Problem von Jana - 18 Jahre

Mein Leben geht nur bergab

Hallo, momentan geht es mir echt schlecht und ich habe Angst vor dem was noch kommt.

Alles fing damit an das meine Mutter vor 2 Jahren an Krebs erkrankte. Meine Eltern waren getrennt und ich lebte bei meiner Mutter, mein Vater und meine 2 Brüder wohnen aber im selben Ort, sie haben sich im freundschaftlichen getrennt und mein Vater war trotzdem noch für meine Mutter da. Als die Diagnose kam habe ich das garnicht richtig realisiert. Zuerst wurde sie in eine psychatrische Anstalt eingewiesen weil sie gesagt hatte das sie sich umbringen möchte. Da wurde dann herausgefunden das sie Lungenkrebs hat und dieser schon mehrere Metastasen im Gehirn gebildet hat. Sofort ging es los mit Bestrahlung und Chemotherapie. Mit der Zeit nahm sie immer mehr ab, wurde immer verwirrter und konnte schlussendlich so gut wie garnichts mehr. Sie war öfter im Krankenhaus und auch auf Palliativ Stationen, aber sie wollte Zuhause bleiben, bei mir, dort wurde sie auch von dem Palliativ und Diakonie Dienst betreut. Und ich war ja noch da, all die Jahre habe ich mich für sie geopfert, habe sie gepflegt, mitangesehen wie es immer weiter bergab ging. Zuletzt konnte sie sich nicht an meinen Geburtstag erinnern, konnte nicht mehr essen, nicht mehr gehen, musste Windeln tragen. Es war ab zusehen das sie leider nicht mehr lange hat. Aber mein Vater war immer für uns da, machte mir Mut das es weiter geht , das unser Leben weiter geht wenn sie mal nicht mehr da sein sollte, das ich zu ihm kann, das es mir gut gehen wird. Das hat mir Kraft gegeben. Doch dann das unerwartete er starb am 13.02.2016 an einem plötzlichen Herztod. Eine Welt brach für mich zusammen, er war immer für mich da, ich musste mir nie Gedanken über etwas machen ich wusste er is da und regelt das für mich. Aufeinmal war er nicht mehr da und ich wusste nich wie es weitergehen soll, wie soll ich das nun alleine mit meiner Mutter schaffen. Ab dem Moment hat mir meine Mama immer gesagt das sie uns nicht alleine lässt, das sie weiter kämpft. Ich wusste aber das sie früher oder später auch gehen wird. Es war anstrengend mit ihr, habe nächtelang nicht geschlafen und an ihrer Seite auf sie aufgepasst. Ich konnte nich zulassen das ihr etwas passiert. Ich habe mir schon öfter ausgemalt was wäre wenn sie auch nicht mehr da ist. Am 04.08.2016 kam ich Abends von einem Kino Besuch nach Hause und fand meine Mutter in ihrem Bett. Sie konnte sich nicht aufrichten, war nicht klar im Kopf. Jegliche Bemühungen führten ins leere, ich musste den Krankenwagen rufen. Die Sanitäter kannten mich bereits , es war nicht das erste mal das ich ein Krankenwagen rufen musste. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht und ich dachte es sei wie jeder andere Krankenhausbesuch , im Krankenhaus ging es ihr immer besser und nach ca. 1 Woche konnte sie immer wieder nach Hause und es ging für ein paar Tage-Wochen gut. Naja, also bin ich am nächsten Tag zu ihr, sie konnte zwar nicht laufen aber war sons klar im Kopf,ich war mit ihr in einem Cafe, alles wie normal. Dann sagte sie mir das sie morgen verlegt wird, in ein Hospiz was sehr weit weg war. Ich redete mit den Krankenhaus Angestellten das wir etwas in der Nähe suchen werden und das Mama nicht dahin verlegt werden soll, auch Mama sagte das ,sie wollte nicht so weit weg. Ich fuhr nach Hause und konnte meine Mama am nächsten Tag nicht erreichen, also rief ich im Krankenhaus an und fragte nach, diese meinten sie können mir am Telefon nichts sagen. Ich rief den Betreuer an , er sagte mir sie sei jetzt im dem Hospiz. Ich war sauer und sprach mich mit meinem Bruder ab und fuhr ein Tag später zu ihr, das war am 07.08. , als wir in ihr Zimmer kamen, waren wir verwirrt, keine Maschinen, kein nichts, Mama lag da , hatte ein wenig Probleme mit der Stimme aber dabei haben wir uns nichts gedacht. Auch verwirrt war sie, aber das war inzwischen normal. Wir redeten miteinander und fuhren den langen Weg wieder nach Hause. Ein paar Tage hörten wir nichts von ihr, da sie auch nicht mehr ihr Handy bedienen konnten. Am Mittwoch dem 10.08.2016 hat mein Bruder früh einen Anruf bekommen das es meiner Mama schlecht ginge und wir am besten heute noch kommen sollten. Diese Nachricht habe ich bekommen als ich gerade auf der Arbeit war, ich fuhr direkt nach Hause , wir holten noch meinen anderen Bruder ab und fuhren zu ihr. Ich dachte es sei einfach wieder übertrieben, es ging ihr ja noch ganz gut. Als wir ankamen lag sie dort, nicht mehr ansprechbar , konnte nur ganz schwer und laut atmen. Sie sah schlimm aus, ich konnte dort keine Sekunde drinne bleiben und ging wieder raus und fing an zu weinen. Meine Brüder waren bei ihr, und nicht lange und sie machte ihren letzten Atemzug. EIne Welt brach für mich zusammen, sie so zu sehen war der größte Albtraum. Nun waren wir ganz alleine und ich war am Ende. Ich hatte schon für ihren Geburtstag eingekauft der am 17.08. gewesen wäre. Ich gab meinem Bruder die Kette die ich gekauft habe,sie sollten ihr diese ummachen, ich konnte dort einfach nicht rein. Wir fuhren nach Hause, ich packte meine Sachen aus der Wohnung und fuhr zu meinem Bruder. Ich kann und wollte nicht mehr in der Wohnung bleiben. Ein paar Tage der Trauer vergingen und nun sollte ich Klamotten für sie raussuchen die man ihr anzieht um sie sich nochmal anzugucken. Es war ein komisches Gefühl , aber ich wollte das sie schön aussieht. Ich wollte sie mir aber nicht mehr ansehen, ich konnte das einfach nicht. Doch am letzten Tag wo man sie noch sehen konnte, bevor sie eingeäschert werden sollte , hielt ich es nich mehr aus, ich konnte diesen Anblick nich los werden, wie sie da lag und so schwer atmete, ich musste sie noch einmal sehen. Also fuhr ich zu ihr, sie sah so friedlich aus, sie war endlich von den Schmerzen und dem Leid erlöst. Nach einer Woche ging ich dann wieder arbeiten, der Alltag holte einen ein, aber ich merkte immer mehr das meine Ausbildung darunter gelitten hat, ich hatte kein Spaß mehr daran, ich quälte mich jeden Tag zur Arbeit. Dann war die Beerdigung, und danach entschloss ich mich meine Ausbildung abzubrechen, ich konnte da einfach nicht mehr bleiben. Nach dem allem wollte ich einen Neuanfang und einfach etwas machen was mir Spaß macht. Also kündigte ich , und jetzt ist die Kündigungsfrist vorbei. Ja, man sollte sich arbeitslos melden, aber ich hab mich nich getraut, aber morgen früh fahre ich- 1 Woche nach der Kündigung - zum Arbeitsamt und wage mich diesem Schritt. Ich möchte einfach endlich neu beginnen und das Leid und die Schmerzen der letzten Jahre hinter mir lassen. Eine neue Stelle habe ich noch nicht, ich weiß auch nicht was ich machen möchte, die letzten Jahre haben auch meine Interessen geändert. Ich möchte gerne nächstes Jahr eine neue Ausbildung beginnen und bis dahin Praktikas in verschiedenen Bereichen absolvieren um das zu finden was mir Spaß macht.

Judith Anwort von Judith

Liebe Jana,

Deine Email ist sehr berührend. Mir kamen die Tränen, als ich Deine lange und traurige Geschichte gelesen habe. Du hast so viel erlitten in Deinem jungen Alter. Hast beide Elternteile innerhalb kurzer Zeit verloren und noch dazu Deine Mutter lange leiden sehen. Dazu möchte ich Dir mein Beileid aussprechen.

Auch, wenn Du es momentan vielleicht nicht glaubst: Du bist eine starke Frau. Du hast eine gute Seele und was Du geleistet hast, ist phänomenal. Deine Eltern, auch wenn sie "nicht mehr sind" haben so grosses Glück, Dich als Tochter zu haben. Du hast über Jahre Deine Bedürfnisse hinten angestellt um alles zu machen, damit es Deiner Mutter den Umständen entsprechend gut geht.

Ihr Tod ist ein Schock für Dich - auch wenn es am Ende eine Erlösung war. Er ist auch ein Neuanfang. Und es ist total verständlich, dass Du momentan Angst hast und etwas orientierungslos bist. Denn auch wenn die letzten Jahre schmerzhaft und schwierig waren - die Prioritäten waren dennoch klar für Dich: Deine Mutter war im Fokus. Jetzt musst Du lernen, Dich wieder selbst in den Fokus zu nehmen. Und das ist nicht von jetzt auf gleich getan. Das erfordert Umdenken und Mut.

Ich rate Dir, dass Du Dir psychologische/ therapeutische Hilfe suchst, um mit Deiner Trauer fertigzuwerden und Deine Zukunft zu gestalten. Du hast viel allein geleistet. Warst für andere da. Bitte nimm nun Hilfe in Anspruch und kümmere Dich um DICH.

Ein erster Schritt kann sein, dass Du mit Deinen Brüdern sprichst. Auch sie trauern sicher. Vielleicht gibt es noch andere Freunde und Verwandte? Rede mit ihnen, vertrau Dich ihnen an. Du darfst auch schwach sein.

Wir haben zwei Soforthilfen, die ich Dir ans Herz legen möchte.
1. zum Umgang mit dem Tod:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/13/Wie-gehe-ich-mit-dem-Tod-um.html

2. wie man einen Psychologen/Therapeuten findet:
http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Liebe Jana, ich möchte noch einmal betonen, wie sehr mich Deine Geschichte berührt. Ich wünsche Dir ganz viel Stärke und drücke Dir die Daumen, dass Du gute Betreuung findest, um Dein Leben wieder positiv weiter zu gestalten.

Ganz herzliche Grüsse,
Judith