eher die Message mitgegeben hat "du bist mir völlig egal und es nicht wert, geliebt zu werden." Für mein Empfinden kommt daher auch dieser Selbsthass, denn dieses Gefühl, nichts wert zu sein, hast du voll und ganz für dich übernommen. Daher die Verletzungen, daher die Suizidversuche, daher die psychischen Löcher und Narben, die Essstörungen...daher das Festhalten an deinem Exfreund damals (obwohl er mir nie richtig Liebe zeigen konnte und mich betrogen, liebte ich ihn stark) und auch die Gedanken an ihn jetzt. Du kennst das Muster der "seelischen Vernachlässigung" anscheinend gut...und leider sucht man oft das Bekannte, selbst, wenn es einem so gar nicht gut tut.

Meinst du nicht, es wäre an der Zeit für DEINEN Auftritt?
"Hallo, hier bin ICH. Und ich bin es wert, sowohl von außen geliebt zu werden als auch von mir selbst."
Und vor allem erst einmal von dir selbst. Denn wenn du denkst, du bist des Geliebtwerdens nicht wert...dann kann kommen was und wer will, es ändert nichts an deiner Situation.

Woran ich gerne anknüpfen möchte, ist die Tatsache, dass du damals selbst tätig geworden bist und für dich selbst gekämpft hast. Sich mit 14 selbst einweisen zu lassen, ist ein enorm mutiger Schritt. Und genau da liegt meine Hoffnung für dich. In dir selbst. Du warst wohl damals schon in der Lage, dir selbst so viel Eigenliebe entgegen zu bringen, dass du dich nicht von der nächstbesten Brücke geschmissen hast, sondern dir Hilfe zu holen. Du schreibst zwar von Suizidversuchen, aber für mich klingen die eher nach dem Schrei, endlich mit dieser beschissenen Situation zu Ende und durch zu sein. Du lebst noch...und du bist jung. Und darin liegt deine Chance.

Es ist ein Probem in dir selbst, aber auch die Lösung liegt in dir selbst.

Ich möchte dir herzlich einen erneuten Klinikaufenthalt empfehlen. Auch wenn du in Therapie bist, eine Auszeit und eine längere Rundumbetreuung ist sicher sinnvoll, um erst einmal runterzufahren, an deinem eigenen Innern zu arbeiten und nicht abgelenkt zu sein von anderen Dingen. Es geht nicht um deinen Freund, es geht nicht um die Schule, Freunde oder nicht Freunde, es geht nicht um dein Umfeld...es geht in erster Linie nur um dich selbst.

Wie ein kleines Kind laufen lernt, musst du wieder lernen, dich selbst anzunehmen, dich zu achten und wertzuschätzen. Ich zB würde niemals in meinen Körper stechen oder schneiden, einfach, weil ich mich selbst zu sehr mag. Da ist richtiggehend ein Schutzmechanismus in mir. Und dass du diesen wieder aufbauen lernst, das wünsche ich dir von Herzen. Dass du verstehst, was für Schätze und Chancen in dir schlummern...und dass du wieder siehst, wo deine Stärken liegen und dass deine Schwächen nichts sind, was dein Leben bestimmt oder dich abwertet.

Und DANN kann man an der Liebe nach außen arbeiten. Selbst gefestigt, ist es möglich, auch Liebe zu gewähren und Liebe zu empfangen, ohne dass es ein Abhängigkeitsverhältnis würde. Du siehst selbst, dass dir der momentante Kontakt zu deinem Freund null gut tut und du dich frei fühltest, als du erst einmal einfach Single warst. Die kurze Besinnung auf dich selbst hat aber zu kurz angehalten. In Langzeittherapie könntest du genau diesen Weg aber wieder aufnehmen.

Wann du damit offen umgehen kannst, auch vor anderen, ist deiner eigenen Zeiteinteilung vorbehalten. Du selbst bestimmst, wer wann was mitbekommt, wem du wann was sagen möchtest...aber vielleicht hast du so viel Zutrauen zu deinen Therapeuten, dass du mit ihnen über einen erneuten Klinikaufenthalt reden kannst. Wie steht es mit deiner Familie? Hast du Angst, sie momentan zu doll zu belasten, gerade auch wegen deines Vaters? Ich denke, dass es schon gut wäre, sie einzuweihen, gerade auch, weil sie nicht blind sind und sicher auch sehen, wann es ihrem Kind besser oder schlechter geht. Den Fehler, deinen Gemütszustand nicht richtig einzuschätzen, machen sie sicher nicht mehr und können dir sicher auch helfen, genau wie deine Therapeuten.

Du bist es wert. Und es ist SO schön, sich selbst gut zu finden...und es öffnet so viele Türen.
Es ist ein langer Weg, aber einer, der schaffbar ist. Vor allem von jemandem, der schon mit 14 gesagt hat "ich kämpfe".

Ich wünsche dir alles Liebe und Gute!

Dana